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LINKE und Grüne boykottieren Rühe-Kommission

Opposition kritisiert Gremium zu Bundeswehr-Einsätzen *

Die LINKE und die Grünen boykottieren die Kommission, die die parlamentarischen Regeln für Auslandseinsätze der Bundeswehr überprüfen soll. »Es besteht mehr und mehr die Gefahr, dass Parlamentsrechte an die Exekutive verlagert werden«, sagte Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne).

Die Außenpolitiker Alexander S. Neu von den LINKEN und Frithjof Schmidt von den Grünen betonten, man werde die der Opposition zugedachten Sitze in der Kommission nicht besetzen. Das Gremium unter Vorsitz des ehemaligen Verteidigungsministers Volker Rühe (CDU) wurde am Donnerstag vom Bundestag eingesetzt. In einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments habe die Koalition keinerlei Bereitschaft gezeigt, auf Wünsche der Opposition einzugehen, kritisierten die Politiker von LINKEN und Grünen.

Von den 16 Mitgliedern soll die Opposition vier stellen dürfen – LINKE und Grüne jeweils zwei. Das Gremium soll untersuchen, ob das Recht des Bundestags, über die Entsendung der Bundeswehr zu entscheiden, noch zeitgemäß ist. In Deutschland entscheidet das Parlament praktisch immer über die Beteiligung der Streitkräfte an internationalen Einsätzen mit. Derzeit sind rund 5000 deutsche Soldaten im Ausland stationiert, davon mehr als 3000 in Afghanistan.

Neu sagte gegenüber »nd«: »Die Regierung benötigte uns nur als Feigenblatt. Union und SPD hätten mit ihrer Mehrheit ohnehin alles durchgedrückt«. Ziel der Kommission sei »der Abbau der parlamentarischen Entscheidungs- sowie Kontrollkompetenz«, so Neu. Stattdessen müsse der Parlamentsvorbehalt gestärkt werden – etwa bei Einsätzen von Kampfdrohnen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 21. März 2014


Kein Feigenblatt für Volker Rühe

LINKE und Grüne boykottieren Kommission, in der sie ohnehin nichts ausrichten können

Von Fabian Lambeck **


LINKE und Grüne verweigern sich gemeinsam der Kommission zur Überprüfung des Parlamentsvorbehalts bei Bundeswehreinsätzen.

Die Bundeswehrsoldaten sind unzufrieden. Dies belegt der am Donnerstag im Parlament diskutierte »Wehrbericht 2013«. Demnach ist die Eingabenquote im letzen Jahr auf den höchsten Stand seit der Gründung der Bundeswehr gestiegen. Vor allem die Doppelbelastung durch Auslandseinsätze und Streitkräftereform sorgt für »große Unzufriedenheit« bei der Truppe, wie der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus (FDP) betonte.

Die Unzufriedenheit dürfte weiter zunehmen, denn ein Ende der Auslandseinsätze ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Nur Stunden nach der Diskussion über den Wehrbericht befassten sich die Abgeordneten mit dem kommenden Einsatz der Bundeswehr im bürgerkriegszerrütteten Somalia. Im Rahmen der EU-geführten Ausbildungsmission EUTM sollen deutsche Soldaten die somalischen Streitkräfte schulen. Im Antrag der Bundesregierung heißt es zwar, dass die Soldaten weder die somalischen Streitkräfte in Einsätze begleiten noch die bereits vor Ort kämpfende »Friedensmission der Afrikanischen Union« unterstützen sollen, doch letztendlich ist der Konflikt ein asymmetrischer. Die islamischen Milizen bzw. Stammesverbände – so genau kann man das nicht immer unterscheiden – können überall und jederzeit zuschlagen.

Gerade die Opposition kann in so einer Debatte die Gefahren einer Auslandsmission deutlich machen. Wohl auch deshalb befasste sich der Bundestag am Donnerstag mit der Einsetzung einer Kommission, die diesen Parlamentsvorbehalt »prüfen« soll. Unter dem Vorsitz von Ex-Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) soll das Gremium schauen, ob es noch zeitgemäß ist, dass der Bundestag über die Entsendung von Soldaten ins Ausland entscheidet. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht mehrmals den »besonderen Charakter der Bundeswehr« als Parlamentsarmee deutlich gemacht. Demnach bedarf jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte der Zustimmung durch den Bundestag.

Die Opposition vermutet, dass die Rühe-Kommission den Vorbehalt aufweichen soll. Ursprünglich wollte Schwarz-Rot das 16-köpfige Gremium bereits am letzten Freitag einsetzen. Doch aufgrund der Proteste der rot-grünen Opposition verwies man die Sache »in die Ausschüsse«. Allerdings war die so zur Schau gestellte Gesprächsbereitschaft von Union und SPD wohl nur Fassade.

»Letztendlich wurden alle unsere Forderungen abgelehnt«, so Alexander S. Neu, Obmann der LINKEN im Verteidigungsausschuss gegenüber »nd«. Die Linkspartei wollte, so Neu, dass auch der Einsatz von Drohnen unter den Vorbehalt falle. »Das Gesetz kennt bislang nur Soldaten, keine Waffensysteme«. Da die Drohnen auch von Deutschland aus gelenkt werden könnten, müsste der Bundestag nicht eingeschaltet werden.

Zudem wollte die Linksfraktion endlich Klarheit über die Aktionen der KSK-Spezialkräfte. »Über den Einsatz dieser Elitesoldaten wird nicht einmal der Verteidigungsausschuss informiert«, kritisiert Neu. Die Missionen mit der Lizenz zum Töten stehen nicht unter Vorbehalt. Außerdem wollte man über Merkels Konzept der Ausbildung von Truppen in instabilen Regionen und den »deutschen Waffenexport als strategisches Motiv« diskutieren. Union und SPD sahen hier keinen Redebedarf. »Die Regierung benötigte uns nur als Feigenblatt. Union und SPD hätten mit ihrer Mehrheit ohnehin alles durchgedrückt«, resümiert Alexander S. Neu. Deshalb habe man in einem »kooperativen Verfahren« mit den Grünen beschlossen, den Ausschuss zu boykottieren.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 21. März 2014


Dokumentiert: Zwei Reden der Opposition im im Bundestag

Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE):

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Die Linke hat letzte Woche angekündigt, einen eigenen Antrag einzubringen. Das haben wir nun gemacht. Er liegt Ihnen vor.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Aber viel zu spät! Und viel zu schlecht!)

Der eine oder andere von Ihnen mag sich fragen, warum die Linke das Parlamentsbeteiligungsgesetz so verteidigt, wie sie es verteidigt. Das kann ich Ihnen sagen: Obwohl wir gegen Auslandseinsätze sind bzw. gerade weil wir gegen Auslandseinsätze sind, verteidigen wir das Parlamentsbeteiligungsgesetz.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Oh, Sie verteidigen auch mal etwas?)

90 Prozent der gewählten Vertreter in diesem Hause stimmen regelmäßig für Kriegs- und Kampfeinsätze und für Auslandseinsätze

(Michael Brand [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

– doch, das stimmt –

(Michael Brand [CDU/CSU]: Was denn für Kriegseinsätze?)

und missachten regelmäßig den Mehrheitswillen der Gesellschaft, die zu 75 Prozent gegen Auslandseinsätze ist. Das ignorieren Sie einfach. Das heißt, die Linke ist die einzige Fraktion, die Auslandseinsätze im Sinne des Mehrheitswillens der Gesellschaft ablehnt.

(Beifall bei der LINKEN – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Deshalb haben Sie bei der Bundestagswahl ja auch 80 Prozent bekommen! – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sie machen es sich immer sehr leicht! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Ui! – Sie sind ja toll!)

Die kuriose Situation, die ich gerade geschildert habe, sehr geehrte Damen und Herren, muss dem Bürger und der Bürgerin deutlich gemacht werden. Daher fordert die Linke die Sicherstellung der Transparenz, der Kontrolle und des Entscheidungsmonopols des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen.

Gerade wurde ein weiterer Punkt angesprochen: die Zweidrittelmehrheit, die wir bei Entscheidungen des Deutschen Bundestages über Auslandseinsätze einfordern. Es kann nicht sein, dass die Entscheidung über Krieg und Frieden, über Leben und Tod von 30, 40 anwesenden MdBs getroffen wird.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Hallo? Das ist immer eine namentliche Abstimmung! – Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist doch schon wieder gelogen! Das ist doch unwahr!)

Es müsste so sein, dass mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Deutschen Bundestages anwesend sein und so die Verantwortung für ihr Tun und Handeln übernehmen müssten.

(Michael Brand (CDU/CSU): Das ist doch eine Diffamierung! Das ist doch unwahr! – Manfred Grund (CDU/CSU): Wollen Sie sich korrigieren? Sie haben noch die Möglichkeit! Nennen Sie doch mal konkrete Zahlen! – Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Über welche Einsätze wurde hier denn nicht in namentlicher Abstimmung abgestimmt? – Henning Otte (CDU/CSU): Das war sachlich falsch!)

Nun zum konkreten Problem. Als angebliches Problem deklarieren Sie, das Parlamentsbeteiligungsgesetz stelle eine Behinderung der Arbeit der integrierten Stäbe und integrierten Verbände dar. Genannt werden AWACS-Flugzeuge, Luftbetankung, Lufttransport, NATO-Hauptquartiere, Führungsstäbe etc. etc. Was steckt dahinter? Integrierte Stäbe oder integrierte Verbände sind multinational zusammengesetzt. Das heißt, Franzosen, Deutsche, Briten, Amerikaner etc. arbeiten in diesen Formationen zusammen.

Wenn nun der Parlamentsvorbehalt zugunsten integrierter Stäbe oder integrierter Verbände eingeschränkt werden würde, geschähe Folgendes: Wenn die USA, Frankreich oder Großbritannien mal wieder der Auffassung sind, die Welt vor irgendwelchen Schurken retten und einen Kampf führen zu müssen,

(Michael Brand [CDU/CSU]: Ach, du liebe Güte! Was für ein Niveau!)

die Bundesregierung aber ausnahmsweise nicht mitmachen möchte – siehe den Fall Libyen –, geriete es so, dass die Bundesregierung unter erheblichem Druck der USA, Frankreichs oder Großbritanniens stünde, diesen Einsatz im NATO-Rat oder im Ministerrat der Europäischen Union nicht durch ein Veto zu blockieren. Was wäre die Konsequenz? Die Konsequenz wäre ein Mitmachautomatismus. Genau das wollen Sie. Die Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten in den integrierten Stäben und den integrierten Verbänden von EU und NATO müssten dann in den Kampfeinsatz bzw. in den Auslandseinsatz.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Sie machen eine Mitlachstrategie!)

Warum? Weil das souveräne Entscheidungsrecht der Bundesregierung und des Bundestages ausgehebelt und nach Brüssel verlegt worden ist – und das ausgerechnet durch die hier anwesenden Parlamentarier.

(Michael Brand [CDU/CSU]: So ein dummes Zeug!)

Die Entscheidung über Krieg und Frieden, die Entscheidung über Leben und Tod hinge somit von EU- und NATO-Technokraten ab. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Das wollen Sie nicht wirklich.

(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Das glauben Sie auch nicht wirklich, was Sie da sagen! – Michael Brand [CDU/CSU]: Das arrogante Lächeln sagt doch alles!)

Die Linke widersetzt sich diesem Abbau des Parlamentsvorbehaltes und fordert stattdessen seine Ausweitung. Ich habe bei meiner letzten Rede schon einige Lücken aufgezählt. Ich wiederhole sie gerne noch einmal. Die erste Lücke betrifft die Unterrichtungspraxis bezüglich der Einsätze der Spezialkräfte. Es kann nicht sein, dass von den 631 Abgeordneten gerade einmal 17 darüber informiert werden – halbherzig informiert werden –, ob die SEK M oder die KSK im Einsatz ist.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Sie werfen was durcheinander!)

Die zweite Lücke ist mir heute Morgen noch einmal deutlich geworden, als unsere Kanzlerin gesprochen hat. Es ist das, was man unter die Merkel-Doktrin zu fassen versteht:

(Lachen des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

Ausbildungsmission und Rüstungsexport als strategische Instrumente neben Kampfeinsätzen einzusetzen. Warum also keinen Parlamentsvorbehalt für Rüstungsexporte? Das gilt es anzudenken.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das Richtige ist nicht neu, Herr Neu!)

Die dritte Lücke betrifft die Sicherstellung, dass keine unbemannten Waffensysteme, also Drohnen, zum Einsatz kommen. Es gibt einen bekannten Spruch der Friedensbewegung, der hier auf ironische Weise wiederbelebt wird: Stell Dir vor, es ist Krieg, und niemand geht hin. – Damals ahnte noch keiner, dass es einmal so perverse Mordinstrumente wie Killerdrohnen geben würde. Um Krieg führen zu können, muss man nicht mehr in das Einsatzgebiet gehen. Man kann das auch bequem von zu Hause aus mit dem Joystick handhaben.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Wie reden Sie denn über Soldaten?)

Das Parlamentsbeteiligungsgesetz berücksichtigt also dieses Szenario nicht. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz geht von bewaffneten deutschen Streitkräften im Ausland aus, § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1. Der Ausführende im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes ist also in jedem Fall der Soldat bzw. die Soldatin und nicht irgendwelche Waffensysteme. Es geht also darum, diese Waffensysteme im Parlamentsbeteiligungsgesetz zu berücksichtigen.

Die Linke hat angekündigt, dass sie den Antrag der Regierungsfraktionen ablehnen und sich natürlich auch nicht an dieser Kommission beteiligen wird. Wir werden nicht als Feigenblatt dienen.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)

Wir stimmen dem Antrag der Grünen zu.

(Beifall des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich habe noch eine Bitte an die Regierungsfraktionen: Nehmen Sie die von mir genannten Lücken ernst und sorgen Sie dafür, dass diese geschlossen werden.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Das meinen Sie nicht ernst!)

Danke.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Wir nehmen die Lücken ernst!)


Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entscheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr sind für uns Abgeordnete, so empfinde ich das, die schwierigsten. Niemand von uns kann sich dabei hinter seiner Fraktion verstecken, sondern muss sich namentlich für oder gegen einen Einsatz entscheiden.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Richtig!)

Das führt zu intensiven und kontroversen Debatten, nicht nur in den Fraktionen und Parteien, sondern auch mit den Bürgerinnen und Bürgern und auch hier in unserem Parlament. So wird eine breite demokratische Legitimation von Auslandseinsätzen ermöglicht. So wird aber auch verhindert, dass diese Entscheidung nur einige wenige treffen oder diese gar zu leichtfertig. Deshalb finde ich, die Parlamentsbeteiligung ist ein sehr hohes Gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN) 20 Jahre Parlamentsbeteiligungsgesetz, das wäre eigentlich ein guter Anlass, um es als Errungenschaft unserer Demokratie zu feiern. Es wäre auch ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam zu evaluieren, wie sich dieser Grundsatz deutscher Außen- und Sicherheitspolitik bewährt hat und wie man ihn verbessern und weiterentwickeln kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, egal wie oft Sie das behaupten – ich sage es hier noch einmal ganz klar –: Wir Grüne verweigern uns keineswegs prinzipiell einer Mitarbeit in einer Kommission zur Überprüfung, Sicherung und Stärkung der Parlamentsrechte bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Dann ist ja gut! Dann machen Sie doch mit!)

Im Gegenteil: Wir haben uns bereits in den letzten Jahren mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigt, und wir haben sehr viele Ideen, die wir gerne mit Ihnen diskutiert hätten.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Noch in der Parlamentsdebatte in der letzten Woche haben Sie mit großen Worten beteuert, dass Sie die Parlamentsbeteiligung nicht aufweichen wollen und dass die von Ihnen vorgesehene Kommission ergebnisoffen tagen sollte. Allerdings haben gleichzeitig designierte Mitglieder dieser Kommission einige Mandatsdebatten als „reine Routine“ bezeichnet oder sich öffentlich in Bezug auf integrierte Streitkräfte für ein reines Rückholrecht des Bundestages ausgesprochen. Ich finde, nicht nur das spricht Bände und zeigt deutlich, wohin Sie eigentlich wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Reine Vermutung!)

Ein einfacher Blick in Ihren Antrag zur Einsetzung der Kommission genügt vollkommen. Es soll um die Abstufung der Intensität der parlamentarischen Beteiligung gehen. Das ist doch entlarvend und zeigt, worum es Ihnen wirklich geht, nämlich die Aufweichung und Schwächung des Parlamentsvorbehalts.

(Beifall des Abg. Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Nein, das wollen wir nicht!)

Und noch ein anderer Umstand verrät Sie: Sie legen – auch das entgegen Ihrer Beteuerungen – offensichtlich keinen allzu großen Wert darauf, die Opposition mit ihren Ideen mitzunehmen. Auch im Antrag der Linken gibt es einige gute und interessante Punkte, die man hätte diskutieren können,

(Beifall des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE])

beispielsweise die unzureichende Unterrichtungspraxis beim Einsatz der Spezialkräfte. Auch wir Grünen haben Ihnen nicht nur im vorliegenden Antrag unsere konkreten Ideen unterbreitet, sondern auch schon im Vorfeld und vorgestern im Ausschuss versucht, mit Ihnen gemeinsam einen Kommissionsauftrag auf den Weg zu bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der Union, das ist nicht an uns, sondern an Ihnen gescheitert. Schon ganz früh haben Sie nämlich klargemacht, dass Sie nicht bereit sind, Ihren Antrag auch nur einen Millimeter zu ändern.

(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Das ist schlicht falsch!)

– Wenn das falsch ist, dann hätten Sie ja auf einen unserer Vorschläge eingehen können, zum Beispiel auf das Thema „integrierte Mandate“, das gerade angesprochen wurde. Wir wissen alle: Die Auslandseinsätze der Bundeswehr können nur dann einen Beitrag zu mehr Stabilität, Sicherheit und Frieden leisten, wenn sie in eine tragfähige und gut durchdachte Gesamtstrategie eingebettet sind, die die Konfliktursachen bearbeitet.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Das wollten wir in der Kommission!)

Solche integrierten Mandate würden die jeweilige Bundesregierung stärker darauf verpflichten, auch diplomatische, polizeiliche, entwicklungspolitische und zivile Ansätze zur Krisenbewältigung für jeden Konflikt auszubuchstabieren und die Stimmigkeit der Instrumente gründlich abzuwägen und darzustellen. So würden sich die Diskussionen nicht immer nur auf das militärische Engagement fokussieren.

Meine Damen und Herren, wir haben zudem vorgeschlagen – das war für uns ein ganz zentraler Punkt –, dass der Kommissionsauftrag nicht nur die Überprüfung, sondern auch die Stärkung der Parlamentsrechte zum Ziel hat. Ich würde jetzt wirklich gerne ganz konkret von Ihnen hören, warum Sie auch diesen Vorschlag so kategorisch abgelehnt haben, wenn es Ihnen angeblich nicht um die Aufweichung des Parlamentsvorbehaltes geht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Es geht um ergebnisoffene Prüfung!)

Auch das offenbart doch deutlich, dass die Ergebnisoffenheit der Kommission, von der Sie reden, nicht mehr als eine Fassade ist.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Doch! Deswegen ist der Antrag ja neutral formuliert!)

Ich erwarte auch nicht, dass Sie die grünen Vorschläge richtig finden. Aber ich erwarte – gerade wenn Sie immer wieder beteuern, dass Sie uns ja ach so gerne mit im Boot gehabt hätten –,

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: „So gerne“ nicht, aber gerne schon!)

dass Sie wenigstens die Bereitschaft zeigen, so etwas zu diskutieren und in den Antrag aufzunehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht wir sind es also, die sich verweigern, sondern Sie sind gegen alles, was nicht nach Ihrer Pfeife tanzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Natürlich sind Sie es! – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Genau andersrum!)

– Nein, es ist genau so, wie ich es sage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der CDU/CSU – Michael Brand [CDU/CSU]: Der Klügere gibt nach! Ich gebe jetzt nach!)

Meine Damen und Herren, wir bedauern es sehr – und das ist dann wieder weniger lustig –, dass Sie, um Ihre fragwürdigen politischen Ziele zu verfolgen, die Stärkung der Parlamentsbeteiligung ausschließen wollen.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Nein! Um Gottes willen!)

Wir machen bei diesem durchsichtigen Manöver nicht mit, und wir sind ganz sicher auch nicht das grüne Feigenblatt für den schwarz-roten Angriff auf die Parlamentsrechte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt wird es aber doll!)

Deshalb können und wollen wir uns aus guten Gründen nicht an dieser Kommission beteiligen. Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Quelle: Deutscher Bundestag: Stenografischer Bericht, 23. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014; Plenarprotokoll 18/23, S. 1854-1863;
Das vollständige Protokoll im Internet: http://dip21.bundestag.de [externer Link]





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