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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli 2003

1. bis 6. Juli
  • Bei einer schweren Explosion in einer irakischen Moschee sind mindestens fünf Iraker getötet und vier weitere verletzt worden, wie Augenzeugen und Krankenhausmitarbeiter am 1. Juli berichteten. Die Explosion ereignete sich am Abend des 30. Juni in der Stadt Falludschah. Irakische Zivilpersonen berichteten, die Explosion sei Folge eines Raketen- oder Bombenangriffs. Amerikanische Soldaten am Tatort erklärten dagegen, die Explosion sei vermutlich von Sprengstoff verursacht worden,der in der Moschee versteckt gewesen sei. Ein Dutzend Iraker suchten am Morgen des 1. Juli in den Trümmern nach Beweisen für einen Angriff. "Dies sind Teile einer Rakete" sagte ein 26-Jähriger. Ein Moscheebesucher berichtete, er habe unmittelbar vor der Explosion ein Flugzeug gehört. Der amerikanische Unteroffizier Thomas McMurtry sagte jedoch, es gebe keinerlei Hinweise auf einen Angriff von außen. "Was da auch immer explodiert ist, befand sich schon dort."
    Bei Haditha, 240 Kilometer nordwestlich von Bagdad, kam es nach Angaben vom 1. Juli bereits am 28. Juni zu einer gewaltigen Explosion in einem Munitionslager. Sie sei vermutlich von einem Funken ausgelöst worden, erklärten Polizei, Bürgermeister und Krankenhausangestellte. Die Angaben über die Zahl der Toten schwankten zwischen 15 und 25. Auf dem Gelände wurden Artilleriegeschosse zur Verschrottung auseinandergebaut, außerdem lagerte dort eine große Menge TNT.
  • In Bagdad und auf einer Straße südlich der Hauptstadt ereigneten sich am 1. Juli Augenzeugenberichten zufolge zwei Granatenangriffe auf US-Militärkonvois. Von den sechs verwundeten US-Soldaten sei einer nur leicht verletzt, teilte eine Pentagon-Sprecherin mit. Ein Iraker sei gestorben, ein weiterer sei verletzt worden. Die Anschläge seien mit "improvisierten Sprengsätzen" ausgeführt worden.
    An zwei Straßenkontrollen im Westen Bagdads erschossen US-Soldaten irakischen Angaben zufolge vier Zivilisten. Zwei hätten ihr Auto nicht angehalten, einer sei für einen Widerstandskämpfer gehalten worden und den vierten habe ein Querschläger getroffen, hieß es.
    Nach Berichten von Bagdader Augenzeugen schossen zudem Unbekannte aus ihrem Wagen heraus mit einem Raketenwerfer auf ein US-Militärfahrzeug vom Typ "Humvee". Das Fahrzeug sei ausgebrannt. Die Flammen hätten auch auf einen Bus übergegriffen, dessen Fahrer verletzt worden sei. US-Soldaten hätten die Toten und Verletzten abtransportiert und den Anschlagsort abgesperrt, berichteten die Augenzeugen weiter. Die Pentagon-Sprecherin sagte auf Anfrage, ihr lägen keine Informationen über einen derartigen Zwischenfall vor.
  • Als Reaktion auf die zunehmende Gewalt gegen Besatzungstruppen in Irak plant Großbritannien die Entsendung tausender ausländischer Soldaten zur Bildung einer neuen Sicherheitstruppe. Fünftausend Soldaten aus neun Ländern sollen sich den 11.000 vor Ort stationierten Briten anschließen und für Sicherheit sorgen, teilte das Verteidigungsministerium am 1. Juli in London mit. Die neu formierte 16.000 Mann starke Sicherheitstruppe soll in der britisch kontrollierten Zone in Südirak stationiert werden. Großbritannien werde die operative Kontrolle über die Truppe ausüben. Die zusätzlichen Soldaten kämen aus Dänemark, Tschechien, Italien, Litauen, Neuseeland, den Niederlanden, Norwegen, Portugal und Rumänien.
  • Nachdem in der Nacht zum 2. Juli wieder ein US-Soldat an den Folgen eines bewaffneten Angriffs gestorben war, betonte US-Präsident Bush, die USA hätten die Situation unter Kontrolle. "Wir werden jeden willkommen heißen, der helfen will. Aber wir haben auch so genug Kräfte dort, um für Sicherheit zu sorgen", erklärte der US-Präsident. Auch für Sabotageakte kündigte er empfindliche Strafen an, nachdem Öldiebe in der Nacht zuvor eine der wichtigsten Pipelines in Irak schwer beschädigt hatten.
    Der US-Verwalter im Irak, Paul Bremer, hat nach Presseberichten weitere Truppen und zusätzliches Personal angefordert, um die Ordnung in dem Land wiederherzustellen. Der "Philadelphia Inquirer" berichtete am 2. Juli, US- Verteidigungsminister Donald Rumsfeld prüfe derzeit den Antrag Bremers, der sich mit einer Serie von Anschlägen auf US-Soldaten in dem arabischen Land konfrontiert sieht.
  • Ein führender irakischer Oppositioneller bezichtigte die USA des Wortbruchs. Sie hielten sich nicht an das Versprechen, Irakern die Macht über ihr Land zu geben, sagte Hamid el Bajati vom Obersten Rat der Islamischen Revolution in Irak (SCIRI). Während der Vorbereitungen auf den Irak-Krieg habe der US-Sondergesandte Zalmay Khalilzad der Opposition zugesagt, dass Repräsentanten des irakischen Volkes nach Kriegsende die Regierung übernehmen könnten, erklärte el Bajati, der höchste SCIRI-Vertreter im Ausland, am 2. Juli in einem Telefongespräch von seinem Londoner Büro aus. "Aber das ist nicht passiert und scheint noch lange Zeit nicht zu passieren." Die von US-Zivilverwalter Paul Bremer angekündigte Bildung eines politischen Rates aus bis zu 30 Irakern lehnte der Oppositionsführer ab. Der Rat soll nach den Vorstellungen Bremers neue Minister ernennen und vor wichtigen Entscheidungen der Besatzungsbehörde konsultiert werden. "Das wird ein schwacher und illegitimer Rat, der über keinerlei Glaubwürdigkeit verfügen wird", sagte el Bajati. Er warf den USA außerdem vor, bei der Stabilisierung Iraks versagt zu haben.
  • Die USA setzen ein Kopfgeld in Höhe von 25 Millionen Dollar auf Saddam Hussein aus. "Ich habe Saddam Hussein und seine Söhne gewiss nicht vergessen", sagte US-Zivilverwalter Paul Bremer am 3. Juli in Bagdad. Für Hinweise, die zur Ergreifung von Saddam Husseins Söhnen Udai und Kusai führten, sollten jeweils bis zu 15 Millionen Dollar Belohnung gezahlt werden. Das Kopfgeld für Saddam Hussein entspricht der Summe, die von den USA zur Ergreifung des Terroristenführers Osama bin Laden ausgesetzt wurde.
  • Bei Angriffen auf US-Truppen wurden am 3. Juli zehn Soldaten verletzt und mindestens zwei Iraker getötet. Der schwerste der drei Angriffe wurde einem US-Armeesprecher zufolge in Ramadi westlich von Bagdad verübt. Sechs US-Soldaten seien verletzt worden, als zwei Fahrzeuge mit einem "Sprengsatz" angegriffen worden seien. Im Zentrum Bagdads wurden drei Soldaten verletzt. Ein Militärfahrzeug sei von einem Unbekannten vermutlich mit einer Rakete beschossen und ein unbeteiligter Iraker bei der Explosion getötet worden. Im Bagdader Stadtteil Kadhimjah wurde eine US-Patrouille von einem Bewaffneten angegriffen, wie das US-Zentralkommando mitteilte. Ein Soldat sei verletzt, der Angreifer getötet worden.
  • Zugang zu Iraks Erdölfeldern: Das ist nach Aussage von Polens Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz das Ziel des polnischen Engagements im Irak. Warschau wolle, dass polnische petrochemische Unternehmen unmittelbaren Zugang zu Rohstoffen haben, sagte er nach Angaben der Agentur PAP am 3. Juli. Polen soll in einer eigenen Verwaltungszone die Lage stabilisieren und den Wiederaufbau organisieren.
  • Kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Amt als Chef der UN-Kontrollmission für Irak (UNMOVIC) hat der Schwede Hans Blix ein neues Amt übernommen: Blix werde im Auftrag der schwedischen Regierung eine unabhängige Untersuchungskommission über irakische Massenvernichtungswaffen leiten, teilte das Außenministerium in Stockholm am 3. Juli mit. "Wir müssen alles in unserer Möglichkeit stehende tun, um die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen auszuschließen", betonte Außenministerin Anna Lindh. Das Ziel der Kommission sei, den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die Verbreitung der Massenvernichtungswaffen zu verhindern, einen "neuen Impuls" zu geben. Blix soll die Mitglieder der Kommission im Herbst benennen. Die ersten Ergebnisse werden 2005 erwartet.
  • Für kurze Zeit hat Iraks Nationalmuseum am 3. Juli seine Pforten geöffnet und einige der in den Wirren des Krieges gestohlen geglaubten Antiquitäten zur Schau gestellt. Dabei konnten die Besucher auch den Schatz von Nimrud bewundern, einen der wichtigsten archäologischen Funde des 20. Jahrhunderts.
  • Der US-Senator Carl Levin hat seine Regierung aufgefordert, den Streit mit Deutschland und Frankreich über den Irakkrieg zu beenden und beide Verbündete um Mitwirkung beim Wiederaufbau des Landes zu bitten. "Wir müssen die Hilfe diese Länder suchen", sagte Levin am 3. Juli in Washington nach Rückkehr von einer Informationsreise nach Irak. Damit in dem Land die Sicherheit hergestellt und der Weg zu einer demokratischen Regierung bereitet werde, müssten die Vereinigten Staaten viel stärker als bislang mit anderen Staaten kooperieren. US-Truppen könnten stärker als bislang durch Truppen aus anderen Ländern ersetzt werden, sagte Levin.
  • Der arabische Fernsehsender El Dschasira hat am 4. Juli ein Tonband ausgestrahlt, auf dem die Stimme von Iraks gestürztem Präsidenten Saddam Hussein zu hören sein soll. Die Stimme ruft die Iraker auf, Widerstandskämpfer zu unterstützen und nicht die "ungläubigen Besatzer" der USA. "Ich bin im Irak, und ein Kamerad ist bei mir", sagte der Mann auf dem Band, dessen Stimme wie die von Saddam klang. Er gab als Datum der Aufnahme den 14. Juni 2003 an. Ein Vertreter des britischen Verteidigungsministerium sagte, er könne die Authentizität des Bandes nicht garantieren. Die Aufnahme löste an den Devisenmärkten neue Anschlagsängste aus: Der Dollar gab zum Euro etwas nach.
  • Die US-Streitkräfte haben im Norden Iraks laut Presseberichten elf türkische Soldaten wegen angeblicher Anschlagspläne auf einen kurdischen Gouverneur festgenommen. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, wurden die Soldaten, drei Offiziere und acht Unteroffiziere, am 4. Juli in der Kurdenhochburg Suleimanijah festgenommen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan reagierte empört und bezeichnete das Vorgehen der US- Armee als "abstoßend". Dies "hätte nicht passieren dürfen", sagte der Regierungschef. Er habe von Washington verlangt, die elf Soldaten unverzüglich wieder freizulassen.
  • Ein Teil der von der US-Armee im Norden Iraks festgenommenen türkischen Soldaten ist wieder frei. Einige der insgesamt elf Armeeangehörigen würden allerdings weiter festgehalten, sagte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am 5. Juli dem Nachrichtensender NTV. Die Bemühungen um ihre Freilassung würden fortgesetzt. (Vgl. hierzu Der Fall eines Bündnisses.)
  • Bei einer Explosion vor einer Wache im Westen Iraks sind am 5. Juli nach Polizeiangaben mindestens sieben Rekruten der von den USA unterstützten Polizeitruppe getötet und Dutzende weitere verletzt worden. Der örtliche Polizeichef machte Anhänger des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein für den Anschlag in der Stadt Ramani verantwortlich Ramadi liegt in einer hauptsächlich sunnitischen Region im Umland der Hauptstadt Bagdad. Das Gebiet war lange eine Bastion Saddams, der selbst Sunnit ist. Ramadi war in jüngster Zeit bereits mehrfach Schauplatz von Anschlägen. Die Explosion in der rund 100 Kilometer westlich Bagdads gelegenen Stadt Ramadi habe sich ereignet, als sich etwa 80 Rekruten auf einer Hauptstraße vor der Wache versammelten, teilte die Polizei mit. Ein US-Militärsprecher in Bagdad bestätigte die Zahl von sieben Toten. Ferner habe es bis zu 40 Verletzte gegeben.
  • Ein britischer Journalist ist am 5. Juli in der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet worden. Unbekannte hätten den Mann vor dem Nationalmuseum erschossen, sagte ein Sprecher der US-Armee. Ein britischer Diplomat sagte der Nachrichtenagentur AFP, der getötete Kameramann sei freier Mitarbeiter für den britischen Sender ITN gewesen. Der Angriff habe sich gegen Mittag (Ortszeit) vor dem Institut der Künste in Aasamijah im Nordosten von Bagdad ereignet.
  • Am 5. Juli sind bei einem Angriff in Ramadi (100 km westlich von Bagdad) sieben irakische Polzeirekruten getötet worden. Vor ihrer Ausbildungsstätte explodierte ein mit Sprengstoff gefüllter Reissack. Die Rekruten hatten eine fünftägige Ausbidung durch US-Truppen abgeschlossen.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 6. Juli erneut ein US-Soldat erschossen worden. Der Vorfall ereignete sich, als der Soldat auf dem Gelände der Universität Wache stand. Wer hinter dem Angriff steckt, ist unklar. Zuvor war bereits ein US-Soldat bei einem Schusswechsel in der Nähe der Universität schwer verletzt worden. Ein britischer Journalist starb durch einen gezielten Kopfschuss. Die Tat ereignete sich vor dem irakischen Nationalmuseum.
7. bis 13. Juli
  • Gudrun Harrer vom österreichischen "Standard" interviewte am 7. Juli in Stockholm den scheidenden Chef der UN-Waffeninspektoren im Irak, Hans Blix. Dabei, so berichtete sie in der Ausgabe vom 9. Juli, bekräftigte er seinen unabhängigen Kurs bei den Inspektionen. Die Weigerung der irakischen Seite, mit den Inspekteuren wirklich vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, führte er auf ihren "Stolz" zurück. Geradezu "unglaublich" fand es Blix, dass an keiner der Stellen, die von den US-Geheimdiensten angegeben worden waren, auch nur eine Spur von Massenvernichtungswaffen gefunden werden konnte, und zwar weder von den UN-Inspekteuren, noch von den USA selbst. Übrigens habe sich schon längst die Linie der US-Regierung geändert: Man such nicht mehr nach Waffen, sondern nach Waffen-"Programmen" (siehe hierzu auch die Äußerung von Tony Blair vom 8. Juli).
    Blix nahm auch Stellung zu einer jüngsten Äußerung im britischen "Guardian", als er von den "bastards" in Washington sprach, die gegen die UNMOVIC agitierten. Da das Wort im Amerikanischen so stark sei, sei er bereit, es durch das Wort "skunks" zu ersetzen, sagte er "lachend". (Skunks sind Stinktiere.)
  • Zwei Fernsehsender im Nahen Osten haben am 8. Juli eine weitere Tonbandaufnahme ausgestrahlt, auf der der gestürzte irakische Staatschef Saddam Hussein zu hören sein soll. Darin rief erneut eine männliche Stimme zum Widerstand gegen die US-Truppen in Irak auf. "Ich appelliere an euch, ihr Iraker, Araber, Kurden, Turkmenen, Schiiten oder Sunniten, Christen oder Muslime, es ist eure Pflicht, die Invasoren aus unserem Land zu vertreiben", hieß es auf dem im libanesischen Sender El Hajat-LBC ausgestrahlten Band. Der Sprecher auf der etwa 15 Minuten langen Aufnahme forderte alle Aufständischen in Irak auf, sich zusammenzuschließen und zu verhindern, dass die Besatzungstruppen sich im Land niederließen. Er gab an, sich nach wie in Irak aufzuhalten. Auch der arabische Fernsehsender El Dschasira strahlte ein Tonband aus; ob es sich um dasselbe wie bei El Hajat-LBC handelte, war zunächst nicht klar. El Dschasira hatte bereits am 4. Juli eine Aufnahme veröffentlicht, die von Saddam Hussein stammen sollte. Der US-Geheimdienst CIA stufte diese Botschaft als höchstwahrscheinlich authentisch ein.
  • In Bagdad würdigte Bremer das erste Treffen der 37 Hauptstadtvertreter am 7. Juli als "den wohl wichtigsten Tag seit dem 9. April", dem Tag der Einnahme Bagdads durch US-Truppen. Die Mitglieder des Stadtrats wurden nach US-Angaben aus einer Gruppe von Distrikträten ausgewählt, die ihrerseits aus Nachbarschaftsräten rekrutiert worden waren.
    Bei zwei Angriffen in Bagdad wurden in der Nacht erneut zwei US-Soldaten getötet.
  • Der Außenausschuss des britischen Unterhauses hat am 7. Juli die Regierung von Premierminister Tony Blair vom Vorwurf der Manipulation von Geheimdienstinformationen zu irakischen Massenvernichtungswaffen entlastet, gleichzeitig aber Kritik geübt: Die Regierung habe im September ein Geheimdienstdossier veröffentlicht, das nicht zuverlässig gewesen sei. Die darin enthaltene Information, Saddam Hussein könne binnen 45 Minuten Massenvernichtungswaffen aktivieren, habe sich auf eine nicht bestätigte Quelle gestützt. Der Außenausschuss kritisierte die Regierung Blair insbesondere für die Veröffentlichung eines Geheimdienstdossiers zum irakischen Waffenprogramm, das auf der Seminararbeit eines US-Studenten beruhte. Mit der Vorlage dieses Dokuments habe die Regierung die Glaubwürdigkeit ihrer Argumentation zugunsten des Kriegs aufs Spiel gesetzt, hieß es. Blair wird in dem Bericht persönlich zur Last gelegt, ein "falsches Bild" verbreitet zu haben, als er das Dossier als "zusätzliche Erkenntnis" des Geheimdiensts dem Unterhaus präsentiert hatte. Die von Blair verbreitete Information, Irak könne binnen 45 Minuten Massenvernichtungswaffen aktivieren, habe sich zudem auf eine einzige, nicht bestätigte Quelle gestützt. Der Regierung werde "empfohlen zu erklären, warum diese Behauptung dermaßen herausgestrichen worden ist". Dennoch sprach der Bericht alle Minister vom Vorwurf frei, das Parlament getäuscht zu haben. Da es keinen Beweis dafür gebe, dass sich Geheimdienstmitarbeiter von dem Dossier distanziert hätten, ließen sich Behauptungen der politischen Einflussnahme nicht erhärten. Der Ausschuss war zur Klärung von Vorwürfen eingerichtet worden, wonach die Regierung Blair das Bedrohungspotenzial durch Irak wissentlich übertrieben dargestellt habe, um die Teilnahme am Krieg zu rechtfertigen. Mitglieder von Blairs Labour-Partei hatten in dem Gremium eine Mehrheit.
  • Der britische Premier Tony Blair bestritt die Aussagen des Berichts. Am 8. Juli wies er bei einer Befragung durch Parlamentarier den Ausschuss-Bericht "rigoros" zurück. "Ich habe absolut keinen Zweifel, dass wir Beweise für Massenvernichtungswaffen-Programme finden", sagte er. Als "unwahr" bezeichnete er den Vorwurf seiner früheren Kabinettskollegin, der ehemaligen Entwicklungsministerin Clare Short, er habe schon im September 2002 den Zeitplan für den Irakkrieg festgelegt.
  • In der Nacht zum 8. Juli wurden mehrere Mörsergranaten auf einen US-Militärstützpunkt nahe Bagdad abgefeuert.
    Am frühen Morgen des 8. Juli wurde in Bagdad ein Militärfahrzeug der US-Army angegriffen.
    In Basra wurde ebenfalls am 8. Juli ein britischer Soldat von Heckenschützen angeschossen.
  • Am 8. Juli teilte das Weiße Haus mit, dass Präsident Bush in seiner Rede zur Lage der Nation am 28. Januar 2003 den Kongress teilweise falsch über das Waffenprogramm des Irak informiert habe. Dabei geht es um die Behauptung, der Irak habe in der afrikanischen Republik Niger Uran für sein illegales Atomwaffenprogramm zu kaufen. Eine solche Behauptung hatte seinerzeit der britische Geheimdienst in seinem Dossier vom September 2002 verbreitet - und war gerade am 7. Juli deswegen vom Untersuchungsausschuss des britischen Unterhauses gerügt worden. Nach einem Bericht der "Washington Post" sagte der Sprecher der US-Regierung: "Nach allem, was wir heute wissen, hätte die Bemerkung über den Versuch des Irak, in Afrika Uran zu erwerben, nicht in die Rede zur Lage der Nation aufgenommen werden dürfen."
  • Der aus dem Libanon stammende US-General John Abizaid löste am 8. Juli den Chef von Centcom, Tommy Franks, ab.
  • In Chicago ist am 9. Juli ein Iraker unter Spionageverdacht festgenommen worden. Nach CNN-Angaben soll der Mann im Auftrag des gestürzten Regimes von Saddam Hussein Exil-Iraker in den USA ausspioniert haben. Der Sender beruft sich auf US-Behördenkreise. Demnach steht der Mann auch im Verdacht, andere Agenten mit falschen Papieren versorgt zu haben. Die Behörden seien dem Spion durch Material auf die Spur gekommen, das US-Truppen in einem Haus des irakischen Geheimdienstes in Bagdad gefunden hatten.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat am 9. Juli erklärt, die USA seien nicht wegen völlig neuer Informationen über Massenvernichtungswaffen in den Krieg gegen Irak gezogen, sondern weil sie vorhandene Informationen nach den Anschlägen am 11. September 2001 in einem anderen Licht betrachtet hätten. (Reuters)
  • Bei Angriffen auf Konvois sind nach US-Militärangaben am 10. Juli vier GIs getötet worden. Die Männer starben bei Panzerfaustangriffen in Tikrit, Bakuba und südlich von Bagdad. Beim arabischen Sender El Dschasira ging ein Schreiben einer Gruppe namens "irakischer islamisch-nationaler Widerstand" ein. Diese erklärte, sie sei für mehrere Angriffe verantwortlich, habe aber nichts mit dem gestürzten Diktator Saddam Hussein zu tun.
  • Deutschland und Frankreich haben am 10. Juli eine Entsendung von Truppen nach Irak ohne entsprechendes UN-Mandat erneut ausgeschlossen. Beide Staaten reagierten damit auf Vorschläge von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vom Vortag.
  • US-Präsident George W. Bush bekräftigte angesichts der anhaltenden Angriffe auf US-Soldaten in Irak seinen Willen zum harten Durchgreifen gegen Gegner der Besatzungsmächte. "Wir werden hart bleiben müssen", sagte er am 10. Juli in Botswana.
  • Das US-Militär hat nach eigenen Angaben im Irak einen mutmaßlichen Schmuggler festgenommen und dabei zwölf aus dem Irakischen Nationalmuseum gestohlene Artefakte sicher gestellt. Wie das Militär am 10. Juli mitteilte, datierte ein irakischer Archäologe die Stücke - darunter kleine Statuen, ein Schädel und eine Tonschale - auf zwischen 3200 und 3000 vor Christus. Sie seien bei dem Einsatz am Montag in Handtücher gewickelt in einem Reissack gefunden worden. Auch zwei potenzielle Käufer seien festgenommen worden. Nach dem Sturz von Iraks Präsident Saddam Hussein im April war das Nationalmuseum in der Hauptstadt Bagdad geplündert worden. Ein Großteil der zunächst für gestohlen gehaltenen Artefakte war später in einem geheimen Versteck wiedergefunden worden. Den US-Angaben zufolge fehlen noch 32 der wertvollsten Stücke sowie tausende kleinere Artefakte.
  • Die Suche im Irak nach Massenvernichtungswaffen ist nach Einschätzung britischer Regierungskreise so gut wie aussichtslos. Die Tatsache, dass Irak während des Krieges solche Waffen nicht eingesetzt habe, zeige, dass die Waffen offenbar versteckt, zerlegt oder verschrottet worden seien, sagte am 10. Juli ein hochrangiges Regierungsmitglied, das nicht genannt werden wollte. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters fügte er hinzu: "Es wird extrem schwierig werden, auf Beweise zu stoßen. Nicht unmöglich, aber es dürfte schwierig werden."
  • Die Besatzung Iraks durch die US-Armee kostet die US-Regierung nach Angaben des Pentagons knapp vier Milliarden Dollar im Monat. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte bei einer Anhörung des Streitkräfte-Ausschusses des Senats am 10. Juli, unter anderem wegen der enorm hohen Kosten für die US-Regierung sollten künftig weitere Nationen Militärkontingente nach Irak schicken.
  • In Falludscha im Westen Bagdads demonstrierten mehrere Dutzend ehemalige irakische Polizisten gegen die Besatzungsmächte, wie ein AFP-Reporter am 10. Juli berichtete. "Wir, die Offiziere und Mitglieder der irakischen Polizei, können selbst für die Sicherheit in unserer Stadt sorgen", hieß es auf Spruchbändern.
  • Der US-Senat sprach sich in der Nacht zum 11. Juli für eine Rolle der Nato im Irak aus. In ihrer Resolution forderten die Senatoren einstimmig US-Präsident George W. Bush auf, eine entsprechende Anfrage an die Mitgliedstaaten der Nato und der UN zu erwägen. Die Parlamentarier zeigten sich besorgt über die Sicherheitslage in Irak und über die hohen Kosten für die Besatzungsmacht USA. Nach neuesten Berechnungen kostet der Irak-Einsatz Washington 3,9 Milliarden Dollar im Monat, nachdem man im April noch von zwei Milliarden ausgegangen war.
  • Eine Entsendung französischer Truppen in den Irak könnte allenfalls nur im Rahmen einer internationalen Friedensstreitmacht der Vereinten Nationen und auf Grund eines genauen Mandats des Uno-Sicherheitsrats erwogen werden. Mit dieser Bedingung hat der französische Aussenminister de Villepin am 11. Juli bereits vor der Abstimmung im amerikanischen Senat über eine wünschenswerte Hinzuziehung auch von Truppen der Nato zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit im Zweistromland reagiert. - Auch die Bundesregierung stellte für die Prüfung eines Bundeswehr-Einsatzes im Irak hohe Hürden auf. Voraussetzung dafür wären die "Bitte einer legitimierten irakischen Übergangsregierung und ein klares UN-Mandat", sagte Regierungssprecher Bela Anda am 11. Juli in Berlin.
    Als "reine Theorie" bezeichnete Bundeskanzler Schröder am 11. Jul in einem ARD-Interview einen Nato- oder UN-Einsatz in Irak. "Wir könnten so etwas überhaupt nur diskutieren, wenn es Anforderungen der Vereinten Nationen gäbe", sagte Schröder. Gegenwärtig verändere sich nichts an der Position, "dass wir uns militärisch im Irak nicht engagieren". - "Völlig unakzeptabel" nannte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) den neuen Wunsch Washingtons nach einer Beteiligung der Nato. Die US-Diskussion stehe "in krassem Gegensatz" zum Verhalten der USA beim zivilen Wiederaufbau des Zwei-Strom-Landes, sagte die Ministerin der Frankfurter Rundschau (Ausgabe vom 12.07.2003). Washington bestehe beim so genannten Entwicklungsfonds, der auch die Einnahmen aus dem Erdölexport verwaltet, weiter auf einer "Alleinverfügung", während es gleichzeitig versuche, das "militärische Risiko auch auf andere zu verteilen", rügte sie.
  • Unter dem Druck der Entwicklungen im Irak haben sich die alliierten Besetzer entschlossen, den geplanten Übergangsrat aus irakischen Politikern mit größeren Kompetenzen auszustatten als noch vor kurzem vorgesehen. Wie Bremer gegenüber amerikanischen Journalisten am 11. Juli erklärte, soll der etwa 25-köpfige Rat die Minister der irakischen Zentralregierung ernennen und absetzen, die Währungspolitik gestalten, den Staatshaushalt festlegen und Botschafter ernennen können. Er soll auch eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung spielen. Laut amerikanischen Medien soll der neue Rat nun eher noch einige Tage früher als erwartet, möglicherweise schon am 13. Juli, aus der Taufe gehoben werden. Formell wird sich das Gremium selber konstituieren, damit die beteiligten Politiker den Anschein vermeiden können, sie seien Marionetten der Besetzer. Dass nur Personen in den Rat gelangen, die den alliierten Machthabern ins Konzept passen, ist dennoch kein Geheimnis. Mehr als die Hälfte des Regierungsrats soll dem Vernehmen nach aus Schiiten bestehen. Die Amerikaner achten weitzer darauf, dass säkular orientierte Kräfte nominieren werden. Gemäß der provisorischen Mitgliederliste sollen in dem Rat auch die Frauen sowie die Minderheiten der Christen und der Turkmenen vertreten sein.
  • Die frühere britische Entwicklungsministerin Clare Short hat Premierminister Tony Blair der Lüge bezichtigt. Er sei vor "Halbwahrheiten, leichten Täuschungen und Übertreibungen" nicht zurückgeschreckt, um das Land von der Notwendigkeit eines Krieges zu überzeugen, sagte sie in einem Fernseh-Interview am 11. Juli. Der Erfolg sei ihm zu Kopf gestiegen, schimpfte sie. Er habe geglaubt, so Shorts Einschätzung, dass er kein gewöhnlicher "Sterblicher" mehr sei. Deswegen sei für ihn auch in Ordnung gewesen, die Öffentlichkeit vor dem Irak-Krieg "ein bisschen hereinzulegen". Dies sei jedoch inakzeptabel, vor allem wenn es um Krieg und Frieden gehe, betonte sie. Es sei deshalb in Blairs eigenem Interesse und im Interesse Großbritanniens, wenn er jetzt zurücktrete, forderte die Ex-Ministerin. Ansonsten könnte es noch "schlimmer" für ihn werden, fügte sie hinzu.
  • CIA-Direktor George Tenet hat die Verantwortung für Fehlinformationen der amerikanischen Regierung vor dem Irak-Krieg übernommen. In einer am 11. Juli in Washington verbreiteten Erklärung hieß es, der Geheimdienst hätte die Passagen über versuchte Uran-Käufe des Iraks in Niger wegen Zweifel an der Richtigkeit aus dem Manuskript von Präsident Bushs Rede zur Lage der Nation im Januar streichen müssen. "Diese 16 Wörter hätten nicht in den für Bush geschriebenen Text aufgenommen werden dürfen", erklärte Tenet am Freitag. Weiter hieß es in Tenets Erklärung: "Lassen Sie mich einige Dinge deutlich machen: Erstens, die CIA hat die Rede des Präsidenten zur Lage der Nation vorab abgesegnet. Zweitens, ich bin verantwortlich für diesen Entscheidungsprozess in meiner Behörde. Und drittens, der Präsident musste davon ausgehen, dass der ihm vorgelegte Text korrekt war." Wenige Stunden zuvor hatte Bush bei seinem Besuch in Uganda der CIA die Verantwortung für die falschen Informationen zugewiesen. Mit dem Rücktritt Tenets wird jedoch nicht gerechnet. Präsident Bush hat Tenet das Vertrauen ausgesprochen. Er habe "Vertrauen" in Tenet, sagte Bush am 12. Juli in der nigerianischen Hauptstadt Abuja. Bush äusserte sich in Abuja bei einem Treffen mit Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo auf der letzten Station seiner Afrikareise.
  • Die amerikanischen Streitkräfte übergeben nach eigenen Angaben die Verantwortung für Sicherheit und Ordnung in der unruhigen Stadt Falluja an irakische Polizisten. Die örtlichen Sicherheitskräfte und der von den USA eingesetzte Bürgermeister hatten darum gebeten, nachdem sich die Angriffe auf amerikanische Einheiten in der Stadt häuften. In den vergangenen Tagen schien Verwirrung über die Zuständigkeit für polizeiliche Massnahmen zu herrschen. Am 12. Juli stellte die 3. Infanteriedivision in einer Pressemitteilung klar, die Übertragung der Sicherheitsaufgaben an die irakische Polizei in Falluja habe am Vortag begonnen.


Bushs Stern im Sinken
In den USA wachsen die Zweifel an der Irak-Politik von Präsident Bush. Gemäß einer am Freitag veröffentlichten Meinungsumfrage des Fernsehsenders ABC und der Zeitung "Washington Post" ist eine zunehmende Zahl von Amerikanern der Ansicht, dass die Regierung vor dem Krieg die Informationen über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen absichtlich übertrieben dargestellt hat. Beunruhigt sind die amerikanischen Bürger ferner zunehmend über die wachsende Zahl amerikanischer Soldaten, die Angriffen im Irak zum Opfer fallen. Dies alles zieht die Zustimmungswerte zur Politik Bushs nach unten.
Laut der Erhebung sind 59 Prozent mit der Arbeit des Präsidenten zufrieden. Das ist zwar immer noch ein hoher Wert, doch verglichen mit den Werten von etwa 75 Prozent in den letzten Monaten ein deutlicher Rückgang.
Etwa die Hälfte der Befragten vertrat die Meinung, dass die Regierung vor dem Krieg die vom Irak ausgehenden Gefahren absichtlich übertrieben habe. 52 Prozent stimmten der Auffassung zu, dass die Zahl der Opfer unter den amerikanischen Soldaten nicht mehr akzeptabel sei.
57 Prozent meinten, der Krieg sei notwendig gewesen. Ende April waren noch 70 Prozent dieser Ansicht. Insgesamt steht eine Mehrheit von 58 Prozent hinter der Irak-Politik des Präsidenten. Hinsichtlich der Wirtschaftspolitik der Regierung sind die Meinungen über Bush geteilt.
Für die Erhebung wurden am 10. Juli 1.006 Erwachsene befragt. Die mögliche Fehlermarge liegt bei drei Prozentpunkten.
Quelle: Neue Zürcher Zeitung, Online-Ausgabe, 12.07.2003

  • Die US-geführten Streitkräfte in Irak haben nach Angaben ihres Beraters Bernard Kerrick vier Männer gefasst, die Cousins des entmachteten Diktators Saddam Hussein sein sollen. Man habe sie festnehmen können, weil die Alliierten Informationen über die Aufenthaltsorte mehrerer Mitglieder der ehemaligen Führung erhalten hätten, sagte Kerrick am 12. Juli der Nachrichtenagentur AFP. Die vier Männer, die binnen zwölf Stunden gefangen genommen wurden, seien Mitglieder des persönlichen Sicherheitsdienstes von Saddam Hussein gewesen und vermutlich Cousins. Es gebe Fotos, die das Quartett beim Foltern eines Mannes zeigten. Nähere Angaben zur Identität der Gefassten machte Kerrick nicht.
  • Der ehemalige UN-Chefwaffeninspekteur Hans Blix hat dem britischen Premierminister Tony Blair einen "fundamentalen Fehler" bei seiner Argumentation vor dem Irak-Krieg vorgeworfen. Er wisse nicht, wie die britische Regierung darauf gekommen sei, dass Irak innerhalb von 45 Minuten biologische und chemische Waffen hätte abfeuern können, sagte Blix im britischen "Independent on Sunday" vom 13. Juli. Mit dieser Einschätzung habe London "weit daneben" gelegen. Er halte es für "sehr unwahrscheinlich", dass "auch nur die geringste Möglichkeit" für diese Gefahr gegeben habe.
  • In Irak ist am 13. Juli nach zweimonatigen Verhandlungen der neue Verwaltungsrat zusammengetreten. AP veröffentlichte eine Liste der 25 Mitglieder mit Angabe ihrer politischen und religiösen Zugehörigkeit oder Funktion:
    • Ahmed Tschalabi, Gründer des Irakischen Nationalkongresses, Schiit
    • Abdel-Asis el Hakim, Führer des Obersten Rats für die Islamische Revolution, Schiit
    • Ibrahim el Dschaafari, Islamische Partei Dawa, Schiit
    • Naseer el Tschadertschi, Nationaldemokratische Partei, Sunnit
    • Dschalal Talabani, Patriotische Union Kurdistans, sunnitischer Kurde
    • Massud Barsani, Demokratische Partei Kurdistans, sunnitischer Kurde
    • Ijad Allawi, Irakisches Nationalabkommen, Schiit
    • Ahmed el Barak, Menschenrechtsaktivist, Schiit
    • Adnan Patschatschi, ehemaliger Außenminister, Sunnit
    • Akuila el Haschimi, Expertin für ausländische Angelegenheiten, Schiitin
    • Radscha Habib el Chusaai, Direktorin eines Frauenkrankenhauses, Schiitin
    • Hamid Madschid Mussa, Kommunistische Partei, Schiit
    • Mohammed Bahr el Ullum, Geistlicher aus Nadschaf, Schiit
    • Ghasi Maschal Adschil el Jauer, Stammesführer aus dem Norden, Sunnit
    • Mohsen Abdel Hamid, Irakische Islamische Partei, Sunnit
    • Samir Schakir Mahmud, Sunnit
    • Mahmud Othman, sunnitischer Kurde
    • Salaheddine Bahaaeddin, Islamische Union Kurdistans, sunnitischer Kurde
    • Junadem Kana, assyrischer Christ
    • Muwafak el Rabii, Schiit
    • Dara Nur Alsin, Richter
    • Sondul Tschapuk, Turkmenin
    • Wael Abdul Latif, Gouverneur von Basra, Schiit
    • Abdel-Karim Mahud el Mohammedawi, Hisbollah, Schiit
    • Abdel-Sahraa Othman Mohammed, Islamische Partei Dawa, Schiit
    Bei dpa liest sich die Inthronisation des Rats so: "Eine feierliche Runde präsentierte sich Sonntag der Presse in Bagdad. Auf 25 Designer-Stühlen aufgereiht saßen da schiitische Geistliche im würdevollen Ornat, Stammesführer im traditionellen arabischen Gewand, in der Mehrheit aber ältere Herren in dunklen westlichen Anzügen sowie drei Frauen, davon zwei mit Kopftuch. Sie alle bilden den provisorischen irakischen Regierungsrat, eine Vorstufe einer späteren irakischen Regierung."
    Der Regierungsrat hat als erste Amtshandlung den 9 . April, den Tag der amerikanischen Eroberung Bagdads, zum Nationalfeiertag erklärt. Gleichzeitig wurden per Dekret alle Festtage, die in Zusammenhang mit dem abgesetzten Baath-Regime von Saddam Hussein stehen, abgeschafft.
  • Die US-Armee hat mit einer neuen Operation gegen verbleibende Widerstandsnester im Irak begonnen. Das verkündete das amerikanische Zentralkommando am 13. Juli. Mit dem "Präventivschlag" wolle man gegen Kräfte um die gestürzte Führungsriege von Saddam Hussein vorgehen. Die Operation sei bereits am 12. Juli aufgenommen worden. Nach Geheimdienstinformationen sollen ehemalige Mitglieder des Saddam- Regimes Anschläge auf Einrichtungen der Koalitionstruppen planen, hieß es.
14. bis 20. Juli
  • Die indische Regierung entsendet keine Truppen nach Irak, die für die US-Amerikaner Hilfsdienste leisten sollten. Diese Entscheidung fällte das Kabinettskomitee zu Sicherheitsfragen am 14. Juli auf seiner Sitzung in Neu-Delhi. Außenminister Yashwant Sinha gab dazu eine Erklärung ab, in der es sinngemäß heißt, eine Stationierung indischer Soldaten in Irak käme nur in Frage, wenn es ein Mandat der UNO in Form einer eindeutigen Resolution des Sicherheitsrates gebe. Man habe alle Faktoren bei der Debatte über den Wunsch Washingtons in Betracht gezogen. Indische Soldaten an Euphrat und Tigris ließen sich jedoch nicht mit den längerfristigen nationalen Interessen Indiens vereinbaren.
  • Durch die instabile Sicherheitslage in Irak sind nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation viele Frauen und Mädchen vom öffentlichen Leben weit gehend ausgeschlossen. "In Bagdad haben Frauen und Mädchen Angst, viele gehen nicht zur Schule, nicht zur Arbeit oder auf Jobsuche", sagte eine Sprecherin von Human Rights Watch am 15. Juli in New York. Die weibliche Bevölkerung fürchte Vergewaltigungen und Entführungen. Der Organisation seien bereits 25 glaubhafte Berichte über solche sexuellen Übergriffe bekannt. Weder irakische Polizisten noch die US-Soldaten gingen diesen Fällen hinreichend nach oder sorgten für ausreichenden Schutz.
  • Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat Flüchtlinge aus Irak vor einer übereilten Rückkehr in ihre Heimat gewarnt. Die Iraker sollten sich gedulden, bis die Versorgungs- und Sicherheitslage in ihrer Heimat eine geordnete Rückkehr zulasse, sagte UNHCR-Sprecher Kris Janowski am 15. Juli vor Journalisten in Genf. Den iranischen Grenzposten Schalamscha etwa überquerten täglich rund fünfzig bis hundert Flüchtlinge. Es sei zu befürchten, dass sie unter "unsicheren Bedingungen" nach Hause kämen, sagte Janowski.
  • Die Entscheidung, ob die unter der entmachteten irakischen Führung geschlossenen Öl-Verträge mit Russland noch gelten, liegt nach US-Angaben bei der künftigen irakischen Regierung. Bis zu deren Entscheidung blieben die Verträge ausgesetzt, sagte der US-Botschafter in Moskau, Alexander Vershbow, der Nachrichtenagentur Interfax am 15. Juli. Der irakische Ölsektor gehöre dem irakischn Volk. Daher müssten auch die Entscheidungen über die Ausbeutung der Ölvorkommen von der künftigen Regierung gefällt werden. Die Gültigkeit der Verträge russischer Unternehmen, die unter Saddam Hussein zustande kamen, seien daher ausgesetzt worden. Unklar ist, wie sich diese Auffassung mit der UN-Resolution 1483, Ziffer 16 a) verträgt.
  • Trotz wachsender Kritik an der Verwendung fragwürdiger Geheimdienstbeweise für angebliche irakische Waffenprogramme hat US-Präsident George W. Bush seine Irak-Politik verteidigt. Wie zum Zeitpunkt seiner Rede zur Nation im Januar sei er auch heute noch "absolut" davon überzeugt, dass der ehemalige irakische Machthaber Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen entwickeln ließ, sagte Bush am 15. Juli in Washington. Ein Sprecher des Präsidenten wies Anschuldigungen zurück, Bush habe mit den Angaben über angebliche Uran-Ankäufe Iraks in Afrika in seiner umstrittenen Rede die Öffentlichkeit täuschen wollen. Bush verteidigte auch die Arbeit seiner unter Beschuss geratenen Geheimdienste: "Die Geheimdienst-Informationen, die ich bekomme, sind verdammt gute Informationen."
  • Bei Plünderungen in der irakischen Atomanlage Tuwaitha sind offenbar zehn Kilogramm radioaktives Uran verschwunden. Das Material eigne sich jedoch nicht zum Bau von Atomwaffen, teilte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bei der Vorstellung eines Untersuchungsberichts am 16. Juli in Wien mit. IAEA-Direktor Mohamed el Baradei werde jedoch bei der US-Zivilverwaltung und dem irakischen Regierungsrat darauf dringen, dass der Verbleib des Materials geklärt werden müsse, hieß es. Die IAEA wies darauf hin, dass in Irak mehrere weitere Anlagen zur Lagerung radioaktiven Materials existieren, welche die Inspekteure nicht hätten besichtigen dürfen.
  • Am 16. Juli, dem 24. Jahrestag der Machtübernahme von Saddam Hussein, wurden erneut mehrere Angriffe auf die Besatzungstruppen gemeldet:
    Ein US-Soldat starb bei einem Angriff mit einer Panzerabwehrrakete auf einen Versorgungskonvoi in der Nähe des berüchtigten Abu-Ghraib-Gefängnisses westlich von Bagdad. Die zwanzig Fahrzeuge befanden sich auf einer Hauptstraße. Soldaten der angegriffenen Einheit sagten der Nachrichtenagentur AP, dass zwei weitere Kameraden verwundet worden seien. Nach dem Anschlag bei Abu Ghraib rückten US-Truppen mit Panzern und Schützenpanzern an und durchsuchten die umliegenden Ortschaften.
    Im Süden Bagdads wurde nach Angaben von Augenzeugen bei einem weiteren Anschlag ein US-Geländewagen zerstört. Drei US-Soldaten seien verletzt abtransportiert worden.
    Insgesamt kamen seit dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen in Irak mehr als 80 US-Soldaten ums Leben, 33 von ihnen durch feindliche Angriffe.
    Der Bürgermeister von Hadithah wurde in seinem Wagen erschossen, als er durch die Stadt 240 Kilometer westlich von Bagdad fuhr. Auch einer der neun Söhne von Mohammed Najil el Juraifi wurde bei dem Angriff getötet. Ein Sprecher der US-Streitkräfte bestätigte einen entsprechenden Bericht des arabischen Senders El Dschasira. Vor dem Attentat hätten Einwohner Hadithahs den Bürgermeister kritisiert, weil er mit der Besatzungsmacht zusammenarbeite, berichtete der Sender weiter.
    Ein acht Jahre alte Mädchen kam am 16. Juli ums Leben, als ein Angreifer eine Granate in ein Militärfahrzeug in Westbagdad schleuderte. Der amerikanische Fahrer, der eine Bank bewachte, wurde ebenso wie vier erwachsene irakische Passanten verletzt.
    Erstmals seit dem Sturz des irakischen Machthabers Saddam Hussein ist ein US-Militärflugzeug mit einer Flugabwehrrakete angegriffen worden. Die Boden-Luft-Rakete sei am Morgen des 16. Juli am Flughafen von Bagdad auf eine landende Transportmaschine vom Typ C-130 "Hercules" abgefeuert worden, habe ihr Ziel aber verfehlt, teilte eine US-Militärsprecherin mit.
  • Nach den Zerwürfnissen wegen des Irak-Krieges hat Bundesaußenminister Joschka Fischer Europa und die USA zur Bildung einer Allianz für den Frieden aufgerufen. Stabilität nicht nur im Irak, sondern auch in anderen Krisenregionen des Nahen Ostens sowie Iran sei ein "gemeinsames Interesse" Europas und der USA, sagte Fischer dem US-Sender PBS am 16. Juli. Der Minister hält sich erstmals seit Ende des Irak-Krieges zu einem Besuch in den USA auf.
  • Der Nahost-Experte Peter Scholl-Latour sieht die USA in Irak am Beginn eines jahrelangen Guerillakrieges. "Auf die Dauer ist ein Land nicht zu halten, wenn man keine politische Lösung findet", sagte Scholl-Latour dem "Hamburger Abendblatt" (Ausgabe vom 16. Juli). Einen Partisanenkrieg könnten die USA nur vermeiden, "indem man den Irakern ihr Land zurückgibt", erklärte er. Scholl-Latour warnte die Bundesregierung davor, Bundeswehrsoldaten nach Irak zu schicken: "Von einem Einsatz als Hilfstruppen im Tross der Amerikaner rate ich dringend ab."
  • Angesichts der täglichen Anschläge auf US-Soldaten in Irak hat die US-Armee erstmals von einem Guerilla-Krieg gesprochen. Die Koalitionstruppen stünden einem Netzwerk kleinerer Zellen gegenüber, die angriffen, "wann und wo es ihnen beliebt", sagte der US-Oberbefehlshaber John Abizaid am 17. Juli. Die Rede war von Zellen "von sechs bis acht Leuten", welche die US-Truppen mit Panzerabwehrraketen und Maschinengewehren angriffen. Dies sei eine "klassische" Guerilla-Taktik. Dahinter steckten vermutlich Mitglieder der Baath-Partei von Ex- Präsident Saddam Hussein. Abizaid sagte, die USA seien "von der kompletten Zerstörung der irakischen Armee und der fast vollständigen Auflösung der irakischen Sicherheitsinstitutionen, vor allem der Polizei" überrascht gewesen. Bislang hatten die USA das Wort "Guerilla" im Zusammenhang mit Irak stets vermieden, um keine Erinnerungen an den verlorenen Vietnam-Krieg zu wecken.
  • Am 17. Juli, dem 35. Jahrestag der Machtübernahme durch die Baath-Partei, strahlten arabische Sender ein Tonband aus, auf dem angeblich Saddam Hussein die Iraker zum Widerstand auffordert. Auf dem von den Fernsehsendern El Arabija und El Dschasira ausgestrahlten Tonband wirft die Stimme US-Präsident George W. Bush und dem britischen Premierminister Tony Blair vor, zur Rechtfertigung des Irak-Krieges gelogen zu haben. Dies sei ihnen klar gewesen, als sie ihre Entscheidung für den "Aggressionskrieg" getroffen hätten, fügte die Stimme in Anspielung auf die angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen hinzu. Zugleich äußerte sich der Sprecher auf dem Band zuversichtlich, dass das irakische Volk, das "die Besatzung bekämpft", alle Anweisungen der Besatzer zurückweisen werde.
  • US-Soldaten haben in Irak nach eigenen Angaben große Mengen Plastiksprengstoff und andere Waffen beschlagnahmt. Der Sprengstoff und die Waffen seien bei mehr als einem Dutzend Durchsuchungsaktionen in der Nacht entdeckt worden, teilte ein Sprecher der US-Armee am 17. Juli in Bagdad mit. Insgesamt habe es sich um etwa eine Tonne C4-Sprengstoff mit 250.000 Zündern gehandelt. Zudem seien knapp 300 Sturmgewehre und 500 Granaten sichergestellt worden. Im Zusammenhang mit den Militäraktionen nahmen Soldaten den Angaben zufolge 30 Verdächtige fest. Über die Orte der Aktionen wurden keine Angaben gemacht.
  • Die wegen ihrer Begründung des Irak-Kriegs unter Druck geratenen Verbündeten, US- Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair, haben ihre Kriegsentscheidung erneut verteidigt. Der gestürzte irakische Präsident Saddam Hussein habe chemische und biologische Massenvernichtungswaffen besessen, erklärte Bush am 17. Juli in Washington. Er sei überzeugt, dass Saddam versucht habe, sein Atomwaffenprogramm wieder aufzulegen, sagte Bush auf einer Pressekonferenz mit Blair. Dieser hatte zuvor im US-Kongress in einer mit viel Beifall bedachten Rede den Kritikern entgegen gehalten, am Ende werde die Geschichte die Kriegsentscheidung rechtfertigen, selbst wenn die gegen Irak erhobenen Vorwürfe sich als nicht belegbar erweisen sollten. "Wenn wir uns geirrt haben, dann haben wir zumindest eine Bedrohung beseitigt, die für unmenschliches Morden und Leid verantwortlich ist", sagte Blair und fügte hinzu: "Ich glaube fest, dass die Geschichte dies verzeihen wird." Ein Zögern, wo Führungsstärke gefragt war, wäre aus seiner Sicht hingegen unverzeihlich gewesen. "Es wird sich nicht erweisen, dass wir Unrecht hatten", prophezeite Bush. "Die Regierung von Saddam Hussein war eine schwerwiegende und wachsende Bedrohung", sagte Bush. "Angesichts der Historie von Terror und Gewalt, die sich mit der Person Saddams verknüpft, wäre es ein schrecklicher Fehler gewesen, auf Saddams Zurechnungsfähigkeit oder Zurückhaltung zu setzen", sagte Bush. Und so lange er Präsident sei, würde er niemals das Leben der US-Bürger durch die Annahme in Gefahr bringen, die Feinde verfolgten gute Ziele mit solchen Waffen", fügte er hinzu.


Statistik
Seit Beginn des Irak-Krieges am 20. März sind nach Angaben des Pentagons bis einschließlich 17. Juli 147 US-Soldaten bei Kämpfen oder Anschlägen getötet worden. Dies entspricht exakt der Zahl der US-Soldaten, die im Golfkrieg 1991 bei Kampfhandlungen starben. 32 der Soldaten wurden nach dem 1. Mai getötet, dem Tag, an dem Präsident George W. Bush das Ende der Hauptkampfhandlungen erklärte. Insgesamt kamen seit Kriegsbeginn am 20. März nach Angaben des US- Verteidigungsministeriums 224 Amerikaner in Irak ums Leben. 77 davon sind jedoch nicht bei Kämpfen oder Anschlägen getötet worden, sondern wurden Opfer von Unfällen oder starben auf andere Weise.

  • Für die Wiederherstellung von Sicherheit und Stabilität in Irak sind nach einer US-Studie weit mehr finanzielle Mittel und Personal erforderlich als bislang eingesetzt. Das Ausmaß der Aufgaben in Irak könne nicht hoch genug eingeschätzt werden, heißt es in einer am 17. Juli (Ortszeit) in Washington veröffentlichten Untersuchung des Rats für Auswärtige Angelegenheiten und des Zentrums für Strategische und Internationale Studien. Die Besatzungsmächte in Irak brauchen demnach breite Unterstützung auch durch Länder und Organisationen, die sich nicht am Krieg beteiligt hätten. Die US-geführten Verbündeten könnten die Lasten des Wiederaufbaus nicht allein stemmen. Auch seien die finanziellen Mittel aus dem durch Ölverkäufe gespeisten Wiederaufbau-Fonds nicht ausreichend.
  • Die Nachrichtenagentur AP sowie mehrere US-amerikanische Zeitungen berichteten am 18. Juli 2003 in ihren Ausgaben über eine brisante Dokumentation von "Judicial Watch", einer konservativen privaten Organisation, die nach eigenem Bekunden gegen Korruption und Amtsmissbrauch von Regierungsstellen vorgeht. Die Dokumentation befasst sich mit der Arbeit einer Arbeitsgruppe, die von US-Präsident Bush kurz nach dessen Amtsantritt eingesetzt worden war und dessen Vorsitz der aus der Ölbranche stammende US-Vizepräsidenten Richard Cheney inne hatte. Zwei Jahre vor dem Irakkrieg hat diese Arbeitsgruppe Energie (Energy Task Force) detaillierte Informationen über die irakische Ölindustrie zusammengestellt. Entsprechende Dokumente wurden nun am 17. Juli von Judicial Watch in Washington veröffentlicht. Die Informationen bestätigen, was schon lange kein Geheimnis war, dass für die Regierung von US-Präsident George W. Bush vor dem Krieg das Nahost-Öl, insbesondere das irakische Öl eine große Rolle spielte. (Siehe unsere Dokumentation der Ölkarte und der Liste von Ölirmen aus 30 Ländern.)
  • Das Kinderhilfswerk UNICEF bemüht sich darum, dass demnächst alle irakischen Kinder in die Schule gehen können. Bis zum Beginn des neuen Schuljahrs im September würden vier Millionen Kinder im Grundschulalter mit Lernmaterial ausgestattet, teilte die UN-Organisation am 18. Juli in Köln mit. Derzeit hätten nur 60 Prozent der irakischen Kinder die Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Um die Situation zu verbessern, stellt die Hilfsorganisation zurzeit 42.000 Pakete mit Stiften und Schreibtafeln zusammen. Hinzu kommen Pakete mit Unterrichtsmaterial für 135.000 Lehrer sowie Wandtafeln für 16.000 Klassenräume. Auch die Reparatur und der Wiederaufbau von zerstörten oder geplünderten Schulgebäuden werden unterstützt.
  • Russland macht eine Entsendung von Friedenstruppen nach Irak von einem Mandat der Vereinten Nationen abhängig. Ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau bekräftigte am 18. Juli, sein Land werde für die von den USA geführten Koalitionstruppen keine Soldaten zur Verfügung stellen, könnte sich aber die Beteiligung an einem Einsatz vorstellen, "wenn es einen entsprechenden Beschluss des UN-Sicherheitsrats gibt".
  • "Wenn dieser Friede nicht gewonnen wird, hat das fatale Folgen!" Mit dieser dramatischen Warnung vor einem Chaos in Irak schloss Außenminister Joschka Fischer seine einwöchige USA-Reise ab, von der er am 18. Juli nach Berlin zurückkehrte. Unter Anspielung auf die Kriegsgründe der USA sagte Fischer, heute gehe es nicht mehr um Regimewechsel. Heute gehe es um Transformation. Das sei ein viel größerer und komplexerer Vorgang, denn der schließe sozialen Wandel und die Modernisierung in der arabischen Welt ein. Mit militärischen Mitteln allein sei das nicht zu machen. Notwendig sei daher eine transatlantische Strategiediskussion. Die Vereinten Nationen böten für diesen politischen Prozess den Rahmen. Damit könne die Grundlage für eine groß angelegte Reaktion auf die Terrorangriffe vom 11. September 2001 gelegt werden. Nicht mehr die USA mit ihrer Militärmacht allein, sondern der ganze Westen und seine Partner seien nun gefordert: "Wenn wir unsere Sicherheit sichern wollen, müssen wir auf friedlichen Wandel setzen," sagte der Minister in der Schlussbewertung seiner USA-Visite. An anderer Stelle hatte Fischer erklärt: "Die humanitären Folgen eines Krieges in Irak erfüllen uns mit tiefer Sorge. Es geht jetzt darum, alles nur mögliche zu tun, um eine humanitäre Katastrophe abzuwenden." Die Nachrichtenagentur AP bemerkt dazu: "Er (Fischer) sagte dies bereits am 19. März vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York. Wenige Stunden später begann die Invasion der Luftstreitkräfte der Kriegskoalition." Man möge sich auch an die Zeit vor dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien Anfang 1999 erinnern, als der Krieg vorbereitet und begonnen wurde, um eine "humanitäre Katastrophe" zu verhindern.
  • Einer Meldung von AP vom 18. Juli zufolge hat die US-Regierung angeblich trotz Warnungen des Geheimdienstes auf der Erwähnung der umstrittenen Uran-Passage in der Rede von Präsident George W. Bush zur Rechtfertigung des Irak-Krieges bestanden. Ein Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates, Robert Joseph, habe den zweifelhaften Hinweis auf angebliche irakische Uran-Käufe in Niger unbedingt im Text haben wollen, berichtete der US-Fernsehsender MSNBC am 17. Juli (Ortszeit). Dies habe ein CIA-Agent als Zeuge vor dem Geheimdienstausschuss des US- Senats ausgesagt.
  • Das Technische Hilfswerk wird am 21. Juli mit der Vorbereitung eines Hilfseinsatzes für Irak beginnen. Das teilte das Bundesinnenministerium in Berlin am 18. Juli mit. Ein Erkundungsteam soll nach Kuwait aufbrechen, um anschließend in Irak beim Aufbau der zerstörten Wasser- und Stromversorgung zu helfen. Die Regierung in Washington habe das Hilfsangebot des Bundesinnenministers "mit Dank angenommen", hieß es in der Mitteilung.
  • Die US-Armee hat in Irak im Zuge von zwei weiteren Militäraktionen mehr als eintausend mutmaßliche Anhänger des ehemaligen Machthabers Saddam Hussein festgenommen. Bei der am Vortag abgeschlossenen Operation "Soda Mountain" wurden mehr als 600 Verdächtige in Gewahrsam genommen, wie die US-Armee am Freitag erklärte. Weitere 450 mutmaßliche Gegner der Besatzungsmächte seien bei der parallel gestarteten Mission "Efeuschlange" in Gewahrsam genommen worden. Zugleich wurden knapp 4.300 Granatwerfer, mehr als 1.300 Raketenwerfer und 635 Waffen aller Kaliber sichergestellt.
  • Ein US-Soldat wurde Opfer eines Sprengsatzes, der auf einer Brücke westlich von Falludscha detonierte, erklärte eine Sprecherin des US-Militärkommandos am 18. Juli in Bagdad. Die selbst gebaute Bombe explodierte, als ein US-Konvoi über die Brücke fuhr. Das Fahrzeug des getöteten Soldaten wurde komplett zerstört. Weitere US-Truppenangehörige kamen nicht zu Schaden.
    Ein Soldat der 1. US-Infanteriedivision ist am Abend des 18. Juli in Bagdad aus dem Hinterhalt erschossen worden. Der Soldat befand sich auf einem Patrouillengang. Wenig Stunden zuvor war ein zweiter US-Soldat durch einen Sprengsatz, der auf einer Brücke westlich des Unruheherds Falludscha detonierte, ums Leben gekommen. Die selbst gebaute Bombe explodierte, als ein US-Konvoi über die Brücke fuhr.
  • UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat sich für einen klaren Zeitplan zur Rückgabe der vollen Souveränität an die Iraker ausgesprochen. In seinem ersten Bericht nach dem Irak-Krieg an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNO) erklärte Annan, die Iraker wollten nicht von Fremden eine Demokratie aufgedrückt erhalten. Annan bot in dem am 18. Juli übergebenen Bericht die Hilfe der UNO in der politischen Übergangsphase im Irak an. Er machte aber zugleich deutlich, dass die UNO nicht die Verantwortung für Recht und Ordnung im Land übernehmen wolle. Annan erklärte, zahlreiche Iraker hätten in Gesprächen mit seinem Sonderbeauftragten Sergio Vieira de Mello deutlich gemacht, dass die schnelle Bildung einer Übergangsregierung ihr zentrales Anliegen sei. "Es ist wichtig, dass die Iraker einen klaren Zeitplan sehen, der zur vollen Wiederherstellung der Souveränität führt", hieß es in dem von Vieira erstellten Bericht weiter. Es wachse der Druck, eindeutig die Maßnahmen auszuzählen, die zu einer Beendigung der militärischen Besatzung führten. "Die täglichen Lebensumstände haben sich nicht verbessert, zumindest nicht für die in den städtischen Gegenden", hieß es in dem Bericht. Es gebe weiter Plünderungen und Sabotageakte, die eine Wiederherstellung der Grunddienstleistungen erschwerten. Hinzu komme ein illegaler Handel mit Öl und Benzin.
  • Der Sieg über die Anhänger des entmachteten irakischen Präsidenten Saddam Hussein braucht nach den Worten von US-Außenminister Colin Powell Zeit. Es werde "ein wenig dauern", bis alle Überreste der Baath-Partei, alle Fedajin-Kämpfer "und andere Kriminellen" in Irak vollständig besiegt seien, sagte Powell in einem am 19. Juli von den Rundfunksendern Radio France Internationale (RFI) und Radio Monte Carlo Moyen-Orient (RMO-MO) ausgestrahlten Interview. Die USA hätten im Vorfeld gewusst, dass es auch nach dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen am 1. Mai noch Kämpfe geben werde. Die irakische Armee sei geschlagen worden; seitdem sei die US-Armee Ziel überraschender Angriffe und Überfälle aus dem Hinterhalt. "Wir sind davon nicht überrascht", sagte Powell.
  • Das Verschwinden und der Tod des britischen Waffeninpekteurs David Kelly. Ein in den Streit mit dem Fernsehsender BBC verwickelter Berater des britischen Verteidigungsministeriums ist von seiner Familie vermisst gemeldet worden. Der 59-jährige David Kelly, ein ehemaliger UN-Waffeninspekteur, hatte vor dem außenpolitischen Ausschuss des Unterhauses gesagt, er habe mit dem BBC-Reporter Andrew Gilligan gesprochen. Er glaube jedoch nicht, dass er die Quelle für den Fernsehbericht gewesen sei. In dem Bericht hieß es, die Regierung habe Angaben des Geheimdienstes verändert, um eine stärkere Rechtfertigung für den Irak-Krieg vorlegen zu können. Umstritten ist insbesondere die Aussage, Irak sei innerhalb von 45 Minuten zum Einsatz biologischer oder chemischer Waffen bereit gewesen. Wie die Polizei am 18. Juli erklärte, verschwand Kelly am 17. Juli in der Nähe seines Hauses nahe Abingdon in Oxfordshire. Zuvor hatte er seiner Familie gesagt, er wolle einen Spaziergang machen. Als er gegen Mitternacht noch nicht zurück war, alarmierte die Familie die Polizei. Eine Durchsuchung von Kellys Haus und der Umgebung blieb ohne Ergebnis.
    Acht Kilometer vom Haus des Irak-Experten in Southmoor bei Oxford entfernt fand die Polizei am 18. Juli die Leiche eines Mannes, auf den die Kellys Beschreibung zutrifft.
    Nachdem feststand, dass es sich bei dem Toten um den vermissten Kelly handelt, bezeichnete der britische Premierminister Tony Blair den mysteriösen Tod als "schreckliche Tragödie". Zugleich forderte der Regierungschef am 19. Juli "saubere und unabhängige Ermittlungen", mit denen die Hintergründe geklärt werden sollten. So lange sollten "Politiker und Medien etwas Respekt und Zurückhaltung zeigen", sagte Blair vor Journalisten in Tokio, der ersten Station seiner sechstägigen Asienreise. Später wurde von den untersuchenden Behörden bekanntgegeben, dass David Kelly anscheinend Selbstmord begangen habe. Der britische Regierungsberater schnitt sich nach Angaben der Polizei die linke Pulsader auf. Die Polizei erklärte, sie habe nahe der Leiche ein Messer und einige Schmerztabletten gefunden. Es gebe keine Hinweise auf Fremdeinwirkung.
    Die Familie des britischen Biowaffenexperten David Kelly hat alle Beteiligten aufgerufen, über ihre Rolle bei den Ereignissen nachzudenken, die zu seinem Selbstmord führten. "Ereignisse in den vergangenen Wochen haben Davids Leben unerträglich gemacht", hieß es in einer Erklärung der Hinterbliebenen, die am 19. Juli von der Polizei veröffentlicht wurde. "Alle Beteiligten sollten lang und ernsthaft über diese Tatsache nachdenken." Die Familie bat darum, ihr den Freiraum zu geben, in Frieden zu trauern. Das Ausmaß der Tragödie sei schwer zu begreifen.
    Der britische Premierminister Tony Blair hat nach dem Selbstmord des Biowaffenexperten David Kelly Forderungen nach Einberufung des Parlaments eine Absage erteilt. Die Abgeordneten aus den Parlamentsferien zu holen, würde "mehr Hitze als Licht" erzeugen, sagte Blair dem britischen Fernsehsender Sky News. Er halte dies nicht für angemessen. Vielmehr müsse es jetzt eine "Phase des Nachdenkens" geben, in der der zuständige Ermittlungsrichter die jüngsten Vorfälle untersuchen solle. Blair gab das Interview am 20. Juli vom japanischen Hakone aus.

    UNMOVIC über David Kelly:
    Der britische Regierungsberater und frühere Irak- Waffeninspekteur David Kelly ist von seinen Ex-Kollegen bei den Vereinten Nationen als geachteter Fachmann gewürdigt worden. Seine Professionalität sei allgemein geschätzt worden, hieß es am Abend des 19. Juli in einer Erklärung der UN-Inspektionskommission für den Irak (UNMOVIC). Die UN-Kommission sprach zugleich der Familie Kellys ihr Beleid aus. Der Brite habe seit 1991 an verschiedenen Inspektions-Missionen im Irak mitgewirkt. 1999 habe er für UNMOVIC eine umfangreiche Einschätzung zu biologischen Waffen angefertigt, teilte UNMOVIC mit. Von Ende 2000 bis Anfang 2003 habe Kelly geholfen, UN-Inspekteure für die Suche nach Biowaffen auszubilden. Nach Vermutungen der britischen Regierung war Kelly die Hauptquelle für einen brisanten BBC-Bericht, wonach London ein Waffen-Dossier über die vom Irak ausgehende Gefahr aufgebauscht hatte. Kelly hatte das bestritten. Der Tod des 59-Jährigen verschärft die derzeitige Krise in der Labour-Regierung weiter, die sich wegen der bislang nicht aufgetauchten Massenvernichtungswaffen im Irak mit dem Vorwurf der Täuschung konfrontiert sieht.
  • Bei einem neuen Angriff aus dem Hinterhalt sind in Irak zwei US-Soldaten getötet worden. Ein dritter Soldat sei am Morgen des 20. Juli bei dem Angriff bei Tall Afar, westlich der nordirakischen Stadt Mossul, verletzt worden, teilte ein US-Armeesprecher in Bagdad mit. Eine Einheit der 101. US-Luftlandedivision sei mit Raketenwerfern und Schusswaffen attackiert worden. Die Opfer seien zu einem Militärkrankenhaus gebracht worden, zwei von ihnen seien jedoch ihren Verletzungen erlegen.
  • In der südirakischen Stadt Nadschaf versammelten sich am Morgen des 20. Juli rund 10.000 Schiiten zu einer Kundgebung. Sie skandierten Parolen wie "Nieder mit den USA! Nieder mit den Überheblichen!" Dabei sollen schiitische Demonstranten US-Soldaten mit Steinen beworfen haben. Geistliche hätten versuchten, die aufgebrachten Demonstranten zu beruhigen, die vor der Stadtverwaltung von Nadschaf etwa einem Dutzend US-Marineinfanteristen gegenüber standen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Soldaten richteten die Mündungen ihrer Gewehre auf den Boden.
  • Die USA und die Türkei wollen gemeinsam gegen türkisch-kurdische Rebellen in Nordirak vorgehen. Die Frage sei mit führenden US-Militärs in Ankara erörtert worden, teilte der türkische Generalstab am 19. Juli mit. Bei den Gesprächen mit dem Oberbefehlshaber für die US-Truppen in Irak und im Nahen Osten, John Abizaid, und dem Oberbefehlshaber für die US-Truppen in Europa, James L. Jones, sei "ein gemeinsames Vorgehen gegen Aktivitäten der Terrororganisation PKK-KADEK in Nordirak" diskutiert worden.
    Dazu passt folgende Meldung: Die USA haben die türkisch-kurdischen Rebellen in Nordirak unter Androhung militärischer Gewalt aufgefordert, das Land zu verlassen. "Sie werden entweder aufgeben oder, wenn sie sich weigern, die Konsequenzen tragen müssen", sagte der US-Botschafter in Ankara, Robert Pearson, in einem am 20. Juli veröffentlichten Interview mit der türkischen Tageszeitung "Hürriyet". "Die Alternative ist die Anwendung militärischer Gewalt", fügte er hinzu. Die USA duldeten die von Irak ausgehende Bedrohung der Türkei nicht.
  • Der US-Zivilverwalter für Irak, Paul Bremer, rechnet bereits innerhalb des nächsten Jahres mit einer irakischen Regierung. In den nächsten sechs Monaten könnten die Iraker eine neue Verfassung haben. Nach Wahlen sei dann bis zum Sommer 2004 die Einsetzung einer Regierung möglich, sagte Bremer dem US-Fernsehsender Fox News am 20. Juli. Bremer wähnt den entmachteten irakischen Präsidenten Saddam Hussein weiterhin in Irak. Politisch spiele der einstige Machthaber aber keine Rolle mehr. "Tod oder lebendig, der Typ ist fertig", sagte Bremer.
  • Die USA haben offenbar bereits mehr als ein halbes Jahr vor Beginn des Irak-Krieges mit gezielten Luftangriffen ihre Großoffensive vorbereitet. Etwa 50 Angriffe seien von Mitte 2002 bis Anfang des Jahres auf irakische Stellungen geflogen worden, berichtete die US-Tageszeitung "New York Times" am 20. Juli unter Berufung auf US-General Michael Moseley. Als Rechtfertigung hätten Verletzungen der von den USA und Großbritannien ausgerufenen Flugverbotszonen im Norden und Süden Iraks gedient, erläuterte Moseley demnach bei einem Vortrag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Nellis in Nevada. Ziel des "Southern Focus" genannten Plans seien unter anderem Fiberoptik-Kabel gewesen, mit denen die irakische Regierung militärische Befehle übermitteln wollte, berichtete die Zeitung weiter. Für jeden Angriff sei eine Genehmigung von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld notwendig gewesen, die dieser in allen Fällen erteilt habe. Auf mehr als 390 Einrichtungen seien genau 606 Bomben geworden worden. Mehr als 30 irakische Zivilisten seien dabei ums Leben gekommen. Mit Luftangriffen auf die Hauptstadt Bagdad eröffnete die US-Armee am 20. März offiziell den Krieg gegen Irak.
  • Ein irakischer Schäfer hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und den Ex-Oberkommandierenden Tommy Franks wegen des Todes von 17 Familienmitgliedern bei einem US-Bombardement verklagt. Der 71-jährige Abud Sarhan reichte die Klage am 20. Juli in einem Gericht in der irakischen Stadt Ramadi rund hundert Kilometer westlich von Bagdad ein. Sarhan sagte vor Journalisten, ein Kampfflugzeug habe am 4. April sein Zelt in der Wüste angegriffen und neben den 17 Familienangehörigen auch etwa 200 seiner Schafe getötet. Zuvor seien die Bewohner der Gegend jedoch auf US-Flugblättern aufgefordert worden, vor etwaigen Bombardements Schutz in der Wüste zu suchen, da sich in Ramadi irakische Militäreinrichtungen befunden hätten.
  • US-geführte Streitkräfte haben in Irak ein Fahrzeug der Vereinten Nationen beschossen. Die alliierten Soldaten hätten den Wagen in der Nähe des Flughafens von Bagdad unter Feuer genommen, teilte ein UN-Vertreter am 20.Juli mit. Tote oder Verletzte habe es dabei nicht gegeben. Die UNO habe eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet, sagte der UN-Vertreter weiter.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan verlangt einen Zeitplan für den Rückzug der Alliierten aus dem Irak. Am 20. Juli sprach er sich für eine stärkere Rolle der Vereinten Nationen aus. Zugleich begrüßte die Bildung des provisorischen Regierungsrates in Bagdad.
    US- Zivilverwalter Paul Bremer hat die Forderung von UN-Generalsekretär Kofi Annan nach einem "klaren Zeitplan" zurückgewiesen. Der Zeitplan liege nun in der Hand der Iraker, denn entscheidend sei eine neue Verfassung. Das sagte Bremer am 20.Juli dem US-Sender Fox News.
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) hat den US-Truppen im Irak vorgeworfen, tausende irakische Gefangene ohne Anklage und unter entsetzlichen Bedingungen festzuhalten. Einige Iraker seien gezwungen worden, 48 Stunden lang in brütender Hitze in der Sonne zu stehen, sagte Amnesty-Sprecherin Judit Arenas Licea am 20. Juli der Nachrichtenagentur Reuters in Bagdad. In den Gefangenenlagern fehlten vernünftige sanitäre Einrichtungen, Angehörige würden über das Schicksal der Festgehaltenen im Unklaren gelassen. "Wir sind enttäuscht darüber, dass Menschenrechte als Entschuldigung für den Krieg im Irak benutzt wurden und jetzt die Menschenrechte der Iraker verletzt werden", sagte Licea. Das US-Militär lehnte eine Stellungnahme zu den Vorwürfen ab.
21. bis 27. Juli
  • Unbekannte haben in der irakischen Stadt Falludscha einen US-Militärkonvoi mit Raketen angegriffen. Nach dem Angriff in der Nacht zum 21. Juli lieferten sich US-Soldaten mit den Angreifern einen Schusswechsel, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der Raketenangriff auf die drei Armeefahrzeuge richtete keinen Schaden an. Ob es bei dem anschließenden Schusswechsel Tote oder Verletzte gab, war zunächst nicht klar.
    Bei einem Angriff sind am 21. Juli in Bagdad ein US-Soldat und ein irakischer Dolmetscher getötet worden. Der Angriff im Norden der irakischen Hauptstadt sei am Vormittag mit einem improvisierten Sprengsatz und Handfeuerwaffen erfolgt, teilte ein Sprecher der US-Armee mit.
  • Ein fünfköpfiges Erkundungsteam des Technischen Hilfswerks (THW) ist am 21. Juli vom Flughafen Köln/Bonn aus in Richtung Jordanien gestartet, um in Irak einen Hilfseinsatz für den Aufbau der zerstörten Wasser- und Stromversorgung vorzubereiten. Wie das Bundesinnenministerium in Berlin weiter mitteilte, sollen die Experten in enger Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Stellen vor Ort erkunden, wo und in welchem Umfang Hilfe beim Wiederaufbau geleistet werden könne. Dabei werde die "aktuelle Sicherheitslage" berücksichtigt. Der Einsatz des Erkundungsteams solle 14 Tage dauern.
  • Israel hat sein Handelsembargo gegen Irak aufgehoben. Dies habe Finanzminister Benjamin Netanjahu beschlossen, teilte der israelische Militärfunk am 21. Juli mit. Unternehmen, die in Irak investieren oder Waren im- oder exportieren wollten, müssten damit ab sofort keine juristischen Folgen mehr befürchten.
  • Angesichts anhaltender Guerilla-Angriffe im Irak haben die USA die Türkei um die Entsendung von Truppen gebeten. Das meldet die Zeitung "Hürriyet" am 21.Juli unter Berufung auf Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Demnach ist mit einer Entscheidung über einen Einsatz von rund 5000 Soldaten bis Ende dieses Monats zu rechnen. Pakistan lehnte die US-Bitte um Truppen ohne internationales Mandat bereits ab.
  • Die Anführer von rund vierhundert irakischen Volksstämmen sind sich uneins über ihre Beteiligung an einer von den USA geplanten paramilitärischen Stammesmiliz. Zwar hieß es in einer Abschlusserklärung der Allianz der irakischen Volksstämme in der Hauptstadt Bagdad am 21. Juli, der Stammesverband wolle "eine wesentliche Rolle" bei der inneren Sicherheit des Landes spielen. Aber etliche Stammesführer lehnten den Plan ab, die Aufgaben von Polizei und Militär zu übernehmen und in ihren Gebieten für Sicherheit zu sorgen.
  • Die Europäische Union will sich am Wiederaufbau des Iraks stärker beteiligen. Die EU-Außenminister berieten am 21. Juli in Brüssel über den Vorschlag, einen von den USA unabhängigen Fonds zu unterstützen. Nach Angaben von Diplomaten gab es in dieser Frage eine breite Übereinstimmung. Über die erforderlichen Summen wurde noch nicht gesprochen. Die EU strebt außerdem eine stärkere Rolle für die Vereinten Nationen an. Außenminister Joschka Fischer nannte die Idee eines zweiten Wiederaufbaufonds mit EU-Beteiligung vernünftig.
  • Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen will Anfang August mit der Rückführung hunderttausender irakischer Flüchtlinge aus Iran beginnen. Die mehr als 200.000 Iraker in Iran hätten "das Potenzial, beim Wiederaufbau ihres Landes zu helfen", sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Ruud Lubbers am 21. Juli nach einem Besuch im südiranischen Flüchtlingslager Aschrafi Esfahin. Die Modalitäten der Repatriierung in großem Maßstab müssten noch mit den iranischen Behörden ausgehandelt werden, sagte Lubbers. "Die Rückführung soll in den ersten Tagen des August beginnen. Das ist ein ambitionierter Zeitplan."
  • Kurz vor der ersten öffentlichen Sitzung des UN-Sicherheitsrats seit Ende der Hauptkampfhandlungen in Irak hat Russland eine neue UN-Resolution gefordert. Diese solle den Vereinten Nationen eine "aktivere" Rolle beim Wiederaufbau in Irak geben, sagte der russische Außenminister Igor Iwanow am 22. Juli in Moskau. Eine ähnliche Forderung hatte zuvor auch der französische Außenminister erhoben. - Eine neue Resolution der UNO ist nach Meinung von US-Präsident George W. Bush nicht notwendig, damit sich möglichst viele Länder am Wiederaufbau Iraks beteiligen. Die USA seien der Meinung, dass die Resolution 1483 vom Mai "völlig angemessen sei", hatte Bush bereits am 21. Juli auf seiner Ranch in Texas betont.
  • Beim Überfall auf einen US-Militärkonvoi im Westen Iraks ist am 22. Juli ein Soldat getötet worden. Ein weiterer wurde verletzt, als die Fahrzeugkolonne auf der Straße von Balad nach Ramadi aus dem Hinterhalt mit Panzerabwehrraketen angegriffen wurde, wie das US-Zentralkommando mitteilte. Seit dem offiziellen Kriegsende am 1. Mai wurden damit bislang 39 US-Soldaten bei Anschlägen und Überfällen in Irak getötet.
  • Etwa 30.000 bewaffnete Anhänger von Ex-Machthaber Saddam Hussein sabotieren nach Einschätzung des Pentagon-Beraters Richard Perle weiter den Wiederaufbau Iraks. Erst wenn diese "brutalsten Unterstützer" der entmachteten Führung "getötet oder verhaftet" seien, könnten die US-Truppen das Land verlassen, sagte Perle am 22. Juli vor Journalisten in Moskau. Nach "30 Jahren Tyrannei" sei die Einführung demokratischer Strukturen in Irak nicht einfach. Bis zu 300.000 Menschen seien der Herrschaft der Baath-Partei in Irak zum Opfer gefallen.
  • Unbekannte haben am 22. Juli in Irak einen Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) getötet. Die Angreifer hätten den Wagen des Mannes in Hilla im Süden von Bagdad beschossen, teilte das IKRK in seinem Hauptquartier in Genf mit. Der von der Hilfsorganisation beschäftigte Fahrer sei bei dem Angriff verletzt worden.
  • Die beiden Söhne des gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein, Udai und Kusai, sind nach US-Angaben bei einer Schießerei mit US- Soldaten getötet worden. "Wir sind sicher, dass Udai und Kusai getötet wurden", sagte ein Sprecher des US-Militärs am 22. Juli in Bagdad. "Wir haben mehrere Quellen benutzt, um die Einzelpersonen zu identifizieren." Die USA hätten einen Hinweis erhalten, dass die Söhne sich in einer Villa in Mossul aufgehalten hatten. Das Gebäude war am 22. Juli von US-Einheiten gestürmt worden. Dabei wurden nach US-Angaben vier bedeutende Iraker getötet. Udai und Kusai hatten zentrale Rollen im Machtapparat von Saddam inne. - Die US-Regierung hat sich erfreut über die Bestätigung des Todes von Saddam Husseins Söhnen Udai und Kusai gezeigt. "Viele Jahre lang waren diese beiden Individuen für zahllose Grausamkeiten gegen das irakische Volk verantwortlich, nun können sie keinen Schatten des Hasses mehr auf das Land werfen", erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, in Washington.
  • Eine klare Mehrheit der Bundesbürger befürwortet einen humanitären Einsatz der Deutschen in Irak unter dem Dach der Vereinten Nationen. Das ergab eine am 23. Juli veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag des Hamburger Magazins "Stern". Dabei sprachen sich 60 Prozent der 1.008 Befragten für eine derartige Hilfe nach dem Irak-Krieg unter UN-Führung aus. Zwölf Prozent der Befragten sind für einen solchen Einsatz auch dann, wenn er unter US-Kommando stehen würde. 28 Prozent sprachen sich gegen jegliche deutsche humanitäre Hilfe im Irak aus. Ein militärisches Eingreifen der Deutschen wird von der Mehrheit der Bundesbürger abgelehnt. Zwar können sich 44 Prozent der Befragten ein derartiges Engagement der Bundeswehr vorstellen, sofern dies an ein UN-Mandat geknüpft ist. Nur noch fünf Prozent sind aber dafür, falls es unter US-Kommando steht. Die Mehrheit von 51 Prozent ist aber in jedem Fall gegen ein militärisches Eingreifen der Deutschen in Irak.
  • Das Weiße Haus hat erstmals eine Mitverantwortung für die inzwischen diskreditierte Irak-Passage in Präsident George W. Bushs Rede zur Lage der Nation eingeräumt. Dabei geht es um den Vorwurf, der Irak habe versucht, in Afrika atomwaffenfähiges Uran zu kaufen. Der CIA habe dem Weißen Haus schon im letzten Oktober Bedenken an der Richtigkeit des Vorwurfs mitgeteilt, sagte der stellvertretende nationale Sicherheitsberater, Steve Hatley, am 22. Juli in Washington. Damit hat US- Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice die Verantwortung übernommen.
  • Bei einer Explosion nahe der nordirakischen Stadt Mossul ist am 23. Juli ein US-Soldat getötet worden. Sechs weitere Soldaten seien verletzt worden, als ein Konvoi der US-Armee von einer Landmine oder einem Sprengsatz getroffen worden sei, teilte eine Sprecherin der US-Armee mit.

"Wanted": 35 der 55 meist gesuchten Iraker getötet oder gefasst

55 Namen umfasste die US-Liste der meistgesuchten Iraker, deren Bilder als Kartenspiel in Umlauf gebracht wurden. Mittlerweile sind nach Angaben des amerikanischen Zentralkommandos 35 in US-Gewahrsam, vier wurden getötet. Im Folgenden eine Zusammenstellung der Verhafteten und Toten:
  • Nummmer 2: Der jüngste Sohn Saddam Husseins, Kusai, wird am 22. Juli bei einem Gefecht mit US-Soldaten in der nordirakischen Stadt Mossul getötet. Er leitete die Elitetruppen der Republikanischen Garde.
  • Nummer 3: Auch der ältere Sohn Saddam Husseins, Udai, kommt am 22. Juli bei den Kampfhandlungen in Mossul ums Leben.
  • Nummer 4: Abid Hamid Mahmud el Tikriti, Privatsekretär und Cousin des Ex-Diktators, wird am 16. Juni von US-Soldaten verhaftet. Er galt als der drittmächtigste Mann nach Saddam Hussein und war sein engster Vertrauter.
  • Nummer 5: Die Leiche von Ali Hassan el Madschid, bekannt unter dem Namen Chemie-Ali, wird am 7. April von britischen Soldaten in Basra entdeckt.
  • Nummer 8: Asis Saleh el Numan, früherer Gouverneur von Kerbela und Nadschaf, wird am 22. Mai in der Nähe von Bagdad gefangen genommen.
  • Nummer 9: Mohammad Hasmak el Subajdi, früherer Vize-Ministerpräsident. Festnahme am 20. April.
  • Nummer 10: Kamal Mustafa Abdullah Sultan el Tikriti, Ex-Chef der Republikanischen Garden, stellt sich am 17. Mai in Bagdad.
  • Nummer 11: Barsan Abd el Ghafur Sulajman Madschid el Tikriti, Kommandeur einer Sondereinheit von Saddams Republikanischer Garde und Cousin Saddams. Verhaftung am 23. Juli.
  • Nummer 12: Musahim Sab Hassan el Tikriti, Kommandant der irakischen Luftverteidigung. Festnahme am 23. April.
  • Nummer 13: Ibrahim Ahmad Abd el Sattar Muhammad, Generalstabschef der irakischen Armee. Festsetzung am 15. Mai.
  • Nummer 17: Hamid Radscha Schalah el Tikriti, Befehlshaber der irakischen Luftwaffe. Gefangennahme am 14. Juni.
  • Nummer 18: Latif Nusaijif el Dschasim el Dulaimi, früheres Mitglied des Revolutionären Kommandorats. Verhaftung am 9. Juni.
  • Nummer 19: Abdel Tawab Mullah Huweisch, Direktor der Organisation für Rüstungsindustrie. Gefasst am 2. Mai.
  • Nummer 22: Dschamal Mustafa Abdallah Sultan el Tikriti, Schwiegersohn des gestürztes Staatschefs. Festnahme am 20. April.
  • Nummer 23: Misban Chadr Hadi, Mitglied des Revolutionären Kommandorats. Verhaftung am 8. Juli.
  • Nummer 24: Taha Muhie-eldin Maruf, Vize-Präsident und einziger Kurde in Saddams Hierarchie. Festnahme am 2. Mai.
  • Nummer 25: Tarik Asis, stellvertretender Ministerpräsident, stellt sich am 25. April in Bagdad der US-Armee.
  • Nummer 26: Walid Hamid Taufig, Gouverneur von Basra, ergibt sich am 29. April.
  • Nummer 28: Hikmat Misban Ibrahim el Assaui, Finanzminister. Verhaftung am 18. April.
  • Nummer 29: Mahud Diab el Ahmed, Innenminister. Festsetzung am 8. Juli.
  • Nummer 30: Ajad Futajjih Chalifa, Chef der el Kuds-Miliz. Festnahme am 4. Juni.
  • Nummer 31: General Suhair Talib Abd el Sattar el Nakib, Leiter des Militärgeheimdienstes, ergibt sich am 23. April.
  • Nummer 32: Amer Hamudi Hasan el Saadi, Saddam Husseins Wissenschaftsberater, stellt sich am 12. April.
  • Nummer 33: Amer Raschid Muhammad el Ubajdi, Ölminister, Präsidentenberater. Verhaftung am 28. April.
  • Nummer 34: General Hussam Mohammed Amin, Verbindungsmann zu UN-Waffeninspektoren. Festnahme am 27. April.
  • Nummer 35: Muhammad Mahdi el Salih, Handelsminister. Gefangennahme am 23. April.
  • Nummer 37: Watban Ibrahim Hasan el Tikriti, Halbbruder Saddam Husseins. Am 13. April in Gewahrsam genommen.
  • Nummer 38: Barsan Ibrahim Hasan el Tikriti, ein weiterer Halbbruder. Festnahme am 16. April.
  • Nummer 39: Huda Salih Mahdi Ammasch, Biowaffen-Expertin, stellt sich am 4. Mai.
  • Nummer 42: Samir Abd el Asis el Nadschim, Vorsitzender der Baath-Partei in Ostbagdad. Verhaftung am 17. April.
  • Nummer 43: Abd el Chalik abd el Ghafar, Forschungs- und Bildungsminister. Festnahme am 19. April.
  • Nummer 45: Najef Schedach, Gouverneur von Nadschaf, getötet bei Gefechten in der Nähe von Nadschaf.
  • Nummer 46: Sajf el Din el Maschadani, Gouverneur von Muthanna. Verhaftet am 24. Mai.
  • Nummer 47: Fadil Mahmud Gharib, Gouverneur von Babil. Festnahme am 15. Mai.
  • Nummer 50: Ugla Abid Sakr, Gouverneur von Majsan. Gefasst am 20. Mai.
  • Nummer 51: Ghazi Hammud, Gouverneur von Wasit. Verhaftet am 7. Mai.
  • Nummer 52: Adil Abdillah Mahdi el Duri el Tikriti, Gouverneur von Dhi Kar. Festnahme am 15. Mai.
  • Nummer 53: Husajn el Awadi, Brigadegeneral der irakischen Streitkräfte. Verhaftung am 9. Juni.
  • Nummer 55: Sad Abd el Madschid el Faisal, Mitglied der Baath-Partei. Festnahme am 24. Mai.
Siehe: http://www.centcom.mil/Operations/Iraqi_Freedom/55MostWanted .htm

  • Die Veröffentlichung von Fotos der laut USA getöteten Saddam-Hussein-Söhne Odai und Kusai hat eine Debatte ausgelöst, ob sich die US-Regierung dabei rechtlich und ethisch korrekt verhalten hat. Der Bochumer Völkerrechtsexperte Hans-Joachim Heintze weist am 24. Juli darauf hin, dass die US-Truppen als Besatzungsmacht in Irak nach dem Völkerrecht die öffentliche Ordnung aufrechterhalten und internationale Normen achten müssen. "Wenn es sich bei den Saddam-Hussein- Söhnen um gefangene oder getötete Soldaten gehandelt hätte, wäre die Veröffentlichung der Fotos nach dem Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen eindeutig unzulässig gewesen", sagt der Dozent am Bochumer Institut für humanitäres Völkerrecht. Die Brüder Odai und Kusai seien aber eher als Zivilisten oder Staatsführer anzusehen, für die es keine Sonderregeln gebe. Rechtliche Grenzen setze im konkreten Fall der nach dem Völkernaturrecht geltende Rechtsgrundsatz der Menschenwürde, meint Heintze. "Nach meiner Meinung war die Veröffentlichung deshalb unzulässig." Entscheidend und von großem rechtlichem Belang sei aus seiner Sicht aber eine andere Frage: "Ist es zulässig, diese Männer einfach totzuschießen, anstatt sie zu verhaften und vor Gericht zu stellen?" Dass eine Verhaftung nicht möglich gewesen sei, könne er sich schwer vorstellen: "Schließlich hatten die US-Soldaten eine riesige Übermacht rund um das Haus in Mossul." Andererseits könne man den USA angesichts der aktuellen politischen Lage in Irak nicht jeden kleinen Verstoß gegen das Völkerrecht vorhalten, meint Heintze. "Schließlich ist auch fortdauernde Guerillakrieg gegen die USA und Großbritannien ein Verstoß gegen das Völkerrecht," behauptet er.
  • Eine Gruppe Saddam- Getreuer kündigte per Videoband am 24. Juli an, Rache für den Tod der Söhne des Ex-Präsidenten nehmen zu wollen.
  • In Nordirak sind bei einem Angriff erneut drei US-Soldaten getötet worden. Die Soldaten der 101. Luftlandedivision seien am 24. Juli mit Panzerabwehrraketen angegriffen worden, sagte US-Militärsprecher Todd Pruden in Bagdad. Nähere Angaben zum genauen Ort und Zeitpunkt des Angriffs machte der Armee- Sprecher zunächst nicht. Im nordirakischen Mossul hatten US-Soldaten am Dienstag die beiden Söhne von Saddam Hussein, Udai und Kusai, bei einer Militäraktion getötet.
  • Bei einem Zwischenfall an einem US-Kontrollpunkt im Zentrum von Bagdad wurden am 24. Juli zwei Iraker getötet. US-Soldaten eröffneten Augenzeugen zufolge das Feuer auf ein ziviles Fahrzeug, das mit hoher Geschwindigkeit auf den Kontrollposten zufuhr. In dem Auto sollen Mitglieder der Fedajin-Miliz gesehen worden sein. Augenzeugen zufolge war unklar, ob das Feuer in dem Wagen von dem Beschuss durch die US-Soldaten oder möglicherweise einen Sprengsatz ausgelöst wurde.
  • Ein führendes Mitglied des irakischen Verwaltungsrats hat am 24. Juli die Annahme einer Verfassung und Neuwahlen binnen maximal 18 Monaten gefordert. Der frühere irakische Außenminister Adnan Patschatschi sagte im britischen Sender BBC, Ziel des Verwaltungsrats sei, die Übergangsperiode so kurz wie möglich zu halten.
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte am 24. Juli die Streitkräfte der Besatzungsmächte auf, die Menschenrechte einzuhalten. Gefangene würden unter unerträglichen Bedingungen zum Teil wochenlang festgehalten, ohne einen Anwalt oder einen Richter zu sehen. Amnesty lägen Berichte über Folterungen und Misshandlungen vor. Die Organisation forderte unabhängige Einzelfalluntersuchungen. "Zweifellos sind die Streitkräfte einer schwierigen und komplexen Situation ausgesetzt. Dennoch müssen sie dabei internationale Menschenrechtsstandards einhalten", erklärte Ruth Jüttner, Irak-Expertin von Amnesty.
  • Nach einer hitzigen Debatte stimmte das japanische Parlament am Abend des 25. Juli der Stationierung von Soldaten in Irak zu. Die Entscheidung im Oberhaus fiel mit 136 gegen 102 Stimmen. Das Unterhaus stimmte der Vorlage schon Anfang Juli zu. Die Entscheidung gilt als Sieg für den japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi, der die Rolle Japans in der Welt stärken will. Die japanischen Soldaten sollen sich jedoch nicht an Kämpfen beteiligen, sondern vor allem bei Transportdiensten eingesetzt werden. Die japanische Verfassung weist der Armee lediglich die Rolle einer Selbstverteidigungsstreitkraft zu. Im Unterhaus überstand Ministerpräsident Koizumi am 25. Juli ein Misstrauensvotum wegen seiner Irak-Politik. Die Abgeordneten lehnten den Antrag der Opposition mit 287 zu 178 Stimmen ab, wie ein Parlamentssprecher mitteilte.
  • China hat die von Tokio beschlossene Entsendung japanischer Friedenstruppen nach Irak kritisiert. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums forderte Japan am 26. Juli auf, seine Soldaten weiterhin nur zu Verteidigungszwecken einzusetzen.
  • Am 26. Juli starben nach offiziellen Angaben drei Soldaten bei einem Angriff auf die US-Truppen in Bakuba nördlich von Bagdad. Die Soldaten gehörten nach Informationen des Militärs zur 4. Infanterie-Division, die ein Kinderkrankenhaus in der Ortschaft bewacht. Vier Soldaten seien bei dem Angriff verletzt worden. Seit dem Ende der Kriegshandlungen am 1. Mai wurden im Irak 47 US-Soldaten bei feindlichen Angriffen getötet.
    Am selben Tag war zudem bei einem Überfall mit Handfeuerwaffen und Panzerabwehrraketen in Abu Ghureib westlich von Bagdad ein US-Soldat ums Leben gekommen.
  • In Mossul begannen US-Soldaten am 26. Juli damit, das Haus zu zerstören, in dem sich Saddams Söhne Udai und Kusai aufgehalten hatten. Die Villa war bereits bei den Kämpfen beschädigt worden.
    Aus dem US-Außenministeriums verlautete indessen, die USA würden die komplette Belohnung von 30 Millionen Dollar an den Informanten zahlen, der ihnen den Tipp zum Aufenthaltsort der Söhne Saddams gegeben habe. "Gemäß den in diesem Fall zutreffenden Kriterien würden wir erwarten, die komplette Belohnung zu zahlen", hieß es. Nachbarn der Villa in Mossul haben den Verdacht geäußert, der Gastgeber von Udai und Kusai, ein Geschäftsmann, habe den USA den Tipp gegeben, um die Belohnung zu erhalten. Auf den Kopf Saddams haben die USA 25 Millionen Dollar ausgesetzt.
  • In Kerbela kam es in der Nacht zum 27. Juli nach Angaben des arabischen TV-Senders El Dschasira zu Unruhen, nachdem US-Soldaten in der Nähe eines Schreins aufgetaucht waren, der den schiitischen Muslimen heilig ist. Laut El Dschasira wollten die Soldaten für Ruhe sorgen, nachdem bewaffnete Iraker mehrere Menschen verletzt hatten. Augenzeugen sagten dem Sender, die Amerikaner hätten einen Iraker getötet und neun weitere verletzt. In der Region ist inzwischen ein offener Machtkampf zwischen den Anhängern verschiedener schiitischer Religionsführer entbrannt. Dabei geht es auch darum, wie man mit den US-Soldaten umgehen soll.
  • Wie das US-Zentralkommando mitteilte, starb bei einem Panzerfaust- Angriff auf eine Patrouille in der Nähe der Stadt Hilla am Morgen des 27. Juli ein amerikanischer Soldat, ein zweiter wurde verletzt.
  • Zum ersten Mal droht US-Soldaten wegen der Misshandlung irakischer Gefangener ein Verfahren vor einem Kriegsgericht. Nach einer Anhörung der vier Beschuldigten werde über das weitere Vorgehen entschieden, sagte US-Korvettenkapitän Nick Balice am 27. Juli in Washington. Die Soldaten sollen zu einer Einheit gehören, die Gefangene nahe der Hafenstadt Umm Kasr bewachte. Erst vor wenigen Tagen hatte die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) schwere Anschuldigungen gegen die US-Streitkräfte in Irak erhoben.
  • Die tägliche Ölförderung des Irak ist nach Angaben aus dem Ölministerium auf täglich mehr als eine Millionen Barrel (Barrel = knapp 159 Liter) ausgeweitet worden. Zugleich teilte die staatliche Ölvertriebsgesellschaft (Somo) am 27. Juli mit, zum zweiten Mal seit der Entmachtung Saddam Husseins Rohöl-Exportverträge mit ausländischen Konzernen geschlossen zu haben. Die Ölförderung sei auf mehr als eine Million von bislang 800.000 Barrel gesteigert worden, sagte ein ranghoher Mitarbeiter des Ölministeriums am Sonntag in Bagdad. "Die Produktion im Süden bewegt sich zwischen 600.000 und 700.000 Barrel am Tag und die Förderung im Norden bei 500.000 Barrel", sagte er. Im Süden könnte die Förderung innerhalb eines Monats auf eine Millionen Barrel täglich hochgefahren werden, fügte er hinzu. Britische Truppen hätten im Süden des Landes neue Sabotageakte gegen die Ölanlagen verhindert, die zu Verunsicherung über Produktion und Export geführt hatten.
28. bis 31. Juli
  • US-Soldaten töteten in der Nacht zum 28. Juli in Tikrit einen Iraker, der sie aus einem Regierungsgebäude heraus beschossen hatte.
  • Bei der Suche nach dem gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein sind in Bagdad fünf Iraker getötet worden. Nach amerikanischen und britischen Medienberichten vom 28. Juli hatten am Tag zuvor US-Soldaten auf die Insassen von zwei Autos in der Nähe eines möglichen Verstecks von Saddam oder eines nahen Verwandten gefeuert. Ziel der Operation war ein Haus eines irakischen Stammesführers im Villen-Vorort Mansur. Wie der britische Sender BBC am 28. Juli berichtete, versammelte sich eine wütende Menschenmenge nach der Durchsuchung des Hauses vor dem Gebäude und warf den US-Soldaten "Hysterie" vor. Es habe in Mansur keine Festnahmen gegeben, berichtete BBC. Nach Zeugenangaben waren rund 75 US-Soldaten am frühen Abend des 27. Juli in die gehobene Wohngegend vorgestoßen und hatten die Hauptstraße blockiert. Unschuldige Autofahrer hätten jedoch weiter über Seitenstraßen in die Gefechtszone gelangen können. "Die Wagen kamen die Straße herunter. Sie wussten nicht, dass die Amerikaner hier waren. Es waren normale Zivilisten, die auf dem Heimweg waren", sagte eine Zeugin. Die US-Soldaten hätten sofort das Feuer eröffnet.
    Irakische Augenzeugen berichteten dem arabischen Fernsehsender El Dschasira außerdem über zahlreiche Festnahmen in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Bakuba. In Bakuba waren zwei Tage zuvor drei US-Soldaten vor einem Kinderkrankenhaus getötet worden.
    Bei einem neuerlichen Angriff auf US-Truppen in Irak sind nach Augenzeugenberichten ein Soldat getötet und zwei weitere verletzt worden. Der Angriff sei in der Nacht zum 28. Juli in Bakuba verübt worden, sagten Augenzeugen. Die Angreifer hätten eine Granate auf einen Panzer abgefeuert, der ein Krankenhaus bewachte. Die US-Armee konnte den Vorfall zunächst nicht bestätigen.
    In der Hauptstadt Bagdad wurde erneut eine US-Patrouille angegriffen. Es habe eine Explosion gegeben, bei der es Verletzte gab, bestätigte ein Sprecher des US-Militärkommandos, ohne zunächst Einzelheiten zu nennen. Augenzeugen berichteten von mindestens zwei schwer verletzten US-Soldaten. Später wurde gemeldet, dass ein US-Soldat getötet worden sei.
  • Eine bislang unbekannte Gruppe radikaler irakischer Moslems hat am 28. Juli den Heiligen Krieg gegen die USA ausgerufen. Der arabische Fernsehsender El Arabija strahlte ein Videoband aus, auf dem ein maskiertes Mitglied der Salafistischen Dschihad-Gruppe unter anderem US-Präsident George W. Bush und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld droht. "Bush, Rumsfeld und Ihr Entscheidungsträger im 'Schwarzen Haus' und dem Pentagon, ... wir werden den Boden unter Euren Füßen zum Beben bringen und ein Feuer über Euch bringen, das nur Gott abwenden kann." Amerika werde weder Seelenfrieden noch Sicherheit kennen, solange es ungläubig sei und Krieg gegen den Islam und die Moslems führe. Die Salafisten gehören einer konservativen Strömung der sunnitischen Glaubensrichtung an.
  • In der irakischen Stadt Tikrit haben US-Soldaten ein frisch angelegtes Waffenlager entdeckt. 400 Meter vom Hauptquartier der 4. Infanteriedivision entfernt seien 40 Panzerminen, schwere Munition und rund 100 Kilogramm Sprengstoff vergraben worden, teilten die Streitkräfte am 28. Juli mit. Die Waffen seien offenbar für Angriffe auf die US-Truppen bestimmt gewesen, sagte Major Bryan Luke. Das Gelände, auf dem sie entdeckt wurden, sei erst vor einer Woche kontrolliert worden.
  • Der Ankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wird nach eigenen Angaben Vorwürfen nachgehen, britische Soldaten hätten während des Irak-Krieges Menschenrechtsverletzungen begangen. Ein entsprechendes Dossier griechischer Rechtsanwälte werde geprüft, teilte der Gerichtshof am 28. Juli mit. Mitglieder der Anwaltskammer in Athen hätten Chef-Ankläger Luis Moreno Ocampo aufgefordert, 22 Vorfälle im Irak-Krieg zu prüfen, in die britische Truppen verwickelt sein sollen, hieß es. Das Dossier enthält unter anderem 74 Presseberichte und 13 Videobänder über den Irak-Krieg. Seit der Gerichtshof im Juli 2002 seine Arbeit aufgenommen hat, sind rund 500 Beschwerden aus 66 Ländern eingegangen. Mehr als 100 Beschwerden betreffen den Irak-Krieg. Ein förmliches Ermittlungsverfahren wurde bislang nicht eingeleitet.
  • Hunderte Anhänger der Monarchie haben in Nadschaf am 28. Juli den irakischen Thronanwärter Scharif Ali bin Hussein gefeiert. In Sprechchören forderten sie die Herrschaft des Königs in Irak und bekundeten ihre Unterstützung für die von bin Hussein geführte Bewegung für konstitutionelle Monarchie. Der 47-Jährige ist der Sohn der Cousine von Ghasi I., dem 1939 verstorbenen zweiten König Iraks. Während der Herrschaft von Saddam Hussein lebte bin Hussein im Londoner Exil, wo er zuletzt als Bankier arbeitete. Nach dem Sturz des Machthabers hatte auch der Vetter Ghasis, Raad bin Seid, mit seiner Royalistischen Demokratischen Allianz in Jordanien Ansprüche auf den Thron erhoben.
  • Der von den USA eingesetzte Regierungsrat in Irak hat sich nicht auf einen Präsidenten einigen können und stattdessen eine im Monatsrhythmus wechselnde Besetzung des Spitzenamts beschlossen. Aus den Reihen der 25 Ratsmitglieder sei ein neunköpfiges Präsidium gewählt worden, dessen Mitglieder im monatlichen Turnus den Vorsitz übernehmen sollten, sagte ein Kurdenvertreter am 29. Juli in Bagdad.
  • Auf der Jagd nach Saddam Hussein stürmten Angehörige der Spezialeinheit Task Force 20 und reguläre Soldaten nach US-Angaben am 29. Juli zwei Wohnungen in einem Wohngebiet in Tikrit, der Heimat Saddam Husseins. Dabei seien ein früherer Leibwächter von Saddam Hussein, ein mutmaßlicher General der aufgelösten irakischen Armee und zwei Mitglieder der ehemals regierenden Baath-Partei festgenommen worden.
  • Auf einem Iraks gestürzten Präsidenten Saddam Hussein zugeschriebenen Tonband betrauert die Stimme den Tod der beiden Söhne Saddams. "Ich trauere vor Euch um den Tod von Udai und Kusai und die, die mit ihnen gekämpft haben", sagte eine Stimme auf dem Band, das am 29. Juli von dem arabischen Sender El Arabija ausgestrahlt wurde. Saddam war nach US-Angaben zuvor nur knapp der Festnahme entgangen.
  • US-Außenminister Colin Powell gerät in der Debatte um Beweise für Iraks Massenvernichtungswaffen ins Zwielicht. Nach Informationen der Zeitung "Financial Times Deutschland" (Ausgabe 30. Juli 2003) war Powell kurz vor seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat am 5. Februar vom US-Energieministerium und von der Analyseabteilung seines eigenen Hauses gewarnt worden, dass starke Zweifel an einem zentralen Punkt seiner Präsentation bestünden: Demnach war der Vorwurf, Irak versuche, spezielle Aluminiumröhren zum Bau von Uranzentrifugen zu importieren, sehr zweifelhaft. Powell habe sich davon jedoch nicht beirren lassen und die Tatsachen "verbogen", sagte ein Eingeweihter der "FTD".
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich für eine neue Irak-Resolution ausgesprochen, um weitere Staaten zu einem Beitrag zum Wiederaufbau zu bewegen. Viele Länder wären nur unter einem starken Mandat der Vereinten Nationen bereit, Truppen zur Unterstützung der Besatzungsmächte zur Verfügung zu stellen, sagte Annan am 30. Juli in New York. Außerdem sagte er, die Weltordnung sei durch den Irak-Krieg und die Konflikte in Afrika in eine Krise geraten. Es sei an der Zeit, das internationale System und Institutionen wie die Vereinten Nationen neu zu überdenken.
  • Die Direktorin der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel, hat die mangelnden Wiederaufbau-Bemühungen der USA in Irak scharf kritisiert. "Auch mit viel gutem Willen lässt sich auf Seiten der Besatzungsmacht außer den militärischen Befriedungsbemühungen nur wenig Interesse am Aufbau friedensfähiger und demokratischer Strukturen erkennen", erklärte Füllkrug-Weitzel am 30. Juli bei der Jahreskonferenz ihrer Organisation in Berlin. Die Entwicklungen in Irak, aber auch in Afghanistan, hätten gezeigt, dass es sich bei der Annahme, humanitäre Katastrophen ließen sich durch einen Angriffskrieg bewältigen, um einen Irrtum handele. Beide Länder seien von geordneten Verhältnissen weit entfernt.
  • Die US-Armee hat bei einem Großeinsatz in Irak binnen eines Tages 176 Verdächtige festgenommen. Die Festgenommenen hätten sich verschiedener Verbrechen wie Mord, Vergewaltigung, Raub und Autodiebstahl schuldig gemacht, teilte das US-Zentralkommando am 30. Juli mit. Bei den Durchsuchungen hätten die Soldaten zudem Waffen und Munition sichergestellt. Allein in einem Kaffeehaus in der Nähe der nordirakischen Stadt Mossul seien vier Mörser, drei Raketenwerfer und über zweitausend Panzerabwehrraketen beschlagnahmt worden. In Samarra, rund hundert Kilometer nördlich von Bagdad, habe die Armee ein umfangreiches Waffenlager mit Plastiksprengstoff, Dynamitstangen, Maschinengewehren und 2.500 Patronen von unterschiedlichem Kaliber ausgehoben.
    US-Außenminister Colin Powell hat den gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein am 30. Juli als "Müll" bezeichnet, der noch eingesammelt werden muss. "Saddam Hussein ist nicht mehr länger eine schlechte Nachricht", sagte Powell der Nachrichtenagentur Reuters in Washington. "Er ist Müll, der darauf wartet, abgeholt zu werden." Die Schlinge um den Hals Saddams ziehe sich weiter zu, sagte Powell weiter.
  • Fast die Hälfte aller Amerikaner glaubt, dass ihr Präsident George W. Bush die Gefahr durch irakische Massenvernichtungswaffen übertrieben dargestellt hat, um den Krieg gegen Saddam Hussein zu begründen. Einer neuen Umfrage des Senders NBC und der Zeitung "Wall Street Journal" vom 30. Juli zufolge waren 47 Prozent der Befragten dieser Ansicht. 48 Prozent gingen davon aus, Bush habe für seine Rede zur Lage der Nation ausschließ auf exakte Informationen zurückgegriffen. Gleichwohl scheinen die Zweifel an seiner Ehrlichkeit die Zustimmung der Amerikaner zum Krieg nicht zu beeinträchtigen. Laut Umfrage unterstützen sieben von zehn Befragten (69 Prozent) das militärische Vorgehen gegen das Bagdader Regime. Mit 66 Prozent ist die Zustimmung zu seiner Kampagne gegen den internationalen Terrorismus ähnlich hoch.
  • US-Präsident George W. Bush hat erstmals persönlich die Verantwortung dafür übernommen, in einer Rede auf falsche Angaben über die Bedrohung durch Irak verwiesen zu haben. "Ich übernehme die volle persönliche Verantwortung für alles, was ich sage", erklärte Bush am 30. Juli in Washington. Er bezog sich damit auf eine Passage aus seiner Rede zur Lage der Nation. Darin hatte er unter Berufung auf britische Quellen erklärt, Irak habe versucht, in Afrika Uran zu beschaffen. Der Bericht stellte sich später als gefälscht heraus.
  • Bei einem Feuergefecht 80 Kilometer nordöstlich von Bagdad wurden am späten Abend des 30. Juli ein Soldat getötet und zwei weitere verletzt, wie das US-Oberkommando Mitte mitteilte.
  • Bei der Explosion einer Mine wurden am 31. Juli ein weiterer US-Soldat getötet, drei wurden verwundet. Der Sprengsatz detonierte auf der Straße von Bagdad zum Flughafen unter ihrem Schützenpanzer. Die Zahl der seit dem Ende der Kampfhandlungen am 1. Mai in Irak getöteten US-Soldaten stieg damit auf 52.
  • Die Sicherheitslage in Großbritannien hat sich nach Meinung britischer Parlamentarier infolge des Irak-Kriegs nicht verbessert. Vielmehr könne der Krieg den Bemühungen um eine Ausschaltung der El Kaida geschadet haben, erklärte der Ausschuss für Außenpolitik des Unterhauses am 31. Juli. Das Terrornetzwerk könnte nämlich für Muslime in der Golfregion attraktiver geworden sein. Die Ausschussmitglieder fügten hinzu, dass eine zweite UN-Resolution zur internationalen Billigung eines Angriffs auf Irak wünschenswert gewesen wäre. Bis zu Beginn der Kampfhandlungen hätten die UN-Waffeninspekteure den Weltsicherheitsrat allerdings nicht davon überzeugen können, dass die Regierung in Bagdad tatsächlich im Besitz von Massenvernichtungswaffen gewesen sei.
  • Im kommenden Jahr werde es eine irakische Regierung geben, sagte der Chef der US-geführten Zivilverwaltung im Irak, Paul Bremer, am 31. Juli. Sobald eine demokratische Regierung gebildet sei, würden die US-geführten Besatzungstruppen den Irak verlassen. "Es ist nicht unrealistisch, dass wir vielleicht Mitte 2004 Parlamentswahlen haben, und dann wird unsere Arbeit getan sein", sagte Bremer in Bagdad.
  • Irak hat eine zweite Serie von Verträgen zum Export heimischen Öls geschlossen. Wie ein hochrangiger Vertreter des Ölministeriums am 31. Juli der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad sagte, wurden Vereinbarungen mit zwölf ausländischen Mineralölgesellschaften über den Export von 650.000 Barrel pro Tag getroffen. Die Verträge laufen den Angaben zufolge vom 1. August bis Ende des Jahres. Die Ausfuhren sollen über die südirakische Region Basra abgewickelt werden.


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