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Gegen TTIP, CETA und TiSA

Zahlreiche Aktionen am Samstag: Initiativen wehren sich gegen Gasförderung per Fracking und Freihandelsabkommen

Von Susan Bonath *

Umweltaktivisten wollen am Samstag in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt gegen »Fracking« demonstrieren. Anlass ist der weltweite »Frackdown day«, der sich gegen die Erdgasförderung mit umweltschädlichen Chemikalien richtet. Zudem sind in über hundert Städten Deutschlands und anderer EU-Staaten Proteste gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA im Rahmen eines europäischen Aktionstages geplant. Dieser wird den Organisatoren zufolge von über 200 europäischen Umweltorganisationen aus 20 Ländern mitgetragen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Pfullendorf ruft zu Protesten in Baden-Württemberg am Samstag auf. Eine Radtour startet um 8.30 Uhr am Pfullendorfer Marktplatz. In Herdwangen-Schönach findet zwischen 9.30 und 11 Uhr eine Aktion in der Bodenseestraße statt. In Hohenfels-Selgetsweiler wird von 10.30 Uhr bis 12 Uhr an der Kreuzung L194 demonstriert. Eine Großkundgebung ist ab 10 Uhr in Überlingen am Mantelhafen geplant, wie der BUND mitteilt. Die Proteste richten sich gegen aktuelle Bodenuntersuchungen durch die Firma »Parkyn Energy Germany«, eine Tochter des britischen Konzerns »Rose Petroleum«. Laut BUND erteilte das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau dem Unternehmen schon 2009 drei »Aufsuchungserlaubnisse« für die Region Bodensee-Oberschwaben. »In deren Arbeitsprogramm sind für 2014 und 2015 seismische Untersuchungen geplant, und zwar auf insgesamt 100 Kilometer langen Messlinien zwischen Bodensee, Biberach und Iller«, erklärte der Verband.

In Magdeburg und Essen wird am kommenden Samstag zugleich gegen Fracking und die geplanten Freihandelsabkommen demonstriert. Die »Initiative für eine Umweltgewerkschaft« verbindet damit den globalen »Frackdown day« mit dem europäischen Aktionstag gegen TTIP, CETA und TiSA. Sie ruft in Magdeburg zu einer Kundgebung ab 13 Uhr am Alten Markt auf. In Essen wird es zwischen 11 und 14 Uhr eine Aktion an der Porschekanzel geben. »Wenn wir uns nicht weltweit zur Wehr setzen gegen das hochgiftige, die Umwelt zerstörende Verfahren zur Erdgasgewinnung, werden wir irreversible Schäden in Kauf nehmen müssen«, so die Initiative. Und bei den Freihandelsabkommen gehe es um mehr als Chlorhühnchen, mahnt sie. Sie würden hinter verschlossenen Türen verhandelt und öffneten Konzernen Tür und Tor für ungebremste Profitmacherei zulasten von Mensch und Natur. Die Abkommen sollen Handelsgeschäfte mit Nordamerika einfacher machen. Was Unternehmen schnellere Gewinne und mehr Macht gegen staatliche Beschränkungen verspricht, könnte zum Fiasko für Umwelt und Verbraucher werden.

Für das Bohren nach Gas plant die Bundesregierung derzeit ein befristetes Teilverbot. Nach dem Willen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) soll es bis 2021 nur in Schiefergesteinsschichten unterhalb von 3000 Meter erlaubt werden. Untersagt sein soll es in Wasserschutzgebieten und von den Bundesländern festgelegten Regionen. Vom »Fracking in Maßen« verspricht sich der Minister mehr Unabhängigkeit von Importen. Und große Konzerne lässt es von Profiten träumen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will die Regierung demnächst vorlegen. Ende August hatten Umweltverbände und Bürgerinitiativen 660000 Unterschriften für ein Fracking-Verbot an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) übergeben. Sie kritisierten unter anderem, dass das Vorhaben in Deutschland mit »Mythen« durchgesetzt werden solle. Von Gasimporten unabhängig werde man eher »durch eine konsequente Nutzung von Sonne, Wasser und Wind«. Vergangenes Wochenende verabschiedete das Bundestreffen der Initiativen eine entsprechende Erklärung. »Mit einer geschickten Mischung aus Halbwahrheiten und Irreführungen wurde die Gefahr in den letzten Tagen heruntergespielt«, rügten die Akteure. Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und giftigen Chemikalien mit großem Druck in Gesteinsschichten gepresst. So lassen sich auch geringe Gasmengen herausbrechen. In den USA wird diese Methode bereits im großen Stil praktiziert. Experten vermuten in Deutschland ebenfalls Lagerstätten von Schiefergas. Laut einer Studie des Umweltamtes könnten sie den Bedarf für das Land gut zehn Jahre abdecken.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 9. Oktober 2014


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