Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Zitate der Woche (107 bis 111)

September 2008 bis März 2009


Weiter unten finden Sie die "Zitate des Tages"


Zitat Nr. 111, 20. Dezember 2008

Betrifft: Kreditantrag

Dietrich Kittner

An die
KfW Bankengruppe
Niederlassung Berlin
Charlottenstraße 33/33 A
10117 Berlin

Betr. Kreditantrag

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie ich erfahren habe, werden z. Zt. auf dem deutschen Markt Kontonummern, Anschriften, sowie Bonitätsangaben über 21 Millionen deutsche Haushalte angeboten. Der Kaufpreis dafür beträgt 12 Millionen Euro.

Ich habe nun eine innovative Geschäftsidee und beabsichtige, die Daten zur Verwertung durch meinen mittelständischen Betrieb zu erwerben. Schon nach vorsichtigster Einschätzung der Situation ist die Investition als außerordentlich lukrativ zu beurteilen. Bei Abbuchung von auch nur 5 Euro von jedem einzelnen der erwähnten Konten würde der Ertrag 105 Millionen Euro betragen. Das bedeutet nach Abzug des Kaufpreises einen Rohgewinn von insgesamt 93 Millionen Euro bzw. einen sicheren Profit von über 750 Prozent innerhalb eines Zeitraums von höchstens 3 Wochen. Ich beantrage deshalb hiermit ein Darlehen von 12 Millionen Euro zur Abdeckung des Kaufpreises.

Die Investition wäre nahezu risikolos. Wie Sie aus eigener Erfahrung wissen, prüft keine Bank die Legitimität einer läppischen Abbuchung von €4,90 oder 5,10 Euro. Bei Ihnen zum Beispiel gehen bekanntermaßen schon mal Überweisungen von 300 Millionen Euro übers Wochenende ungeprüft an eine Pleitebank. Ich müsste folglich die Abbuchungen dann nur jeweils freitags veranlassen und sofort auf eine Hausbank deutscher Führungskräfte in Liechtenstein oder auf den Bahamas verschwinden lassen, übers Wochenende wäre dann alles weg.

Ein gewisses Restrisiko für mich persönlich nehme ich angesichts des o. e. Profits von 750 Prozent in Kauf. Nach einer Studie, die der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Dr. Karl Marx, z. Zt. London, der Nachwelt überliefert hat, scheut ja das Kapital bereits ab einem Profit von 300 Prozent kein Verbrechen auf die Gefahr des Galgens hin. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass meine beherzte Investition wider Erwarten zu juristischen Irritationen führen sollte, hätte ich nicht den Galgen, sondern schlimmstenfalls eine staatliche Klausur von höchstens 4 Jahren zu erwarten. So etwas nehmen ja sogar Führungskräfte von Weltfirmen wie etwa Siemens oder die Volkswagen AG in Kauf. Für mich bedeutete das so genannte »Absitzen« dann einen Jahresertrag von 23 Millionen Euro bzw. einen Stundenlohn von 2654,11 Euro. Und das sogar während des Schlafes. Wer hat das schon? Außer Herrn Wiedeking von Porsche natürlich.

Um im Banksterjargon zu bleiben: Die Sache ist bombensicher.

Ich gehe überdies davon aus, dass der beantragte Kredit ohne Probleme eine Bundesbürgschaft aus dem 500 Milliarden Bankenrettungsschirm der Frau Bundeskanzlerin erhält. Ein gutes Geschäft also auch für Sie. Denken Sie mal an Ihre Provision! Also bitte: Her mit der Knete!

Freundliche Investorgrüße!
Dietrich Kittner

P.S.: Machen Sie schnell, ehe eine schäbige Konkurrenzbank von meiner Geschäftsidee Wind bekommt und das Ding selbst dreht.

Quelle: Neues Deutschland, 20. Dezember 2008 (Kolumne)




Zitat Nr. 110, 1. Oktober 2008

Pete Goes (Anti)Ballistic

By Paul Newman *

EDITOR'S NOTE: Paul Newman, one of the greatest actors of his generation and an ardent advocate for peace and progressive causes, died Friday at 83. A great friend and supporter of The Nation, Newman also was an occasional contributor to the magazine. In this piece, written in August 2000, he cast the nuclear arms race in characteristically sardonic and deeply personal terms. We will miss him.

My grandson, Pete, is simultaneously perusing the New York Times and playing chess with our next-door neighbor, who chortles and takes Pete's rook.

Pete is four and a half and is about to overtake Leonardo da Vinci, both in art and science. The neighbor is 43, an ex-intelligence officer and a spokesperson for the Pentagon's Ballistic Missile Defense Organization. He outweighs Pete by 191 pounds but, as noted, is no match for the kid upstairs, if you get my meaning.

The big guy captures Pete's rook. "You are weak on defense, kiddo," he chortles.

Pete slithers his queen across the board. "Checkmate," says the kid. "You are weak on defense, here and at work." He points to the headline:

Key Missile Parts Are Left Untested as Booster Fails

"His team just flunked yet another of many missile tests, Gramps. A leaky defense umbrella, if ever I saw one."

"We only flunked the first, most proven, reliable stage of the test, kiddo," says the big guy. "The most sophisticated, complicated, experimental, unsuccessful, least likely elements of the test never got a chance to fail, so how do you know they wouldn't succeed? As Defense Secretary Cohen said, 'The test was a disappointment, but it was one of those failures that was at least expected.'"

"Congressman Curt Weldon was on the Lehrer NewsHour," I venture. "He bulged his eyes and pumped his face full of blood and shouted at me through the television, 'How much is New York City worth?!! Is it $60 billion or $100 billion?!!!'"

"That question is a mindless and clever smokescreen," says Pete. "The real question is, Are they playing a joke on New York by suggesting that $60 billion will buy protection for the city? If I were a cynical little boy, I'd say those billions will buy job protection for incumbent congressmen and zip for the guy in a taxi."

"You really know how to hurt a fella, don't you, kid?" says the big guy.

"You guys rigged the only successful missile test. You put a beacon in the decoy. Why don't you put a beacon in Congressman Weldon's nose? Maybe you could rig the next election for him as well."

"Maybe what I could do," the big guy speculates, "is to have my guys set up the target again at Vandenberg, the interceptor at Kwajalein, start the countdown again-- ten, nine, eight, y'know, get to ONE and then--I shut down the power! That way nothing fails, fizzles or flops. Everything will be A-OK."

"Power on or power off," says the kid, "I'll bet you set off the beacons in the noses of Boeing, Raytheon, TRW and Lockheed Martin that start up the giant vacuum cleaners that suck money out of the Treasury."

The big guy is not listening. He is ecstatic.

"We can bypass all testing, all budgets, the whole system. If things get nuts we just push the ON button!"

The kid heads upstairs.

"Why don't you call Toys "R" Us?" he says. "See what they have in their arsenal."

The big guy's eyes go glassy with the possibilities.

* The Nation. August 10, 2000
http://www.thenation.com/doc/20000821/newman





Zitat Nr. 109, 23. September 2008

Schall und Rauch

Von Karl Grobe

Das haben die Firmenchefs sich fein ausgedacht: Keines der 16 Tochterunternehmen der berühmten Gesellschaft darf künftig den Firmennamen oder eins seiner Symbole - heute nennt man sie: Firmenlogo - verwenden. Fünf haben das bisher getan, Aeroflot-Nord, Don, Plus, Cargo und Riga. Und die erstgenannte Tochtergesellschaft hatte jetzt ein Malheur; das darf dem Rest der ehrenwerten Gesellschaft aber nicht zur Last gelegt werden.

Kaum war am vorigen Sonntag eine Maschine der Aeroflot-Nord unmittelbar vor der Landung in Perm in Flammen aufgegangen, wodurch alle 88 mitfliegenden Menschen ums Leben kamen, fasste die Firma diesen richtungweisenden Beschluss. Damit keine Zweifel aufkommen: Die Marke steht für "hohe internationale Qualitäts- und Sicherheitsstandards". Bei Aeroflot stürzt nichts ab außer zuweilen der Aktienkurs. Überhaupt hat Aeroflot sehr neues fliegendes Material, kein eigenes Flugzeug ist älter als fünf Jahre. Das in Perm abgestürzte Exemplar war zwar 16 Jahre alt, aber da stand rückwirkend ein anderes Logo drauf. Wenn man die Namen richtigstellt, ist die Welt in Ordnung, wie so ähnlich der alte Weise Konfuzius sagte.

Womit wir, wie üblich, auf elegante Art bei den Chinesen angelangt wären. Dort hat eine Firma namens Sanlu Milchpulver für Säuglinge verkauft, leider mit einem Zusatz, der Nierensteine verursacht und an dem in den vergangenen Tagen Kleinstkinder gestorben sind. Die Firma gehört zu 43 Prozent der neuseeländischen Fonterra, aber die hat damit nichts zu tun; ihr Name steht nicht drauf, und wenn man schon damit beschäftigt ist, eventuelle Gewinne nachzuzählen, kann man sich nicht auch noch mit Qualitätskontrollen die Zeit vertreiben. Was die chinesischen Milchpulvermixer nicht entlastet; was aber doch vielleicht die Frage nach einer gewissen Verantwortung im globalen Geschäft am Horizont aufscheinen lässt.

Namen sind also wichtig, wie uns die Beispiele zeigen. Dem lässt sich anfügen, dass es sich nicht um Krieg handelt, wenn die irrtümlich als solche erscheinende den Frieden erhaltende oder erzwingende Maßnahme nicht unter diesem Etikett gehandelt wird. Außerdem dürfen wir ja gar keinen Krieg führen, sondern, zum Beispiel am Hindukusch, nur unsere Freiheit verteidigen. Das aber ist doch eine gute Sache, oder sollte ich mich täuschen?

Krieg führt man heutzutage nicht mehr gegen Völker, sondern gegen den Terror; die Terroristen sind ja als Volk nicht anerkannt, weil es ein solches Volk gar nicht gibt; wer aber dann Kollateralschaden erlitten hat, ist dann Tschetschene oder Afghane oder sonst ein Exot gewesen. Den Völkern zahlen, wenn alles gutgeht, zu diesem Zweck geschaffene Banken Wiederaufbauhilfe. Manchmal zahlen sie auch noch rasch eben an Banken, die ihrerseits Kollateralschäden einer Krise sind; der Irrtum ist verzeihlich, wenn da als Empfänger nicht das Wort Pleite steht, sondern Lehman.

Nein, im Grunde ist das, was Aeroflot öffentlich tut und woran sich schon viel länger viele andere halten, Etikettenschwindel. Auch nicht so schlimm; Shakespeare schon - und das ist nun 400 Jahre her - sagt: Namen sind Schall und Rauch.[1]

Schall und Rauch? Da denkt man dann doch gleich wieder an Explosion, Perm, Kabul, Bagdad. Halten wir uns lieber an Goethe. "Denn eben wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein."

* Karl Grobe ist freier Autor.

Die Kolumne erschien am 23. September 2008 in der Frankfurter Rundschau


[1] Möglicherweise irrt hier der Autor. Jedenfalls ist das "Schall-und-Rauch"-Zitat bei Goethe nachweisbar: "Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch" (Faust, 1. Teil)




Zitat Nr. 108, 10. August 2008

Sapperlot!

Von Mathias Wedel *

Für Frau Merkel, Volk und Vaterland zu fallen, wäre traditionell eine süße Sache. Leider kommt die überhaupt nicht mehr vor, obwohl die Gelegenheiten dazu zahlreich geworden sind. Heutzutage verunfallt der Soldat bei Spiel und Tandaradei mit der einheimischen Bevölkerung tödlich. Oder er stirbt einfach noch vor dem Kompaniewecken an einer schlecht verheilten Wunde. Oder er tritt beim Lustwandeln am Hindukusch fehl, so dass sich ein vorbeifahrender Autofahrer erschreckt und versehentlich den Hahn einer zufällig neben ihm liegenden Waffe ... na und so weiter. Eine Kettenreaktion. Tot ist er! Wenn er dann in der Kaserne in Münster im Speisesaal unter der Fahne liegt, hat er nicht mal mehr einen Namen. Dann ist er nur »ein Fähnrich«. Er braucht ja auch keinen mehr.

Natürlich erfährt man auch nie, wohin der Minister sein Beileidsschreiben adressierte. Vermutlich jedoch in den Osten. Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wenn sie durch die Stadt gehen, wohin all die jungen Leute entschwunden sind, die früher immer an der Ecke standen, vor dem Café saßen oder in Scharen aus dem Kino kamen? Klar, die jungen Leute von früher sind heute die Alten! Auf die sei gepfiffen. Aber wo sind die nächsten jungen Leute?

Wo die Mädchen sind, ist bekannt. Sie machen die Betten in österreichischen Ferienhotels und haben hoffentlich ein Verhältnis mit dem Chef. Oder sie sitzen in Hamburg im Call-Center, und wenn man ihnen am Telefon auf den Kopf zusagt: »Sie sind doch aus Zittau, das höre ich doch!«, lachen sie und erzählen von zu Hause, was sie gar nicht dürften. Aber die Jungen?

Die Jungen sind bei der Bundeswehr. Die sprichwörtliche Wehrgerechtigkeit hat es so gefügt, dass man sie geholt hat. Und das gute Essen und die Sehnsucht nach fernen Ländern sind daran schuld, dass sie gar nicht wieder wegwollen vom »Bund« und sich nach Afghanistan einschiffen. Von den 6000 Soldaten im Ausland waren im vorigen Monat 31 Prozent Ossis. Bei den Mannschaftsdienstgraden - also »Schütze Arsch« - waren es sogar 39 Prozent. Und wenn sie es schaffen, im Fähnrichsrang mit Todesfolge zu verunfallen, dann gehören sie zu jenen 36 Prozent Ossis, die als Unteroffiziere dabei sind bzw. waren. In höheren Rängen werden sie selten.

Ostdeutsche sind also bei der Verteidigung der Freiheit, und damit leider auch bei leichten tödlichen Unfällen, erstaunlich überrepräsentiert. Zu sagen, das sei sonst nirgendwo der Fall - nicht in Politik, nicht in Kultur und Kunst, nicht in den Medien und nicht in den Verwaltungen -, wäre falsch. Denn auch bei den Hartz IV-Betroffenen sind sie es. Aber warum sind so viele Ostdeutsche Aufbauhelfer in einem fremden Krieg?

Weil die westdeutschen Brüder so viel Vertrauen zu uns haben! Sie sagen sich: Bei unseren Ossis ist die Verteidigung der Freiheit in den besten Händen.

Wenn sie also jemanden auf Kosten der Steuerzahler in die herrlichen Mohnanbaugebiete fliegen lassen, dann doch die Jungens aus dem Osten. Die haben was nachzuholen, weil sie, bzw. ihre Eltern, früher nie nach Afghanistan durften. Überhaupt - die Eltern! Sie haben einen gehörigen Anteil daran, dass ihre Knaben Gehorsam, Freude an der Unterordnung, Kameradschaft, Ehrgeiz beim Truppensport und Begeisterung für den Fahnenappell quasi im Blut haben. Hier zahlen sich die Jahrzehnte der vormilitärischen Ausbildung bei der GST, die vielen Reservistendienstzeiten, die Luftschutzübungen und nicht zuletzt die permanente Gefechtsbereitschaft als Angehöriger der Kampfgruppen aus. In den Adern der Ossis fließt Waffenöl.

Ja, es erfüllt uns mit Stolz, dass unsere Söhne gebraucht werden. Schließlich hat schon Kaiser Wilhelm Kanonfutter aus den Kolonien rekrutiert. Etwas mehr Anerkennung wäre trotzdem nicht schlecht. So sollte der Minister bei seinen Planungen für ein Heldendenkmal die Ostdeutschen berücksichtigen. Vielleicht wenigstens auf der Rückseite, mit dem Spruch: »Er war ein Ossi, sapperlot! Nun liegt er hier, nun ist er tot.«

* Aus: Neues Deutschland, 9. September 2008




Zitat Nr. 107: 25. August 2008

Einen Neger, bitte!

MdB-Delegation im Ausland - Arrogant bis rassistisch

Von Wolfgang Kuhlmann *


Sommerzeit ist Reisezeit - auch für Bundestagsabgeordnete. Einer kleinen Delegation gelüstete es nach einer USA/Kanada-Reise von elf Tagen, auf Kosten des Steuerzahlers. Also sollte es eine Dienstreise sein, bei der sie als Vertreter des deutschen Volkes auftreten. Sollte!

Denn das, was die Reisegruppe um die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Widmann-Mauz, in den USA umtrieb, ist alles andere als eine Dienstreise - dafür vor allem ein politischer Skandal hohen Grades.

Mit Widmann-Mauz brachen sechs weitere Mitglieder des Gesundheitsausschusses nach Amerika auf. Die Tour scheint ein "Besuch der besonderen Art" gewesen zu sein, wie Rolf Schütte, der Generalkonsul in San Francisco, gleich nach Abreise der Gäste in einem vertraulichen Brandbrief ans Auswärtige Amt schrieb. Die Depesche wurde jetzt dem SPIEGEL bekannt; sie ist ein seltenes Dokument maßloser Ansprüche und derben Verhaltens deutscher Abgeordneter im Ausland.

Unverhohlen forderte die Gruppe vom deutschen Generalkonsulat eine nahezu Rund-Um-Vollbespaßung:

Deutlicher wird Randolph Krüger, Sekretär des Ausschusses: "Die Leute vom Konsulat sind wohl gewohnt, betrunkene Touristen aus einer Gefängniszelle zu holen, wissen aber nicht, welchen Service sie für Bundestagsabgeordnete zu leisten haben."
Dieser Service sollte wohl vor allem der Freizeitgestaltung dienen. Vor Reiseantritt habe Krüger "wiederholt" darauf hingewiesen, "dass das Programm bitte nicht mit inhaltlichen Terminen zu überfrachten sei und genug Zeit zur freien Verfügung bleiben möge", notierte Generalkonsul Schütte.


Und dann kommt der traurige Höhepunkt:

Richtig übel war die Sache mit dem Rollstuhl. Sekretär Krüger schwört, er habe sechs Tage vor der Ankunft per E-Mail einen Rollstuhl für Widmann-Mauz angefordert, wegen des gebrochenen Fußes. Vielleicht ist die Nachricht ja verschüttgegangen, jedenfalls schrieb der Generalkonsul, man sei erst nach Ankunft der Gruppe informiert worden und habe binnen weniger Stunden das Gefährt besorgt. Das Vehikel empörte die Abgeordneten nachhaltig: "Es war ein Krankenstuhl mit kleinen Rädern, wie aus alten US-Filmen", sagt Widmann-Mauz. Allein konnte sie ihn nicht bewegen.

Krüger, ein findiger Sozialdemokrat aus Potsdam-West, wußte einen rassebewußten Ausweg:

"Wir brauchen einen Neger, der den Rollstuhl schiebt." Heute, so Krüger zum SPIEGEL, mag er "nicht ausschließen, dass ich das gesagt habe. Wenn die so ein famoses Gerät angeschleppt hatten, dann sollten sie wenigstens mit anfassen".

Zur Arroganz der Polit-Reisenden:

Doch morgens in der Hotellobby, heißt es in Schüttes Bericht, habe Krüger "für die bereits in Freizeitkleidung erschienene Delegation" erklärt, die Gruppe "würde lediglich am Vormittag die Sightseeing-Tour machen und am Nachmittag dann Zeit zur freien Verfügung haben" wollen.
Jene "souveräne Entscheidung" beim Frühstück, die Termine in Sacramento platzen zu lassen, begründet Widmann-Mauz damit, dass ihnen dort ohnehin nur Gespräche mit Mitarbeitern von Abgeordneten sicher gewesen seien. "Wir legen schon Wert auf Augenhöhe", sagt die CDU-Frau.


Wenn man schon keinen einheimischen Sklaven aus der mutmaßlichen Kolonie USA haben konnte, so wollte einer dann wenigsten - Abgeordnetenstand verpflichtet - einen persönlichen Diener aus dem Konsulatsbestand:

Am Ende der Reise verlangte der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe, 51, ein Stadtoberinspektor aus dem westfälischen Werne, der seit 17 Jahren im Bundestag sitzt, zum Flughafen begleitet zu werden. "Ich kann kaum Englisch", sagt er. Deshalb habe er sich "hilflos gefühlt. Beim Einchecken kann immer was passieren, und dann steh' ich da".
Ein Fahrer des Konsulats brachte den CDU-Politiker zum Airport. Der Mann war laut Generalkonsul Schütte "überrascht, als der Abgeordnete Hüppe dann nicht nur auf Englisch einchecken konnte, sondern auch seinen Wunsch nach einem Upgrade in die First Class auszudrücken vermochte".
Hüppe bestreitet das. Er sei nur Business geflogen. Den Beleg dafür sucht er noch.


[Alle kursiven Zitate aus: SPIEGEL 18.08.2008 (Petra Bornhöft: Neger gesucht)]

In diesem Zusammenhang lege ich großen Wert auf die Feststellung, daß Werne zwar in Westfalen liegt, jedoch nicht in Ostwestfalen-Lippe [der "Bindestrich-Heimat" des Autors, Anm. der Redaktion], sondern im westlichen Westfalen, im Kreis Unna.

Die Affäre bracht es auch im Ausland zu einer gewissen Bekanntheit. So merkt der Schweizer "Blick" am Ende eines weitestgehend nach dem SPIEGEL geschriebenen Artikels süffisant an:

Nun, der nächste Präsident der USA ist vielleicht ein "Neger". Vielleicht bringen ihn die deutschen Politiker beim nächsten Besuch dazu, ihren Rollstuhl ... pardon, Karren aus dem Dreck zu ziehen.
[Blick 18.08.2008 (num)]

Der Tagesspiegel meldete am 20.08.2008 unter dem Titel "Wir brauchen einen Neger":

Der Bundestag untersucht die verbale Entgleisung eines Beamten. Der Ausschusssekretär soll auf einer USA-Reise rassistische Äußerungen gemacht haben.

Zu Herrn Bundestagsabgeordneten Hüppe: Nicht nur beim Einchecken am Flughafen "kann immer was passieren..." Das kann auch beim Einchecken im Bundestag geschehen, der Wahl.
Und es wäre sehr schön, wenn er dann dort stände - vor der Tür.

* Aus: FriedensTreiberAgentur (FTA), 21. August 2008




In Kürze ("Zitate des Tages")


Vor 10 Jahren: NATO-Krieg gegen Jugoslawien

Unerheblich ist, ob die Nato den Krieg gegen Belgrad wirklich wollte oder ob sie ihn nur der Gesichtswahrung wegen am Ende nicht mehr zu vermeiden wusste. Sie hat ihn geplant, vorbereitet, bis zum Überdruss angedroht und schließlich geführt. Das ist es, was zählt. Die für niemanden missverstehbare Botschaft besagte, wer in Europa die Ultimaten stellt und wessen Weisungen gehorcht werden muss. Der hehre Satz, Krieg dürfe kein Mittel der Politik mehr sein, liegt bei den Akten.
Aus: Der Standard (Wien), 24. März 2009
Siehe auch unsere Sonderseite zum NATO-Krieg.

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"Kreislauf der Gewalt"

Was in Gaza passiert ist, ist keine isolierte Tragödie. Es muss im Kontext der illegalen Besetzung von palästinensischem Gebiet gesehen werden, die 1967 angefangen hat. Im Falle von Gaza haben die vergangenen drei Jahre Belagerung und kollektive Bestrafung sich zu einer 18 Monate lange Blockade verschärfen gesehen. Ohne eine Beendigung der Besetzung geht der Kreislauf der Gewalt weiter.
Aus einer "Erklärung zum Gaza-Krieg" des Ökumenischen Rats der Kirchen
Hier geht es zur ganzen Erklärung.

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Ketchup in Gaza

Jetzt gibt es auch wieder Spaghetti in Gaza. Nudeln und Ketchup* standen bisher nicht auf der Liste der Nahrungsmittel, die Israel in den Gazastreifen lässt. Doch dann beschwerte sich John Kerry* bei der israelischen Regierung. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des amerikanischen Senats hatte selbst in Gaza beobachtet, dass die Armee Lastwagen mit Nudeln die Einreise verwehrte. Auf der kurzen Nahrungsmittelliste des Verteidigungsministeriums in Tel Aviv stand Reis, aber keine Nudeln.
Hans-Christian Rößler in FAZ.net (1. März 2009: "Geld für Gaza gibt es reichlich")
Siehe hierzu auch "Gaza-Konferenz sendet Hoffnung aus".

* Der frühere demokratische Präsidentschaftsbewerber John Kerry ist verheiratet mit der Witwe des großen Ketchup-Herstellers Heinz, Teresa Heinz Kerry. Da sage noch jemand, Politik habe nichts mit Interessen zu tun!

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Wie im Märchen: Acht Oscars für "Slumdog"

Es klingt wie das Drehbuch zu einem Kitschfilm, doch für Azharuddin Mohammed Ismail ist es Realität: Gerade noch bestand die Welt des Zehnjährigen aus dem Elendsviertel Dharavi in der indischen Millionen-Metropole Bombay - plötzlich aber findet er sich bei der Oscar-Gala in Hollywood inmitten von Weltstars auf dem roten Teppich wieder.
n-tv, 23. Februar 2008. Hinter die Kulissen schaut Hilmar König:
"Slumdog Millionaire" ist nur ein Mosaikstein.

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Ausreichend oder mehr?

"Der militärische Ansatz ist ausreichend. Wir brauchen den zivilen Wiederaufbau und die Ausbildung der afghanischen Streitkräfte."
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung auf der "Münchner Sicherheitskonferenz" am 8. Februar 2009 >>> hier! <<<<

"Unsere Planungen gehen jetzt dahin, dass wir in etwa die Zahl von 600 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan schicken, wobei circa 200 dort für die Absicherung der Präsidentschaftswahlen vorgesehen sind".
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung am 19. Februar 2009 (AP)
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Zwei Haiders in Israel

Es ist zu erwarten oder es ist sogar zu hoffen, dass Europa Israel gegenüber genauso eingestellt sein wird wie Israel gegenüber Österreich zur Zeit von Haider. Eine Regierung mit einem Haider - und davon haben wir zwei in Israel - sollte man nicht unterstützen ...
Moshe Zimmermann zum Ausgang der Wahl in Israel (Deutschlandfunk, 12. Februar 2009).
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Public Relations

In diesem Jahr beschäftigt das Pentagon (US-Verteidigungsministerium) 27.000 Menschen nur für Rekrutierung, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit - das sind beinahe so viele wie die 30.000 Angestellten, die insgesamt im Außenministerium arbeiten.
International Herald Tribune, February 5, 2009.
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150 Jahre "Kritik der politischen Ökonomie"

In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produk­tionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen.
Aus dem Vorwort zur "Kritik der politischen Ökonomie" von Karl Marx, 1859

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Lehren der dunkelsten Kapitel der Geschichte

"Wir müssen unseren Kindern weiter die Lehren der dunkelsten Kapitel der Geschichte nahe bringen. Das wird ihnen helfen, erfolgreicher als ihre Vorfahren dabei zu sein, eine Welt des friedlichen Zusammenlebens zu schaffen."
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in einer Erklärung zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, 27. Januar 2009
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"Völlig inakzeptabel"

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die israelischen Angriffe auf Schulen der Vereinten Nationen im Gazastreifen ungewöhnlich scharf kritisiert. Attacken auf UN- Einrichtungen, die als Schutz für Flüchtlinge dienten, seien "völlig inakzeptabel", erklärte der UN-Chef am 6. Januar in New York. Israel kenne die Standorte der Einrichtungen. Bei dem Angriff kamen nach UN-Angaben mindestens 30 Menschen ums Leben.
Quelle: Nachrichtenagenturen, 6. Januar 2008

New York, 6 January 2009 - Statement by the Secretary-General on strike on UN Relief and Works Agency (UNRWA) School in Gaza

In the last day, three schools operated by the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) have been hit by nearby Israeli military strikes. A substantial number of civilians have been killed, particularly in the third strike, and many more have been injured. I am awaiting full confirmation of the details of these incidents.
These, and over twenty other schools, are serving as temporary shelters to over 15,000 Palestinians whose homes have been destroyed or who are fleeing the violence. They are seeking sanctuary in UNRWA schools because they have no other place to go and are not able to flee the Gaza Strip.
In another incident, seven UN staff were injured, three seriously, together with three patients, when a strike on a neighbouring building caused substantial collateral damage to an UNRWA health centre.
The locations of all UN facilities have been communicated to the Israeli authorities and are known to the Israeli army. After earlier strikes, the Israeli government was warned that its operations were endangering UN compounds. I am deeply dismayed that despite these repeated efforts, today's tragedies have ensued. These attacks by Israeli military forces which endanger UN facilities acting as places of refuge are totally unacceptable and must not be repeated. Equally unacceptable are any actions by militants which endanger the Palestinian civilian population.
Today's events underscore the dangers inherent in the continuation and escalation of this conflict. I call once again for an immediate ceasefire.

Quelle: www.un.org

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Ban Ki-moon "extrem beunruhigt" über israelische Bodenoffensive

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat die israelische Bodenoffensive im Gazastreifen nachdrücklich kritisiert. Die weitere Eskalation der Gewalt erschwere die Bemühungen des Nahost-Quartetts und anderer um eine Waffenruhe, ließ Ban erklären. Ban habe mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert gesprochen und ihm seine "äußerste Sorge und Enttäuschung" mitgeteilt, erklärte eine Sprecherin. Der Generalsekretär forderte einen sofortigen Stopp der Bodenoffensive.

Quelle: Deutschsprachige UN-Website, 5. Januar 2009; www.unric.org; hier geht es zur ganzen Erklärung.

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Nichteinmischung

Ein Grundsatz des Völkerrechts, eigentlich eines der grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts, ist die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten.*
Ich habe viel Sympathien für die Menschenrechte, aber ich habe große Besorgnis, wenn im Namen der Menschenrechte in Wirklichkeit politische Ziele verfolgt werden, um nicht zu sagen strategische Ziele.

Altbundeskanzler Helmut Schmidt im großen FAZ-Interview, 8. Dezember 2008.
* Das Prinzip der "Nichteinmischung" steht in Art. 2 Ziff. 7 der UN-Charta:
"Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden ..."
Hier geht es zur ganzen Charta der Vereinten Nationen.

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Artikel 23

  1. Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
  2. Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
  3. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
  4. Jeder hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.
Aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, 10. Dezember 1948.

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Obama und Guantanamo

I have said repeatedly that I intend to close Guantanamo, and I will follow through on that. I have said repeatedly that America doesn't torture. And I'm gonna make sure that we don't torture. Those are part and parcel of an effort to regain America's moral stature in the world.
Barack Obama im Interview beim US-Fernsehsender CBS am 16. November 2008

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Condoleezza Rice entschuldigt sich

"Nun, da ihr alle, tapfere Soldatinnen und Soldaten, aus dem Krieg zurückkehrt, ist es uns wichtig, euch und dem amerikanischen Volk zu versichern, dass wir genau wussten, dass Saddam Hussein keine Massenvernichtungswaffen besaß und dass er die USA auch niemals angegriffen hätte", sagte die frühere Außenministerin Condoleezza Rice gestern einer Gruppe verwundeter Soldaten in einem Krankenhaus für Veteranen.
Aus einem Artikel ("Ex-Secretary Apologizes for W.M.D. Scare") in der "New York Times" vom 4. Juli 2009, die am vergangenen Mittwoch (12. Nov. 2008) millionenfach verteilt wurde. Zum Hintergrund siehe: Iraq War Ends / Der Irakkrieg ist vorbei


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"I will sing until the last day of my life"

Miriam Makeba, 1932-2008
Die "Stimme Afrikas" starb am 10. November 2008 im Anschluss an ein Solidaritätskonzert für den Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano in Italien. Zuletzt hatte sie das Lied gesungen, das sie weltweit bekannt machte: Pata Pata.
Hier geht es zu zwei Nachrufen: Freiheit und Menschlichkeit


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"Ich bin sehr skeptisch"

Ich bin sehr skeptisch gegenüber dieser Sucht, überall auf der Welt mit militärischen Kräften zu intervenieren. Es gibt ungefähr 200 Staaten auf der Welt, aber es gibt über 70 sogenannte friedenserhaltende und sogenannte Frieden schaffende gewaltsame Interventionen in fremden Staaten. Das ist eine Entwicklung, die nach dem Ende des Kalten Krieges, also in den letzten 18 Jahren, sich gewaltig ausgebreitet hat. Ich bin sehr skeptisch. Ich sage nicht, wir müssen morgen aus Afghanistan raus. Ich fürchte, dass das eine ganz schwierige Operation wird, nicht nur für uns Deutsche, für die Amerikaner, die Engländer, für alle, die da beteiligt sind, eine ganz schwierige Operation wird, mit Anstand und ohne Chaos zu hinterlassen, wieder raus zu gehen.
Altbundeskanzler Helmut Schmidt im Zeit-Gespräch ; Zeit Forum Politik, 22.10.2008; Zeit online; (Video: http://www.zeit.de/video/player?videoID=20081023b05f2e)

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Peter Sloterdijk über diese Website:

Ich möchte heute ausnahmsweise nicht auf ein Buch hinweisen, sondern auf etwas, was wichtiger ist als 100 Bücher, nämlich eine Internetadresse. Die Arbeitsgemeinschaft Friedensforschung an der Universität Kassel bietet einen wirklich großartigen Internet-Service an für alle diejenigen die sich die Mühe machen, die Buchstaben "www." in ihrem Computer einzutippen.
Sie werden dort in ein ganzes Universum von Querverweisen hineingeführt. Es ist sozusagen die Zukunft des Buches, oder es ist die Zukunft der politischen Diskussion. Die können Sie auf diesen Internetseiten ein Stück weit antizipieren. Wenn ich als eingeschworener Liebhaber des Buches so etwas sage, dürfen Sie mir das ernsthaft glauben. Sie kommen da auf tausend und eine Idee, wenn Sie den Pfaden folgen, die in dieser großartig ausgearbeiteten Internetseite angeboten werden.

Peter Sloterdijk in der ZDF-Sendung "Das Philosophische Quartett" am 19. Oktober 2008; Thema: "Russisches Roulette oder Der Kampf um eine neue Weltordnung".

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Wir gratulieren

Den Vereinten Nationen zum "Tag der Vereinten Nationen" (auch "Tag der Gewaltfreiheit" genannt)
und dem Nestor der internationalen Friedensforschung, Johan Galtung, zum 78. Geburtstag (24. Oktober)!

Johan Galtung zu Ehren geht es hier zu einer kleinen Auswahl von Texten auf unserer Website:
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Fieber

Die politischen Ökonomen, die vorgeben, die regelmäßigen Zuckungen von Industrie und Handel durch die Spekulation zu erklären, ähneln der jetzt ausgestorbenen Schule von Naturphilosophen, die das Fieber als den wahren Grund aller Krankheiten ansahen.
Aus: Karl Marx, Die Handelskrise in England, 1857

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Friedensnobelpreis 2008: Freundschaftsdienst

In bester oder besser: schlechter Erinnerung bleibt die "Leistung" Ahtisaaris im Kosovokonflikt. Er erarbeitete im Auftrag der UNO den sog. Ahtisaari-Plan einer "bewachten Souveränität", der einer staatlichen Unabhängigkeit des Kosovo den Weg bereiten sollte. Mit diesem Plan schoss er über sein Mandat und über das Völkerrecht derart hinaus, dass nicht einmal der UN-Sicherheitsrat folgen wollte.
(...) 2008 hat das Nobel-Komitee einem angesehenen Politiker einen Freundschaftsdienst erwiesen - die vielen unabhängigen Kandidaten, die mit genuiner Arbeit am Frieden, mit Konfliktprävention und friedlicher Konfliktbearbeitung praktisch und theoretisch zu tun haben, gingen wie so oft leer aus.

Aus einer Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zum Friedensnobelpreis 2008.
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Wählertäuschung

Politiker, die behaupten, wir kämpften am Hindukusch gegen den globalen Terrorismus und für die Sicherheit Deutschlands täuschen nicht nur ihre Wähler, sondern auch unsere Soldaten. Das ist unverantwortlich.
Ich kann einfach nicht verstehen, dass deutsche Politiker nach all den schrecklichen Ereignissen der Vergangenheit unsere Soldaten so leichtfertig in einen Krieg schicken, der mit Sicherheit kein Verteidigungskrieg ist. Nur Verteidigungskriege sind nach unserer Verfassung zulässig - und auch das nur im äußersten Notfall.

Jürgen Todenhöfer, Bestseller-Autor ("Warum tötest du, Zaid?"), im Interview mit der Süddeutschen Zeitung, 6. Oktober 2008.

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Wir werden diesen Krieg nicht gewinnen We’re not going to win this war. It’s about reducing it to a manageable level of insurgency that’s not a strategic threat and can be managed by the Afghan army.
We may well leave with there still being a low but steady ebb of rural insurgency ... I don’t think we should expect that when we go there won’t be roaming bands of armed men in this part of the world. That would be unrealistic and probably incredible.”

Mark Carleton-Smith, Kommandeur der 16 Air Assault Brigade, laut Sunday Times vom 5. Oktober 2008.
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"A person without character ..."

Throughout the '60s, Newman took high-profile stands against the war in Vietnam. (...) Newman knew his actions were not always popular, and told the New York Times Magazine in 1966, "A person without character has no enemies." Friends said he was delighted in 1973 when he was listed as No. 19 on Nixon's enemies list, claiming it elevated him in the eyes of his children.
Lynn Smith zum Tod von Paul Newman (1925-2008). In: Los Angeles Times, 27. September 2008
Unser Zitat der Woche (Nr. 110) enthält eine Kurzgeschichte von Paul Newman aus dem Jahr 2000, in der er sich mit der US-Raketenabwehr und ihren Profiteuren auseinandersetzt: Pete Goes (Anti)Ballistic

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Krieg oder Nicht-Krieg

Namen sind also wichtig (...) Dem lässt sich anfügen, dass es sich nicht um Krieg handelt, wenn die irrtümlich als solche erscheinende den Frieden erhaltende oder erzwingende Maßnahme nicht unter diesem Etikett gehandelt wird. Außerdem dürfen wir ja gar keinen Krieg führen, sondern, zum Beispiel am Hindukusch, nur unsere Freiheit verteidigen. Das aber ist doch eine gute Sache, oder sollte ich mich täuschen?
Krieg führt man heutzutage nicht mehr gegen Völker, sondern gegen den Terror; die Terroristen sind ja als Volk nicht anerkannt, weil es ein solches Volk gar nicht gibt; wer aber dann Kolletaralschaden erlitten hat, ist dann Tschetschene oder Afghane oder sonst ein Exot gewesen."

Karl Grobe in einer Kolumne ("Schall und Rauch") in der Frankfurter Rundschau, 23. September 2008.
Den vollständigen Text lesen Sie in unserem "Zitat der Woche" Nr. 109.

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Kein anderer Staat

Was die Revolution für die Bevölkerung erreicht hat, können wir in Zahlen ausdrücken, die kein anderer Staat aufzuweisen hat. In diesen sechsundvierzig Jahren haben wir das Leben von mindestens 450.000 Kindern gerettet, die ohne die Fortschritte, welche die Revolution mit sich gebracht hat, gestorben wären. Die Lebenserwartung liegt im heutigen Kuba achtzehn Jahre über dem Durchschnitt, den sie vor dem Triumpf der Revolution von 1959 hatte. Wir haben die Möglichkeit zur Alphabetisierung geschaffen, und alle Kinder können zur Schule gehen, alle Erwachsenen studieren.
Fidel Castro über Kuba in einem Interview mit Ignacio Ramonet, Chefredakteur von Le Monde diplomatique.
Hier können Sie mehr lesen: "Niemand wird für uns kämpfen"

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Immanuel Kant unterstützt die LINKE

Natürlich ist es sinnvoll, einen Kredit aufzunehmen, um eine Schule oder eine Universität zu bauen. Verantwortungslos ist es allerdings, einen Kredit aufzunehmen, um in Afghanistan oder anderswo in der Welt Waffen auszuprobieren.
Kredite, die wir heute aufnehmen, um die Zukunft unserer Kinder und Enkel zu sichern, sind wichtig und notwendig. Deshalb fordert die Linke gerade in Zeiten des konjunkturellen Abschwungs ein Zukunftsinvestitionsprogramm.
Kredite, mit denen veraltete Raketen wie die PARS 3 - Stückpreis 1,3 Millionen Euro - finanziert werden, sind dagegen herausgeschmissenes Geld. Davon werden unsere Kinder und Enkel nichts haben.

Gesine Lötzsch in der Haushaltsberatung des Deutschen Bundestags, 16. September 2008.

"Es sollen keine Staatsschulden in Beziehung auf äußere Staatshändel gemacht werden."
4. Präliminarartikel aus Immanuel Kants "Zum ewigen Frieden" (1795).

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Endgültig abziehen

Uns Kubanerinnen und Kubanern tut es sehr weh, miterleben zu müssen, wie im Irak und in Afghanistan von den Besatzungsmächten Frauen, Kinder und alte Menschen umgebracht werden. Die ganze Welt wäre viel glücklicher, wenn diese Besatzer endgültig abziehen würden.
Aleida Guevara, Tochter von Ernesto "Che" Guevara, in einem Interview mit der "jungen Welt (13.09.2008, Wochenendbeilage). Aleida Guevara wird auf der Berliner Auftaktkundgebung der Friedensdemonstration gegen den Afghanistankrieg am 20. September 2008 sprechen (siehe: www.afghanistandemo.de) (externer Link).

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11. September

Gegen Terrorismus und wahnsinnsgeleitete Aktionen blinder Gewalt gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Eine Politik, die den Terrorismus wirksam bekämpfen und eindämmen will, muss ihm den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden entziehen, in dem er gedeiht. Ein Klima des Hasses und der Intoleranz und eine Politik, die Gewalt mit Gegengewalt und Gegengewalt mit neuer Gewalt beantwortet, bereitet auch den Boden für Terrorakte, deren Grausamkeit sich jeder menschlichen Vorstellungkraft entziehen.
Wann endlich wird begriffen, dass Sicherheit heute nicht mehr durch noch so "perfekte" militärische Sicherheitsvorkehrungen gewährleistet werden kann? (...)
Wann endlich begreifen die Politiker, die jetzt wieder nach mehr Rüstungsausgaben, Waffen und Militär verlangen, dass Sicherheit erst dann gegeben ist, wenn die Sicherheit des Anderen gewährleistet ist? Dass Sicherheit heute nicht mehr nur militärisch, sondern vor allem sozial, kulturell, ökonomisch und politisch begriffen werden muss? Dass Sicherheit letztlich eine Frage der Gerechtigkeit ist?

Aus einer Erklärung der Friedensbewegung zum 11. September 2001.
Hier geht es zum ganzen Text

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Hilfsgüter auf Kriegsschiffen?

Leider wird das georgische Regime weiter aufgerüstet, nun unter dem Vorwand der humanitären Hilfe. Wie würde man sich aber fühlen, wenn sich Russland etwa dafür entscheiden würde, mit seinen Kriegsschiffen Hilfsgüter in die vom Hurrikan betroffenen Karibik-Länder zu bringen?
Der russische Präsident Dmitri Medwedew am 6. September 2008 (Quelle: RIA Novosti).

Und die Folgen: Manöver mit Kriegsschiffen

Venezuela plant eine gemeinsame Marineübung mit Russland. Diese soll Ende November oder Anfang Dezember in der Karibik stattfinden.
Venezuelas Präsident Hugo Chávez am 7. September 2008
(Vgl. hierzu: Russland beargwöhnt "Hilfe" für Georgien)

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"Geschäft" und "Krieg"

"Ich muss sagen, diejenigen, die eine solche Forderung in Deutschland erheben, betreiben das Geschäft derjenigen, die letztlich unsere Soldaten gefährden."
Bundesverteidigungsminister Jung mit Blick auf die Diskussionen um einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, AFP, 3. September 2008
"Wir befinden uns im Krieg gegen einen zu allem entschlossenen, fanatischen Gegner". Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", 3. September 2008.

Lesen Sie hierzu die Pressemitteilung des "Friedensratschlags: "Bundeswehrverband hat Recht"

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1. September - Antikriegstag

Jeder Euro, der für Militär, Waffen und Krieg ausgegeben wird, fehlt an anderer Stelle. Abrüstung schafft nicht nur mehr Sicherheit in der Welt, sondern setzt auch Mittel frei, die für überlebenswichtige zivile Investitionen verwendet werden können. Abrüsten und nicht aufrüsten, Truppenabzug statt noch mehr Soldaten, Verhandeln statt Schießen, Entwicklungshilfe statt Schützenhilfe: Das ist das Gebot der Stunde - nicht nur am Antikriegstag!
Aus der Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zum Antikriegstag 2008: "Krieg ist kein Mittel der Politik".

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Verantwortung tragen

Die politische und moralische Verantwortung für die getöteten Zivilisten, eine Frau und zwei Kinder, trägt die Bundesregierung.
Aus der Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zum Bundeswehr-"Zwischenfall" in Afghanistan.
Lesen Sie die ganze Erklärung >>>>> hier <<<<<

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So oder so?

Meldung Nr. 1:
"Die Shanghai-Organisation, in der Moskau vor allem mit China zusammenarbeitet, weigerte sich, dem russischen Vorgehen ihren Segen zu geben. China äußerte stattdessen 'Besorgnis über die jüngsten Veränderungen in Südossetien und Abchasien' – eine eisige Abfuhr für Russland.
(Financial Times Deutschland, 29.08.2008)
Meldung Nr. 2:
"Die Staatschefs der SOZ-Länder [Shanghai-Organisation] begrüßen den in Moskau vereinbarten Sechs-Punkte-Plan zur Konfliktregelung in Südossetien und unterstützen die aktive Rolle Russlands bei der Friedens- und Kooperationsförderung in dieser Region", hieß es in einer am Donnerstag verabschiedeten Erklärung.
(RIA Novosti, 28.08.2008)

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Quod licet Iovi ...

Das Bundeskabinett hat heute der völkerrechtlichen Anerkennung der Republik Kosovo sowie der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zugestimmt.

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung am 20. Februar 2008.

... non licet bovi

Die russische Anerkennung Südossetiens und Abchasiens nannte die Bundeskanzlerin völkerrechtswidrig und "absolut nicht akzeptabel". Das Handeln Russlands widerspreche dem Prinzip der territorialen Integrität, einem der grundlegenden Prinzipien des internationalen Völkerrechts.

Aus einem Bericht auf der Website der Bundesregierung, 26. August 2008

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Sehr ernst genommen

Am Freitag, den 22. August, wurden bei einem US-geführten Luftangriff nahe dem Dorf Asisabad in der westafghanischen Provinz Herat wieder viele Zivilisten getötet. Unter den mehr als 90 Todesopfern seien zahlreiche Frauen und Kinder. Der afghanische Präsident Karsai warf den internationalen Truppen in einer Erklärung mangelnde Absprache mit den örtlichen Behörden vor. Karsai hatte die von den USA geführten Truppen in der Vergangenheit mehrfach aufgefordert, bei Einsätzen den Tod von Zivilisten zu vermeiden. Diese Anstrengungen seien bisher nicht von Erfolg gekrönt gewesen, teilte er in der Erklärung weiter mit. "Alle Anschuldigungen zum Tod von Zivilisten werden sehr ernst genommen", hieß es in einer Erklärung vom US-Hauptmilitärstützpunkt in Bagram nördlich von Kabul.

Nachrichtenagenturen AFP, dpa am 24. August 2008

Schlachtfeld

Die Franzosen entdecken heute, dass Afghanistan zweifellos das erste Schlachtfeld seit Jahrzehnten ist, auf dem die französischen Streitkräfte in brutalen und gewalttätigen Militäreinsätzen engagiert sind.
Der französische Verteidigungsminister Hervé Morin im "Figaro" vom 22. August 2008.
[Mit dem letzten vergleichbaren Militäreinsatz vor "Jahrzehnten" kann nur der Algerienkrieg (1954-1962) gemeint sein. Sein Ende ist bekannt.]

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Als wäre nichts geschehen

Über sechs Jahre lang haben die USA Georgien aufgerüstet und mit jenen Waffen versorgt, die eingesetzt wurden, um gegen das wehrlose Ossetien zuzuschlagen. Georgien führte einen Eroberungskrieg, allein aus ethnischen Gründen. Moskau spricht von einem Genozid, dies mag übertrieben sein. Aber es kann doch nicht angehen, dass die Bundeskanzlerin so tut, als wäre nichts geschehen - und weiterhin Georgien die Aufnahme in die NATO zusichert.
Hermann Krause, ARD-Hörfunkstudio Moskau, in einem Kommentar für www.tagesschau.de vom 17. August 2008

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Der Bush des Tages *

"Mit seinem Verhalten hat Russland in den vergangenen Tagen seiner Glaubwürdigkeit und seinen Beziehungen zu den Nationen der freien Welt geschadet. Schikanen und Einschüchterungen sind keine akzeptablen Wege der Außenpolitik im 21. Jahrhundert. Nur Russland kann entscheiden, ob es nun auf den Pfad verantwortungsbewusster Nationen zurückkehrt oder weiterhin eine Politik verfolgt, die nur Konfrontation und Isolation verspricht."
US-Präsident Bush im Rosengarten des Weißen Hauses zur Lage in Georgien. Die ganze Erklärung (deutsch und englisch): Erklärung des Präsidenten.
* Man ersetze in dem vorliegenden Zitat "Russland" durch "USA".

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Hier finden Sie frühere "Zitate der Woche":

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