Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Chronik Afghanistan

Dezember 2009


Dienstag, 1. Dezember, bis Sonntag, 6. Dezember
  • US-Präsident Barack Obama will die eigenen Streitkräfte in Afghanistan offenbar auf fast 100.000 Mann verstärken und auch die Europäer zu einer Aufstockung ihrer Kontingente bewegen. Obama werde die Entsendung von 30.000 zusätzlichen US-Soldaten ankündigen, sagte ein Regierungsvertreter am 1. Dez., wenige Stunden vor Obamas mit Spannung erwarteter Afghanistan-Rede. Zudem werde er ein Datum für den Beginn des Abzugs nennen, der noch in seiner derzeitigen Amtszeit liegt. Die Verstärkung der US-Truppen solle innerhalb von sechs Monaten erfolgen, sie werde sich auf eine relativ kurze Zeit beschränken, erläuterte der Regierungsvertreter, der sich vor Obamas angekündigter Rede nicht namentlich zitiert werden wollte. Obama hat demnach die Absicht, den Militäreinsatz zunächst zu verstärken, um ihn dann kontrolliert beenden zu können.
  • US-Präsident Barack Obama und der afghanische Staatschef Hamid Karsai haben am 1. Dez. in einer einstündigen Videokonferenz über die künftige Afghanistan-Strategie der USA beraten. Das teilte ein Sprecher Karsais in Kabul mit. Obama und Karsai hätten im Detail die politischen, militärischen, sicherheitsrelevanten und wirtschaftlichen Aspekte der Strategie diskutiert. Obama sprach darüber auch mit dem pakistanischen Präsidenten Asif Ai Zardari.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihr Bedauern über zivile Opfer bei dem Luftangriff auf Tanklaster im September in Afghanistan ausgedrückt. "Es ist mir ganz wichtig, dass das, was in Folge unseres Handelns geschehen ist, auch von uns verantwortet wird und wir unser Bedauern hierüber sehr deutlich ausdrücken", sagte Merkel am 1. Dez. in Berlin nach einem Treffen mit dem pakistanischen Ministerpräsidenten Yousuf Raza Gilani. Auf jeden Fall müsse jetzt "alles lückenlos aufgeklärt werden". Merkel verwies auf von ihr bereits kurz nach dem Angriff nahe der Stadt Kundus abgegebene Erklärungen, in denen sie bereits ihr Bedauern über mögliche zivile Opfer geäußert habe. Allerdings sei damals diese Frage "noch nicht völlig klar" gewesen. Daher sei es richtig gewesen, damals "Vorverurteilungen" entgegenzutreten. Sollten bei dem Angriff nicht alle Regeln der internationalen ISAF-Truppe eingehalten worden sein, werde die Bundesregierung "die richtigen Schlüsse daraus ziehen". Dazu werde es eine einvernehmliche Bewertung durch die Regierung geben.
    Mit Blick auf Wünsche der US-Regierung nach einer Aufstockung auch der deutschen Truppen in Afghanistan bekräftigte Merkel, darüber solle erst im kommenden Jahr nach der internationalen Afghanistan-Konferenz entschieden werden. Diese soll am 28. Januar in London stattfinden. Erst danach werde es einen Beschluss darüber geben, "ob und gegebenenfalls was wir an zusätzlichen Anstrengungen machen", sagte die Kanzlerin. Laut einem Bericht der französischen Zeitung "Le Monde" soll allein Deutschland 2000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan entsenden.
  • US-Präsident Barack Obama hat Polen nach Regierungsangaben um die Entsendung von mehreren hundert zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan gebeten. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk erklärte am 1. Dez., Obama habe mit ihm in einem rund 30-minütigen Telefonat über seine künftige Afghanistan-Strategie gesprochen. Dabei sei es auch um die Stationierung von hunderten weiteren Soldaten gegangen, sagte Tusk dem Sender TVN24.
  • Afghanistan wird im kommenden Jahr das wichtigste Einsatzgebiet des Roten Kreuzes. Mit 86 Millionen Schweizer Franken (57 Millionen Euro) sei das Land für 2010 als größter Ausgabenposten eingeplant, erklärte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) am 1. Dez. in Genf. Damit werde das Budget für Afghanistan im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel aufgestockt. In diesem Jahr war der Sudan der größte Länderposten im IKRK-Etat gewesen. Die sudanesische Krisenregion Darfur sei weiter auf umfangreiche Hilfe angewiesen, erklärte IKRK-Präsident Jakob Kellenberger. Da die Intensität des dortigen Konfliktes nachgelassen habe, könnten die Ausgaben jedoch um rund ein Viertel gekürzt werden.
  • Obamas Rede
    US-Präsident Barack Obama will schon bald 30.000 zusätzliche US-Soldaten nach Afghanistan schicken und hat auch die Verbündeten zu Truppen-Aufstockungen aufgefordert. Die Entsendung der US-Soldaten werde in der ersten Jahreshälfte 2010 erfolgen, kündigte Obama am 1. Dezember 2009 (Ortszeit) bei der Vorstellung der neuen Afghanistan-Strategie in der Militärakademie West Point an.
    Obamas Plan bedeutet, dass die USA ihr Kontingent in Afghanistan auf knapp 100.000 Soldaten aufstocken. Die Truppenaufstockung sei im nationalen Interesse der USA - und zwar in einem "lebenswichtigen" Ausmaß, betonte der US-Präsident, der bei seinen Mitbürgern um Zustimmung für den Einsatz warb. Noch während er spreche, planten Aufständische neue Angriffe auf die USA, warnte er. Afghanistan sei nicht verloren, in den vergangenen Jahren habe es aber Rückschritte gegeben. Seinen Zuhörern versicherte Obama: "Nach 18 Monaten werden unsere Soldaten mit der Heimkehr beginnen."
    Die Entsendung der zusätzlichen US-Streitkräfte wird Obama zufolge im laufenden Haushaltsjahr rund 30 Milliarden Dollar (rund 20 Milliarden Euro) kosten. Obama sprach an der renommierten Militär-Akademie West Point in New York, seine mit Spannung erwartete Rede wurde zudem im Fernsehen übertragen und auch im Ausland mit großem Interesse verfolgt. Obama wurde unter anderem von US-Außenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Robert Gates sowie dem Chef des US-Zentralkommandos, General David Petraeus, nach West Point begleitet.
    An die Adresse der NATO-Verbündeten der USA sagte Obama: "Einige haben bereits zusätzliche Truppen bereitgestellt, und wir sind zuversichtlich, dass es in den kommenden Tagen und Wochen weitere Beiträge geben wird." Es gehe dabei nicht nur um die Glaubwürdigkeit der NATO: "Worum es hier auch geht, ist die Sicherheit unserer Verbündeten und die Sicherheit der Welt."
    Konkrete Zahlen nannte Obama nicht, die französische Zeitung "Le Monde" hatte berichtet, der US-Präsident habe die Alliierten um 10.000 weitere Soldaten gebeten. "Le Monde" berichtete, Frankreich und Italien seien zur Entsendung weiterer 1500 Soldaten aufgefordert worden, Großbritannien zur Aufstockung um 1000, Deutschland solle rund 2000 weitere Bundeswehrsoldaten entsenden.
    Hier geht es zur Rede Obamas:
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Ankündigungen von US-Präsident Barack Obama für eine veränderte Strategie in Afghanistan begrüßt. Die Rede Obamas sei ein "kraftvolles Signal" an die afghanische Regierung sowie an die internationale Staatengemeinschaft, "dass die USA weiterhin der Stabilisierung Afghanistans hohe Bedeutung beimessen und dafür zu großen Anstrengungen bereit sind", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am 2. Dez. in Berlin. Er begrüßte auch "den umfassenden Ansatz der Einheit von Sicherheit und Entwicklung" in Afghanistan. Der Sprecher hob zudem hervor, dass die Kanzlerin auch den ab 2011 vorgesehenen Abzug der Truppen begrüßt habe. Es sei "richtig und sinnvoll", ein Zieldatum zu setzen, sagte er.
  • Die USA wollen erstmals diplomatische Vertretungen in Afghanistan außerhalb der Hauptstadt Kabul eröffnen. Ein Konsulat solle im kommenden Jahr im nordafghanischen Masar-i-Scharif seine Arbeit aufnehmen, sagte der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, am 2. Dez. nach der Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrags mit dem afghanischen Außenminister Rangin Dadfar Spanta. Die zweite diplomatische Vertretung sei in der westafghanischen Stadt Herat nahe der Grenze zum Iran geplant.
  • Der umstrittene Luftschlag von Kundus in Nordafghanistan bekommt ein parlamentarisches Nachspiel. Am 2. Dez. beschloss der Bundestags-Verteidigungsausschuss in Berlin, sich in einen Untersuchungsausschuss umzuwandeln. Dieser soll Mitte Dezember seine Arbeit aufnehmen. Der Parlamentarische Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) sicherte unterdessen zu, das Ministerium werde dem Gremium «nichts vorenthalten». Zuvor hatte die Opposition mit einem zweiten, öffentlich tagenden Untersuchungsausschuss gedroht.
  • Truppen in Afghanistan
    Die USA haben derzeit 71.000 Soldaten in Afghanistan. Die anderen NATO-Mitglieder und weitere Verbündete haben noch einmal insgesamt 38.000 Soldaten stationiert. Mit den angekündigten Verstärkungen wird die internationale Streitmacht auf über 140.000 Soldaten wachsen. Sie wird damit größer als die Truppe der Sowjetunion, die in den 80er Jahren zum Höhepunkt ihres Afghanistan-Kriegs 118.000 Soldaten am Hindukusch stationiert hatte.
    Die afghanischen Streitkräfte zählen derzeit rund 94.000 Mann. Ihre Zahl soll auf 134.000 wachsen. Hinzu kommen noch einmal 93.000 Polizisten. Sie alle stehen schätzungsweise 25.000 Taliban-Kämpfern gegenüber. (AP, 2. Nov.)
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die neue Afghanistan Strategie von US-Präsident Barack Obama und die damit verbundene Truppenaufstockung begrüßt. Besonders befürworte er den Plan, «militärische und zivile Anstrengungen» zu verbinden, sagte Ban am 2. Dez. in New York. Die Vereinten Nationen seien unterdessen weiter dem Ziel verpflichtet, Afghanistan zu helfen, Frieden, Stabilität und Wachstum zu erreichen.
  • Mazedonien will sein Truppenkontingent in Afghanistan um 80 weitere auf insgesamt 250 Soldaten aufstocken. Sie sollen im Februar am Hindukusch stationiert werden, wie Staatschef Gjorgje Ivanov nach Angaben seines Büros am 2. Dez. in einem Schreiben an US-Präsident Barack Obama erklärte. Madzonien beteiligt sich seit 2002 am ISAF-Einsatz in Afghanistan.
  • Die USA werden keinen Druck auf Deutschland ausüben, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Dies sagte der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, dem Handelsblatt (Ausgabe vom 3. Dez.). «Die Bundeswehr hat schon mehr als 30 Soldaten in Afghanistan verloren, das ist historisch», sagte Holbrooke. Er habe daher Verständnis für die Haltung der Kanzlerin, mit einer Entscheidung über zusätzliche Truppen bis zur Afghanistan-Konferenz im Januar zu warten. Die deutsche Präsenz im Norden Afghanistans sei extrem wichtig, fügte er hinzu. «Es bleibt den Deutschen selbst überlassen, über das weitere Vorgehen zu entscheiden», betonte Holbrooke. Auch vom Treffen der NATO-Außenminister am Freitag erwartet der Sondergesandte keine konkreten Zusagen. «Ich mag diese Zahlenspiele nicht. Von unseren Alliierten erwarten wir keine Zahlen, sondern politische Zusagen.» Allerdings sollten sich die Alliierten bewusst sein, was auf dem Spiel steht. «Wenn das westliche Bündnis hier keinen Erfolg hat, werden wir einen sehr ernsten Anstieg der Gewalt erleben. Afghanistan ist der ultimative Test für die NATO und das gesamte westliche Bündnis», sagte Holbrooke dem Handelsblatt.
  • Italien wird im kommenden Jahr bis zu 1500 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schicken. Das sagte ein Vertreter des Verteidigungsministeriums in Rom am 3. Dez. der Nachrichtenagentur AFP. Derzeit werde über eine Entsendung von 500 bis 1500 weiteren Truppen diskutiert. In einem Interview mit der Zeitung "Corriere della Sera" hatte Verteidigungsminister Ignazio La Russa die in Medien kursierende Zahl von 1500 Soldaten als "Hypothese" bezeichnet. Es handele sich dabei um eine Maximalzahl, die vermutlich nicht erreicht werde. Eine deutliche Aufstockung der italienischen Truppen erwarte er erst im zweiten Halbjahr 2010.
  • Trotz neuer Forderungen der USA steht die Türkei einer Entsendung von Kampftruppen nach Afghanistan skeptisch gegenüber. Sein Land habe nach wie vor Vorbehalte in dieser Hinsicht, sagte Verteidigungsminister Vecdi Gönül nach Medienberichten vom 2. Dez. Das türkische Afghanistan-Kontingent widmet sich bisher vor allem der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte und dem Wiederaufbau der Infrastruktur.
  • Angesichts der Verstärkung der Truppen in Afghanistan rechnet der US-Oberkommandierende Stanley McChrystal mit Erfolgen im kommenden Sommer. Vor afghanischen Abgeordneten in Kabul sagte der General am 3. Dez., bis dahin werde es eine "bedeutende Verbesserung der Sicherheit" geben. Ein Teil der zusätzlichen Soldaten soll laut McChrystal bei der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte eingesetzt werden, der Rest im Süden und Osten Afghanistans, wo der Widerstand der radikalislamischen Taliban am größten sei. Dank der Verstärkung um 30.000 auf insgesamt fast 100.000 US-Soldaten könne demnächst auch in Gegenden für Sicherheit gesorgt werden, wo das bislang nicht möglich gewesen sei.
  • Mehr als 20 Länder wollen nach Angaben der NATO zusätzliche Soldaten nach Afghanistan entsenden. Das teilte NATO-Sprecher James Appathurai am 3. Dez. vor Beratungen der Außenminister des Militärbündnisses in Brüssel mit. Die inzwischen eingegangenen Absichtserklärungen und «starken Andeutungen» gingen über die am Mittwoch von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen genannte Zahl von 5.000 Soldaten hinaus, sagte Appathurai.
    Öffentlich haben sich bislang deutlich weniger Regierungen geäußert. Georgien und Italien wollen jeweils bis zu 1.000 Soldaten nach Afghanistan schicken. Polen will sein Truppenkontingent um 600 Soldaten aufstocken. Großbritannien hat eine Verstärkung um 500 Mann in Aussicht gestellt, Südkorea will ebenfalls 500 Soldaten zum Schutz seiner zivilen Aufbauhelfer nach Afghanistan entsenden. Spanien und die Slowakei planen eine Aufstockung um je bis zu 250 Mann. Albanien will 85 weitere Soldaten nach Afghanistan entsenden, Mazedonien 80 und Montenegro 40.
  • ISAF
    Die Internationale Afghanistan-Schutztruppe ISAF legte unterdessen aktualisierte Zahlen zur gegenwärtigen Truppenstärke vor. Demnach sind in Afghanistan zurzeit 83.500 ISAF-Soldaten stationiert, darunter gut 44.600 aus den USA. Die von US-Präsident Barack Obama angekündigten zusätzlichen 30.000 Soldaten sollten ebenfalls zur ISAF stoßen, erklärte NATO-Sprecher Appathurai am 3. Dez. Die USA haben außerhalb der ISAF noch rund 26.000 Soldaten in der Anti-Terror-Operation Enduring Freedom (OEF) im Einsatz.
  • Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat sich für eine Exitstrategie aus Afghanistan stark gemacht. Westerwelle sagte am 3. Dez. im Bundestag: «Wir wollen, dass eine Abzugsperspektive erarbeitet wird.» Der FDP-Vorsitzende stellte sich damit explizit hinter US-Präsident Barack Obama, der seine Ankündigung einer Truppenaufstockung mit einer Abzugsperspektive ab Mitte 2011 verknüpft hat.
  • Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat seine Bewertung der Bombardierung von zwei Tanklastzügen in Afghanistan korrigiert und als militärisch «nicht angemessen» bezeichnet. Der CSU-Politiker nahm am 3. Dez. im Bundestag aber gleichzeitig den verantwortlichen Befehlshaber Georg Klein in Schutz. Er werde «Oberst Klein nicht fallenlassen», betonte er.
    Kurz nach seinem Amtsantritt und aufgrund eines NATO-Berichts hatte Guttenberg die Bombardements in der Nähe von Kundus als militärisch angemessen bezeichnet. Aus «heutiger objektiver Sicht und im Lichte aller vorhandenen Dokumente» müsse er aber seine Einschätzung vom 6. November «mit Bedauern korrigieren», sagte er.
  • Die Bundeswehr kann ein weiteres Jahr mit bis zu 4500 Mann in Afghanistan bleiben. Der Bundestag beschloss am 3. Dez. in Berlin mit großer Mehrheit eine entsprechende Mandatsverlängerung bis zum 13. Dezember 2010. In namentlicher Abstimmung votierten 445 Parlamentarier für den Antrag der Bundesregierung, 105 lehnten ihn ab. Es gab 43 Enthaltungen.
  • Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat Vorbehalte gegen die geplante Truppenaufstockung in Afghanistan erkennen lassen. Bei einem Auftritt vor Journalisten vermied es Pelosi am 3. Dez., ihre Unterstützung für die Pläne von US-Präsident Barack Obama zu erklären. Stattdessen kündigte sie eine weitere Prüfung an. "Wir müssen behutsam vorgehen", sagte sie.
  • OEF
    Gegen die Stimmen der gesamten Opposition setzte die Regierungskoalition auch die Fortführung der US-geführten Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF) fort. Für den Antrag votierten am 3. Dez. 322 Parlamentarier, 266 lehnten ihn ab. Dass auch die SPD die Verlängerung des Mandats ablehnte, brachte ihr den Vorwurf der Union ein, sich in der Opposition "davonzustehlen". Als Regierungspartei hatte sie der OEF immer zugestimmt.
    Der deutsche OEF-Beitrag beschränkt sich gegenwärtig auf den Schutz der internationalen Seewege am Horn von Afrika und den angrenzenden Seegebieten. Die Obergrenze wurde von 800 auf 700 Soldaten gekürzt - derzeit nehmen nur rund 230 Soldaten in diesen Einsätzen teil. Er läuft nun vorerst bis Ende 2010.
  • Umfrage
    Drei Viertel der Deutschen haben kein Vertrauen in die Informationspolitik der Regierung im Hinblick auf den Afghanistan-Einsatz: Nur 19 Prozent sind der Ansicht, dass die nicht korrekte Information über den Kundus-Angriff "ein Einzelfall war und die Bundesregierung ansonsten umfassend und ehrlich über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan informiert". 77 Prozent glauben dies nicht.
    Aus der neuesten Umfrage der ARD (Deutschlandtrend), die am 3. Dez. veröffentlicht wurde, geht außerdem hervor, dass auch der Einsatz selbst zunehmend auf Ablehnung stößt. 69 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass die Bundeswehr "sich möglichst schnell aus Afghanistan zurückziehen sollte". Das sind zwölf Punkte mehr als im September. 27 Prozent sind der Meinung, die Bundeswehr sollte weiterhin in Afghanistan stationiert bleiben, im September waren es noch 37 Prozent.
  • US-Außenministerin Hillary Clinton hat sich vor dem Treffen der NATO-Außenminister zuversichtlich gezeigt, dass auch andere NATO-Staaten weitere Truppen nach Afghanistan schicken. Sie rechne mit einer Reihe von öffentlichen Ankündigungen, was die Entsendung zusätzlicher Soldaten und ziviler Kräfte sowie die Bereitstellung von Entwicklungshilfe angehe, sagte Clinton am 4. Dez. während des Flugs nach Brüssel. Die US-geführten Truppen bräuchten "mehr Kampfeinheiten und mehr Ausbilder". Einige Zusagen würden erst nach dem Treffen in Brüssel erfolgen, sagte Clinton.
  • Auf Druck der USA stocken die Verbündeten ihre Truppen in Afghanistan deutlich auf. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kündigte beim Außenministertreffen in Brüssel am 4. Dez. mindestens 7000 zusätzliche Soldaten an. Das Weiße Haus zeigte sich "extrem zufrieden" mit den Zusagen für die Internationale Afghanistan-Truppe (ISAF).
    Rasmussen sprach nach den Beratungen der 44 ISAF-Staaten von einem "großen Erfolg". Nach seinen Angaben wollen mindestens 25 Länder ihre Kontingente im kommenden Jahr erhöhen. Italien und Georgien wollen je 1000 zusätzliche Soldaten entsenden, Polen 600 und Großbritannien und Südkorea jeweils 500. Nach einer inoffiziellen NATO-Liste kommen unter anderem 400 Soldaten aus Südkorea und 240 aus der Slowakei dazu.
    Insgesamt wird die Afghanistan-Truppe damit um 37.000 Soldaten verstärkt. Eingerechnet sind die 30.000 Soldaten, die US-Präsident Barack Obama am 1. Dez. zugesagt hatte. Derzeit zählt die ISAF gut 83.000 Soldaten, davon stellen die USA mehr als die Hälfte.
  • Die Hollywood-Schauspielerin Susan Sarandon ist "enttäuscht" über die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, die Truppen der USA in Afghanistan mit 30.000 weiteren Soldaten zu verstärken. "Ich denke, dass durch Krieg noch niemals etwas besser geworden ist", sagte die 63-Jährige am 4. Dez. in Beverly Hills bei der Vorstellung ihres neuen Films "The Lovely Bones". Es seien bereits viele Zivilisten in Afghanistan ums Leben gekommen, ohne dass dies zu einer Verbesserung der Lage dort geführt habe. Krieg sei kein Mittel, um "die Welt sicherer zu machen", sagte Sarandon, die Obama vor seiner Wahl zum Präsidenten unterstützt und sich wiederholt kritisch zu den Militäreinsätzen der USA geäußert hatte.
  • Vor dem von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan am 4. Sept. hat die Besatzung des Flugzeugs den Auftrag offenbar mehrmals hinterfragt. Das berichtet der "Spiegel" am 5. Dez. unter Berufung auf den NATO-Abschlussbericht zu dem Angriff nahe dem nordafghanischen Kundus. Dabei waren bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter viele Zivilisten.
    Nach "Spiegel"-Informationen forderte der Fliegerleitoffizier von Oberst Georg Klein, der den verheerenden Luftangriff vom 4. September befohlen hatte, die Besatzung des F-15-Jagdbombers auf, sechs Bomben auf die Tanklaster abzuwerfen, die von zahlreichen Menschen umringt waren.
    Die Besatzung widersprach daraufhin, dass nur zwei Bomben nötig seien, sagte dem Bericht zufolge der Kommandeur der 335th Fighter Squadron Unit, Oberstleutnant Lance Bunch, bei seiner Vernehmung. Darüber hinaus zeigen dem Magazin zufolge Auszüge des Funkverkehrs zwischen dem US-Piloten "Dude" und dem deutschen Fliegerleitoffizier "Red Baron", dass die Besatzung insgesamt fünfmal Tiefflüge als Warnung vorschlug. Doch "Red Baron" antwortete demnach: "Negativ. Das Ziel soll angegriffen werden."
  • In Afghanistan sind dieses Jahr bereits mehr als 300 US-Soldaten getötet worden. Am 5. Dez. kam ein US-Soldat im Osten des Landes durch die Explosion einer Bombe ums Leben, wie die Internationale Afghanistan-Truppe (ISAF) am 6. Dez. mitteilte. Der Getötete war für die ISAF im Einsatz. Damit stieg die Zahl der in diesem Jahr am Hindukusch getöteten US-Soldaten auf 301, wie aus den Zahlen der unabhängigen Internetseite www.icasualities.org hervorgeht. Im vergangenen Jahr wurden dort insgesamt 295 ausländische Soldaten getötet, darunter waren 155 Angehörige der US-Streitkräfte.
  • Das NATO-Mitglied Türkei hat der Forderung von US-Präsident Barack Obama eine Absage erteilt, weitere Soldaten nach Afghanistan zu schicken. "Die Zahl unserer Soldaten hat die nützliche Grenze erreicht", sagte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am 6. Dez. in Istanbul vor seinem Abflug in die USA. Dort soll er am 7. Dez. mit Obama zusammenkommen, um die Lage in Afghanistan und an anderen Krisenherden zu erörtern. Die Türkei hat 1750 Soldaten in Afghanistan stationiert.
    Das NATO-Mitglied Türkei hat der Forderung von US-Präsident Barack Obama eine Absage erteilt, weitere Soldaten nach Afghanistan zu schicken. "Die Zahl unserer Soldaten hat die nützliche Grenze erreicht", sagte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Istanbul vor seinem Abflug in die USA. Dort soll er am Montag mit Obama zusammenkommen, um die Lage in Afghanistan und an anderen Krisenherden zu erörtern. Die Türkei hat 1750 Soldaten in Afghanistan stationiert.
  • Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer ist gegen die Entsendung weiterer deutscher Soldaten nach Afghanistan. "Ich habe wenig Sympathie dafür", sagte Seehofer der "Bild"-Zeitung (laut Vorabbericht vom 6. Dez.) auf die Frage nach seiner Position zu einer Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents. Seiner Ansicht nach ist das derzeitige Kontingent groß genug. Seehofer fügte hinzu, er sei grundsätzlich der Meinung, dass die militärische Präsenz "zunehmend an eine saubere Perspektive für die Beendigung des militärischen Engagements gebunden sein" solle.
    Nach den Worten Seehofers will die Berliner Landesgruppe seiner Partei das Thema Afghanistan-Einsatz voraussichtlich auch bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth im Januar diskutieren. "Schließlich ist das ein aktuelles Thema, wir stellen mit Karl-Theodor zu Guttenberg den Verteidigungsminister."
  • Angehörige von zivilen Opfern des verheerenden Bombardements nahe der afghanischen Stadt Kundus wollen vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag ziehen. Die ARD zitierte einen der Angehörigen vorab aus ihrer Sonntagabend-Sendung "Bericht aus Berlin" (6. Dez.), wonach eine Entschuldigung der Bundesregierung nicht helfe und nicht angenommen werden könne. "Was sie getan haben, ist auch international nicht akzeptabel. (...) Das muss vor die Menschenrechtskommission von Den Haag (...). Die sollten das nach internationalem Recht regeln", sagte der Mann im Fernsehinterview.
    Die Angehörigen bestätigten, dass viele ihre Väter, Söhne, Brüder und Neffen durch den von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff verloren. Einige seien mit Traktoren zu den Tankwagen gefahren, um sich Benzin für ihre Lampen in den Häusern zu holen oder um es zu verkaufen.
    78 Opfer-Familien lassen sich in Deutschland von dem deutsch-afghanischen Rechtsanwalt Karim Popal vertreten. Er fordert finanzielle Entschädigung für die Angehörigen des von der Bundeswehr angeordneten Luftangriffs auf zwei Tanklaster. Dabei waren Anfang September amtlichen Angaben zufolge bis zu 142 Menschen getötet worden.
  • Gespräche mit den Taliban in Afghanistan sind nach Einschätzung von US-Verteidigungsminister Robert Gates erst dann möglich, wenn deren Triebkraft gebrochen ist. Ein Teilargument für die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, 30.000 weitere Soldaten nach Afghanistan zu schicken, sei auch gewesen, die Taliban unter US-Bedingungen an den Verhandlungstisch zu bringen, sagte Gates am6. Dez. in einem Interview für die Sendung "This Week" des Senders ABC News.
Montag, 7. Dezember, bis Sonntag, 13. Dezember
  • Der Bundeswehrverband hat von der Regierung eine rasche Klärung der rechtlichen Grundlagen des Einsatzes in Afghanistan gefordert. Er fordere von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem Kabinett "eine solche Entscheidung noch bis zum Jahresende", sagte der Vorsitzende des Verbands, Ulrich Kirsch, der "Saarbrücker Zeitung" (Ausgabe vom 7. Dez.). Den deutschen Soldaten am Hindukusch sei die Unsicherheit über den Einsatz "nicht länger zuzumuten". Das gelte vor allem dann, wenn der Einsatz im kommenden Jahr noch ausgeweitet werden solle.
    "Für mich trägt es skandalöse Züge, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen nach acht Jahren immer noch nicht sauber geklärt sind", sagte Kirsch der "Saarbrücker Zeitung". Besonders nach der Diskussion über den verheerenden Luftangriff in Kundus mit bis zu 142 Toten Anfang September hätten die Soldaten alle im Hinterkopf, dass der Staatsanwalt ihr ständiger Begleiter sei, sagte Kirsch. "Und der eine oder andere denkt sich: Ich ziehe lieber den Kopf ein, mache gar nichts, bevor ich hier irgendetwas falsch mache." Diese Unsicherheit sei jedoch "der schlechteste Ratgeber, im Zweifel auch ein gefährlicher".
    Es gehe nun vor allem um die Frage, ob der Einsatz ein Polizeieinsatz sei, bei dem die normalen Strafgesetze gelten, oder ein "nicht internationaler bewaffneter Konflikt", bei dem das Kriegsvölkerrecht anzuwenden sei. Kirsch sagte, seiner Einschätzung nach handele es sich um einen solchen bewaffneten Konflikt.
  • Bei einem Selbstmordanschlag im Nordwesten Pakistans sind mindestens fünf Menschen getötet und 40 weitere verletzt worden (die Zahl der Getöteten erhöhte sich später auf 10). Wie die Regierung der Nordwestprovinz am 7. Dez. mitteilte, sprengte sich der Attentäter vor einem Gerichtsgebäude in Peshawar in die Luft. Der Mann sei in einer Rikscha vor das Gericht gefahren und habe dann versucht, zu Fuß in das Gebäude zu gelangen, sagte der Minister Bashir Bilor vor Journalisten. Als ihn die Sicherheitskräfte daran hinderten, habe er seinen Sprengsatz gezündet. Wie ein Arzt bestätigte, wurden mindestens 49 Verletzte in ein Krankenhaus eingeliefert. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand.
  • Die Bundesregierung will die Angehörigen der Opfer des Luftangriffs in Afghanistan entschädigen. Man steige mit dem Opferanwalt in Gespräche ein, wie Entschädigungsforderungen konkret umgesetzt werden könnten, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am 7. Dez. in Berlin. Man müsse dabei bedenken, ob man sich auf einen jahrzehntelangen Rechtsstreit einlassen wolle oder sich außergerichtlich im Interesse der Opfer einige. Bei dem Vorfall waren am 4. September bis zu 142 Menschen getötet worden.
  • Bei einem NATO-Luftangriff im Osten Afghanistans sind am 7. Dez. nach Angaben der afghanischen Armee mehr als 20 Aufständische getötet worden. Bei dem Bombardement auf eine Bunkeranlage in der Provinz Kunar unweit der Grenze zu Pakistan sei auch der örtliche Taliban-Befehlshaber Nur Akbar ums Leben gekommen, sagte der afghanische General Mohammed Kasim Bitanai der Nachrichtenagentur AFP.
  • Die Verbündeten der USA in Afghanistan haben am 7. Dez offiziell die Entsendung von fast 7.000 zusätzlichen Soldaten an den Hindukusch zugesagt. Das teilte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Montag nach einer Truppenstellerkonferenz im südbelgischen Mons mit. Die USA hatten in der vergangenen Woche die Entsendung von 30.000 weiteren Soldaten nach Afghanistan angekündigt, so dass die internationale Afghanistan-Truppe um insgesamt 37.000 Mann auf rund 120.000 verstärkt wird.
    NATO-Generalsekretär Rasmussen erklärte, es gebe «klare Hinweise darauf, dass 2010 weitere Beiträge hinzukommen werden». Die Zahl 7.000 war schon auf dem NATO-Außenministertreffen am 4. Dez. bekanntgegeben worden, auf der Truppenstellerkonferenz folgten nun konkrete Zusagen der an der Afghanistan-Schutztruppe ISAF beteiligten Staaten.
  • Mindestens 33 Menschen starben nach Polizeiangaben, als am 7. Dez. auf einem belebten Markt in der ostpakistanischen Stadt Lahore zwei Bomben explodierten. Bei dem Doppelanschlag in Lahore wurden 137 Menschen verletzt, wie der örtliche Polizeichef mitteilte. Der erste Sprengsatz wurde nach Polizeiangaben vor einer Bank gezündet, der zweite 30 Sekunden später vor einer nahe gelegenen Polizeistation. Auf Fernsehbildern waren brennende Geschäfte und zerstörte Autos zu sehen.
  • Die CDU zeigt sich offenbar offen für eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan. "Wenn wir mehr afghanische Soldaten ausbilden wollen, werden wir wohl auch mehr deutsche Soldaten brauchen", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Schockenhoff, am 7. Dez. Schockenhoff ist in der Fraktion für Außenpolitik zuständig. Die CDU widersprach damit CSU-Chef Horst Seehofer, der sich am Sonntag gegen eine Truppenverstärkung ausgesprochen hatte. Seehofer war damit vom Kurs der Bundesregierung abgewichen, die Frage nach zusätzlichen Soldaten bis zur Afghanistan-Konferenz offen zu halten. Schockenhoff distanzierte sich gegenüber "Spiegel Online" deutlich vom bayerischen Ministerpräsidenten. "Sich jetzt auf Vorrat schon mal festzulegen - davon halte ich nichts", sagte er. Klar sei für ihn nur, dass die Afghanistan-Konferenz im Januar konkrete Zielvorgaben definieren müsse, um die Verantwortung schnellstmöglich an die Afghanen übergeben zu können. "Das sollte innerhalb der nächsten fünf Jahre passieren", sagte Schockenhoff.
  • In Afghanistan ist am 7. Dez. der 100. britische Soldat seit Beginn des Jahres ums Leben gekommen. Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums wurde der Soldat bei Gefechten in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand durch Kugeln getötet. Damit kamen seit dem Beginn des Einsatzes am Hindukusch im Jahr 2001 insgesamt 237 britische Soldaten ums Leben. Premierminister Gordon Brown erklärte, jeder Verlust in Afghanistan sei eine "wahre und persönliche Tragödie". "Wir werden jene, die für unser Land starben, nie vergessen", erklärte Brown. Ihr Andenken zu ehren bedeute, den Weg in Afghanistan beizubehalten und die Mission zu vollenden.
  • Die Türkei hat den Wunsch der USA nach einer Verstärkung ihrer Truppen in Afghanistan abgelehnt. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan äußerte sich am 7. Dez. nach einem Gespräch mit US-Präsident Barack Obama in Washington auch zurückhaltend über weitere Sanktionen gegen den Iran. Dieses Problem sei allein mit diplomatischen Mitteln zu lösen, sagte Erdogan. Er habe Obama angeboten, dabei als Vermittler tätig zu werden. Zur Afghanistan-Politik hatte Erdogan schon vor seinem Abflug in die USA betont, dass seine Regierung bereits «die nötige Zahl» von Soldaten in Afghanistan stationiert habe. Die Türkei hat diese Zahl erst kürzlich auf 1.750 verdoppelt.
  • Südkorea will im nächsten Jahr 350 Soldaten nach Afghanistan schicken, die die Arbeit ziviler Helfer sichern sollen. Das Kabinett billigte am 8. Dez. einen entsprechenden Plan, wie das Verteidigungsministerium in Seoul mitteilte. Südkorea hatte 2007 alle damals 200 Soldaten aus Afghanistan abgezogen, nachdem Taliban-Kämpfer mehrere südkoreanische Entwicklungshelfer entführt hatten. Zwei Geiseln wurden getötet. Der jetzt neu beschlossene Einsatz soll am 1. Juli 2010 beginnen und ist zunächst bis Ende 2012 befristet. Die Opposition ist gegen die Entsendung, doch gilt eine Billigung im Parlament als sicher.
  • Bei einem US-Drohnenangriff in einem pakistanischen Stammesgebiet an der Grenze zu Afghanistan sind am 8. Dez. drei Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Das unbemannte Flugzeug habe in dem Dorf Aspalga südöstlich von Miranshah, der wichtigsten Stadt in der Provinz Nord-Waziristan, angegriffen, teilten pakistanische Sicherheitskräfte mit. Zwei Raketen hätten ein Auto getroffen.
  • Nur wenige Tage nach dem Beschluss von US-Präsident Barack Obama zur Aufstockung des Truppenkontingents am Hindukusch ist Verteidigungsminister Robert Gates am 8. Dez. in Afghanistan eingetroffen. Über das Gesprächs- und Besuchsprogramm des Ministers machte die «Washington Post» zunächst keine Angaben. Das Pentagon hat erst am 7. Dez. den Befehl zur Verlegung von 16 000 US- Soldaten nach Afghanistan gegeben. Insgesamt sollen bis zum kommenden Sommer 30 000 zusätzliche US-Soldaten nach Afghanistan verlegt werden. Das gesamte US-Kontingent wird damit auf 98 000 Mann aufgestockt.
  • Bei einem Nachtangriff der NATO auf Taliban-Stellungen im Osten Afghanistan sind nach Angaben der afghanischen Regierung auch mehrere Zivilpersonen getötet worden. Die NATO dagegen erklärte, bei den Toten handele es sich ausschließlich um Aufständische. Mehrere hundert Bewohner zogen auf die Straße und protestierten gegen den Zwischenfall. Das Innenministerium in Kabul leitete Ermittlungen ein.
    Vertreter der Regionalregierung in der Provinz Laghman sprachen von insgesamt zwölf Toten bei dem Angriff am 8. Dez. vor Tagesanbruch. Es habe auch zivile Opfer gegeben, hieß es. Die NATO erklärte, bei dem Angriff seien sieben Militante getötet und vier weitere gefangengenommen worden. Ziel des Angriffs sei ein Taliban-Führer gewesen, der für zahlreiche Anschläge in der Region verantwortlich sei.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die für heute (8. Dez.) geplante Vorstellung eines Großteils der Mitglieder seiner neuen Regierung verschoben. Das Parlament sei darüber infomiert worden, dass der mit Spannung erwartete Schritt "nicht vor Beginn der kommenden Woche" stattfinden werde, sagte ein Sprecher des afghanischen Parlaments. In Afghanistan beginnt die Arbeitswoche am Samstag (das wäre der 12. Dez.). Karsai wollte den Abgeordneten einen Großteil seiner neuen Minister vorschlagen. Das Parlament in Kabul muss das Kabinett durch eine Abstimmung bestätigen. Karsai war mehr als zwei Monate nach der von Wahlbetrug überschatteten Präsidentschaftswahl Anfang November zum Sieger erklärt worden. Er muss nun eine Regierung zusammenstellen, die im Inland wie im Ausland akzeptiert wird.
  • Nach den von US-Präsident Barack Obama und der NATO angekündigten Truppenverstärkungen für Afghanistan hat sich der US-Oberkommandierende Stanley McChrystal vor dem US-Kongress zuversichtlich geäußert. Die US-Verstärkung werde es den NATO-geführten Truppen erlauben, das Blatt zu wenden und die Taliban zu isolieren, sagte der General bei einer Anhörung am 8. Dez. in Washington. Die zusätzlichen 30.000 US-Soldaten werden "uns die Fähigkeit geben, das Momentum des Aufstands umzukehren und den Taliban den überlebensnotwendigen Zugang zur Bevölkerung zu verwehren", sagte er.
  • Die afghanischen Sicherheitskräfte werden nach den Worten von Präsident Hamid Karsai noch mindestens 15 Jahre lang auf Finanzhilfen der USA und anderer NATO-Staaten angewiesen sein. «Für weitere 15 bis 20 Jahre wird Afghanistan nicht in der Lage sein, die Kräfte (...) mit eigenen Ressourcen zu unterhalten», sagte Karsai nach einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Robert Gates am 8. Dez. in Kabul. Afghanische Truppen könnten innerhalb von zwei Jahren die Kämpfe gegen die Taliban in den gefährlichen Regionen des Landes anführen. Binnen fünf Jahren könnten sie die Gesamtverantwortung für die Sicherheit übernehmen.
    Gates sagte bei seinem aus Sicherheitsgründen nicht angekündigten Besuch, der Abzug der amerikanischen Soldaten aus Afghanistan werde «mehrere Jahre» dauern. «Wir erwarten, dass dies ein Prozess über mehrere Jahre ist, ich denke, ob es drei Jahre, zwei Jahre oder vier Jahre sind, bleibt abzuwarten.» Die Übernahme der Verantwortung durch afghanische Truppen werde schrittweise erfolgen.
  • 66 Prozent der Amerikaner sind der Meinung, dass Präsident Barack Obama den Friedensnobelpreis nicht verdient. Nur 26 Prozent meinen, er bekomme die Auszeichnung am 10. Dez. in Oslo zu Recht überreicht. Das ergibt eine am 8. Dez. veröffentlichte Umfrage der Quinnipiac Universität im US-Bundesstaat Connecticut, für die 2 313 Wähler befragt wurden.
    Die US-Friedensbewegung sieht die Verleihung skeptisch. Dies sei «ein bisschen verfrüht», meint ein Sprecher von Peace Action, einer der größten Friedensgruppen in den USA. Der Preis sei ursprünglich als Auszeichnung für solche Politiker geschaffen worden, die die Streitkräfte reduzieren. Obama aber tue das Gegenteil.
  • Der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, hat sich dafür ausgesprochen, dass auch Deutschland mehr Soldaten nach Afghanistan entsendet. In einem am 9. Dez. veröffentlichten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" antworte Holbrooke auf die Frage, ob die Bundesregierung lieber zusätzliche zivile Helfer oder mehr Soldaten schicken solle: "Schön wäre beides." Der US-Beauftragte sagte, es sei "kein Problem", wenn Deutschland für eine derartige Entscheidung noch sechs Wochen brauche. Auch der Entscheidung der US-Regierung, 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu Schicken, sei eine mehrmonatige Prüfung vorausgegangen. (Siehe hierzu: Holbrooke wirbt um mehr Soldaten.)
  • In der Debatte um den verheerenden Luftangriff auf zwei gestohlene Tanklaster in Nordafghanistan hat Amnesty International klare Einsatzregeln für die Bundeswehr am Hindukusch verlangt. Deutsche Soldaten seien auch bei Auslandseinsätzen an das Grundgesetz gebunden, erklärte die Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation in Deutschland, Monika Lüke, am 9. Dez. in Berlin. "Was sich daraus an konkreten Handlungsanweisungen und -beschränkungen ergibt, muss so schnell wie möglich ein Bundesgesetz definieren." Der Vorfall vom September mit bis zu 142 Toten zeige, dass die Bundeswehr die Zivilbevölkerung nicht in dem Maße schütze, wie es nach den Genfer Konventionen und bei Beachtung der Menschenrechte verpflichtend sei.
  • Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gerät wegen seiner ersten öffentlichen Bewertung des verheerenden Luftangriffs in Afghanistan stärker unter Druck. Das Internationale Rote Kreuz (ICRC) informierte Guttenberg bereits am 6. November schriftlich darüber, dass es bei dem von Deutschen befohlenen Bombardement zahlreiche zivile Opfer gab. Das Magazin «Stern» berichtete, der Angriff vom 4. September stehe deshalb laut ICRC nicht in Einklang mit dem internationalen Völkerrecht. Ministeriumssprecher Steffen Moritz bestätigte auf dpa-Anfrage, dem Minister habe der Bericht vor seinem Statement am 6. November vorgelegen. Er sei in die damalige Bewertung eingeflossen - besonders bei der Frage der zivilen Opfer. Guttenberg bezeichnete den Angriff damals als «militärisch angemessen». Der Minister sagte auch, er gehe davon aus, dass es zivile Opfer gebe. Laut «Stern» listet das ICRC die Namen von 74 toten Zivilisten auf, darunter auch von Kindern.
  • Der kanadische Verteidigungsminister Peter MacKay steht wegen des Vorwurfs unter Druck, kanadische Soldaten hätten die Folter von Verdächtigen in Afghanistan durch heimische Sicherheitskräfte in Kauf genommen. Bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz korrigierte der kanadische Generalstabschef Walter Natynczyk am 9. Dez. in Ottawa seine Aussage über den Umgang mit einem mutmaßlichen Taliban-Kämpfer vor dem kanadischen Parlament. Entgegen seiner früheren Aussage sei der Verdächtige erst in Gewahrsam der kanadischen Armee gewesen, bevor diese ihn an die afghanische Polizei übergeben habe. Dort sei der Verdächtige geschlagen worden. Der Verdächtige sei im Jahr 2006 an die afghanische Polizei übergeben worden, "um seinen Abtransport vom Schlachtfeld zu erleichtern", sagte Natynczyk. "Die afghanische Polizei misshandelte dieses Individuum und unsere Leute haben das Richtige getan und es zurückgeholt", fügte der Stabschef hinzu. Am 8. Dez. hatte er den Vorwurf, der Verdächtige sei von der afghanischen Polizei misshandelt worden, zurückgewiesen. Natynczyk zitierte bei seiner korrigierten Aussage aus dem Bericht eines kanadischen Unteroffiziers. "Wir haben dann das Individuum fotografiert, bevor wir es übergeben haben," heißt es darin. Damit hätten die kanadischen Soldaten sicherstellen wollen dass sie eine mögliche Folter, "wie es in der Vergangenheit passierte", nachweisen könnten.
    Die Aussage des Unteroffiziers zeigt, dass die kanadische Armee von Folter durch die afghanische Polizei wusste und trotzdem den Verdächtigen an sie übergab. Vergangenen Monat hatte die ehemalige Nummer zwei der kanadischen Botschaft in Kabul, der Diplomat Richard Colvin, vor einem Untersuchungsausschuss des kanadischen Parlaments gesagt, es sei wahrscheinlich, "dass alle Afghanen, die wir übergaben, gefoltert wurden". Hochrangige Vertreter von Armee und Außenministerium hatten die Vermutung als haltlos zurückgewiesen. Schließlich sei veranlasst worden, afghanische Gefängniswachen im Geiste der Menschenrechte auszubilden.
    Verteidigungsminister MacKay hatte vor dem Parlament gesagt, Kanada habe sich "niemals mitschuldig gemacht an Folter oder irgendeiner Verletzung internationalen Rechts". Premierminister Stephen Harper bekräftigte, die kanadische Armee habe "in allen Fällen angemessen" gehandelt. Der Opposition warf er vor, den kanadischen Soldaten "Kriegsverbrechen" zur Last zu legen.
    Aufgrund der neuen Sachlage forderte die Opposition am 9. Dez. den Rücktritt des Verteidigungsministers. Außerdem müssten die Vorwürfe gegen die Armee öffentlich untersucht werden, sagte der Chef der Liberalen, Michael Ignatieff.
  • Den USA droht nach Einschätzung eines früheren Beraters von Präsident Barack Obama eine Niederlage in Afghanistan. "Alle Indikatoren und alle Statistiken zeigen, dass die Dynamik heute vollständig zu Gunsten der Taliban verläuft", sagte Bruce Riedel am 9. Dez. während eines Symposiums der Jamestown Foundation in Washington. "Präsident Obama hat im Januar 2009 ein Desaster in Pakistan und in Afghanistan geerbt", bemängelte Riedel, der Obama bei der Ausarbeitung seiner neuen Strategie für die Region beraten hatte.
  • ie Bundeswehr-Elite-Einheit KSK (»Kommando Spezialkräfte») hatte nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung vom 10. Dez. maßgeblichen Anteil an dem Angriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus am 4. September. Das Blatt meldete am 10. Dez. unter Berufung auf Bundeswehrkreise und -berichte, im deutschen Feldlager Kundus sei der gesamte Einsatz aus einem Kommandostand einer geheimen Einheit «Task Force 47» (TF47) geführt worden. Das beziehe sich auf alle Entscheidungen vom ersten Hinweis eines afghanischen Informanten bis zur abschließenden Entscheidung zu bombardieren. Die Task Force bestehe zur Hälfte aus KSK-Elite-Soldaten.
    Der Einsatz des KSK in Afghanistan wird normalerweise offiziell mit dem Hinweis auf notwendige Geheimhaltung weder bestätigt noch dementiert; diesmal zitierte die «Bild»-Zeitung aber einen Sprecher des Ministeriums mit den Worten: «Die Task Force 47 war auch Thema der Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses am 6. November» durch Minister Karl-Theodor zu Guttenberg, also zwei Monate nach dem Luftangriff. Dass es sich dabei auch um KSK-Soldaten gehandelt habe, sei nicht erwähnt worden.
    Während des Einsatzes sei der verantwortliche Oberst Georg Klein zugleich auch Chef dieser TF47 gewesen, berichtet die Zeitung. Er sei dabei von fünf weiteren Offizieren und Unteroffizieren beraten und betreut worden, die allesamt der TF47 angehörten, einer von ihnen nachweislich auch der KSK.
  • Der neue Friedensnobelpreisträger Barack Obama hält Kriege für unvermeidlich. «Krieg ist manchmal notwendig», sagte er bei der Verleihung des Preises am 10. Dez. in Oslo. «Wir müssen die harte Wahrheit anerkennen, dass wir während unseres Lebens gewaltsame Konflikte nicht ausmerzen werden», meinte der US-Präsident in seiner Dankesrede. Obama würdigte zwar gewaltlose Aktionen wie die von Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. «Aber als Staatsoberhaupt, das geschworen hat, meine Nation zu schützen und zu verteidigen, kann ich mich nicht nur von deren Beispiel leiten lassen.»
    Obama nutzte weite Passagen seiner Rede, um Kritik an seiner Afghanistan-Politik grundsätzlich zu begegnen. «Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht gestoppt und Verhandlungen werden die Anführer von El-Kaida nicht überzeugen, die Waffen niederzulegen.» (Hier geht es zu kritischen Stellungnahmen aus der Friedensbewegung.)
  • Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an US-Präsident Barack Obama haben am Abend des 10. Dez. in Oslo mehrere tausend Menschen für Frieden demonstriert. Nach Polizeiangaben zogen mehr als 6000 Demonstranten zu Obamas Hotel in der norwegischen Hauptstadt. An einer weiteren Protestkundgebung der Norwegischen Friedens-Initiative nahmen demnach rund 3000 Menschen teil. Sie forderten ein Ende des Afghanistan-Krieges, ein Verbot von Atomwaffen und den Stopp des israelischen Siedlungsbaus in den Palästinensergebieten. Mit Blick auf Obamas Wahlkampf-Slogan "Yes, We Can" riefen sie: "Ja, ja, ja, wir können den Krieg in Afghanistan beenden".
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat eine Neudefinition der Ziele des internationalen Afghanistan-Einsatzes gefordert. "Afghanistan ist militärisch nicht zu gewinnen", sagte Guttenberg am 10. Dez. in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Geklärt werden müsse nun, welche Ziele am Hindukusch "tatsächlich erreichbar" seien. Diskutiert werden müsse etwa darüber, "dass wir natürlich auch historisch gewachsene Volksgruppen in eine Lösung mit einzubeziehen haben", sagte der Minister. Zudem sei die Einbeziehung von Nachbarn wie Indien und Pakistan in den Stabilisierungsprozess "dringend geboten". Die Stabilisierung der Lage in Afghanistan, die die Voraussetzung für einen Abzug aus dem Land sei, brauche "stärkste zivile Elemente" ebenso wie das Militär.
  • Der Chef der UN-Mission in Afghanistan, Kai Eide, will sein Mandat nicht verlängern. Eide werde nach Ablauf seiner zweijährigen Mission im März kommenden Jahres nicht länger bleiben, teilte am 11. Dez. ein UN-Sprecher in Kabul mit. Er betonte, es handle sich nicht um einen Rücktritt. Vielmehr habe Eide von Anfang an ein Zwei-Jahres-Mandat gehabt. Der norwegische Diplomat bat den Angaben zufolge UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nun, mit der Suche nach einem Nachfolger zu beginnen.
  • Die in der Amtszeit von US-Präsident George W. Bush florierende Sicherheitsfirma Blackwater hat sich der "New York Times" zufolge direkt an geheimen CIA-Operationen in Irak und Afghanistan beteiligt. Wie die Zeitung in ihrer Ausgabe vom 11. Dez. unter Berufung auf frühere Blackwater-Angestellte und Geheimdienstmitarbeiter berichtet, zählten dazu auch Einsätze, bei denen Aufständische gefangengenommen oder getötet wurden. Nachdem im September 2007 der Skandal um einen Einsatz von Blackwater-Mitarbeitern aufgedeckt wurde, bei dem in Bagdad 17 Zivilisten getötet wurden, benannte sich das Unternehmen inzwischen in Xe Services um.
  • Bei einem Selbstmordanschlag im Osten Afghanistans sind am 11. Dez. zwei Polizisten und drei Zivilpersonen getötet worden. Ein Mann habe sich in Sharan, der Hauptstadt der Provinz Paktika, auf seinem Motorrad in die Luft gesprengt, erklärte Polizeichef General Dawlat Chan. Mehr als ein Dutzend Menschen seien verletzt worden.
  • Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat nach seinem Blitzbesuch in Nordafghanistan davor gewarnt, die Debatten über den verheerenden Luftangriff auf dem Rücken der Soldaten auszutragen. Dies dürfe «um Himmels Willen» nicht geschehen, sagte der CSU-Politiker am Abend des 11. Dez. direkt nach seiner Rückkehr in Berlin. Er habe in Kundus hochmotivierte Soldaten vorgefunden, es sei aber nötig gewesen, mit ihnen über die Diskussionen in Deutschland zu sprechen. Die Soldaten seien dankbar dafür gewesen, dass er seine Fehleinschätzung des Angriffs korrigiert habe, und auch den umstrittenen Oberst, der die Luftangriffe befohlen hatte, nicht fallengelassen habe, fügte Guttenberg hinzu. Es sei nun Sache des Untersuchungsausschusses, die Dinge aufzuklären.
  • Bei einem Drohnenangriff im Nordwesten Pakistans ist ein Anführer des El-Kaida-Netzwerks von Osama bin Laden getötet worden. Der Mann habe eine ranghohe Funktion gehabt, erklärte ein Vertreter der US-Regierung am 11. Dez. in Washington. Das "Wall Street Journal" und der Fernsehsender CBS berichteten, es handele sich um den dritthöchsten El-Kaida-Anführer, Abu Jahja el Libi, der aus dem vom US-Militär geführten Gefängnis in Bagram in Afghanistan geflohen war. Andere Medien berichteten, es handele sich um Saleh el Somali, der im Terrornetzwerk für die Planung von Anschläge verantwortlich ist.
  • Bei dem Luftangriff von Kundus wollte die Bundeswehr nach Medienberichten nicht zwei Tanklastzüge, sondern eine große Gruppe von Taliban und ihre Anführer treffen. Das berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Ausgabe vom 12. Dez.) unter Berufung auf den offiziellen Untersuchungsbericht der Internationale Afghanistan-Truppe (ISAF). "Er wollte die Menschen angreifen, nicht die Fahrzeuge", heißt es in dem geheimen Bericht über den deutschen Oberst Georg Klein, der den Luftangriff im September anforderte.
  • Die pakistanische Militäroffensive gegen die Taliban in Süd-Waziristan ist nach Regierungsangaben beendet worden. Die Truppen könnten nun jedoch gegen Extremisten in anderen Abschnitten der Grenze zu Afghanistan vorgehen, erklärte Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani am 12. Dez. in Islamabad. Demnach wird ein Einsatz im Stammesgebiet Orakzai erwogen, wo in jüngster Zeit schon einige Luftangriffe durchgeführt wurden. Nach UN-Angaben sind bereits tausende Zivilpersonen aus der Region geflohen. Orakzai ist seit langem eine Hochburg des pakistanischen Taliban-Führers Hakimullah Mehsud. Es wird vermutet, dass sich viele Taliban infolge der Kämpfe in Süd-Waziristan dorthin zurückgezogen haben.
  • Zu jüngsten Zeitungsberichten zum Bombenangriff von Kunduz am 4. September 2009 erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE Jan van Aken am 12. Dez.: "Der Bombenabwurf von Kunduz sollte gezielt Menschen töten und war damit illegal. Er verstößt gegen das Völkerrecht, gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrates und gegen das Mandat des Bundestages. Wenn die Zeitungsberichte stimmen, hat das Kanzleramt heimlich eine Eskalation des Krieges beschlossen. Da wurde nicht nur die deutsche Öffentlichkeit getäuscht, am Ende wurden unschuldige Zivilisten in Afghanistan getötet und ein deutscher Oberst wird mit einer Strafanklage bedroht. Frau Merkel muss sich jetzt erklären."
  • Nach neuen Erkenntnissen zu dem Luftangriff bei Kundus wächst der Druck auf Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die SPD forderte eine Regierungserklärung zu der Frage, ob Guttenberg umfassender informiert war als er bisher angegeben hat. Die Opposition verlangte zudem Aufklärung darüber, ob mit dem Bombardement gezielt Menschen getötet werden sollten, was gegen das Bundeswehrmandat verstoße.
    Guttenberg verteidigte in der "Bild am Sonntag" (13. Dez.) seine Entscheidung zur Entlassung von Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert. Beide hätten ihm "relevante Dokumente" vorenthalten. Guttenberg reagierte auf Berichte des "Spiegel" und der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung", wonach Schneiderhan und Wichert den Minister am 25. November darüber informiert hätten, dass es neben dem NATO-Bericht weitere Unterlagen gab, darunter ein zweiseitiger Bericht von Bundeswehroberst Georg Klein sowie ein Feldjägerbericht.
    SPD-Chef Gabriel sagte dazu: "Wenn das zutrifft, muss die Bundeskanzlerin ihn wie seinen Vorgänger zum Rücktritt auffordern." Ebenso wie Grüne und Linke forderte die SPD von der Bundesregierung Aufklärung zu dem Charakter des Luftangriffs vom 4. September. Medienberichten zufolge diente das Bombardement vor allem der gezielten Tötung von Taliban-Führern.
  • Soldaten der NATO und der afghanischen Armee haben am frühen Morgen des 13. Dez. im Osten Afghanistans fünf Aufständische getötet. Der Angriff in der Provinz Laghman galt einer Einheit, die Sprengsätze hergestellt und für zahlreiche Anschläge in der Region verantwortlich sein soll, wie die NATO erklärte. Die Soldaten seien beim Heranrücken von mehreren Aufständischen mit Waffen bedroht worden, hieß es weiter. Ein Unterschlupf wurde durchsucht und ein Aufständischer gefangengenommen.
  • Bei einem zuvor nicht angekündigten Besuch auf dem britischen Militärstützpunkt Kandahar im Süden Afghanistans hat Großbritanniens Premierminister Gordon Brown die Entschlossenheit im Kampf gegen die Taliban bekräftigt. "Eine gemeinsame Anstrengung der alliierten Streitkräfte mit der afghanischen Regierung ist der Weg zum Sieg über die Aufständischen", sagte Brown am 13. Dez. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai. Dies sei auch der Weg, das internationale Terrornetzwerk El Kaida zu stoppen und zu verhindern, dass es in Afghanistan "einen Operationsraum" habe.
    Brown hatte kürzlich eine Aufstockung des britischen Truppenkontingents um 500 Mann auf dann mehr als 10.000 angeordnet. Diese Verstärkung werde in wenigen Tagen eintreffen, sagte er in Kandahar.
  • Mitarbeiter der umstrittenen Söldnerfirma Blackwater sollen künftig nicht mehr bei geheimen CIA-Operationen in Pakistan und Afghanistan mitmischen. Der US-Geheimdienst hat auf massive Kritik hin einen entsprechenden Vertrag gekündigt, berichtete die «New York Times» am 13. Dez. Nach dem Abkommen hatten Blackwater-Söldner bislang unbemannte Drohnen zum Einsatz gegen mutmaßliche Terroristen am Hindukusch mit Bomben bestückt. Blackwater ist - abgesehen von Sicherheitsaufgaben - nicht mehr in irgendwelche CIA-Operationen eingebunden», erklärte CIA-Sprecher George Little dem Blatt. Ursprünglich war die 40.000 Mann starke Söldnerfirma zum Schutz von US-Soldaten im Irak und in Afghanistan angeheuert worden. Das Unternehmen eines ehemaligen US-Soldaten mit Hauptsitz im US-Bundesstaat North Carolina ist bereits mehrfach in die Schlagzeilen geraten.
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat einen Rücktritt wegen seiner Informationspolitik zum tödlichen Luftangriff bei Kundus abgelehnt. Er wolle ungeachtet der gegen ihn gerichteten Vorwürfe im Amt bleiben, sagte Guttenberg am 13. Dez. dem Fernsehsender RTL. Zuvor hatte er im ARD-Fernsehen erneut Anschuldigungen zurückgewiesen, die Öffentlichkeit über die Umstände des Angriffs vom 4. September in Nordafghanistan getäuscht zu haben.
    Der CSU-Politiker bekräftigte, dass Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan ihn bis zum 6. November weder korrekt noch umfassend unterrichtet habe und deshalb zurückgetreten sei. Guttenberg hatte den Angriff, bei dem etliche Zivilisten getötet wurden, auf einer Pressekonferenz am 6. November, als "militärisch angemessen" bezeichnet. Schneiderhan sagte im ARD-Magazin "Bericht aus Berlin", Guttenberg habe vor dieser Äußerung alle maßgeblichen Informationen gekannt. Außer einem Bericht des Internationalen Roten Kreuzes habe Guttenberg auch der Untersuchungsbericht der NATO-Truppe ISAF vorgelegen.
Montag, 14. Dezember, bis Sonntag, 20. Dezember
  • Die Spitze des Verteidigungsministeriums hat Presseinformationen zufolge seit langem gewusst, dass das eigentliche Ziel des Luftschlags von Kundus eine Gruppe von Taliban gewesen war. Dessen ungeachtet hielt sie öffentlich an der Darstellung fest, es sei bei dem Angriff lediglich um die Zerstörung von zwei entführten Tanklastern gegangen, schreibt die «Süddeutsche Zeitung» (Ausgabe vom 14. Dez.). Details will das Ministerium erst dem Untersuchungsausschuss nennen, der diese Woche seine Arbeit aufnimmt.
    Schon einen Tag nach dem Luftschlag vom 4. September meldete der deutsche Oberst Georg Klein an den damaligen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, er habe am Tag zuvor befohlen, die beiden entführten Tanklaster sowie an den Fahrzeugen befindliche Aufständische «durch den Einsatz von Luftstreitkräften zu vernichten». Dieser Bericht wurde dem damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) einen Tag später vorgelegt und war kurz darauf in der Führungsetage des Ministeriums allgemein bekannt. Unklar sei, ob der Bericht auch das Kanzleramt erreichte.
    Seit dem 28. Oktober liegt der Bundesregierung, auch dem Kanzleramt, überdies der Bericht der Afghanistan-Schutztruppe ISAF zu den Vorgängen in Kundus vor. Auch aus ihm gehe eindeutig hervor, dass die Gruppe der Taliban Ziel des Angriffs gewesen sei. Ungeachtet beider Berichte sei das Verteidigungsministerium jedoch bei seiner Darstellung geblieben, mit dem Angriff habe verhindert werden sollen, dass die Tanklaster zu rollenden Bomben umfunktioniert werden sollten.
    Regierungssprecher Ulrich Wilhelm trat am 13. Dez. Berichten entgegen, die gezielte Tötung von Taliban sei Ergebnis einer neuen verschärften Strategie, die das Kanzleramt gebilligt habe. Die Vorstellung, dass es jenseits des Bundestagsmandats für den Afghanistan-Einsatz und der Einsatzregeln eine andere Strategie gebe, sei abwegig, sagte Wilhelm der Süddeutschen Zeitung. Nach Ansicht der Opposition wären solche Tötungsaktionen vom Mandat nicht gedeckt.
  • Vor dem Hintergrund der Affäre um den Kundus-Luftangriff hat Unions-Sicherheitsexperte Hans-Peter Uhl ein «deutlich robusteres Afghanistan-Mandat» für die Bundeswehr gefordert. Es sei höchste Zeit, «das Mandat so auszugestalten, dass die Bundeswehr voll handlungsfähig ist», sagte der CSU-Politiker der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Ausgabe vom 14. Dez.). Mit den Maßstäben des Polizeirechts lasse sich in Afghanistan wenig ausrichten. «Die Bundeswehr braucht Klarheit, dass sie Aufständische mit allen Mitteln bekämpfen und auch töten darf», wird Uhl zitiert. Es sei den Soldaten nicht länger zumutbar, dass sie in einem kriegsähnlichen Konflikt nur zur Selbstverteidigung schießen dürften. Die Afghanistan-Konferenz im Januar biete die Chance für eine Korrektur. «Wir brauchen endlich ein ehrliches Mandat, das die Realität am Hindukusch anerkennt», erklärte der CSU-Politiker.
  • Bei einem Angriff auf einen Polizeiposten im Norden Afghanistans haben Aufständische acht Polizisten getötet und zwei weitere verletzt. Die Rebellen griffen in der Nacht zum 14. Dez. eine Stellung der Polizei an einer viel befahrenen Straße in der Provinz Baghlan südlich von Kundus an, wie der Gouverneur der Region, Mohammad Akbar Baraksai, mitteilte. Die Straße von Baghlan nach Kabul wird von Polizisten bewacht und auch von Nachschub-Konvois der NATO-Truppen in Afghanistan genutzt.
  • Im Zusammenhang mit dem tödlichen Luftangriff bei Kundus in Nordafghanistan hat die SPD den Fortbestand der Bundeswehr-Eliteeinheit KSK in Frage gestellt. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sagte der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 14. Dez.), wenn herauskäme, dass das Kommando Spezialkräfte diesen Bombenangriff verantworte, würde das KSK "in der jetzigen Form nicht überleben". Es werde dann schnell eine Debatte über den "Staat im Staate" geben. Es sei durchaus denkbar, dass die KSK den Angriff geführt habe. Damit würde sich erklären, warum bestimmte Meldewege nicht eingehalten worden seien, warum der Befehl gebende Bundeswehroberst Georg Klein seinen Rechtsberater nicht zu Rate gezogen habe und warum das Hauptquartier der NATO-Truppe ISAF nicht benachrichtigt worden sei.
    Arnold forderte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) auf, bei der Aufklärung der Vorfälle nicht auf den Untersuchungsausschuss zu warten. Guttenberg dürfe sich "jetzt nicht hinter dem Untersuchungsausschuss verstecken".
  • Die NATO fordert bis zu 3000 zusätzliche Soldaten für den Norden Afghanistans, für den Deutschland das Regionalkommando hat. Das sagte der deutsche NATO-General Karl-Heinz Lather am 14. Dez. im militärischen Hauptquartier der NATO (SHAPE) in Mons. Lather rechnet nach eigenen Angaben mit einer Entscheidung der Bundesregierung über die Entsendung weiterer Soldaten nach der Afghanistan-Konferenz Ende Januar. Aus Sicht von SHAPE sei eine Truppenaufstockung "in der Größenordnung von zwei Manöverelementen" nötig, sagte Lather. Gemeint sind damit zwei Bataillone von jeweils zwischen 250 und 1500 Mann. Es war das erste Mal, dass die NATO für den unter deutschem Kommando stehenden Norden Afghanistans eine umrissartig bezifferte Anforderung zur Truppenaufstockung bekanntgab. Die Bundesregierung hatte stets betont, dass über eine mögliche Truppenaufstockung erst nach der Afghanistan-Konferenz Ende Januar entschieden werde. Auch Frankreich will erst nach der Konferenz entscheiden.
  • Der Bundeswehrverband plädiert für eine Änderung des Afghanistan-Mandats. Der Bundestag müsse sich «ganz zeitnah damit beschäftigen, ob wir einen bewaffneten Konflikt haben», sagte Verbandschef Ulrich Kirsch am 15. Dez. im ZDF-Morgenmagazin. «Von diesem Parlament erwarte ich, dass diese Dinge geklärt werden.» Gefordert sei «im Übrigen auch die Kanzlerin, die sich hier artikulieren muss».
    Hintergrund ist der Streit über den Bombenangriff auf zwei von Taliban gekaperte Tanklaster in Kundus mit bis zu 142 Toten im September. Kirsch räumte ein, dass «der Tanklaster-Beschuss nach den derzeitigen Regeln mit einem Fragezeichen versehen werden muss». Doch kritisierte er die Regeln, die zwar gelockert worden, aber immer noch nicht adäquat seien.
    «Das Skandalöse ist, dass wir nicht mit den Regeln ausgestattet worden sind, die wir dort brauchen, um zu bestehen», sagte er. «Täglich Raketen, täglich Angriffe auf Patrouillen. Das ist die Realität, die wir im Einsatzland haben.» Aus Sicht des Bundeswehrverbands befinden sich die deutschen Soldaten «in einem regionalen Krieg» in der Umgebung von Kundus.
    Die Situation in Kundus sei «in der Vergangenheit schöngefärbt worden», fügte er bei n-tv an und berichtete von Unmut der Soldaten: «Die Frauen und Männer in Afghanistan fragen sich: Worüber diskutieren die eigentlich? Diskutieren die nicht am Thema vorbei? Wir sind hier jeden Tag im Kampf, im Gefecht. Wir erleben, dass es in der Tat hier ein nicht international bewaffneter Konflikt ist, wie die Völkerrechtler es sagen. Sie erwarten, dass der Deutsche Bundestag das zur Kenntnis nimmt und dementsprechend auch feststellt, dass hier nun das Völkerstrafrecht gilt und nicht nationales Recht.»
  • In Afghanistan herrscht aus Expertensicht Krieg. Zu diesem Ergebnis kommt das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung, das allein für dieses Jahr 365 Konflikte beobachtet und analysiert hat. In dem am 15. Dez. vorgelegten «Conflict Barometer 2009» werten die Politikwissenschaftler 31 der Auseinandersetzungen als «hochgewaltsame Konflikte» mit massivem Einsatz von organisierter Gewalt und nachhaltige Zerstörungen. Sieben dieser hochgewaltsamen Konflikte werden als Kriege eingestuft, darunter der in Afghanistan.
  • SPD und Grüne wollen die neuen Enthüllungen in der Kundus-Affäre ab dem 16. Dez. im Verteidigungsausschuss umfassend aufklären. Den Vorstoß der Linksfraktion zu einem parallel arbeitenden öffentlichen Untersuchungsausschuss lehnten die beiden anderen Oppositionspartien am 15. Dez. in Berlin ab. Zugleich machten deren Wehrexperten Rainer Arnold (SPD) und Omid Nouripour (Grüne) deutlich, dass sie zu diesem «Schwert der Aufklärung» bereit seien, sollte die Koalition eine öffentliche Beweisaufnahme etwa mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verhindern wollen.
  • Ein Selbstmordattentäter hat am 15. Dez. im schwer bewachten Diplomatenviertel der afghanischen Hauptstadt Kabul mindestens acht Menschen mit in den Tod gerissen. 40 weitere Menschen seien bei der schweren Detonation der Autobombe verletzt worden, teilte das Innenministerium mit. Unter den Toten seien vier Frauen. Zu der Detonation kam es in der Nähe des Heetal-Hotels im Viertel Wazir Akbar Khan. In dem Hotel steigen regelmäßig deutsche Journalisten ab. Die radikalislamischen Taliban wiesen jede Verantwortung für die Bluttat zurück. Die Wucht der Explosion riss einen großen Krater in die Straße und zerstörte zwei zweistöckige Gebäude. Polizei und Anwohner trugen blutverschmierte Verletzte zu Rettungswagen des Militärs.
    Die Zeitung «Bergens Tidende» meldete, die norwegische Botschaft in Kabul sei schwer beschädigt worden, Verletzte gebe es dort aber nicht. Präsident Hamid Karsai sagte, ebenfalls in der Nähe des Anschlagsortes sei die Residenz des früheren Vizepräsidenten Ahmad Zia Massoud. Massoud sei unverletzt geblieben, zwei seiner Wächter seien jedoch unter den Toten. Karsai verurteilte den Anschlag als «unmenschlichen und unislamischen Terrorakt».
    In Wazir Akbar Khan liegen Botschaften, Regierungseinrichtungen, die Hauptquartiere der Vereinten Nationen und der Internationalen Schutztruppe ISAF sowie zahlreiche andere ausländische Einrichtungen. Auch die deutsche Botschaft ist in dem Viertel untergebracht.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der südafghanischen Provinz Helmand wurden am 15. Dez. zwei afghanische Soldaten getötet und zwei weitere verletzt. Das Verteidigungsministerium teilte mit, der Attentäter habe sich in der Nähe einer Patrouille mit ausländischen und afghanischen Soldaten in die Luft gesprengt.
  • Die ISAF teilte mit, bei einem Sprengstoffanschlag in Südafghanistan sei am 15. Dez. ein US-Soldat getötet worden. Bereits am Vortag seien bei einer Operation gegen Bombenleger in der südafghanischen Provinz Kandahar vier Aufständische getötet worden. Man untersuche Vorwürfe, wonach Zivilisten getötet oder verletzt worden sein sollen.
  • Bei einem Anschlag auf das Büro einer afghanischen Hilfsorganisation wurden am 15. Dez. in der südostpakistanischen Stadt Ghasni vier Afghanen und ein Nepalese getötet. Der Sprecher der Regierung der Provinz Paktia, Ruhollah Samoon, sagte, der Sprengsatz sei in dem Büro der Organisation versteckt gewesen und ferngezündet worden. Die Taliban übernahmen die Verantwortung für die Tat.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einem belebten Markt in Pakistan sind am 15. Dez. mindestens 27 Menschen getötet und mehr als 50 weitere verletzt worden. Laut Polizei sprengte sich ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto in die Luft. Die Attacke in der Kleinstadt Dera Ghazi Khan, 500 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Islamabad, reihte sich in eine blutige Anschlagsserie ein, die das Land seit mehr als zwei Jahren in Atem hält.
    Der Verwaltungschef des Stadt, Hassan Iqbal, sprach im pakistanischen Fernsehsender Geo von einem "Terrorangriff". Der Attentäter habe sein mit Sprengstoff beladenes Auto in den Eingangsbereich des Marktes gerammt, die Explosion habe einen zweieinhalb Meter tiefen Krater gerissen. Mehrere Menschen seien noch unter den Trümmern eingeschlossen, die Zahl der Opfer könnte steigen.
    Durch die Explosion wurden nach Angaben der Behörden mehrere Geschäfte zerstört, auch eine Moschee und das Haus eines Beraters der Provinzregierung von Punjab seien beschädigt worden. Das unzureichend ausgestattete Krankenhaus der Kleinstadt sei mit der Versorgung der Opfer überfordert. Schwerverletzte seien mit einem Hubschrauber in das Krankenhaus der Stadt Multan geflogen worden.
  • Angesichts der Lage in Afghanistan befürchtet der vietnamesische Präsident Nguyen Minh Triet, dass die USA die "Fehler" des Vietnamkriegs wiederholen könnten. "Ich hoffe, dass die amerikanische und afghanische Bevölkerung nicht jene Folgen erleiden müssen, die durch die Fehler verusacht wurden, die die USA in Vietnam begangen haben", sagte Nguyen der spanischen Zeitung "El País" vom 15. Dez. Allerdings sei jeder Vergleich zwischen dem Einsatz in Afghanistan und dem von 1964 bis 1975 dauernden Vietnamkrieg "relativ". "Ich hoffe, dass die US-Regierung die angemessenen Schritte unternimmt, um das Problem so schnell wie möglich zu lösen und der afghanischen Bevölkerung Frieden und Stabilität zu bringen", sagte Nguyen.
  • Im Zuge der Diskussion um ein härteres Vorgehen der Bundeswehr in Afghanistan hat es nach ARD-Informationen im Bundesverteidigungsministerium bereits Mitte des Jahres konkrete Planungen gegeben. Demnach sollte der Führungsstab der Streitkräfte Vorschläge für eine Strategieanpassung erarbeiten. Die Planer schlugen demnach vor, die Mandatsobergrenze für den ISAF-Einsatz der Bundeswehr auf bis zu 6700 Soldaten zu erhöhen. Außerdem plante der Führungsstab, die Panzerhaubitze 2000 an den Hindukusch zu entsenden, wie das ARD-Hauptstadtstudio am 15. Dez. berichtete.
    Die Überlegungen im Ministerium beinhalteten demnach auch die Ausstattung der deutschen Soldaten in Afghanistan mit dem schweren Kampfpanzer Leopard II. Aus logistischen Gründen sei von diesem Vorschlag aber wieder Abstand genommen worden. Die Vorschläge des Führungsstabes hätten allerdings keinen Eingang in die Gestaltung des Afghanistan-Mandates gefunden, berichtete die ARD. Lediglich die Planungen zur Verdopplung der Anzahl von Marder-Schützenpanzern von derzeit fünf auf zehn sollen Anfang kommenden Jahres in die Tat umgesetzt werden.
  • Die britische Regierung will in den kommenden Jahren umgerechnet eine Milliarde Euro zusätzlich für den Einsatz in Afghanistan ausgeben und dafür bei anderen Ausgaben der Armee massiv sparen. In den kommenden drei Jahren sollten 900 Millionen Pfund mehr für die britischen Soldaten am Hindukusch aufgebracht werden, sagte Verteidigungsminister Bob Ainsworth am 15. Dez. in London vor dem Unterhaus. Von dem Geld sollten insbesondere 22 Transporthubschrauber vom Typ "Chinook" angeschafft werden. Die ersten zehn Truppentransporter des US-Herstellers Boeing sollten bis 2013 geliefert werden. Auch Schutzwesten, Nachtsichtgläser und Funkgeräte würden für die britischen Soldaten in Afghanistan beschafft.
  • Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, hat die Debatte über die Kundus-Affäre als bizarr und wirklichkeitsfern für die Soldaten in Afghanistan bezeichnet. «Sie schütteln mit dem Kopf, wenn sie sich anschauen, was sich im politischen Berlin jeden Tag ereignet und in der Zeitung zu lesen ist», sagte Robbe am 15. Dez. im Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages. Den wenigsten Deutschen sei bewusst, dass die Soldaten in Afghanistan «jeden Tag ihren Kopf hinhalten und froh sind, wenn sie gesund und lebend von Patrouillenfahrten ins Feldlager zurückkommen», fügte er hinzu. Daher erscheint die Debatte dem Wehrbeauftragten «manchmal etwas bizarr».
  • NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen ist am 16. Dez. zu Gesprächen über den Krieg in Afghanistan und eine mögliche Hilfe Russlands in Moskau eingetroffen. Während des dreitägigen Besuchs wollte Rasmussen mit Präsident Dmitri Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin zusammenkommen. (Siehe hierzu u.a.: Rasmussen zum Antrittsbesuch in Moskau.)
  • Der deutsche Oberst Georg Klein, der den Luftschlag von Kundus am 4. September befohlen hatte, hat angeblich die Ermittlungen aktiv behindert. Wie das Hamburger Magazin «Stern» am 16. Dez. vorab berichtete, hat Klein nach dem Angriff angeordnet, Ermittler vom Regionalkommando aus Mazar-I-Sharif nicht mit den ersten deutschen Soldaten zum Tatort zu lassen - sie seien «vor Ort nicht erwünscht». Die von Brigadegeneral Jörg Vollmer entsandten Ermittler hätten erst später an den Ort des Geschehens kommen können, heißt es weiter in dem «Stern»-Bericht. Leichen und Leichenteile seien da längst von Angehörigen beerdigt worden. Somit fehlten Spuren, um zu klären, wie viele Zivilisten starben, schreibt das Magazin unter Berufung auf vertrauliche Unterlagen der Bundeswehr. Zudem wies Klein angeblich Untergebene im Feldlager Kundus an, bei Ermittlungen nicht zu kooperieren. So habe ein am Bombardement beteiligter Luftleit-Feldwebel Militärpolizisten jede Zusammenarbeit verweigert. Informationen zum Sachverhalt gebe es «nur nach Freigabe» durch den Oberst, habe es geheißen.
  • Bei einem Angriff von Aufständischen in Afghanistan und einem anschließenden Feuergefecht sind am 16. Dez. in der Nähe von Kundus zwei deutsche Soldaten verletzt worden. Das teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam mit. Deutsche Soldaten waren demnach gemeinsam mit Kräften aus Afghanistan und Belgien sieben Kilometer westlich vom Wiederaufbauteam Kundus im Einsatz, als sie mit Schusswaffen und Panzerabwehrgeschossen angegriffen wurden. Ein deutscher Soldat wurde demnach bei dem Angriff selbst verletzt, der zweite bei dem sich anschließenden Feuergefecht mit den Aufständischen.
  • Frankreich schließt eine Aufstockung seiner Truppen in Afghanistan nicht mehr aus. Zusammen mit Deutschland werde die Regierung nach der internationalen Afghanistan-Konferenz im Januar über eine mögliche Verstärkung der Truppe entscheiden, sagte der französische Verteidigungsminister Hervé Morin am 16. Dez. vor der Nationalversammlung in Paris. Eine etwaige Verstärkung könne "mehrere Formen" annehmen: mehr Entwicklungshilfe, weitere Hilfe bei der Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei oder "die Entsendung zusätzlicher militärischer Mittel". Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy hatte es bislang abgelehnt, der Forderung der Vereinigten Staaten nachzukommen und weitere Soldaten zu entsenden. Die französische Armee stellt derzeit rund dreitausend Soldaten in Afghanistan.
  • Drei Journalisten des «Guardian» sind in Afghanistan nach Angaben der der britischen Zeitung nach sechs Tagen in Gefangenschaft wieder freigekommen. Der Reporter Ghaith Abdul-Ahad sowie ein afghanischer Kameramann und ein weiterer lokaler Mitarbeiter seien wohlauf, teilte die Zeitung am 16. Dez. in London mit. Das Team war in dem unruhigen Gebiet an der Grenze zur pakistanischen Nordwest-Provinz unterwegs, als es entführt wurde. Chefredakteur Alan Rusbridger erklärte, ihr Schicksal sei ein weiterer Beweis der Gefahren, denen Journalisten ausgesetzt seien, die aus solch kritischen Weltgegenden berichteten. Zu den Einzelheiten der Freilassung und zur möglichen Zahlung eines Lösegelds wurden zunächst keine Angaben gemacht.
  • In der Kundus-Affäre haben sich Regierung und Opposition gegenseitig schwerwiegende Vorwürfe gemacht. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg warnte die Opposition in einer hitzigen Aktuellen Stunde im Bundestag am 16. Dez. davor, die Debatte über die Luftangriffe auf zwei entführte Tanklaster in Afghanistan auf dem Rücken der Soldaten auszutragen. Die Opposition legte dem CSU-Politiker den Rücktritt nahe, falls sich herausstellen sollte, dass er gelogen habe.
    Guttenberg warf in einer von zahlreichen Zwischenrufen unterbrochenen Rede der Opposition vor, dass es ihr gar nicht um Information und Aufklärung gehe, «sondern dass wir nahe am politischen Klamauk sind». Er frage sich, wie man «an einem Tag mit solchem Gebrüll antworten kann, wo ein Soldat schwer verwundet in Kundus liegt», sagte der Minister. (Am 16. Dez. erlitt ein Soldat in Kundus bei einem Gefecht mit Aufständischen einen Bauchschuss.)
    Der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold rief Guttenberg zu: «Sie stellen sich nicht vor die Soldaten, Sie verstecken sich mit ihrer heutigen Rede hinter den Soldaten.» Er fügte hinzu: «Wir haben die Sorge, dass Sie diesem Amt nicht wirklich gewachsen sind.»
    Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Guttenberg «miesen Stil» bei der Bewältigung der Affäre vor. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte an die Adresse des Ministers: «Mit jedem Auftritt wird die Liste der offenen Fragen, der Widersprüche, Ausflüchte und Ablenkungsversuche länger.»
    Gezielte Gewalt gegen Menschen sei mit dem Bundestagsmandat für Afghanistan nicht zu vereinbaren, betonte Trittin. Der Linkspolitiker Jan van Aken sagte: «Herr zu Guttenberg, Sie haben keine Lizenz zu töten.» Der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff hielt dem entgegen: «Niemand ist getäuscht worden, es gab keinen Strategiewechsel am Parlament vorbei, es gibt keinen Ausbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee.»
    Der FDP-Abgeordnete Rainer Stinner und der CDU-Politiker Philip Mißfelder warfen der SPD vor, sich mit der Behauptung eines Strategiewechsels in Afghanistan allmählich aus der Verantwortung für den Einsatz stehlen zu wollen.
  • Die Bundesregierung will sich angeblich dem Verlangen der USA und der NATO-Partner fügen und weitere Soldaten nach Afghanistan schicken. Das Kontingent von derzeit 4.500 deutschen Soldaten solle um bis zu 2.000 Mann aufgestockt werden, berichtete die «WAZ»-Mediengruppe Essen am 16. Dez. Die Amerikaner und die NATO hätten bereits entsprechende Signale erhalten.
    Die Bundesregierung hat den Bericht dementiert, wonach das Afghanistan-Kontingent der Bundeswehr von derzeit 4.500 Soldaten um bis zu 2.000 Mann aufgestockt werden soll. Ein Regierungssprecher sagte am Abend des 16. Dez. in Berlin: «Die Meldung entbehrt jeglicher Grundlage. Es gibt überhaupt keine Vorentscheidung seitens Deutschlands über das weitere Engagement in Afghanistan.»
  • Mit einer überparteilichen Mehrheit hat das US-Repräsentantenhaus am 16. Dez. den US-Verteidigungshaushalt für 2010 verabschiedet. Der Etatentwurf mit einem Umfang von 636,3 Milliarden Dollar (439 Milliarden Euro) wurde mit 395 gegen 34 Stimmen angenommen. Das Budget stellt allein 101,1 Milliarden Dollar für die Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak bereit. Noch nicht enthalten sind die Kosten für die geplante Aufstockung der Truppen in Afghanistan um 30.000 Soldaten; diese dürfte nach Regierungsangaben weitere 30 Milliarden Dollar pro Jahr kosten.
  • US-Präsident Barack Obama hat seine Teilnahme am Empfang der sterblichen Überreste von 18 in Afghanistan ums Leben gekommenen US-Soldaten als den bewegendsten Moment seiner Präsidentschaft bezeichnet. «Man fühlt es körperlich», sagte er am 16. Dez. in einem Interview des Senders ABC News über seine Entscheidung, weitere 30.000 Soldaten nach Afghanistan zu schicken. «Man ist schlaflos. Man denkt an die Familien. Man denkt über die Geschichte nach.»
    Obama war Ende Oktober mitten in der Nacht überraschend zum Luftwaffenstützpunkt Dover im Staat Delaware geflogen, um an der Zeremonie zur Ankunft der Särge teilzunehmen. Dabei traf er auch mit Hinterbliebenen zusammen. Die Erfahrung sei unbeschreiblich gewesen, sagte Obama. Natürlich habe er vorher gewusst, dass es schwierig sein würde, junge Männer und Frauen in den Krieg zu schicken. Aber «wenn man die Familien trifft und mit Soldaten spricht, die als Folge ihres Einsatzes behindert nach Hause zurückgekehrt sind - die blanke emotionale Kraft dessen ist etwas, was man nicht vorhersehen kann. Es trifft einen wie eine Tonne Ziegelsteine.» Ihm sei dabei auch bewusstgeworden, dass er die Verpflichtung habe, die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen.
  • Der Generalleutnant Roland Kather forderte angesichts der Debatte über den Luftschlag vom 4. September rechtliche und politische Klarheit für die Soldaten. Die derzeitige Diskussion belaste und verunsichere die Truppe, sagte er der «Leipziger Volkszeitung» (Ausgabe vom 17. Dez.). Die Soldaten brauchten eine klare Fahrkarte mit Regeln, wie man sich zu verhalten habe, sagte der in Heidelberg stationierte Nato-Befehlshaber Landstreitkräfte Europa. Soldaten hätten ihm gesagt, dass sie den Eindruck hätten, es würde eher akzeptiert, wenn eigene Soldaten fallen, als wenn ein Taliban erschossen werde.
  • Die SPD hat Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Zusammenhang mit der Kundus-Affäre erneut schwere Vorwürfe gemacht. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte am 17. Dez. im ZDF, Guttenberg habe "nur weil er in der Öffentlichkeit gut dastehen will, einen hochverdienten General einfach" rausgeschmissen und dazu "die Unwahrheit" gesagt. Der Minister versuche nun, die Widersprüche in seinen Aussagen zu verschleiern. Gabriel wies Guttenbergs Vorhaltungen zurück, wonach auch die Abgeordneten der Opposition frühzeitig genauere Informationen über den Ablauf des Angriffs Anfang September in Kundus hatten. Tatsache sei, dass der Verteidigungsminister die Obleute der Fraktionen in einer geheimen Sitzung zwar informiert, sie jedoch zum Schweigen verpflichtet habe. Guttenberg könne ihnen daher nun nicht vorwerfen, dass sie dies nicht öffentlich gesagt hätten, sagte Gabriel weiter.
  • Russland soll nach dem Willen von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen künftig gemeinsam mit dem westlichen Militärbündnis Polizeieinheiten für Afghanistan ausbilden. Die Qualifikation dieser Sicherheitskräfte könne auf russischem Territorium erfolgen, sagte Rasmussen am 17. Dez. vor Journalisten in Moskau. «Afghanistan sollte 2010 das Kernstück unserer Kooperation sein», sagte Rasmussen. Er verlangte zudem ein «Hubschrauber-Paket». Moskau solle der afghanischen Armee Helikopter zur Verfügung stellen, Piloten ausbilden und Benzin sowie Ersatzteile liefern. Der Kreml will die Vorschläge «prüfen».
  • Der wegen der Kundus-Affäre angeschlagene Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg genießt nach wie vor Rückhalt in der Bevölkerung. Nach einer am 17. Dez. veröffentlichten Emnid-Umfrage sind 67 Prozent der Befragten der Ansicht, Guttenberg trage keinerlei Mitschuld in der Angelegenheit.
  • Der entlassene Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, hat offenbar doch Informationen über den verheerenden Luftangriff in Afghanistan nicht weitergeleitet. Wie der «Stern» am 17. Dez. berichtete, räumte Schneiderhan dies in seinem Rücktrittsgesuch vom 25. November an Guttenberg ein. Darin heißt es: «Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben Ihre Erklärung vom 6.11.09 zum Luft-Boden-Einsatz in Kundus auf der Grundlage des Abschlussberichtes Com-Isaf abgegeben. Andere Zwischenberichte, Berichte und Meldungen wurden Ihnen nicht vorgelegt. Dafür übernehme ich die Verantwortung. Deshalb bitte ich Sie, mich von meinen Dienstpflichten zu entbinden und in den Ruhestand zu versetzen.» Auf dieses Schreiben hatte auch Guttenberg in der Bundestagsdebatte am 16. Dez. verwiesen und angefügt: «Für die Trennung bedarf es keiner weiteren Gründe.»
  • Spanien will rund 500 weitere Soldaten nach Afghanistan schicken. Das kündigte Verteidigungsministerin Carme Chacon am 17. Dez. an. Die Regierung in Madrid reagiert damit auf die Bitte von US-Präsident Barack Obama an die NATO-Partner, ihre Truppen am Hindukusch aufzustocken. Das spanische Parlament muss der Entsendung der Soldaten noch zustimmen. Spanien hat derzeit mehr als 1.500 Soldaten in Afghanistan stationiert.
  • Der österreichische Verteidigungsminister Norbert Darabos hat sich gegen US-Forderungen nach einer Beteiligung des Bundesheeres am Afghanistan-Einsatz verwahrt. Österreich sei ein souveräner Staat, der selbst entscheide, wohin er seine Truppen entsende, erklärte Darabos in einem am Abend des 17. Dez. veröffentlichten Interview der Tageszeitung «Der Standard». «Der Druck der Amerikaner ist relativ stark. Er ist teilweise ein bisschen ungehörig», wurde der Minister auf der Website der Zeitung zitiert. «Wir haben drei Offiziere in Kabul stationiert. In heiklen Zeiten im Jahr 2002 waren wir mit rund 60 Mann präsent. Später, bei den Wahlen 2005, haben wir ebenfalls ein Kontingent dort gehabt. Afghanistan ist heute eine Aufgabe der NATO.» Zwar werde Österreich keine Soldaten nach Afghanistan entsenden, dafür sei Wien aber bereit, anderswo mehr Verantwortung zu übernehmen, beispielsweise auf dem Balkan. Das Land werde seine Präsenz in Bosnien von 150 auf 230 Soldaten aufstocken, um den Abzug von Soldaten aus anderen Ländern zu kompensieren, erklärte Darabos laut der Zeitung.
  • Französische Truppen haben in Afghanistan eine großangelegte Offensive gegen die Taliban gestartet. An den Kämpfen im Usbin-Tal östlich von Kabul waren nach Angaben von Militärvertretern vom 17. Dez. mehr als 1100 Soldaten beteiligt, darunter 800 französische Fremdenlegionäre sowie afghanische Soldaten und US-Truppen. Außerdem seien Flugzeuge und Hubschrauber im Einsatz. Fünf Soldaten der US-Spezialkräfte wurden den Angaben zufolge verletzt. Mit der Operation solle die Hoheitsgewalt der afghanischen Sicherheitskräfte in der Region, einer Taliban-Hochburg bekräftigt werden, sagte ein Oberst der Fremdenlegion, Benoît Durieux.
    Im August 2008 waren in der Region zehn französische NATO-Soldaten getötet und 21 weitere verletzt worden, als ihr Konvoi aus einem Hinterhalt angegriffen und stundenlang beschossen wurde. Es war der schwerste Verlust für die französische Armee bei einem Auslandseinsatz seit 25 Jahren.
  • Bei der Bombardierung von zwei Tanklastzügen in Afghanistan standen dem deutschen Oberst Georg Klein laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung vom 18. Dez. nicht nur die Bilder aus den US-Kampfjets zur Verfügung. Wie das Blatt berichtet, filmte auch eine Kamera der Bundeswehr mit. Demnach wurden diese Bilder nicht aus der Luft, sondern vom Boden aus aufgenommen. Dass die Bundeswehr in der Nacht vom 4. September über "bodengestützte Aufklärungsmittel" verfügte, war bislang nicht bekannt. Das Video zeigt laut "Bild"-Zeitung die Momente vor der Explosion, den Feuerball und mehrere Minuten nach der Explosion.
  • Unionspolitiker wollen für Bundeswehr-Einsätze im Ausland eine Änderung des Grundgesetzes prüfen. «Auf veränderte Realitäten des 21. Jahrhunderts sollten wir mit entsprechender Rechtsetzung reagieren», sagte Ernst-Reinhard Beck (CDU), der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, im Interview mit «Spiegel Online» am 18. Dez. Er stellte die Frage, «ob nicht der Gesetzgeber verpflichtet ist, die sicherheitspolitisch relevanten Artikel des Grundgesetzes auf den Prüfstand zu stellen.» Die asymmetrische Bedrohung komme in der deutschen Verfassung bisher nicht vor, argumentierte Beck. «Das ist ein blinder Fleck, der für den Gesetzgeber zumindest eine Betrachtung wert wäre.» Die sicherheitspolitische Verfassungsdiskussion sei «1968 bei den Notstandsgesetzen stehengeblieben. Das geht nun zu Lasten unserer Soldaten».
    Hans-Peter Uhl (CSU), der innenpolitische Sprecher der Fraktion, sagte «Spiegel online»: «Wir sind rechtlich, mental und politisch nicht aufgestellt für kriegerische Handlungen. Wir wollen die pazifistischsten Pazifisten sein. Das geht nicht.» Die Deutschen müssten «in der afghanischen Wirklichkeit ankommen: Es sind kriegsähnliche Handlungen, dort schießen Menschen auf Menschen.»
    Nach dem Untersuchungsausschuss sei die Frage zu beantworten, «ob und gegebenenfalls wie wir unser Afghanistan-Mandat und dessen Rechtsgrundlagen rechtlich verändern müssen», zitierte der Onlinedienst Uhl. Anhand des Falles Kundus «werden die Juristen rauf und runter deklinieren, was Oberst Klein durfte - und was nicht». Uhl forderte eine Änderung des Grundgesetzes: «Wir müssten unsere Verfassung auf die Wirklichkeit asymmetrischer Bedrohungen hin umschreiben», räumte aber auch ein: «Allerdings haben wir dafür keine Mehrheit im Bundestag.» In Afghanistan herrsche weder Krieg noch Frieden, darauf gebe das Grundgesetz keine Antwort. «Solange wir dies nicht ändern, kann die Bundeswehr nicht der Bündnispartner in der NATO sein, der benötigt wird.» (Siehe hierzu: Union prüft Grundgesetzänderung für Bundeswehreinsätze. Kritik der Opposition und der Friedensbewegung.)
  • NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sieht den Kampf in Afghanistan in einer "neuen Phase" und erwartet durch die Aufstockung der ISAF-Truppen und das "intensivierte Engagement" entscheidende Fortschritte im Kampf gegen die Taliban. "Vielleicht haben wir in der Vergangenheit die Herausforderungen in Afghanistan unterschätzt", sagte Rasmussen laut am 18. Dez. veröffentlichten Auszügen im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". "Sie werden sehen, es geht jetzt bald vorwärts." Die NATO werde "nicht für alle Ewigkeit" in Afghanistan sein. "Aber wir bleiben so lange dort, bis unser Job erledigt ist", sagte der NATO-Chef.
  • Bei einem vermutlich von einer US-Drohne ausgeführten Angriff in Pakistan sind am 18. Dez. wieder drei "militante Islamisten" getötet worden. Es war der dritte derartige Angriff innerhalb von 24 Stunden in einer Region von Nord-Waziristan, die von einem Anführer der Islamisten beherrscht wird, der für Angriffe auf die internationalen Truppen in Afghanistan verantwortlich gemacht wird. Aus pakistanischen Geheimdienstkreisen verlautete, drei Raketen seien auf ein Haus in der Region Pai Khel abgefeuert worden.
  • Nach den tödlichen Schüssen auf einen Jugendlichen in Afghanistan im vergangenen Juli wird gegen sechs Bundeswehrsoldaten wegen Totschlags und versuchten Totschlags ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Potsdam bestätigte der Nachrichtenagentur DAPD am 18. Dez. eine «Spiegel»-Meldung, wonach Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Nach den von der Bundeswehr vorgelegten Unterlagen habe eine Straftat der Soldaten nicht ausgeschlossen werden können, sagte Staatsanwalt Helmut Lange.
    Die Soldaten sollen am 19. Juli in Afghanistan einen Jugendlichen getötet und zwei weitere Zivilisten schwer verletzt haben. Nach Bundeswehr-Angaben saß der zwischen 12 und 14 Jahre alte Junge in einem Kleintransporter, der sich nach Armee-Darstellung mit hoher Geschwindigkeit auf einen deutschen Kontrollpunkt zubewegte. Auf Warnschüsse reagierte der Fahrer angeblich nicht. Die Soldaten hätten daher in Notwehr auf das Fahrzeug geschossen, um es zum Stehen zu bringen, argumentierte die Bundeswehr.
    Schon Anfang November wurde das Verfahren an die für den deutschen Stationierungssitz der betroffenen Soldaten zuständige Staatsanwaltschaft Saarbrücken abgegeben. «Wir sind nur für Sofortmaßnahmen zuständig, weitere Ermittlungen führen dann die Behörden am dienstlichen Wohnsitz der Soldaten», sagte der Sprecher. In Potsdam sitzt das Einsatzführungskommando der Bundeswehr, von wo aus alle Auslandseinsätze gelenkt werden.
  • Drei Wochen nach der Entlassung von Bundeswehrgeneralinspekteur Wolfgang Schneiderhan im Zuge der Kundus-Affäre hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am 18. Dez. einen Nachfolger ernannt: Die Aufgabe übernimmt künftig der 55-jährige Generalleutnant Volker Wieker, der derzeit in Kabul Dienst leistet. Wieker ist seit Juli vergangenen Jahres Kommandeur des 1. Deutsch-Niederländischen Korps in Münster. Zur Zeit ist er als Chef des Stabs im Hauptquartier der Internationalen Afghanistan-Truppe (ISAF) in Kabul im Einsatz. Der Minister verwies auf die langjährige Erfahrung des Generals sowohl im Einsatz als auch im Ministerium. Wann genau Wieker sein Amt antritt, war noch unklar.
  • Durch einen Bombenanschlag auf eine Moschee und einen neuen US-Drohnenangriff sind am 18. Dez. in Pakistan mindestens 18 Menschen getötet worden. Bei dem Selbstmordattentat auf eine Moschee im Nordwesten Pakistans starben elf Menschen, wie die Polizei mitteilte. Durch den dritten Angriff mit einer Drohne binnen zwei Tagen kamen den Sicherheitskräften zufolge in Nord-Waziristan mindestens sieben Aufständische ums Leben.
    Nach Polizeiangaben rammte ein Selbstmordattentäter zur Zeit des Freitagsgebets das Außentor einer Moschee in der Nähe des Polizei-Hauptquartiers von Taimergara im Bezirk Lower Dir. Wie ein Arzt des örtlichen Krankenhauses berichtete, wurden nach dem Anschlag 29 Verletzte eingeliefert, von denen einige in Lebensgefahr schwebten. Fernsehbilder zeigten, wie eine riesige Rauchsäule über der kleinen Bergstadt emporstieg. Am Anschlagsort waren verkohlte Fahrzeuge zu sehen.
    Der Drohnenangriff im Stammesgebiet Nord-Waziristan an der afghanischen Grenze ereignete sich im Dattakhel-Gebiet nahe der wichtigsten Stadt der Region, Miranshah. Dort fanden auch die beiden anderen Drohnenangriffe statt, durch die Donnerstag mindestens 14 Aufständische getötet wurden. Pakistanischen Sicherheitskräften zufolge halten sich in dem Gebiet offenbar Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida oder der radikalislamischen Taliban auf, weshalb es immer wieder zum Ziel von Drohnenangriffen werde. Die US-Drohne vom 18. Dez. habe vier Geschosse abgefeuert, die ein Haus, einen Gebäudekomplex und einige Schuppen getroffen hätten, sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur AFP. Fünf Rebellen hätten verletzt überlebt.
  • Die SPD lehnt die von der NATO geforderte Erhöhung des deutschen Bundeswehrkontingents in Afghanistan strikt ab. "Für zusätzliche Kampftruppen über die bisherige Obergrenze hinaus wird es die Zustimmung der SPD nicht geben", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der "Bild am Sonntag" nach einem Vorbericht vom 19. Dez. Es gebe in Afghanistan "schon heute ein Ungleichgewicht zwischen Kampftruppen und zivilen Aufbauhelfern. Wir brauchen also eine Verstärkung des zivilen Aufbaus, nicht eine Verstärkung der Truppen." Der Vorsitzende der Sozialdemokraten lehnte zudem Forderungen nach einer härteren militärischen Gangart im Einsatz in Afghanistan ab. "Wer jetzt 'robustere Mandate für einen Kriegseinsatz' fordert, will den Schwerpunkt des Bundeswehreinsatzes verschieben hin zu größerer militärischer Gewalt und mehr Toten auf allen Seiten." Damit werde das "hart erarbeitete Vertrauen" und der gesamte Erfolg des bisherigen Bundeswehreinsatzes zerstört, warnte Gabriel.
  • Vier Monate nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat Staatschef Hamid Karsai am 19. Dez. dem Parlament sein neues Kabinett vorgestellt. Zu den 23 Nominierten, die das Parlament in Kabul um die Bestätigung ihrer Ernennung baten, zählen elf bereits amtierende Minister, darunter Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak, Innenminister Mohammed Hanif Atmar, Gesundheitsminister Sajed Mohammed Amin Fatimi und Bildungsminister Faruk Wardak. Ihr Ressort behalten soll auch die einzige Frau auf der Liste, Frauenministerin Husn Banu Ghasanfar. Zudem standen vier Politiker auf der Liste, die früher schon einmal Minister waren. Damit sind acht Nominierte neu im Kabinett. Den einflussreichen Posten des Energieministers soll nach Karsais Willen der Warlord Ismail Chan bekommen. Damit will der Präsident nach Einschätzung von Beobachtern Chan für die Unterstützung seiner Präsidentschaftskandidatur belohnen. Auf einer vorherigen Ministerliste, die der Nachrichtenagentur AFP vorlag, war als weiterer Warlord Gul Agha Schairsai aufgeführt. Er zählte jedoch nicht zu den Nominierten. Die Warlords Abdul Raschid Dostum und Mohammed Mohakik sollten nach Angaben aus westlichen Militärkreisen andere einflussreichen Posten erhalten.
    NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die Regierungsbildung in Afghanistan begrüßt. Er teile die Haltung Karsais, wonach das afghanische Volk eine "durch Integrität und Professionalität geprägte effektive Regierung" verdiene, erklärte Rasmussen in Brüssel. Zudem begrüße er das Bekenntnis des afghanischen Staatschefs zum Kampf gegen die Korruption. Die NATO und die von ihr geführte ISAF-Schutztruppe werde Afghanistan und seine neue Regierung weiter unterstützen.
  • Im Streit um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hat die neue SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine klare Aussage zum künftigen Konzept gefordert. Merkel müsse noch vor der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar den Bundestag über die Ziele und Grundsätze des Truppeneinsatzes informieren, sagte Nahles am 19. Dez. im Deutschlandradio Kultur. Die Bundesregierung müsse darüber aufklären, "wie sie die Lage dort überhaupt einschätzt" und wie sie im Verbund mit der NATO und den USA eine "Exit-Strategie" vorzubereiten gedenke.
  • Der größte Verteidigungshaushalt der Geschichte der Vereinigten Staaten ist beschlossene Sache. Der Senat in Washington gab dem 636-Milliarden-Dollar-Etat am 19. Dez. grünes Licht. Er gilt für das bereits vor drei Monaten angelaufene Haushaltsjahr. Um den Haushalt in Kraft zu setzen, fehlt jetzt nur noch die Unterschrift von US-Präsident Barack Obama. Der Etat sieht Ausgaben von 128,3 Milliarden Dollar für die Kriege im Irak und in Afghanistan vor. Die US-Regierung hat bereits signalisiert, dass sie schätzungsweise weitere 30 Milliarden Dollar benötigen wird, nachdem Obama kürzlich die Entsendung von 30 000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan beschlossen hat. Diese Summe wird nach Angaben der Wirtschaftsagentur Bloomberg vermutlich im Frühjahr im Kongress nachträglich beantragt. Das Haushaltsjahr beginnt in den USA jeweils am 1. Oktober.
  • Bei einem Bombenanschlag in Afghanistan ist ein weiterer britischer Soldat getötet worden. Er war in der Provinz Helmand auf Patrouille, als der Sprengsatz explodierte, wie das Verteidigungsministerium in London am 19. Dez. mitteilte. Der Einsatz in Afghanistan hat damit seit Jahresbeginn 103 britische Soldaten das Leben gekostet.
  • Bei einem Gefecht mit Taliban-Kämpfern in der zentralen Provinz Ghasni kam am 19. Dez. ein polnischer Soldat ums Leben. Damit wurden seit Beginn der Afghanistan-Mission insgesamt 16 Polen am Hindukusch getötet. Polen will seine dortigen Truppen von rund 2.000 Soldaten im kommenden März um weitere 600 aufstocken.
  • Zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan will Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) unter Umständen auch mit den Taliban sprechen. "Nicht jeder Aufständische bedroht gleich die westliche Gemeinschaft", sagte Guttenberg der "Welt am Sonntag" auf die Frage, ob Gesprächskanäle auch zu Talibangruppen errichtet werden müssten. Er sei dafür, "zu Volksgruppen und Stämmen" offene Kommunikationskanäle zu halten, "solange man sich dadurch nicht selbst eine Falle stellt", wurde am 19. Dez. vorab berichtet.
  • Die Bundesregierung wird nach Einschätzung von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier auf der Afghanistan-Konferenz unter Druck geraten, mehr deutsche Soldaten an den Hindukusch zu schicken. «Wer ohne eigene Linie verhandelt, wird später zu den Getriebenen gehören», sagte der frühere Außenminister in einem am 20. Dez. veröffentlichten Interview mit der Wochenzeitung «Das Parlament». Die internationale Afghanistan-Konferenz findet Ende Januar in London statt.
    Steinmeier kritisierte, dass die Regierung nicht eine offenere Diskussion über ihre Afghanistan-Politik mit dem Bundestag geführt habe: «Sie ist der Frage ausgewichen, mit welcher Strategie Deutschland zur Afghanistan-Konferenz fahren soll», sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag.
    Kritisch äußerte sich Steinmeier zu dem tödlichen Luftangriff auf zwei Tanklastzüge bei Kundus: «Weder unser Mandat noch die internationalen Einsatzregeln erlauben, den Tod unzähliger Zivilisten in Kauf zu nehmen», sagte er. Im dazu eingesetzten Untersuchungsausschusses werde es daher nicht nur um die Frage gehen, ob Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg dem Parlament die Wahrheit gesagt habe. Vielmehr müsse auch aufgeklärt werden, «welche Lageeinschätzung zu diesem Einsatz mit so verheerenden Folgen geführt und wer das gesteuert hat».
  • Bei Kämpfen in Afghanistan sind 21 Aufständische getötet worden. In der nördlichen Provinz Kundus, in der auch die Bundeswehr stationiert ist, töteten die afghanischen Streitkräfte am 20. Dez. sieben Militante, wie das Verteidigungsministerium am 21. Dez. in Kabul mitteilte. Ebenfalls am 20. Dez. griffen NATO-Truppen und die afghanischen Streitkräfte in der südlichen Provinz Helmand eine Stellung Aufständischer an. Dabei wurden acht mutmaßliche Kämpfer der Taliban getötet. Bei einem Einsatz in der östlichen Provinz Ghasni wurden den Angaben zufolge weitere sechs Aufständische getötet. Das Ministerium machte keine Angaben zu Verletzten oder Toten auf Seiten der Streitkräfte oder der NATO-Truppen.
Montag, 21. Dezember, bis Sonntag, 27. Dezember
  • Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat die Bildung einer Sonderstaatsanwaltschaft für die Auslandseinsätze der Bundeswehr gefordert. Der FDP-Politiker sagte der «Saarbrücker Zeitung» (Ausgabe vom 21. Dez.) zufolge: «Wir haben das im Koalitionsvertrag vereinbart und sollten das jetzt sehr schnell umsetzen.» Damit werde die Rechtssicherheit für die Soldaten erhöht.
    Zu Forderungen der USA, das Bundeswehrkontingent in Afghanistan weiter zu erhöhen, äußerte sich Westerwelle skeptisch. Er verwies darauf, dass die Obergrenze gerade erst von 3.500 auf 4.500 Soldaten angehoben wurde. Militär könne den zivilen Aufbau nicht ersetzen. «Wenn die Afghanistan-Konferenz Ende Januar eine reine Truppenstellerkonferenz werden würde, bräuchte man nicht hinzufahren», sagte Westerwelle. Es müsse dort vielmehr um einen «breiten politischen Ansatz» gehen. Deutschland sei bereit, beim zivilen Aufbau, insbesondere bei der Ausbildung der Polizei mehr zu tun.
  • In Großbritannien haben Familien von in Afghanistan getöteten Soldaten fast 30.000 Unterschriften gegen den Einsatz ihrer Armee am Hindukusch gesammelt. "Dieser Krieg wurde unter falschen Vorwänden und mit ungenügender finanzieller und materieller Ausstattung begonnen", sagte der Vater eines in Afghanistan getöteten Soldaten am 21. Dez. bei der Übergabe einer Petition am Regierungssitz von Premierminister Gordon Brown. "Dieser Krieg ist eine Farce. Er ist unmoralisch und ungerecht", fügte ein anderer Angehöriger hinzu.
  • Aufständische mit Sprengstoffwesten haben am 21. Dez. ein Gebäude in der Hauptstadt der ostafghanischen Provinz Paktia gestürmt. Das Gebäude befinde sich in der Nähe des Hauptquartiers der Polizei von Gardes, sagte der Sprecher des afghanischen Innenministeriums, Semarai Baschari. Die Angreifer hätten das Feuer auf Sicherheitskräfte eröffnet, die das Gebäude umstellten. Die Kämpfe seien noch im Gange, führte Baschari aus.
  • In der Kundus-Affäre um den verheerenden Beschuss von zwei Tanklastern in Afghanistan wird nun auch die Rolle des früheren Außenministers Frank-Walter Steinmeier beleuchtet. Wie nach dem ARD-«Bericht aus Berlin» (21. Dez.) nun auch das Magazin «Stern» berichtet, war bereits kurz nach dem Luftangriff ein Vertreter des Auswärtigen Amtes (AA) über den Tod von Zivilisten informiert. An der Spitze des AA stand damals noch Steinmeier, nach der für die SPD verlorenen Bundestagswahl nun Fraktionschef im Bundestag.
    Nach «Stern»-Informationen nahm der AA-Vertreter in Kundus, Burkhard Ducoffre, als ziviler Leiter des Wiederaufbauteams der Bundeswehr am 4. und 5. September an Gesprächen teil, bei denen Soldaten, Militärpolizisten und Vertreter afghanischer Behörden über tote Zivilisten referierten. Wie das Magazin unter Berufung auf vertrauliche Protokolle berichtet, meldete ein belgischer Stabsfeldwebel, der am Mittag des 4. September mit einem NATO-Team in einer Ortschaft nahe dem Bombardement die Bevölkerung befragt hatte, es seien «14 Zivilpersonen getötet und 4 Zivilpersonen verwundet worden».
    Der damalige Außenminister Steinmeier sprach in den ersten Tagen nach dem verheerenden Luftangriff lediglich von «möglicherweise unschuldigen Opfern». Ende November forderte der SPD-Politiker, inzwischen Oppositionsführer im Bundestag, als einer der ersten einen Untersuchungsausschuss, um «unverzügliche Klarheit über die Hintergründe» der Informationspannen beim Luftangriff zu erhalten.
  • Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, hat sich dafür ausgesprochen, zur Befriedung der Lage in Afghanistan mit den Taliban zu reden. Militärisch werde man sie zwar zurückdrängen, aber nicht besiegen, sagte er der "Stuttgarter Zeitung" (Ausgabe vom 22. Dez.). Dem Gedanken einer Aufstockung der Truppen für den Einsatz am Hindukusch steht Arnold skeptisch gegenüber. Wichtiger sei die Hilfe für den Aufbau der afghanischen Armee und Polizei. Neue Kontingente für den Süden des Landes seien mit der SPD nicht zu machen. "Wir sollten bei unserer Verantwortung für den Norden des Landes bleiben", fügte Arnold hinzu.
  • Der für Außenpolitik zuständige Unions-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) wirft der SPD vor, mit dem Streit um den Luftangriff bei Kundus weitergehende Ziele zu verfolgen. Die SPD suche willentlich nach Gründen, um nach der Afghanistankonferenz Ende Januar ein neues Mandat für die Bundeswehr nicht mehr mittragen zu müssen, sagte er dem «Handelsblatt» (Ausgabe vom 22. Dez.). «Die Versuchung, vor der NRW-Wahl aus dem Afghanistan-Einsatz auszusteigen, ist für die SPD sehr groß. Wenn sie sich so verhält, verabschiedet sie sich auf Jahre von der Regierungsfähigkeit», sagte Schockenhoff.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Presseclub in der pakistanischen Stadt Peshawar sind am 22. Dez. mindestens drei Menschen getötet worden. Es war der bislang letzte in einer ganzen Serie von Anschlägen in Peshawar. Sie gelten als Reaktion der radikalen Islamisten auf die Offensive der pakistanischen Streitkräfte gegen die Taliban in der Stammesregion Süd-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan.
  • Der Anwalt der Opfer des tödlichen Luftangriffs bei Kundus will die Hinterbliebenen nicht in bar, sondern in Form von Projekthilfe entschädigen. Besonders Witwen und Waisenkinder sollen so langfristig abgesichert werden, sagte der Bremer Jurist Karim Popal der Nachrichtenagentur DAPD am 22. Dez. Die Entschädigung solle angemessen sein, sagte er. Einen Betrag wollte er nicht nennen.
    «Ich bin nicht daran interessiert, dass man ihnen Geld in die Hand drückt und sagt: Das war's», sagte Popal, der nach eigenen Angaben die Hinterbliebenen der zivilen Opfer vertritt. Darunter sind ihm zufolge 91 Witwen und 163 Waisen.
    Witwen seien in Afghanistan vielen Menschrechtsverletzungen ausgesetzt und dürften sich nicht frei bewegen. Es sei zu befürchten, dass sie Bargeld nicht behalten dürften. Mit der Entschädigungssumme sollten lieber Projekte finanziert werden, in denen sie arbeiten und ihren Lebensunterhalt langfristig sichern können.
    Nach der Rückkehr von einer Reise nach Afghanistan berichtete Popal von neuen Informationen zu dem Luftschlag aus dem Land. Hohe Regierungsbeamte hätten ihm gesagt, der Gouverneur von Kundus, Mohammed Omar, oder seine Mitarbeiter seien in der Nacht des Luftschlags geraume Zeit mit dem Wiederaufbauteam von Oberst Georg Klein in Kontakt gewesen. Nach Popals Recherchen sollen 137 zivile Opfer gestorben, 20 verletzt und 22 weitere verschollen sein.
  • Die auch von der Bundesregierung immer stärker ins Spiel gebrachten Gespräche mit gemäßigten Taliban als Ausweg aus dem Afghanistan-Konflikt sind an konkrete Voraussetzungen geknüpft. "Dazu gehört die Anerkennung der Verfassung und der Gewaltverzicht", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am 22. Dez. in Berlin. Er verwies darauf, dass die neue afghanische Regierung die Versöhnung und die Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer als eine ihrer Prioritäten genannt habe. Die internationale Gemeinschaft sei bereit, diesen Ansatz zu unterstützen, sagte Wilhelm.
  • Vor dem Ende des gewaltsamsten Jahres seit dem Sturz des Taliban-Regimes in Afghanistan hat Präsident Hamid Karsai die radikal-islamischen Aufständischen erneut zu Friedensverhandlungen aufgefordert. «Wenn die Taliban unsere Aufrufe zum Frieden Millionen Mal ablehnen, werden wir sie Millionen Mal öfter wiederholen», sagte Karsai bei einem Besuch von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am 22. Dez. in Kabul. «Wenn sie (die Taliban) wollen, dass die ausländischen Truppen Afghanistan früher verlassen, dann sollten sie kommen, verhandeln und Frieden bringen.» Die Taliban haben alle früheren Verhandlungsangebote abgelehnt und machen einen Abzug der ausländischen Truppen zur Vorbedingung für Gespräche.
    Rasmussen sagte angesichts der geplanten massiven Truppenverstärkung im kommenden Jahr: «Die Mission geht nun in eine neue Phase, eine Phase, die dem afghanischen Volk mehr Sicherheit und mehr Entwicklung bringen wird.» Zusätzlich zu den derzeit rund 110 000 ausländischen Soldaten in Afghanistan haben die USA die Entsendung von 30 000 Soldaten angekündigt. Andere NATO-Staaten wollen 7000 weitere Soldaten zur Verstärkung der Internationalen Schutztruppe ISAF schicken. «Die ISAF-Mission wird viel größer sein», sagte Rasmussen. «Wir werden uns mehr darauf konzentrieren, die Bevölkerung zu schützen, die Straßen zu schützen und Entwicklungsprojekte zu schützen.»
    Rasmussen betonte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Karsai, die NATO werde Afghanistan nicht «zu früh» verlassen. «Die Internationale Gemeinschaft wird an Ihrer Seite stehen, wird Sie schützen und dabei helfen, das Land wiederaufzubauen, bis Sie auf ihren eigenen Füßen stehen können.» Die Übergabe von Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte werde sich an der Lage und nicht am Kalender orientieren. «Wir bezahlen wie auch das afghanische Volk und die afghanischen Sicherheitskräfte einen hohen Preis», sagte Rasmussen. «Aber wir wissen, dass der Preis bei einem verfrühten Abzug weitaus höher wäre.»
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) lässt angesichts der Informationspannen in der Kundus-Affäre nach einem möglichen Leck in seinem Ministerium suchen. Ein Sprecher des Hauses sagte der Nachrichtenagentur DAPD am 22. Dez., es sei «geboten, Nachforschungen anzustellen, wenn unter Geheimschutz stehende Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen». Immerhin handele es sich um «Dienstvergehen und Straftaten». Nach Informationen von «Spiegel Online» verschickte Staatssekretär Rüdiger Wolf Briefe an rund zwei Dutzend Spitzenbeamte im Ministerium, in der Bundeswehr und im Einsatzführungskommando in Potsdam. Darin habe Wolf die Beamten unmissverständlich aufgefordert, sogenannte dienstliche Erklärungen abzugeben, dass sie den geheimen Feldjägerbericht über den verheerenden Luftangriff bei Kundus, bei dem in der Nacht zum 4. September bis zu 142 Menschen getötet worden waren, nicht an die «Bild»-Zeitung weitergegeben haben.
  • In Afghanistan ist ein weiterer britischer Soldat ums Leben gekommen. Er wurde bei Kämpfen in der südlichen Unruheprovinz Helmand möglicherweise von seinen eigenen Kameraden versehentlich getötet, wie das Verteidigungsministerium in London am 22. Dez. mitteilte. Der Vorfall werde noch untersucht.
  • Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat sich für eine Aufstockung der deutschen Polizei- und Militärausbilder in Afghanistan ausgesprochen. "Ich glaube, dass es notwendig ist, sowohl die Ausbildung der Polizei als auch die Ausbildung der militärischen Polizei - also der Feldjäger - verstärkt voranzutreiben", sagte Beck der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 23. Dez.).
  • SPD-Chef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier dringen auf einen Abzugsplan für die Bundeswehr in Afghanistan. "Für uns steht fest, dass die Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan zeitlich begrenzt sein muss. Deshalb haben wir bereits im Sommer einen Plan entwickelt, der den schrittweisen Abzug der internationalen ISAF-Truppen zum Ziel hat", heißt es nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung vom 23. Dez. in einem gemeinsamen Brief der SPD-Spitzenpolitiker an die in Afghanistan stationierten deutschen Soldaten. Beide sprechen darin auch den Soldaten "Dank, Respekt und Anerkennung" aus.
  • Ein ranghoher Taliban-Kommandeur hat nach eigenen Angaben tausende Kämpfer ins benachbarte Afghanistan geschickt, wo sie die ankommenden US-Truppen zurückschlagen sollen. Waliur Rehman sagte der Nachrichtenagentur AP in einem Exklusivinterviewam 23. Dez., seine Kämpfer würden sich weiterhin der pakistanischen Armeeoffensive in Süd-Waziristan entgegenstemmen, dabei aber stärker auf Guerilla-Taktiken zurückgreifen.
    «Da (US-Präsident Barack) Obama außerdem zusätzliche Truppen nach Afghanistan entsendet, schicken wir Tausende unserer Männer dorthin, um gegen die amerikanischen und NATO-Truppen zu kämpfen», sagte Rehman, der Stellvertreter des pakistanischen Taliban-Chefs Hakimullah Mehsud ist und die Kampfgruppen in Süd-Waziristan befehligt.
    US-Oberst Wayne Shanks, Sprecher der amerikanischen Afghanistan-Truppen, bezeichnete die Taliban-Ankündigung als reine Rhetorik. «Wir haben keine bedeutende Bewegung von Aufständischen in der Grenzregion festgestellt», erklärte er.
  • In der Nacht zum 23. Dez. wurde der afghanische Abgeordnete Mohammad Junos Schirnagha irrtümlich von Polizisten getötet. Sein Fahrzeug geriet in der nördlichen Provinz Baghlan in einen Schusswechsel zwischen Aufständischen und der Polizei. Sein Fahrer stoppte den Wagen nicht, zwischen den Polizisten und Schirnaghas Leibwächtern entwickelte sich ein Feuergefecht, in dessen Verlauf der Abgeordnete und sein Chauffeur getötet wurden, wie Innenministerium und Polizei mitteilten.
  • Ein Zweig der Familie von El-Kaida-Chef Osama bin Laden lebt einem Zeitungsbericht zufolge im Iran. Wie die saudiarabische Zeitung "Aschark el Ausat" am 23. Dez. berichtet, wurde das Blatt von einem der Bin-Laden-Söhne, Omar, kontaktiert, der kürzlich herausfand, dass seine Schwiegermutter Um Hamsa, eine seiner Schwestern und fünf seiner Halbbrüder sich im Iran aufhalten. Dort lebten sie unter ständiger Überwachung. Allerdings sei es Omar bin Ladens 17-jähriger Schwester Iman gelungen, den iranischen Wächtern zu entwischen und sich in die saudiarabische Botschaft in Teheran zu flüchten. Dort habe sie telefonisch den in Saudi-Arabien lebenden Halbbruder Abdallah kontaktieren können, berichtet das Blatt.
    Der saudiarabische Geschäftsträger in Teheran, Fuad Kassas, bestätigte der Zeitung, dass Iman sich in der Botschaft aufhalte. Es sei die Pflicht der Botschaft gewesen, sie aufzunehmen, da sie aus Saudi-Arabien stamme. Der 29-jährige Omar bin Laden, der mit seiner britischen Frau in Katar lebt, erläuterte, außer Um Hamsa und Iman hielten sich auch seine fünf Halbgeschwister Saad, Otman, Fatima, Hamsa und Bakr im Iran auf, hinzu kämen elf Enkel Osama bin Ladens. Omar bin Laden sagte der Zeitung, die übrigen Mitglieder des Bin-Laden-Clans hätten bis vor kurzem keine Ahnung gehabt, dass sich Angehörige im Iran aufhielten.
  • Die Innenrevision des US-Außenministeriums hat den zwei Milliarden Dollar teuren Anti-Drogen-Einsatz in Afghanistan gerügt. Das vom State Department aufgelegte Programm werde schlecht kontrolliert, sei mit zu wenig Personal ausgestattet und leide unter massiver Korruption afghanischer Mitarbeiter, erklärte die Abteilung in einer am 23. Dez. veröffentlichten Erklärung. Die US-Botschaften in Afghanistan und Pakistan arbeiteten zudem nicht ausreichend zusammen.
    In dem 69-seitigen Bericht wird dem Außenministerium empfohlen, klare Richtlinien für die Messung von Erfolgen zu erlassen, mehr Personal einzusetzen und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden zu intensivieren. Afghanistan ist der größte Opiumproduzent der Welt. Extremisten finanzieren mit den Einnahmen aus dem Rauschgiftschmuggel ihren Kampf gegen die ausländischen Truppen in Afghanistan.
  • Die SPD beharrt auf einer Befristung des Afghanistan-Einsatzes. SPD-Chef Sigmar Gabriel und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier verwiesen in einem am 23. Dez. veröffentlichten Brief an die Soldaten am Hindukusch darauf, dass ihre Partei bereits im Sommer einen Plan für einen schrittweisen Abzug der internationalen Truppen entwickelt habe. Einen konkreten Abzugstermin nannten sie aber nicht.
    In dem Brief würdigten Gabriel und Steinmeier den «wichtigen, oft genug lebensgefährlichen Dienst» der Soldaten «unter schwierigsten Bedingungen fernab der Heimat». Neben den Soldaten dankten sie auch den zivilen Aufbauhelfern für ihr Engagement. «Wir werden vor allem diejenigen nicht vergessen, die ihr Leben in dem von uns mit beschlossenen Einsatz und im Rahmen ihrer Aufbauarbeit in Afghanistan verloren haben.»
    Die Vorsitzenden von Partei und Fraktion betonten angesichts der Diskussion über eine mögliche Truppenaufstockung: «Die Sozialdemokraten werden darauf drängen, dass die dafür notwendigen politischen Entscheidungen in Deutschland offen und transparent beraten werden, um sie in die Londoner Afghanistan-Konferenz Ende Januar 2010 einbringen zu können.» Die Soldaten hätten einen Anspruch auf eine klare und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlage, schrieben Gabriel und Steinmeier.
  • Bei einem Bombenanschlag in Südafghanistan ist am 23. Dez. ein kanadischer Soldat der ISAF-Mission getötet worden. Er kam bei der Explosion eines selbst gebauten Sprengsatzes ums Leben, wie die Streitkräfte am 24. Dez. mitteilten.
  • In der Provinz Paktika wurden am 24. dez. zwei afghanische Zivilpersonen bei einem Bombenanschlag in den Tod gerissen.
  • Die EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann fordert einen möglichst raschen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Der Krieg in Afghanistan sei "auch nach den weitesten Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland so nicht zu rechtfertigen", sagte Käßmann der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 24. Dez.). Die deutschen Soldaten sollten deshalb "möglichst bald" abgezogen werden. Einen Abzug der Militärseelsorger als Zeichen der Kirche lehnte sie jedoch ab. Mit den Seelsorgern werde kein "Krieg abgesegnet", sondern es würden Menschen begleitet. Es sei aber "zum Verzweifeln", dass in der Afghanistan-Auseinandersetzung "wieder einmal das Militärische den Vorrang" bekommen habe vor allen anderen Mitteln, meinte Käßmann. So müsste beispielsweise der Waffen- und Drogenhandel, der den Terror finanziere, unterbrochen werden. Auch mit den Taliban müsse man Gespräche wagen.
    In einem Beitrag für die "Neue Presse" in Hannover schreibt Käßmann, dass Frieden - also die zentrale Weihnachtsbotschaft - noch immer nicht überall Realität ist, dass es allein seit Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als 230 Kriege gegeben habe und immer noch Kriege stattfänden. "Was in Afghanistan passiert, können wir nicht beschönigen, dort herrscht Krieg", dort gebe es "Unrecht und Gewalt". Sie hätte sich gewünscht, "den zivilen Möglichkeiten absoluten Vorrang beim Aufbau von Frieden zu geben". Die EKD-Vorsitzende: "Krieg und Gewalt dürfen niemals Normalität werden."

    Zitate aus dem Interview mit Margot Käßmann:

    "Jahrelang wurde verdrängt, was tatsächlich in Afghanistan geschieht. Da wurde gesagt, dass deutsche Soldaten in erster Linie beim Aufbau helfen. Doch jetzt kommt uns endlich zu Bewusstsein, dass es auch Tote gibt, wenn deutsche Soldaten zu Auseinandersetzungen ins Ausland gehen -- und dass im Krieg auch immer Zivilisten zu Opfern werden."

    "Wir brauchen eine klare Exit-Strategie."
    "Möglichst bald sollten die deutschen Soldaten aus Afghanistan abgezogen werden. Allerdings kann der Rückzug nicht völlig überhastet stattfinden, weil man jetzt über die akut eingetretene Situation in Kundus erschrocken ist, sondern es muss über eine ruhige und geordnete Form des Rückzugs nachgedacht werden. Reden müssen wir aber auch über die Frage, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass Deutschland nach den USA und Großbritannien die drittstärkste externe Militärmacht ist im Rahmen der Eingreiftruppe Isaf."

    "Was ist das eigentliche Ziel des deutschen Einsatzes in Afghanistan? Das bleibt doch die entscheidende Frage. Unser Eindruck ist, dass der Vorrang für zivile Konfliktbewältigung, die wir als Kirchen immer wieder eingefordert haben, letztendlich nicht umgesetzt wird. Es ist wieder einmal das Militärische, das den Vorrang bekommt -- das ist doch zum Verzweifeln."

    "Friedenssicherung ohne Waffen, etwa durch Mediation, durch Unterbrechen der Finanzströme durch eine Beendigung des Waffen- und Drogenhandels, der den Terror finanziert. Mir geht es darum, dass wir endlich auch Wege debattieren und finanzieren, wie Frieden ohne Waffen geschaffen werden kann."

    "Natürlich ist es leicht zu sagen, mit einem Talibankämpfer kann man nicht verhandeln, und dann alle weiteren Versuche einfach zu unterlassen. Aber die Geschichte bisheriger Afghanistan-Interventionen zeigt, dass dieses Land allein mit Waffen auch nicht zu "befrieden" ist. Sie können Terror letztlich nicht mit Waffen besiegen, aber Sie können Finanzierungsquellen unterbinden und Gespräche wagen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung für einen friedlichen Neuanfang können Sie ohnehin nur mit friedlichen Mitteln herstellen."

    "Mir ist wichtig, dass die Pastorinnen und Pastoren, die Auslandseinsätze begleiten, Seelsorger für die Soldaten sind. Das heißt: Hier wird kein Krieg abgesegnet, sondern es werden Menschen begleitet. Das haben wir auch mit den Militärseelsorgern so besprochen. Ich gehöre zu denen, die große Mühe haben zu akzeptieren, dass deutsche Soldaten außerhalb des Landes, der Nato, eingesetzt werden. Aber ich stehe dazu, dass unsere evangelische Kirche sagt, wir begleiten die Menschen und lassen sie auch dort nicht allein."


    Quelle: Auszüge aus einem Interview mit der EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann in der Hannoverschen Allgemeinen vom 24. Dezember 2009.

    Auszug aus einem Gastbeitrag von Margot Käßmann in der "Neuen Presse" Hannover:

    Der weihnachtliche Weg, Frieden zu schaffen, hat immer die Verwundbarkeit als Grundlage. Das hätte für Afghanistan ganz konkret bedeutet, den zivilen Möglichkeiten absoluten Vorrang beim Aufbau von Frieden zu geben. Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein, haben die Kirchen 1948 weltweit erklärt. Daran will ich festhalten. Krieg und Gewalt dürfen niemals Normalität werden. Da lasse ich mich lieber als naiv belächeln. Naiv ist doch auch der Gedanke, dass Gott sich der Gewalt beugt und am Kreuz stirbt. Kaum ein Bild in der Weltgeschichte aber hat nachhaltiger gewirkt als dieser verletzbare, sterbende Mann am Kreuz. Weil wir glauben, dass er zeigt: die Verletzbarkeit, das Leiden, der Tod, sie haben nicht das letzte Wort, deshalb wird die Geburtsgeschichte des Jesus von Nazareth so interessant.
    Mir macht diese alte Geschichte, die der Evangelist Lukas von der Geburt in Bethlehem erzählt, immer wieder Mut, gegen die scheinbare Logik der Gewalt anzutreten. Das bedeutet, im Kleinen -- in der Familie, unter Kollegen und Freunden, im Alltag -- auf Gewalt jeder Art zu verzichten. Und da geht es auch um verbale Gewalt, Erniedrigung, Mobbing. Und es bedeutet, die Kriege dieser Welt anzuprangern. Auch die Tatsache, dass Deutschland auf den unwürdigen dritten Platz der Rüstungsexporteure dieser Welt aufgerückt ist.
    Das Kind in der Krippe, der Sohn Gottes, wird später in der Bergpredigt sagen: "Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen" und "Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen". Da schreibt er fort, was die Engel sagen: Friede auf Erden.


    Aus: "Machen wir es wie Gott!" - Essay von Margot Käßmann. In: Neue Presse Hannover, 24. Dezember 2009



  • Angesichts des Amoklaufs von Winnenden und des Münchner S-Bahn-Mords hat Bundespräsident Horst Köhler zum Jahresausklang eine "Kultur der Achtsamkeit" angemahnt. In seiner Weihnachtsansprache am 24. Dezember ging er dabei auch auf Afghanistan ein:
    "Da denke ich auch an unsere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan. Machen wir uns klar, was ihr Dienst bedeutet? Meine guten Wünsche sind bei ihnen und auch bei den Landsleuten, die sich fern der Heimat im Dienst der Polizei oder der Hilfsorganisationen für Sicherheit und friedlichen Aufbau einsetzen. Ihnen allen sende ich einen herzlichen Weihnachtsgruß."
  • Ein Selbstmordattentäter hat am 24. Dez. in einem belebten Geschäftsviertel in der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar mindestens vier Menschen mit in den Tod gerissen. Mindestens 20 weitere Menschen seien bei der Explosion auf der wichtigsten Straße der Provinzhauptstadt verletzt worden, sagte Peshawars Polizeichef Liaquat Ali Khan. Der Attentäter habe rund sieben Kilo Sprengstoff an seinem Körper versteckt und gezündet, als ein Polizist ihn durchsuchen wollte. Der Polizist und zwei Zivilisten seien am Anschlagsort getötet worden, ein dritter Zivilist sei im Krankenhaus an seinen Verletzungen gestorben. Nach Krankenhausangaben schweben mehrere der Verletzten in Lebensgefahr.
  • In der südafghanischen Stadt Kandahar sind durch einen Selbstmordanschlag mindestens acht Menschen getötet und fünf weitere verletzt worden. Der Attentäter sprengte sich nach Angaben der Polizei am 24. Dez. vor dem regionalen Gesundheitsministerium in die Luft. Demnach befindet sich in der Nähe auch ein Gästehaus, das immer wieder von Ausländern benutzt wird. Durch die Wucht der Detonation wurden die Fenster der umliegenden Gebäude beschädigt.
  • Die radikalislamischen Taliban haben ein neues Video in Umlauf gebracht, das nach ihren Angaben einen im Sommer in Afghanistan verschleppten US-Soldaten zeigt. Ein Talibansprecher ließ der Nachrichtenagentur AFP am 25. Dez. einen Link zu dem im Internet veröffentlichten Video zukommen. Wann das Video aufgenommen wurde, ist unklar. Im Juli hatten die Taliban bereits einmal ein Video mit dem 23-Jährigen verbreitet. Damals hatte die US-Armee bestätigt, dass es sich bei dem gezeigten Mann um den entführten Soldaten handle. - Der US-Soldat, der im Osten Afghanistans stationiert war, gilt seit Ende Juni als vermisst. Er ist der erste US-Soldat, der seit dem Einmarsch der US-Truppen in Afghanistan 2001 verschleppt wurde. Die Taliban haben mit seiner Ermordung gedroht.
  • Königin Elizabeth II. hat in ihrer Weihnachtsansprache den britischen Truppen in Afghanistan für deren Einsatz gedankt und an die dort getöteten Soldaten erinnert. Für die britischen Streitkräfte war 2009 mit mehr als 100 getöteten Soldaten das blutigste Jahr seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes vor acht Jahren. Die steigende Zahl von Todesopfern in jüngster Zeit hat in Großbritannien heftige Kritik an dem Einsatz ausgelöst. «Ich bin sicher, dass wir alle über die Ereignisse in Afghanistan betroffen sind und betrübt sind über die Verluste, die unsere Truppen dort erleiden», sagte die 83-jährige britische Monarchin in der am 25. Dez. gesendeten Weihnachtsansprache.
  • Drei Jahrzehnte nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan hat die russische Staatsduma am 25. Dez. den damaligen Militäreinsatz gerechtfertigt. Trotz unterschiedlicher Beurteilung des Krieges «darf das russische Volk nicht den Respekt vor den Soldaten verlieren, die ehrenhaft ihre Pflicht im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und religiösen Extremismus erfüllt haben», hieß es in einer von den Abgeordneten verabschiedeten Erklärung.
    Der Abgeordnete Semjon Bagdasarow, der die Entschließung in der Staatsduma eingebracht hat, lehnte aber zugleich Forderungen des Westens nach einer stärkeren Unterstützung des jetzigen US-geführten Militäreinsatzes in Afghanistan ab. Er sprach sich für Kontakte Russlands mit den Taliban aus. «Wir müssen Kontakte zu den antiwestlichen Kräften für den Fall ausbauen, dass diese wieder an die Macht kommen, sagte Bagdasarow.
    Der Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan begann am 25. Dezember 1979 unter dem damaligen Kreml-Chef Leonid Breschnew. Der letzte Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, zog die Truppen im Februar 1989 ab. Die Sowjetunion verlor rund 15.000 Mann in dem Krieg gegen die islamischen Mudschahedin, die - mit Geld und Waffen unterstützt von den USA - gegen das Regime von Präsident Mohammed Nadschibullah anrannten. Nachdem Moskau nach dem Zerfall der Sowjetunion Nadschibullah die Unterstützung entzog, wurde das Regime im April 1992 gestürzt.
  • Im Süden Afghanistans ist ein US-Soldat durch eine Bombenexplosion getötet worden. Der Soldat sei am 25. Dez. durch einen am Straßenrand versteckten Sprengsatz ums Leben gekommen, teilte die NATO-Truppe ISAF am 26. Dez. mit. Genauere Angaben zum Ort des Anschlags wurden nicht gemacht. Nach einer Zählung der Internetseite Icasualties.org wurden seit Jahresbeginn 505 ausländische Soldaten in Afghanistan getötet.
  • Kurz nach dem umstrittenen Luftangriff auf zwei Tanklaster in Nordafghanistan hat der verantwortliche deutsche Oberst Georg Klein seinen Angriffsbefehl offenbar vehement verteidigt. In einer ersten ausführlichen Stellungnahme am Tag nach dem Luftangriff Anfang September habe sich Klein gerechtfertigt, er habe "lange um die Entscheidung zum Einsatz gerungen, um Kollateralschäden und zivile Opfer nach bestem Wissen und Gewissen auszuschließen", berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am 26. Dez. vorab aus seiner neuen Ausgabe. Diese Stellungnahme vom 5. September 2009 sei bislang nur in Teilen bekannt.
  • In der Diskussion über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr rückt die künftige Strategie Deutschlands zunehmend in den Mittelpunkt. Die SPD will ihre Mitglieder an der Entscheidung über ihre künftige Afghanistan-Politik beteiligen, wie "Der Spiegel" am 26. Dez. berichtet. Nach einer Debatte des SPD-Parteivorstands mit Altkanzler Helmut Schmidt am 25. Januar solle ein Beschlussvorschlag an die Partei gehen, berichtete der "Spiegel". Die Mitglieder sollten dann im Februar Zeit haben, über die Vorlage zu diskutieren. Auf Grundlage der Rückmeldungen wolle die Parteispitze dann die SPD-Position zum weiteren Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan beschließen.
    Parteichef Sigmar Gabriel und der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier haben bereits erklärt, die SPD werde einer Entsendung zusätzlicher Kampftruppen der Bundeswehr nach Afghanistan nicht zustimmen. Unterstützung für diese Linie gibt es von Vorstandsmitglied Niels Annen, der im "Spiegel" jedoch davor warnte, sich völlig von der SPD-Politik der vergangenen Jahre zu verabschieden: "Es wäre problematisch, wenn wir jetzt die Haltung einnehmen würden, einfach zu gehen, weil wir uns das alles anders vorgestellt hatten."
  • Bei einem Luftangriff in Nord-Waziristan sind nach pakistanischen Geheimdienstangaben drei Menschen getötet worden. Die Attacke vom 26. Dez. wurde den Gewährsleuten zufolge höchstwahrscheinlich von einer amerikanischen Drohne ausgeführt. Neben den drei Toten gab es zwei Verletzte. Die USA haben in diesem Jahr schon Dutzende Raketenangriffe im Nordwesten Pakistans durchgeführt.
  • Bei einem Bombenanschlag in Nordwestpakistan sind am 27. Dez. ein Regierungsbeamter und fünf Mitglieder seiner Familie getötet worden. Der Sprengsatz sei im Haus von Sarbraz Saddiqi in der Ortschaft Sadda platziert worden, sagte ein Polizeisprecher. Der Beamte, seine Frau und ihre vier Kinder seien sofort tot gewesen. Sadda liegt in der Stammesregion von Kurram, nahe der Grenze zu Afghanistan. Die Behörden vermuten einen Zusammenhang zwischen dem Anschlag und der Offensive gegen islamische Extremisten in Südwaziristan. Es wird angenommen, dass die Kämpfer der Taliban und anderer Gruppen deswegen in die benachbarten Stammesregionen von Kurram und Orakzi ausgewichen sind.
  • Der Westen sollte sich nach den Worten von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) von dem Ziel verabschieden, in Afghanistan eine Demokratie nach westlichem Vorbild zu etablieren. Er sei schon länger zu der Überzeugung gelangt, dass sich Afghanistan gerade wegen seiner Geschichte und seiner Prägung nicht "als Vorzeige-Demokratie nach unseren Maßstäben eignet", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag" (27. Dez.). Für eine dauerhafte Befriedung Afghanistans kann nach Überzeugung Guttenbergs nicht ausgeschlossen werden, auch gemäßigte Taliban an der Regierung zu beteiligen. Dafür müssten jedoch einige Bedingungen erfüllt sein: "Inakzeptabel wäre der Gedanke etwa, wenn universell geltende Menschenrechte unmittelbar ausgehebelt würden." Guttenberg räumte ein, dass er in der Vergangenheit gegen eine Einbeziehung der Taliban gewesen sei. Um den "momentanen Realitäten" in Afghanistab gerecht zu werden, "müssen wir allerdings eine Vielzahl von - auch steinigen - Wegen beschreiten", sagte der Verteidigungsminister dem Blatt.
    Außerdem sagte er: «Ich halte es für richtig, wenn wir gegenüber den Bürgern jetzt klar machen, wann der Abzug beginnen soll, welche Ziele wir verfolgen und welche Zwischenschritte dafür notwendig sind. Da sollten wir konkreter werden als bisher.» Der Minister warnte aber vor einer Festlegung darauf, bis wann alle Soldaten abgezogen sein sollen. «Ich halte aber nichts davon, jetzt schon ein End-Datum zu benennen. Damit würden wir beispielsweise den Kräften Vorschub leisten, die Afghanistan wieder zu einem Zentrum des weltweiten Terrorismus machen wollen», so Guttenberg. Der CSU-Politiker warnte die Politik nachdrücklich davor, die Diskussion über den Afghanistan-Einsatz auf dem Rücken der Soldaten auszutragen. Guttenberg: «Selbstverständlich kann und muss über die Ausgestaltung der Einsätze streitig diskutiert werden. Aber diese Auseinandersetzung darf nicht durchsichtig auf dem Rücken der Soldaten ausgetragen werden. Deswegen kann ich nur an alle appellieren, im Ton und im Inhalt Vernunft walten zu lassen. Denn es gibt eine gemeinsame Verantwortung über Parteigrenzen hinweg für den Afghanistan-Einsatz.»
  • Der frühere afghanische Minister Mohammed Amin Farhang hat die von der Bundesregierung angekündigten Entschädigungen für die zivilen Opfer des umstrittenen Luftangriffs bei Kundus als "sehr positiv" bezeichnet. "Ich begrüße es sehr, dass Deutschland diesen Schritt macht", sagte er in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP (27. Dez.) in Berlin. Dies sei eine "weise Entscheidung", sagte der frühere Handelsminister. "Vielleicht ziehen dann andere Länder nach."
    Der Ruf der Deutschen habe durch den Angriff, bei dem Anfang September bis zu 142 Menschen getötet wurden, seiner Einschätzung nach nicht gelitten. "Die Menschen in Afghanistan wissen, dass Deutschland im Gegensatz zu einigen anderen Ländern keine eigennützigen Interessen verfolgt, sondern wirklich am Wohl des Landes interessiert ist", sagte Farhang, der unter der Regierung von Präsident Hamid Karsai mehr als sieben Jahre Minister war. Die Verantwortlichen für den Luftangriff am 4. September hätten "ein bisschen voreilig" gehandelt. Dieser Angriff sei "nicht angemessen" gewesen, sagte Farhang. Zu den Entschädigungen sagte der Ex-Minister, die Bundesregierung müsse nun aufpassen, dass die Gelder an die richtigen Familien flössen. In Zusammenarbeit mit den Afghanen müsse über die Höhe der Entschädigungen genau verhandelt werden. Seiner Ansicht nach reichten die geplanten Entschädigungen vollkommen aus. "Man kann die Menschen nicht mehr lebendig machen", sagte Farhang. Das Verteidigungsministerium strebt bei der Opfer-Entschädigung eine Regelung nach landestypischen Sitten und Gebräuchen an. Konkrete Summen werden bislang nicht genannt.
  • Im Süden Afghanistans ist erneut ein US-Soldat durch eine Bombenexplosion getötet worden. Wie die NATO-Truppe ISAF am 27. Dez. mitteilte, kam der Soldat am 26. Dez. durch einen selbst gebauten Sprengsatz (IED) ums Leben, die mit Abstand häufigste Todesursache der NATO-Einsatzkräfte. Erst am Freitag war ein US-Soldat durch einen am Straßenrand versteckten Sprengsatz im Süden des Landes getötet worden.
Montag, 28. Dezember, bis Donnerstag, 31. Dezember
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Prozession zum schiitischen Aschura-Fest in der südpakistanischen Hafenmetropole Karachi sind mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen (später erhöhte sich die Zahl auf 30). Wie der Polizeichef der Stadt, Waseem Ahmed, am 28. Dez. mitteilte, wurden mindestens 80 weitere Menschen verletzt, als der Täter an der Spitze des Zuges inmitten der Gläubigen seinen Sprengstoff zündete. Nach dem Anschlag lieferten sich wütende Schiiten Straßenschlachten mit Polizisten. Autos und Geschäfte gingen in Flammen auf. Die Behörden hatten in Karachi mehr als 10 000 Polizisten und Soldaten zusammengezogen, um die Aschura-Feierlichkeiten zu schützen. Mit dem Aschura-Fest gedenken schiitische Muslime ihres Märtyrers Hussein, eines Enkels des Propheten Mohammed. Etwa 20 Prozent der 170 Millionen Pakistaner sind Schiiten. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist sunnitischen Glaubens. Zwischen den Anhängern der beiden Glaubensrichtungen kommt es immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen. Erst am 27. Dez. waren bei einem Anschlag auf eine schiitische Prozession im pakistanischen Teil Kaschmirs zehn Menschen getötet worden.
  • Kämpfe im Grenzgebiet zu Afghanistan forderten unterdessen mehr als 30 Tote. Bei einem Feuergefecht im Stammesgebiet Süd-Waziristan starben zwei Soldaten und 15 Kämpfer der radikal-islamischen Taliban. Wie die Armee am 28. Dez. mitteilte, hatten die Aufständischen am Vorabend (27. Dez.) einen Militärposten angegriffen. Im nördlich gelegenen Stammesgebiet Orakzai wurden nach Medienberichten 15 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Angehörigen einer regierungstreuen Stammesmiliz und Taliban getötet. In den Taliban-Hochburgen an der afghanischen Grenze führt das Militär seit Oktober eine Großoffensive gegen die Extremisten.
  • Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat damit gedroht, der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar fern zu bleiben. «Wenn die Afghanistan-Konferenz in London eine reine Truppenstellerkonferenz wird, fahre ich nicht hin», sagte er dem Magazin «Stern», wie am 28. Dez. berichtet wurde. Notwendig seien ein breiter politischer Ansatz und eine Gesamtstrategie. In der Bundesregierung gibt es nach wie vor Vorbehalte, die Zahl der deutschen Soldaten in Afghanistan, wie von den USA verlangt, deutlich zu erhöhen. Westerwelle bezeichnete es als «gesund», dass die deutsche Bevölkerung gegenüber Auslandseinsätzen der Bundeswehr zurückhaltend sei: «Wäre es andersherum, würde ich mir Sorgen machen.» Er versprach, im Auswärtigen Amt alles zusammenzutragen, um an der Aufklärung des Luftangriffs auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster am 4. September in Kundus mitzuwirken.
  • Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wegen dessen Haltung zur Londoner Afghanistan-Konferenz kritisiert. Er sei "verwundert" über Westerwelles Ankündigung, nicht zu dem Treffen Ende Januar zu fahren, wenn es eine reine Truppenstellerkonferenz werde, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag am 28. Dez. dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagsausgabe). Ihm seien keine Äußerungen der US- oder anderer Regierungen geläufig, dass die Zusammenkunft zur Truppenstellerkonferenz degradiert werden solle, fügte Polenz hinzu.
  • Bei einem NATO-Angriff im Osten Afghanistans sind nach Angaben von Präsident Hamid Karsai zehn Zivilisten getötet worden, unter ihnen acht Schulkinder. In einer von seinem Büro in Kabul veröffentlichten Erklärung vom 28. Dez. verurteilte Karsai das Vorgehen der internationalen Truppen. Die Erklärung berief sich auf "erste Berichte" über den Vorfall am 26. Dez. in der Provinz Kunar an der Grenze zu Pakistan.
    Am 27. Dez. hatte ein Sprecher der NATO-geführten ISAF-Truppe gegenüber der Nachrichtenagentur AFP keine Einsätze oder Opfer in Kunar während des Wochenendes erwähnt. Ein westlicher Militärexperte sprach dagegen von einem unabhängig von der NATO geführten Einsatz von US-Sonderkräften, die in den Grenzregionen von Kunar zahlreiche Taliban getötet und gefangengenommen hätten.
  • Die Ankündigung von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP), finanzielle Zusagen für Hilfsverbände in Afghanistan an ihre Bereitschaft zur Kooperation mit der Bundeswehr zu knüpfen, hat bei Nichtregierungsorganisationen für Kritik gesorgt. Entwicklungshilfe dürfe kein militärisches Instrument werden, sagte der Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, Wolfgang Jamann, der «Berliner Zeitung» (Ausgabe vom 29. Dez.). «Entwicklungszusammenarbeit ist immer dann besonders erfolgreich, wenn Sie unabhängig von militärischen Einsätzen durchgeführt wird», stellte Jamann klar. Niebel hatte gesagt, künftig werde sich die deutsche Entwicklungshilfe «sehr konzentriert dort engagieren, wo wir auch militärisch Verantwortung tragen». Zugleich forderte der frühere Fallschirmjäger Entwicklungshelfer zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr auf. Der Chef der in Afghanistan aktiven Nichtregierungsorganisation Grünhelme, der Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck, sieht in Niebels Äußerung eine Verschärfung des bisherigen Tons. Prinzipiell liege der Minister mit seiner Forderung ganz auf der Linie der Bundesregierung, die militärisches Engagement in Afghanistan stets mit ziviler Aufbauhilfe verknüpft habe. «Das mit einer Drohung zu verbinden, hatte sich bislang aber noch keiner getraut», sagte Neudeck der Zeitung. Die Trennung zwischen humanitärem Engagement und bewaffneten Einsätzen sei in den vergangenen Jahren schleichend aufgegeben worden. Er halte diese Tendenz für fatal, sagte Neudeck. Sie widerspreche auch der Genfer Konvention.
  • Die Zahl der getöteten Zivilisten in Afghanistan steigt. In den ersten zehn Monaten des Jahres wurden knapp elf Prozent mehr Zivilisten getötet als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wie aus Statistiken der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) hervorgeht. Bis Ende Oktober 2009 seien 2038 Tote gezählt worden, im selben Zeitraum 2008 seien es 1838 gewesen. Das seien 10,8 Prozent mehr. (Agenturen am 29. Dez.)
  • Ein afghanischer Soldat hat am 29. Dez. auf Soldaten der NATO-geführten ISAF-Truppe geschossen und dabei einen US-Soldaten getötet sowie zwei italienische Soldaten verletzt. Wie die ISAF in Kabul weiter mitteilte, war zunächst unklar, ob es sich bei dem Vorfall in Bala Murghab im Westen Afghanistans um ein Versehen oder einen gezielten Angriff handelte. Der afghanische Soldat wurde nach Angaben des italienischen Generalstabs ebenfalls verletzt, als Angehörige von ISAF und der afghanischen Armee das Feuer erwiderten. Die ISAF kündigte eine Untersuchung zusammen mit ihren afghanischen Partnern an.
  • Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ist von seiner Drohung abgerückt, der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar fernzubleiben. Der in einem Interview erweckte Eindruck, Westerwelle wolle das Treffen in London boykottieren, sei «nicht richtig». Das stellte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Peschke, am 29. Dez. in Berlin klar. Der Minister sehe in der Konferenz vielmehr eine «wichtige Wegmarke», um einen «breiten politischen Ansatz» zur Lösung der Konflikte im Lande zu verfolgen. Nach dem Verlauf der Vorbereitungen sei Westerwelle zuversichtlich, dass das Treffen «keine reine Truppensteller-Konferenz» werde, betonte Peschke. Westerwelle hatte am Vortag dem Magazin «stern» gesagt, er werde nicht nach London fahren, wenn dies nicht gewährleistet sein sollte. Zu diesen Äußerungen des Außenministers wies sein Sprecher auf eine «gewisse Verengung» auf das Militärische in der öffentlichen Debatte zu Afghanistan hin. Diese Verengung lehne Westerwelle ab. Die Vorbereitungen für das Treffen seien aber «insgesamt auf gutem Wege», so dass jetzt in London mit einem Erfolg gerechnet werden könne.
    Zu Berichten, wonach sich Westerwelle intern bereits gegen eine Aufstockung der deutschen Soldaten in Afghanistan ausgesprochen habe, wies sein Sprecher auf die von der Bundesregierung vereinbarte Reihenfolge bei den Entscheidungen hin. Es bleibe dabei, zunächst die Ziele und die weitere Strategie für Afghanistan zu definieren. Erst danach werde über die notwendigen Instrumente entschieden. Bis dahin werde es von deutscher Seite «in keine Richtung» Vorfestlegungen geben.
  • Im Vorfeld der Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London hat der CDU-Europapolitiker Elmar Brok die bisherige deutsche Afghanistan-Politik für gescheitert erklärt. "Nicht eines der Ziele ist erreicht worden", sagte Brok dem Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Ausgabe vom 30. Dez.). Der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion sprach sich dafür aus, zunächst das Ziel des Afghanistan-Einsatzes genau festzulegen.
  • Bei Anschlägen in Afghanistan sind acht US-Bürger und fünf Kanadier ums Leben gekommen. Die US-Bürger fielen nach Behördenangaben am Mittwoch (30. Dez.) einem Selbstmordanschlag in der ostafghanischen Provinz Chost zum Opfer, laut "Washington Post" soll es sich bei ihnen um Mitarbeiter des Geheimdienstes CIA handeln. Zu dem Anschlag auf die US-Bürger bekannten sich die radikalislamischen Taliban.
    Eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums sagte, ein Selbstmordattentäter habe auf dem Gelände der Chapman-Militärbasis in Chost in die Luft gesprengt und acht US-Bürger getötet. Zunächst war unklar, wie der Attentäter auf den Stützpunkt gelangen konnte. Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf US-Regierungskreise, der Attentäter habe in einem Fitnessraum einen Sprengstoffgürtel gezündet. Die Opfer seien vermutlich Mitarbeiter der CIA, die den Stützpunkt maßgeblich nutze. Ein Sprecher der NATO-Truppe ISAF sagte, es seien weder US-Soldaten noch andere ISAF-Kräfte verletzt oder getötet worden.
    "Wir übernehmen die Verantwortung für den Angriff", sagte Talibansprecher Sabiullah Mudschahid der Nachrichtenagentur AFP am Telefon. Er sprach von 16 getöteten US-Bürgern. (Siehe unseren Bericht: Selbstmordanschlag auf Stützpunkt der CIA.)
  • In der südafghanischen Stadt Kandahar wurde ein kanadisches Militärfahrzeug Ziel eines am Straßenrand versteckten Sprengsatzes. Wie die kanadische Armee am 30. Dez. mitteilte, ereignete sich die Attacke bereits am 29. Dez. bei einer Streifenfahrt. Neben vier Soldaten sei auch eine mitfahrende kanadische Journalisten getötet worden. Bei der Explosion sei zudem ein kanadischer Beamter verletzt worden. Nach Berichten des kanadischen Fernsehens handelt es sich bei der getöteten Journalistin um die Reporterin Michelle Lang von der Zeitung "Calgary Herald".
    Seit Beginn des Militäreinsatzes in Afghanistan vor acht Jahren starben 138 kanadische Soldaten am Hindukusch. Derzeit sind rund 2800 kanadische Soldaten im Süden Afghanistans im Einsatz. Im Jahr 2011 sollen die Einheiten abziehen.
  • Bei einem Einsatz der internationalen Truppen im Osten Afghanistans am 26. Dez. (siehe unter 28. Dez.) sind nach Angaben von Präsident Hamid Karsai zehn Zivilisten getötet worden, unter ihnen acht Minderjährige. Wie Karsais Büro am 30. Dez. unter Berufung auf eine Untersuchung des Vorfalls vom Wochenende mitteilte, wurden die Zivilisten in der östlichen Provinz Kunar an der Grenze zu Pakistan von Soldaten aus ihren Häusern getrieben und erschossen. Unter den zehn Todesopfern seien acht Schüler im Alter von 13 bis 17 Jahren. Karsai sprach dem Vater und den Onkeln der getöteten Jugendlichen sein Beileid aus und versprach ihnen eine vollständige Untersuchung des Vorfalls.
    In der Hauptstadt und in Dschalalabad im Osten des Landes demonstrierten am 30. Dez. mehrere hundert Menschen. «Tod den Feinden des Islams» riefen Demonstranten in Kabul, in Dschalalabad wurden amerikanische Flaggen und Puppen von US-Präsident Barack Obama verbrannt.
  • Der Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan wird nach Ansicht des früheren afghanischen Handelsministers Mohammed Amin Farhang frühestens in zehn Jahren abgeschlossen sein. Damit Afghanistan dann aus "eigener Kraft" existieren könne, müssten die Regierung von Präsident Hamid Karsai und die internationale Gemeinschaft viel koordinierter vorgehen, forderte Farhang am 30. Dez. im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. "Wir müssen alle an einem Strang ziehen und nicht nur Einzelaspekte verfolgen", fügte er mit Blick auf die internationale Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London hinzu.
    Die Taliban könnten nicht allein mit Waffen bekämpft werden, sagte Farhang. Wenn es den Afghanen wirtschaftlich besser ginge, wären die Gotteskrieger "bald isoliert". "Die meisten Afghanen wollen die Taliban nicht, sie kooperieren jedoch mit ihnen, weil sie von den afghanischen und internationalen Sicherheitskräften nicht ausreichend geschützt werden." Der Ex-Minister forderte deshalb, die Ausbildung von afghanischen Soldaten und Polizisten "qualitativ und quantitativ" vorzutreiben. "Die Weltgemeinschaft hat das bisher nicht wirklich ernstgenommen". Die Afghanen wollten ihr Land "möglichst schnell" selbst verteidigen. "Dann können wir auch Europa vor den Terroristen und den Taliban schützen." Auch die afghanische Wirtschaft müsse gestärkt und mehr Arbeitsplätze müssten geschaffen werden. "Wir haben, um nur ein Beispiel zu nennen, das beste Obst in der Region". Es müssten Handelswege nach Europa und die USA eröffnet werden, forderte der ehemalige Handelsminister. Gleichzeitig sprach sich der 69-Jährige dafür aus, die Korruption zu bekämpfen. Sie sei nicht nur ein afghanisches Phänomen, sondern "im hohem Maße" auch bei den Geberländern vorhanden. "Es werden immer wieder Verträge ohne Ausschreibungen vergeben und Schmiergelder gezahlt", sagte Farhang.
  • Bulgarien schickt Anfang kommenden Jahres 30 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan. 70 weitere könnten in den kommenden Monaten folgen, teilte Verteidigungsminister Nikolai Mladenov am 30. Dez. mit. Sie sollen demnach die Truppen am Flughafen von Kandahar verstärken. Bulgarien hat derzeit 497 Soldaten in Afghanistan stationiert.
  • Beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist jeder dritte Bundesbürger nach einer Umfrage für eine Aufstockung des Truppenkontingents. 34 Prozent der Befragten sprachen sich für die Entsendung zusätzlicher Soldaten aus, wie eine Umfrage für die «Leipziger Volkszeitung» ergab. Eine knappe Mehrheit (51 Prozent) wünscht sich dagegen einen baldigen Abzug der Bundeswehr. Die Skepsis über den Afghanistan-Einsatz ist laut Umfrage im Osten größer als im Westen. So sind in den neuen Bundesländern 57 Prozent für einen Rückzug, im Westen nur 50 Prozent. Eine Truppenverstärkung befürworten lediglich 27 Prozent der Ostdeutschen, in Westdeutschland sind es 35 Prozent. (dpa, 30. Dez.)
  • Bundestagspräsident Norbert Lammert rechtfertigt die offizielle Vermeidung des Begriffs «Krieg» für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan: Dies habe nichts mit Verschleierung oder Ausweichmanövern zu tun, sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (31. Dez.). Der Sprachgebrauch erkläre sich mit der Kompliziertheit der Materie. Lammert verwies auf die rechtlichen Auswirkungen, die sich aus der Begrifflichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung ergäben. Zum Beispiel könnten dann Lebensversicherungsansprüche für die Soldaten entfallen. «Und deswegen würde ich mir gelegentlich auch von den Medien etwas mehr Sorgfalt in der zu schnellen Kritik vermeintlich verschleiernder Begrifflichkeiten wünschen», sagte der CDU-Politiker. Er schloss zugleich aus, dass eine klarere Sprache der Politiker die wachsende Ablehnung der Truppenentsendung nach Afghanistan verhindert hätte. «Nein. Das glaube ich überhaupt nicht», sagte Lammert.
  • Die pakistanische Armee hat in den Stammesgebieten nahe der afghanischen Grenze ein von Aufständischen gehaltenes Krankenhaus gestürmt. Bei dem Feuergefecht am 31. Dez. wurden nach Geheimdienstangaben fünf Ausländer getötet. 27 Militante wurden festgenommen, darunter zehn Verwundete. Über Verluste aufseiten der Streitkräfte wurde zunächst nichts bekannt. Die Gegend an der Grenze zu Afghanistan gilt als Hochburg und Rückzugsgebiet militanter Islamisten der Terrororganisation Al Kaida und der Taliban.
  • Die Zahl der in Afghanistan getöteten US-Soldaten hat sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt: Nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP verloren bis zum 30. Dezember 304 Militärangehörige ihr Leben, 2008 waren es 151. In der aktuellen Zählung sind die acht bei einem Anschlag in Chost am Mittwoch (30. Dez.) getöteten US-Zivilpersonen nicht enthalten.
    Auch andere Staaten, die sich an der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) beteiligen, erlitten schwere Verluste: Großbritannien traf es mit 109 Toten am härtesten, Kanada beklagte 32 getötete Soldaten. Die anderen Truppensteller verloren insgesamt 59 Soldaten.
    Die Führung der US-Streitkräfte hat eingeräumt, dass der Aufstand von Taliban und anderen militanten Kräften stärker geworden ist und die Verluste auch nach der von Präsident Barack Obama angeordneten Verstärkung des Afghanistan-Kontingents um 30.000 Soldaten zunächst hoch bleiben dürften.
  • Auf die Bundeswehr in Afghanistan sind 2009 deutlich mehr Anschläge verübt worden als im Jahr davor. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums vom Donnerstag gab es 2009 77 direkte Anschläge auf das deutsche Kontingent, davon 71 allein im Raum Kundus, wo ein Feldlager der Bundeswehr steht. 2008 waren 43 direkte Anschläge gezählt worden, 31 davon im Raum Kundus. 2007 waren es insgesamt 21 direkte Anschläge gewesen. Das Ministerium bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag (31. Dez.).
  • Zwei französische Fernsehjournalisten und ihre drei afghanischen Begleiter sind im Osten Afghanistans verschleppt worden. Radikalislamische Taliban hätten die fünf Männer am 30. Dez. rund 60 Kilometer von der afghanischen Hauptstadt Kabul entführt, sagte eine französische Journalistenkollegin am 31. Dez. der Nachrichtenagentur AFP. Der TV-Reporter und sein Kameramann, ihr afghanischer Übersetzer, dessen Bruder und Cousin seien auf der Straße zwischen den Orten Surobi und Tagab überfallen worden. (Die Taliban haben später jede Beteiligung an der Entführung zweier Franzosen in Afghanistan dementiert; siehe unsere Chronik vom 3. Januar 2010.)


Zurück zur Kriegschronik

Zu weiteren Beiträgen über Afghanistan

Zurück zur Homepage