Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

November 2006

Chronologie der Ereignisse


Mittwoch, 1. November, bis Sonntag, 5. November
  • Am 1. November 2006 erschien in der New York Times ein Vorschlag von Hamas zu einem umfassenden Waffenstillstand (eine sog. "hudna"). Der Artikel, verfasst vom Chefberater des palästinensischen Premierministers Hanija und damit eine höchste regierungsamtliche Erklärung, enthielt ein interessantes Angebot an Israel, das zeigt, dass Hamas bereit ist, über realistische Wege zu einer Beruhigung der Lage nachzudenken und akzeptable Angebote zu machen. Die Initiative wurde durch eine großangelegte Militäroffensive der israelischen Armee, die am selben Tag begann, zunichte gemacht. (Der Artikel befindet sich hier: "Eine Pause für den Frieden")
  • Bei einem groß angelegten Einsatz der israelischen Armee im Norden des Gazastreifens sind in der Nacht zum 1. Nov. mindestens sechs Palästinenser getötet und 40 weitere verletzt worden. Sicherheitskräften zufolge brachten israelische Einheiten ganz Beit Hanun unter ihre Kontrolle. Ein Armeesprecher bestätigte, dass eine "bedeutende Operation" im Gange sei. Seit Anfang des Jahres seien aus Beit Hanun rund 300 Raketen auf Südisrael abgefeuert worden. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte den israelischen Armeeeinsatz als "Massaker". Der Vorstoß bei Beit Hanun sei ein "verabscheuungswürdiges Verbrechen", sagte Abbas in Ramallah im Westjordanland. Israel müsse seine "feindlichen Aktionen" umgehend einstellen. Der Palästinenserpräsident forderte die internationale Gemeinschaft auf, "schnell einzugreifen", um die Angriffe zu beenden und eine Verschlimmerung der Lage in der Region zu verhindern.
  • Der libanesische Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah verhandelt nach eigenen Angaben mit Israel über den Austausch von Gefangenen. Ein Unterhändler der Vereinten Nationen sei mit Vertretern der Hisbollah und Israels zusammengetroffen, die Verhandlungen dauerten an, sagte Nasrallah im Hisbollah-eigenen TV-Kanal El Manar am 1. Nov. Gegenwärtig tauschten die Parteien "Ideen und Bedingungen" . "Die Verhandlungen sind auf einem guten Weg und gehen voran."
  • Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) reist am 2. Nov. in die Nahost-Region. Zunächst wird Jung in der libanesischen Hauptstadt Beirut erwartet, wo er am 3. Nov. mit Ministerpräsident Fuad Siniora und Verteidigungsminister Elias Murr zusammentreffen will. Noch am selben Tag sind in Israel Gespräche mit Verteidigungsminister Amir Peretz geplant. Im Anschluss besucht Jung von Zypern aus den deutschen Marineverband, der als Teil der internationalen UNIFIL-Mission vor der libanesischen Küste im Einsatz ist.
  • Mit seinen Tiefflügen über dem Libanon will Israel nach Armeeangaben Druck auf die internationale Gemeinschaft ausüben. Aus einem internen Papier der Armeeführung gehe hervor, dass die Flüge als "Druckmittel" eingesetzt würden, damit sich die internationale Gemeinschaft verstärkt für die Freilassung der beiden am 12. Juli von der libanesischen Hisbollah-Miliz verschleppten israelischen Soldaten einsetze und den Waffenschmuggel aus Syrien und dem Iran an die Miliz verhindern helfe, berichtete der Armeerundfunk am 2. Nov. Das Papier sei vom Planungsstab im Generalstab verfasst und von Generalstabschef Dan Halutz abgesegnet worden. Vor allem im Außenministerium sei der Ärger groß, dass es bekannt geworden sei.
  • Die international umstrittenen Streubomben treffen nach einer Studie fast ausschließlich Zivilisten. 98 Prozent der Opfer seien Unbeteiligte und keine Soldaten, erklärte die Menschenrechtsorganisation Handicap International (HI) am 2. Nov. in München und Brüssel. Fast 30 Prozent der Opfer sind demnach Kinder. Streubomben sind Waffen, die eine möglichst große Fläche treffen sollen und dazu viele kleine Unter-Bomben freisetzen. Zuletzt war Israel für den Einsatz solcher Waffen im Libanon-Krieg in die Kritik geraten. (Hier geht es zu einem ausführlichen Bericht über die Studie: "Angst und Bedrohung in 24 Ländern". Bei der Offensive der israelischen Armee in der Stadt Beit Hanun im nördlichen Gazasstreifen ist am 2. Nov. eine Palästinenserin erschossen worden. Die Frau habe mit einigen anderen Frauen für ein Ende der Belagerung einer Moschee demonstriert, in die sich etwa hundert Männer geflüchtet hatten, wie Augenzeugen berichteten. Seit der in der Nacht zum 1. Nov. begonnenen Offensive, mit der die Armee den Beschuss von Zielen in Israel zu unterbinden versucht, starben damit bereits 13 Palästinenser. Mehr als sechzig weitere Menschen wurden nach palästinensischen Angaben verletzt, etwa einhundert Verdächtige seien von der israelischen Armee festgenommen worden.
  • Im Rahmen der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen sind am frühen Morgen des 3. Nov. mindestens fünf Palästinenser getötet worden. Im Osten von Gaza griff die Luftwaffe gezielt ein Fahrzeug mit vier Mitgliedern des militanten Hamas-Flügels Essedin-el-Kassam-Brigaden an und tötete alle Insassen, wie Ärzte mitteilten. Fünf weitere Menschen seien durch die Explosion verletzt worden. Unter den Toten sei ein von Israel gesuchter örtlicher Chef der Essedin-el-Kassam-Brigaden. Ein Sprecher der radikalislamischen Gruppierung kündigte Vergeltung für den tödlichen Angriff an.
  • Unmittelbar vor Gesprächen mit Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in Beirut hat die libanesische Regierung vorerst auf Einschränkungen beim UNIFIL-Marineeinsatz verzichtet. Das bestätigte Jung am 3. Nov. nach einem Treffen mit Ministerpräsident Fuad Siniora in der libanesischen Hauptstadt. Grundsätzlich ändert sich die Mandatslage dadurch aber nicht. "Ich bin dankbar für die hervorragende Zusammenarbeit", betonte Jung, der am Morgen auch Verteidigungsminister Elias Murr getroffen hatte. Am Mittag reiste Jung nach Tel Aviv weiter, wo er mit seinem israelischen Kollegen Amir Perez zusammenkam.
  • Israelische Soldaten haben den palästinensischen Minister für öffentliche Aufgaben, Abdul Rahman Seidan, festgenommen. Nach palästinensischen Angaben stürmten die Soldaten am 3. Nov. das Haus Seidans in Ramallah und stellten ihn unter Arrest. Seidan ist das fünfte Mitglied der Hamas-Palästinenserregierung, das von Israel gefangen genommen wurde.
  • Bei israelischen Militäreinsätzen im Gazastreifen und dem Westjordanland sind am 3. Nov. sieben Palästinenser getötet worden. Die heftigsten Kämpfe gab es um eine Moschee in Bet Hanun im Norden des Gazastreifens, in der sich etwa 60 bewaffnete Palästinenser verschanzt hatten. Augenzeugen berichteten, ein Teil des Daches der Moschee sei eingestürzt, als die israelische Armee einen Bulldozer einsetzte.
    In Bet Hanun habe die Mehrzahl der Palästinenser aus der Moschee entkommen können und liefere sich von umliegenden Gebäuden aus Schießereien mit Soldaten, wurden Augenzeugen zitiert. Die israelische Armee erklärte, der am 1. Nov. begonnene Einsatz solle palästinensische Raketenangriffe auf Israel unterbinden.
  • Die israelische Luftwaffe hat ihre Angriffe auf Ziele im nördlichen Gazastreifen fortgesetzt. Beim Beschuss der seit Tagen belagerten Moschee im Ort Beit Hanun wurde ein Mann getötet, wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten. Drei weitere Menschen wurden verletzt. Ein Armeesprecher sagte, der Angriff habe nicht der Moschee gegolten, sondern "palästinensischen Terroristen", die in der Nähe einen Sprengsatz deponiert hätten.
    In Beit Lahja wurde am 3. Nov. ein Angehöriger der Fatah-nahen El-Aksa-Märtyrer-Brigaden beim Beschuss seines Fahrzeugs getötet. Ein zweites Mitglied der Gruppe wurde in dem Wagen verletzt.
  • Am 3. Nov. rückten nach Angaben palästinensischer Sicherheitsdienste etwa 30 israelische Panzerfahrzeuge in die Stadt Dschabalija vor. Einen weiteren Vorstoß der israelischen Armee gab es demnach in der Ortschaft Sudania nördlich von Gaza-Stadt.
  • Angesichts der eskalierenden Gewalt im Gazastreifen haben die Palästinenser ein Einschreiten des UN-Sicherheitsrats gefordert. Der palästinensische Beobachter bei den Vereinten Nationen, Riyad Mansour, erklärte am 3. Nov., er habe Briefe an den Sicherheitsrat, UN-Generalsekretär Kofi Annan und den Präsidenten der Vollversammlung geschrieben. Darin fordere er sie auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die Aggression zu beenden und Israel zu drängen, seine Truppen aus dem Gazastreifen abzuziehen. Die internationale Gemeinschaft müsse entschlossen handeln.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan äußerte sich am 3. Nov. "zutiefst besorgt" über den Anstieg der Gewalt und die zivilen Opfer der israelischen Offensive im nördlichen Gazastreifen. Annan rief Israel auf, "größte Zurückhaltung zu üben, sein Bestes zum Schutz von Zivilisten zu tun und zu vermeiden, in einer bereits schlimmen Lage eine Eslalation zu provozieren". Zugleich appellierte er an die palästinensischen Kämpfer, keine weiteren Raketen auf zivile israelische Ziele abzufeuern.
  • Die USA haben Bedauern über die Tötung palästinensischer Zivilisten im Gazastreifen geäußert. Zugleich verteidigte Washington jedoch das Vorgehen der israelischen Armee als Maßnahme zum Selbstschutz. Dass unschuldige Menschen getötet würden, sei "eine wahre Tragödie", sagte der Sprecher des US-Außenamtes, Sean McCormack, am 3. Nov. in Washington. Darüber dürfe aber nicht vergessen werden, dass die Lage sich "ursprünglich dadurch entwickelt" habe, dass "Terroristen" fortwährend Raketen auf Israel abgefeuert hätten. Israel habe nun lediglich Maßnahmen zur Selbstverteidigung ergriffen.
  • In ihrer seit vier Tagen andauernden Offensive im nördlichen Gazastreifen haben die israelischen Streitkräfte in der Nacht zum 4. Nov. rund ein Dutzend Luftangriffe geflogen. Beim Beschuss eines mit Hamas-Aktivisten besetzten Autos wurde ein Raketenbauer der militanten Gruppe getötet. Zwei weitere Kämpfer wurden nach Hamas-Angaben schwer verletzt. Drei Hamas-Aktivisten wurden nach palästinensischen Angaben bei weiteren Gefechten und Angriffen getötet. Eine Gruppe von Hamas-Kämpfern griff nach Angaben der Organisation einen Posten der israelischen Truppen mit Sprengsätzen und Raketen an. Beim Einsturz seines von einem Panzergeschoss getroffenen Hauses kam ein Zivilist ums Leben.
    Die Gewalt kostete seit Beginn der israelischen Offensive in Beit Hanun am 1. Nov. mindestens 40 Palästinenser das Leben, mehr als 200 wurden nach palästinensischen Angaben verletzt. Ein israelischer Soldat wurde getötet.
  • In der Nähe der Moschee von Beit Hanun, aus der israelische Truppen am 3. Nov. Hamas-Kämpfer vertrieben hatten, zerstörten am 4. Nov. Planierraupen der Streitkräfte mehrere Häuser. Augenzeugen sagten, die Bewohner seien zuvor nicht gewarnt worden. Die israelischen Streitkräfte nahmen dazu keine Stellung, berichteten aber von der Sprengung dreier Gebäude, die als Waffenlager gedient hätten. Die Bevölkerung sei in Lautsprecherdurchsagen von der Sprengung in Kenntnis gesetzt worden.
    Ebenfalls über Lautsprecher gaben die Truppen am 4. Nov. Frauen die Erlaubnis, für zwei Stunden ihre Häuser zu verlassen, um notwendige Einkäufe zu erledigen.
  • Angesichts der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas den UN-Sicherheitsrat angerufen. Sein Sprecher Nabil Abu Rudeina sagte am 4. Nov., Abbas habe in einem Schreiben an das höchste UN-Gremium darum gebeten, dass in einer Sondersitzung über "die israelische Agression" beraten werde. Der UN-Sicherheitsrat müsse sofort über die "tragische Situation" im Gazastreifen beraten, die durch das Vorgehen Israels ausgelöst worden sei, hieß es nach Angaben des Sprechers in dem Schreiben des Palästinenserpräsidenten. Israel spreche von Selbstverteidigung, suche aber in Wahrheit die Eskalation zu Lasten der Bemühungen der Palästinenser, ihre politische Krise beizulegen, sagte der Sprecher weiter.
  • Etwa 100.000 Menschen haben am Abend des 4. Nov. in Tel Aviv an einer Gedenkveranstaltung zum 11. Jahrestag der Ermordung des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Izchak Rabin teilgenommen. Der Schriftsteller David Grossman beklagte vor den Demonstranten die Defizite der politische und militärischen Führung des Landes. Israel befinde sich in einer tiefen Krise, sagte Grossman, der im Konflikt im Libanon seinen Sohn verloren hatte. Er appellierte an Premier Ehud Olmert, mit den Palästinensern über deren Leiden zu sprechen.
  • Der neue israelische Vize-Ministerpräsident Avigdor Lieberman hat eine Trennung von Juden und Arabern in Israel nach dem Vorbild der geteilten Insel Zypern gefordert. "Ich denke, eine Trennung der beiden Nationen ist die beste Lösung", sagte der Minister für strategische Angelegenheiten dem britischen "Sunday Telegraph" (5. Nov.). Zypern sei das "beste Modell". Vor der Teilung der Insel 1974 habe es Gewalt und Terror gegeben. Seitdem alle Griechen in einem Teil der Insel lebten und die Türken im anderen, gebe es dort Stabilität und Sicherheit, sagte Lieberman.
  • Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, August Hanning, hat in Israel Gespräche über Sicherheitsfragen und Terrorbekämpfung geführt. Eine entsprechende Meldung der "Bild am Sonntag" bestätigte am 5. Nov. eine Sprecherin des Ministeriums. Konkrete Hinweise auf möglicherweise in Deutschland geplante Selbstmordanschläge gebe es aber nicht, sagte die Sprecherin der Nachrichtenagentur AP. Die Zeitung hatte geschrieben, Regierung und Nachrichtendienste arbeiteten mit Hochdruck an Strategien gegen Selbstmordattentate im eigenen Land.
  • Bei dem israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen sind ein Kind und ein Jugendlicher im Alter von 12 und 17 Jahren getötet worden. Wie palästinensische Ärzte am 5. Nov. mitteilten, wurden die beiden Jungen von israelischen Soldaten in der Stadt Bet Hanun im Norden des Gazastreifens erschossen. Damit stieg die Zahl der seit Beginn der israelischen Operation "Herbstwolken" am 1. Nov. getöteten Palästinenser auf 46. Israel will mit dem Einsatz den Raketenbeschuss seiner Grenzorte vom Gazastreifen aus stoppen.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Norden des Gazastreifens ist am Abend des 5. Nov. ein Mitglied des Islamischen Dschihads getötet worden, wie palästinensische Ärzte und der Dschihad erklärten. Die Zahl der Todesopfer in der seit Mittwoch andauernden israelischen Offensive in der Stadt Beit Hanun stieg unterdessen am Sonntag auf 48.
Montag, 6. November, bis Sonntag, 12. November
  • Bei Raketenangriffen der israelischen Luftwaffe sind am 6. Nov. im Gazastreifen erneut zwei Palästinenser getötet worden. Nach palästinensischen Angaben wurde ein Mitglied der radikalen Hamas-Bewegung im Osten der Stadt Gaza direkt von einem Geschoss getroffen.
    Zuvor war bei einem anderen Luftangriff bei Dschebalia ein 17-jähriger ums Leben gekommen. Die Zahl der seit Mittwoch bei dem israelischen Militäreinsatz "Herbstwolken" getöteten Palästinenser erhöhte sich nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums damit auf 52. Die Zahl der Verletzten liege bei etwa 250. Nach Krankenhausangaben wurden bei dem Angriff nahe Dschebalia zudem sechs Menschen verletzt, darunter mehrere Kleinkinder. Die Kinder im Alter von vier und fünf Jahren seien von Granatsplittern getroffen worden, als sie in den Kindergarten gebracht wurden, hieß es.
  • Die Bundesregierung hat sich besorgt über die wachsende Gewalt in Nahost gezeigt. Angesichts der seit einer Woche dauernden Offensive Israels im nördlichen Gazastreifen mit bislang mehr als 50 Toten sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Jens Plötner, am 6. Nov., Außenminister Frank-Walter Steinmeier sehe die Eskalation mit Sorge und beklage die Opfer, darunter auch Zivilisten. Steinmeier appellierte laut Plötner an Israel und die Palästinenser, in dem Konflikt mäßigend zu wirken. Die Palästinenser müssten den Beschuss mit Kassam-Raketen einstellen und die Israelis die Wirkungen und Folgen ihrer Angriffe bedenken.
  • Nach monatelangem Ringen haben sich die Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah nach Angaben beider Seiten grundsätzlich auf die Bildung einer Einheitsregierung geeinigt. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas reiste am 6. Nov. in den Gazastreifen, wo der andauernde israelische Militäreinsatz bislang 52 Tote forderte. Nach palästinensischen Angaben wollte Abbas bei einem Treffen mit Ministerpräsident Ismail Hanija letzte Fragen vor einer offiziellen Verkündung der Vereinbarung klären. (dpa)
  • Neu aufgekeimte Hoffnung auf die Bildung einer palästinensischen Regierung der nationalen Einheit hat sich am Abend des 6. Nov. nicht erfüllt: Ein mehr als zweistündiges Gespräch zwischen Präsident Mahmud Abbas und Ministerpräsident Ismail Hanija in der Stadt Gaza endete dem Vernehmen nach ohne Einigung. Zuvor hatte der Hamas-Minister Wasfi Chabaha erklärt, Vertreter beider Seiten hätten sich grundsätzlich auf eine Koalitionsregierung geeinigt. (AP)
  • Die israelische Armee hat ihre Militäroffensive im nördlichen Gazastreifen, bei der seit Anfang November 56 Palästinenser und ein israelischer Soldat getötet wurden, beendet. In der Nacht zum 7. Nov. zogen sich die gepanzerten Verbände aus der grenznahen Stadt Beit Hanun zurück. Die Einheiten hätten ihren "Auftrag erledigt", sagte ein Militärsprecher. Mehrere Dutzend Palästinenser, die für Raketenangriffe auf den Norden Israels verantwortlich gemacht wurden, wurden von der israelischen Armee festgenommen.
    In der 30.000-Einwohner-Stadt Beit Hanun hinterließ der Militäreinsatz eine Spur der Verwüstung: In der Altstadt sind die Asphaltdecken nach der Durchfahrt von Panzern aufgebrochen. Die Kanalisation ist zerstört; Abwässer breiteten sich auf den Straßen aus. Von einer Moschee steht nur noch das Minarett. Jedes Haus im Kampfgebiet trägt Spuren der bewaffneten Zusammenstöße. Die Anwohner irrten zwischen den Trümmern herum, um einige Habseligkeiten zu retten.
  • Nach Angaben von Ärzten töteten am 7. Nov. israelische Soldaten in der Nähe von Beit Hanun sechs Palästinenser. Unter ihnen waren demnach zwei Aktivisten der radikalislamischen Organisation Islamischer Dschihad, die in Sudanija von einer Panzergranate getroffen wurden.
  • Bei einem israelischen Panzerangriff auf Wohnhäuser im Gazastreifen sind am 8. Nov. mindestens 18 Menschen im Schlaf getötet und 40 verletzt worden. Unter den Opfern sind nach Klinikangaben auch acht Kinder. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas verurteilte den Angriff als "schreckliches Massaker der Besatzungsmacht an unseren Kindern, Frauen und Alten". Fünf Panzergranaten schlugen am Morgen innerhalb von 15 Minuten in einem Wohngebiet nördlich der Stadt Beit Hanun ein, wie palästinensische Polizisten mitteilten. Die getroffenen Häuser gehörten der Großfamilie Alathamna, zu der 13 der 18 Toten gehören. Der 75-jährige Rahwi Hamad sagte, er sei von schweren Explosionen aus dem Schlaf gerissen worden. Als er aus dem Haus getreten sei, habe er blutende und schreiende Menschen gesehen. In den Häusern seien Bewohner zerstümmelt worden. "Wir sahen Beine, Hände, an die Wand geschleuderte Kopfteile". Die israelische Armee teilte mit, es sei ein Gebiet angegriffen worden, aus dem Raketen auf Israel abgeschossen worden seien. Der Angriff sei aus großer Entfernung erfolgt. Die Armee kündigte eine Untersuchung an. Verteidigungsminister Amir Perez ordnete an, dass solange alle Artillerieangriffe auf den Gazastreifen eingestellt werden sollten.
    Erschütternde Szenen spielten sich bei der Einlieferung der Verletzten ins Krankenhaus ab. Sanitäter setzten Wasserschläuche ein, um den Innenraum ihrer Fahrzeuge vom Blut zu säubern. Der Direktor der Kamal-Adwan-Klinik im nördlichen Gazastreifen, Mahmud Al Asali sagte: "Ich arbeite seit fünf Jahren als Direktor hier, und so etwas Schreckliches habe ich noch nie gesehen."
    Vor der Klinik versammelten sich am Morgen mehrere tausend Palästinenser und riefen nach Rache. Der örtliche Hamas-Führer Nisar Rajan kündigte weitere Raketenangriffe und Selbstmordanschläge auf Israel an und sagte: "Alle unsere Märtyrer warten, die Rache wird kommen." Auch der Islamische Dschihad drohte Israel mit Vergeltung.
    In der Stadt Gaza versuchten Schüler, eine leere Vertretung der EU zu stürmen. Sie warfen mit Steinen und Flaschen. Palästinensische Polizisten hinderten sie daran, in das Gebäude einzudringen. In Beit Lahija demonstrierten mehrere tausend Bewohner und forderten in Sprechchören "Tod für Israel, Tod für Amerika". Aufgebrachte Demonstranten setzten Autoreifen in Brand.
  • Nach einer Krisensitzung am 8. Nov. erklärte der Ministerpräsident Ismail Hanija die Gespräche über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit für ausgesetzt. Dies sei ein Zeichen des "Protestes gegen dieses schreckliche Massaker", sagte Hanija. Die Verhandlungen über eine gemeinsame Regierung von radikaler Hamas und der gemäßigten Fatah des Präsidenten Abbas waren in den vergangenen Wochen kaum vorangegangen. "Wir haben das Recht auf Selbstverteidigung", sagte der Ministerpräsident.
    Der militärische Flügel der Hamas rief die Muslime in aller Welt zu Anschlägen auf amerikanische Ziele auf. Amerika leiste politische und finanzielle Unterstützung für "die Verbrechen der zionistischen Besatzungsmacht und ist verantwortlich für das Massaker von Beit Hanun", hieß es in einer Erklärung, die am 8. Nov. der Nachrichtenagentur AP in Gaza zugeleitet wurde.
  • Der UN-Sicherheitsrat kommt am 9. Nov. wegen des erneuten Einsatzes der israelischen Armee in Beit Hanun zusammen, bei dem am 8. Nov. mindestens 18 Palästinenser getötet wurden. Katar, das einzige arabische Mitglied im 15-köpfigen Rat, verbreitete am Mittwoch in New York einen Entwurf einer UN-Resolution, worin der israelische Einsatz im nördlichen Gazastreifen als "Massaker" bezeichnet wird. Katar forderte eine sofortige Waffenruhe zwischen Israel und Palästinensern und eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle in der 30.000-Einwohner-Stadt Beit Hanun. Auch der scheidende UN-Generalsekretär Kofi Annan reagierte bestürztt: "Der Generalsekretär hat sich erschüttert gezeigt, als er von der israelischen Offensive erfahren hat", sagte sein Sprecher.
  • Nach dem israelischen Panzerangriff im Gazastreifen mit 18 Todesopfern hat US-Präsident George W. Bush beide Seiten zur Zurückhaltung aufgefordert. Bush äußerte am Abend des 8. Nov. die Erwartung, dass die israelische Untersuchung des Angriffs bald abgeschlossen würde und die nötigen Schritte eingeleitet würden, dass sich ein solch tragischer Vorfall nicht wiederhole.
  • Französische Soldaten der UN-Friedenstruppe im Libanon (UNIFIL) haben Ende Oktober kurz vor dem Abschuss von Raketen auf israelische Kampfjets gestanden. Die Soldaten seien "nur zwei Sekunden" davor gewesen, "auf die Flugzeuge zu feuern, die direkt unsere Truppen bedroht haben", sagte Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie in der Nacht zum 9. Nov. in der Nationalversammlung. Ihr zufolge befanden sich israelische F-15-Maschinen "im Sturzflug" auf eine französische Stellung, bevor sie plötzlich wieder hochzogen. Dies sei üblicherweise eine "Angriffshaltung, um Bomben abzuwerfen oder Schüsse mit der Bordkanone abzugeben". Das "unverantwortliche" Verhalten der israelischen Piloten könne nicht toleriert werden. Frankreich verlange von Israel, die UNIFIL-Einheiten zu respektieren.
    Nach einem Zwischenfall zwischen Israels Luftwaffe und französischen UN-Blauhelmen im Libanon hat Frankreich am 9. Nov. den israelischen Botschafter einbestellt und ein Ende der Libanon-Überflüge verlangt. Wie Außen- und Verteidigungsministerium mitteilten, wurde der Diplomat Daniel Shek ins Außenamt gebeten.
  • Mehrere zehntausend Menschen haben am 9. Nov. an der Beisetzung von 18 Palästinensern teilgenommen, die am Vortag bei einem israelischen Panzerangriff ihr Leben verloren. Die Toten wurden zu Beginn der Trauerfeier in ihre zerstörten Häuser in Beit Hanun gebracht. Ein Vater trug den leblosen Körper seines einjährigen Kindes im Arm. In der Menge wurden immer wieder Sprechchöre gegen Israel und die USA laut, bewaffnete Männer schossen in die Luft. Für die Beisetzung wurden Gräber auf einem neuen Friedhof ausgehoben, der dafür früher als geplant geöffnet wurde. Über jedem Grab wehte eine palästinensische Fahne. Der Angriff vom Mittwoch war der schwerste auf die Zivilbevölkerung während des seit sechs Jahren andauernden Aufstands in den palästinensischen Gebieten. Alle Opfer gehörten der Großfamilie Al Athamna an.
  • Einen Tag nach dem blutigen Angriff im Gazastreifen hat Israels Regierungschef Ehud Olmert einen technischen Fehler als Ursache angeführt. "Es war ein technischer Fehler und wir drücken erneut unser tiefstes Bedauern über die Toten, über diese Tragödie aus", sagte Olmert am 9. Nov. in Tel Aviv. Im Gegensatz zu den Palästinensern würden die Israelis niemals absichtlich auf Menschen zielen, sagte Olmert. Der israelische Regierungschef sagte weiter, er sei bereit, sich ohne Vorbedingungen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu treffen, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Er habe großen Respekt vor Abbas. Der Palästinenserpräsident sei ein respektabler Mann, der allerdings unter dem Druck von Terrorgruppen stehe, sagte Olmert.
  • Seit Beginn dieses Monats sind in den palästinensischen Gebieten 19 Kinder ums Leben gekommen. Das Kinderhilfswerk UNICEF äußerte sich am 10. Nov. in Genf besorgt über die steigenden Zahlen. Seit Anfang des Jahres fielen nach Angaben der UN-Organisation bereits 116 Kinder dem Konflikt mit Israel zum Opfer, verglichen mit 52 im vergangenen Jahr. Allein am 8. Nov. wurden acht Kinder bei einem israelischen Panzerangriff im Gazastreifen getötet. Die Zahl der Toten bei dem irrtümlichen Beschuss eines Wohngebiets in Beit Hanun stieg am Freitag auf 19. Einer der Verletzten starb nach seiner Verlegung in ein Krankenhaus in Tel Aviv.
  • Für die Palästinenser kann es nach den Worten ihres Präsidenten Mahmud Abbas unter israelischer Besatzung weder Sicherheit noch Frieden geben. Beides sei angesichts der "israelischen Besatzung, Besiedlung und der Annexion Jerusalems" unmöglich, sagte Abbas am 11. Nov. bei einer Rede anlässlich des zweiten Todestages seines Vorgängers Jassir Arafat. Wenn Israel Frieden wolle, müsse es sich an die internationalen Beschlüsse halten, sich hinter die so genannte Grüne Linie aus den palästinensischen und arabischen Territorien zurückziehen und die "nationalen Rechte" der Palästinenser anerkennen. Mit dem Rückzug aus den Friedensverhandlungen gebe Israel eine "wichtige Gelegenheit" verloren, kritisierte Abbas.
  • Die USA haben gegen einen arabischen UN-Resolutionsentwurf gestimmt, in dem Israel für die jüngsten Angriffe im Gazastreifen mit 19 Toten verurteilt wird. Dies teilte der peruanische UN-Botschafter Jorge Voto-Bernales am 11. Nov. mit. Katar hatte den Entwurf im Namen der arabischen Gruppe eingebracht. Der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Bolton, sagte zur Begründung seiner Ablehnung, die Sprache des Resolutionstextes "beunruhige" die USA. Die Resolution sei an vielen Stellen "politisch motiviert" und nicht dazu geeignet, den Frieden zu fördern.
    Der französische UN-Botschafter Jean-Marc de La Sablière sagte dagegen, der Text sei "ausgewogen" gewesen. Die Annahme hätte "das richtige Signal an beide Parteien" gesandt, dass der Sicherheitsrat "besorgt" ist über das, was in Gaza passiert sei.
    In dem Textentwurf wurden nach Diplomatenangaben sowohl die israelischen Militäreinsätze im Gazastreifen als auch die palästinensischen Raketenangriffe auf Israel verurteilt. In einer ersten Variante war in dem Resolutionsentwurf der Angriff der israelischen Luftwaffe im Gazastreifen, bei dem am Mittwoch 18 Palästinenser getötet wurden, als "Massaker" bezeichnet worden. Diese Version wurde jedoch abgeschwächt. Auch die Forderung nach einer UN-Mission zur Überwachung eines Waffenstillstands wurde gestrichen. Statt dessen forderte Katar - das einzige arabische Land im Sicherheitsrat - UN-Generalsekretär Kofi Annan auf, eine Untersuchungsmission für die Angriffe dieser Woche aufzustellen.
    Als eines der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat neben Großbritannien, China, Russland und Frankreich sind die USA eine Vetomacht. Von dieser Möglichkeit machten sie bislang 82 Mal Gebrauch, oftmals um Israel vor Rügen zu bewahren. Israels Regierungssprecher Avi Pasner bezeichnet das US-Veto als "sehr zufriedenstellend". Der Resolutionsentwurf mache nicht deutlich, dass es sich bei dem Zwischenfall in Beit Hanun um einen "tragischen Fehler" gehandelt habe. Der Text sei "nicht ausgewogen" gewesen.
    Der Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Nabil Abu Rudeina, sagte, das Veto ermutige Israel zur Forsetzung der Eskalation.
  • Mit Rücktritten der fünf schiitischen Minister hat sich am 11. Nov. eine Regierungskrise im Libanon vertieft. Ministerpräsident Fuad Siniora nahm die Rücktritte der Minister der Parteien von Hisbollah und Amal nicht an. Technisch blieb sein 24 Mitglieder zählendes Kabinett damit vorerst im Amt. Erst nach Rücktritt von mindestens acht Ministern gilt eine Regierung als aufgelöst. Auslöser der schiitischen Rücktritte war die Weigerung der anderen Parteien, der Hisbollah-Forderung nach Bildung einer Regierung der nationalen Einheit nachzukommen, in der die Hisbollah ein Vetorecht beanspruchte. Sinioras Weigerung, die Minister zu entlassen, manövriert seine Regierung nach Einschätzung von Beobachtern in eine Sackgasse: Sein Kabinett kann zwar weiterhin arbeiten, die schiitischen Minister werden die Sitzungen aber boykottieren. Siniora werden in Beirut kaum Chancen eingeräumt, andere Minister an der Hisbollah vorbei zu ernennen. Fraglich war aber auch, ob Amal und Hisbollah wirklich ihre Minister zurückziehen oder dies eher als Druckmittel benutzen wollen, schiitische Forderungen durchzusetzen.
  • Ein am Krieg gegen die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon beteiligter israelischer General hat am 12. Nov. seinen Rücktritt eingereicht. Dies teilten die Streitkräfte mit. Brigadegeneral Gal Hirsch befehligte eine Heeresdivision an der Grenze zum Libanon. Hirsch war besonders in die Kritik geraten, weil unter seinem Kommando jene Einheit stand, deren Soldaten am 12. Juli bei einer Patrouille in einen Hinterhalt der Hisbollah geraten waren. Dabei wurden drei israelische Soldaten getötet und zwei entführt. Dieser Vorfall führte dann zur Offensive gegen die Hisbollah im Südlibanon, die in Israel weitgehend als Fehlschlag betrachtet wird, da die erklärten Kriegsziele nicht erreicht wurden. Weder wurde die schiitische Miliz entscheiden geschlagen, noch konnten die Soldaten befreit werden. Hirsch wurde von einer Untersuchungskommission vorgeworfen, seine Einheit nicht genügend auf mögliche Überfälle und Entführungsversuche der Hisbollah vorbereitet zu haben. Die Kommission wollte seine Entlassung empfehlen. Mit seinem Rücktritt kam Hirsch dem zuvor. Er ist bereits der zweite ranghohe Offizier, der seinen Posten wegen des Libanonkriegs verliert. General Udi Adam, der Befehlshaber des Nordkommandos, war schon während des Krieges abgesetzt worden, er trat dann im September, einen Monat nach Ende der Kampfhandlungen, zurück.
  • Die Arabische Liga hat das Veto der USA gegen einen UN-Resolutionsentwurf zu den jüngsten israelischen Angriffen im Gazastreifen scharf kritisiert. Die Liga habe dies mit "tiefem Bedauern und großer Wut" aufgenommen, sagte Generalsekretär Amr Mussa vor Beginn einer Dringlichkeitssitzung am 12, Nov. in Kairo. Das Veto Washingtons sei "unverständlich" und bedeute, dass der Friedensprozess "vollkommen am Ende" sei; Israel werde das US-Votum als "Vorwand benutzen", um seine Aktionen gegen die Palästinenser fortzusetzen. Auf Antrag des Libanon soll die Liga die aktuelle Lage in den Palästinensergebieten besprechen und vor allem den Beschuss von Wohnhäusern in Beit Hanun am 8. Nov., bei dem 19 Menschen getötet worden waren, viele davon Frauen und Kinder.
  • Der Iran hat im Fall eines israelischen Militärschlags gegen seine Atomanlagen mit einem vernichtenden Gegenangriff gedroht. Der neue israelische Vizeverteidigungsminister Efraim Sneh hatte zuvor erklärt, er betrachte einen israelischen Präventivschlag als "letzte Möglichkeit". Sollte sich Israel dazu hinreißen lassen, würde die Antwort seines Land sofort erfolgen, sagte der iranische Außenamtssprecher Mohammed Ali Hosseini. (dpa, 12. Nov.)
  • Als Reaktion auf das US-Veto gegen eine Verurteilung Israels im UN-Sicherheitsrat haben arabische Staaten am 12. Nov. ein Ende der Finanzblockade gegen die Palästinenser beschlossen. Es gebe nicht länger eine internationale Blockade, sagte der bahrainische Außenminister Scheich Chalid bin Ahmed Al Chalifa. Die Entscheidung sei eine Botschaft an die USA, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, in Kairo. Die USA verhinderten am Samstag mit ihrem Veto eine Verurteilung Israels wegen des tödlichen Angriffs auf die Stadt Beit Hanun im Gazastreifen. Dort waren am 1. Nov. 19 Palästinenser getötet worden. "Unsere Botschaft ist laut und klar an diejenigen gerichtet, die eine unfreundliche Haltung gegenüber Arabern einnehmen", sagte Mussa bei einer Sondersitzung der Außenminister der Arabischen Liga. Nach dem Regierungsantritt der Hamas hatten internationale Geber ihre direkten Zahlungen an die palästinensische Autonomiebehörde eingestellt, weil die Hamas das Existenzrecht Israels nicht anerkennen will. Kuwait kündigte am Sonntag bereits an, umgehend 30 Millionen Dollar (23 Millionen Euro) an die Palästinenser zu überweisen.
    Der palästinensische Außenminister Mahmud Sawar unterstützte unterdessen einen Vorschlag der Arabischen Liga für eine Friedenskonferenz. An der Konferenz sollen dem Vorschlag zufolge arabische Staaten, Israel und die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats teilnehmen. Ziel sei eine gerechte Lösung des arabisch-israelischen Konflikts auf der Grundlage internationaler Resolutionen und dem Prinzip Land für Frieden. Die Hamas-Regierung habe angesichts des amerikanischen Vetos um eine solche Konferenz gebeten, sagte Sawar. Es war das erste Mal, dass sich die Hamas zu einem derartigen Schritt bereit erklärte.
    Der israelische Außenamtssprecher Mark Regev sagte, ihm sei ein solcher Vorschlag nicht bekannt. Die Hamas könne aber nicht an Verhandlungen mit Israel teilnehmen, so lange sie den jüdischen Staat nicht anerkenne, auf Gewalt verzichte und zustimme, sich an früher geschlossene Abkommen zu halten.
    Es war das erste Mal seit dem Amtsantritt der Hamas-Regierung, dass Sahar an einem Treffen der arabischen Außenminister teilnahm. Bislang hatte die Arabische Liga stets gefordert, dass die Hamas eine arabische Friedensinitiative aus dem Jahr 2002 annehmen müsse.
Montag, 13. November, bis Sonntag, 19. November
  • Die radikalislamische Hamas und die gemäßigtere Fatah des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas stehen offenbar vor einer Einigung auf einen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs. Wie am 13. Nov. verlautete, soll der frühere Leiter der Islamischen Universität in Gaza, Mohammed Schabir, neuer Ministerpräsident in einer Regierung der nationalen Einheit werden. Der 60-jährige Schabir betonte, eine endgültige Entscheidung über seine Ernennung zum Ministerpräsidenten stehe noch aus. "Niemand hat mich offiziell über diese Nominierung informiert", sagte er der Nachrichtenagentur AP. Ein Vertreter der Hamas erklärte, Schabir gelte als aussichtsreichster von insgesamt vier Kandidaten. Der Wissenschaftler, der 15 Jahre lang Präsident der Islamischen Universität war, soll der Hamas nahe stehen, ist jedoch kein aktives Mitglied. Schabir stammt ursprünglich aus Chan Junis im Gazastreifen. Er lebt mit seiner Frau und seinen sechs Kindern in Gaza. Der amtierende palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija hat sich zum Amtsverzicht bereit erklärt, wenn damit der internationale Finanzboykott gegen die Autonomiebehörde beendet wird.
  • Die USA und Israel sind sich nach den Worten von Ministerpräsident Ehud Olmert beim Thema Iran einig. Es gebe eine "vollständige Übereinkunft über die Ziele" im Atomstreit mit Teheran, sagte Olmert am 13. Nov. im Anschluss an ein einstündiges Treffen mit US-Präsident George W. Bush in Washington. Sanktionen gegen den Iran seien unbedingt nötig. Bush hatte zuvor angekündigt, Teheran zu isolieren, sollte es sein Programm zur Urananreicherung nicht aussetzen. Direkte Gespräche mit dem Iran lehnte Bush ab.
  • Auch eine künftige palästinensische Regierung der nationalen Einheit wird Israel nach den Worten von Hamas-Führungsmitglied Mussa Abu Marsuk nicht anerkennen. Dies sei von der künftigen Regierung nicht verlangt worden, sagte Abu Marsuk am 14. Nov. in Damaskus der palästinensischen Nachrichtenagentur Ramattan. Auch von den beiden deutschen Staaten, Nord- und Südkorea oder China und Taiwan habe niemand eine gegenseitige Anerkennung erwartet. Die Hamas werde Israel, das palästinensisches Territorium besetze, töte und Massaker verübe, nicht anerkennen, betonte auch Hamas-Sprecher Fauasi Barhum gegenüber AFP.
  • Während einer Videokonferenz mit der so genannten Baker-Kommission hat der britische Premierminister Tony Blair am 14. Nov. erneut dafür geworben, den Konflikt im Irak in eine umfassende Strategie für den Nahen Osten einzubetten. Nach Angaben einer Regierungssprecherin sagte Blair, dass es einen Plan für den Irak und einen Plan für die gesamte Region geben müsse. Vordringlich sei dabei die Beilegung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern. Blair hatte zuvor per Video mit den Mitgliedern der im März vom US-Kongress eingesetzten Kommission gesprochen. Das Gremium soll Empfehlungen zum Fortgang des Militäreinsatzes im Irak erarbeiten.
  • Eine Woche nach dem Tod von 19 Palästinensern bei einem israelischen Angriff in Beit Hanun im Gazastreifen haben islamische und arabische Staaten den UN-Menschenrechtsrat zur Untersuchung des Vorfalls aufgefordert. Der Rat müsse eine Untersuchungskommission in den Gazastreifen schicken, hieß es in einem am 15. Nov. in Genf eingebrachten Resolutionsentwurf, der von Bahrain und Pakistan im Namen von 23 weiteren Staaten vorgelegt wurde. In dem Text ist von "grausamen und systematischen Verletzungen der Menschenrechte des palästinensischen Volkes" durch Israel die Rede. Der Entwurf fordert ein "dringendes internationales Vorgehen".
  • Die EU-Kommission hat Israel und die Palästinenser aufgerufen, die Gewalt im Gazastreifen zu stoppen. "Wir erkennen das israelische Recht auf Selbstverteidigung an, aber dies sollte nicht auf Kosten der Leben Unschuldiger gehen", erklärte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am 15. Nov. in Straßburg. Zugleich rief sie die Palästinenser auf, keine Raketen mehr auf israelisches Gebiet abzufeuern. Die EU ist einer der wichtigsten Geber von Hilfen in den Palästinensergebieten. In diesem Jahr flossen bereits rund 650 Millionen Euro, mehr als je zuvor. Die EU-Kommission knüpft eine weitergehende Unterstützung aber an die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit.
  • Im Bemühen um eine Lösung des festgefahrenen Nahost-Konflikts hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Israel zur Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgerufen. Das palästinensische Volk sei "vollständig bereit" zu ernsthaften Verhandlungen zur Beendigung des seit Jahrzehnten andauernden blutigen Konflikts, sagte Abbas am 15. Nov. im palästinensischen Fernsehen. "Ich richte mich an die Israelis und sage ihnen: Lassen Sie die Chance für einen Frieden nicht verstreichen." Zudem müsse sich Israel aus den seit 1967 besetzten arabischen und palästinensischen Gebieten zurückziehen.
  • Hunderte somalischer Islamisten haben nach Erkenntnis der Vereinten Nationen an der Seite der Hisbollah-Milizen im Libanonkrieg mitgekämpft. Im Gegenzug hat sich die Hisbollah bei der Islamischen Allianz in Somalia mit der Bereitstellung von Waffen aus dem Iran und aus Syrien revanchiert und damit das 1992 verhängte Waffenembargo gegen Somalia unterlaufen. Das geht aus einem UN-Bericht hervor. Der Bericht soll am 17. Nov. im Sicherheitsrat in New York vorgelegt werden. Er ist bereits seit dem 15. Nov. inoffiziell in Umlauf.
  • Als Vergeltung für Israels Angriff auf Bet Hanun im Gazastreifen mit 18 Toten haben militante Palästinenser am 15. Nov. erneut die Grenzstadt Sderot mit Raketen beschossen. Dabei kam erstmals seit acht Monaten wieder ein Mensch ums Leben.
  • Die neuerliche Militäroffensive der israelischen Armee im Gazastreifen mit dem verheerenden Angriff auf Beit Hanoun am 8. November, der 19 Zivilisten das Leben kostete, veranlasste den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, am 15. November zu einer dritten Sondersitzung in Genf zusammenzutreten.
    Der Rat nahm mit großer Mehrheit (32 dafür,8 dagegen, 6 Enthaltungen) eine Resolution an, in welcher der israelische Angriff verurteilt und verlangt wird, dass die Aggressoren sich gerichtlich zu verantworen hätten. Darüber hinaus werden die "massiven Zerstörungen" palästinensischer Häuser und Infrastruktur beklagt und wird auf die "systematische Verletzung der Menschenrechte" in den besetzten Gebieten durch die israelische Besatzungsmacht hingewiesen. Gefordert wird eine "internationale Aktion zur Beendigung dieser Verletzungen" sowie der "wiederholten militärischen Übergriffe" Israels. (Mehr dazu: "UN Human Rights Council condemns the Israeli killing ...".)
  • Nach dem Tod einer Israelin durch palästinensischen Raketenbeschuss hat die israelische Luftwaffe weitere Angriffe im Gazastreifen verübt. Die Luftwaffe habe auf drei Häuser in Rafah und im Flüchtlingslager Dschabalia gezielt, die Mitgliedern der radikalislamischen Hamas gehörten, teilten ranghohe palästinensische Sicherheitskräfte in der Nacht zum 16. Nov. mit. Im Hafen von Gaza habe die israelische Marine mehrere Granaten auf ein Fischerboot abgefeuert. Auch im Flüchtlingslager Tschatti habe die Luftwaffe angegriffen. Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei den Einsätzen mindestens zwei Palästinenser verletzt.
  • Nach dem Tod einer Israelin durch palästinensischen Raketenbeschuss hat die israelische Luftwaffe weitere Angriffe im Gazastreifen geflogen. Die Luftwaffe habe auf drei Häuser in Rafah und im Flüchtlingslager Dschabalia gezielt, die Mitgliedern der radikalislamischen Hamas gehörten, teilten ranghohe palästinensische Sicherheitskräfte am 16. Nov. mit. Im Hafen von Gaza habe die israelische Marine mehrere Granaten auf ein Fischerboot abgefeuert. Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei den Einsätzen mindestens zwei Palästinenser verletzt. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas rief Israel derweil zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.
    Die israelische Regierung hatte nach dem gewaltsamen Tod der 57-jährigen Frau in Sderot weitere Militäreinsätze angeordnet. Verteidigungsminister Amir Perez drohte, dass die radikalen Palästinenserorganisationen den Raketenbeschuss "teuer bezahlen" würden.
  • Die israelische Armee hat bei militanten Palästinensern einen neuen Typ schwer aufspürbarer Bombengürtel für Selbstmordanschläge entdeckt. Das Explosivmaterial war aus einem hochwertigen Flüssigsprengstoff gefertigt und ohne die sonst verwendeten Metallsplitter gebaut. Das sagte eine Armeesprecherin am 16. Nov. in Tel Aviv. Deswegen werde die am Körper zu tragende Bombe von üblichen Metalldetektoren nicht entdeckt. Die Gürtel seien von der radikalen Gruppe Volkswiderstandskomitees im Gazastreifen angefertigt und in das Westjordanland gebracht worden. Nach Angaben der Armee wurde ein militanter Palästinenser, der einen der Sprengstoffgürtel trug, in Jerusalem festgenommen. Ein zweiter Gürtel sei Israel von der palästinensischen Polizei übergeben worden.
  • Bei einem israelischen Militäreinsatz in Nablus wurde am 16. Nov. ein 25-jähriger Palästinenser getötet. Nach palästinensischen Angaben wurde der Bruder eines gesuchten Extremisten von zwei Schüssen tödlich getroffen, als er aus dem Fenster seines Hauses schaute. Eine israelische Armeesprecherin teilte mit, eine Patrouille habe auf einen bewaffneten Mann geschossen.
  • Der Vater des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit und Angehörige von Opfern des israelischen Raketenangriffs in Bet Hanun riefen am 16. Nov. gemeinsam zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in Nahost auf. Israelische Medien berichteten, Noam Schalit habe in einem Tel Aviver Krankenhaus verletzte Palästinenser besucht und mit deren Angehörigen gesprochen. "Wir sind alle Opfer desselben Wahnsinns, derselben unaufhörlichen und irrationalen gewaltsamen Kämpfe", erklärte Schalit.
  • Spanien hat sich am 16. Nov. für eine Nahostinitiative zusammen mit Frankreich und Italien ausgesprochen. Einen entsprechenden Vorschlag unterbreitete der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero dem französischen Staatschef Jacques Chirac während eines Treffens in der nordostspanischen Stadt Gerona. Der Plan sieht fünf Schritte vor: einen sofortigen Waffenstillstand, die Bildung einer palästinensischen Regierung der nationalen Einheit, einen Gefangenenaustausch, Gespräche zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas sowie eine internationale Beobachtertruppe für den Gazastreifen. Schließlich soll dann eine internationale Nahost-Konferenz folgen. Die internationale Gemeinschaft könne der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern nicht länger tatenlos zusehen, sagte Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero nach einem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac. Die Initiative wird auch von Italien mitgetragen.
  • Israel hat die Nahost-Initiative südeuropäischer Staaten abgelehnt. "Das sind spanische Ideen, die nicht mit der Europäischen Union oder mit Israel abgestimmt sind", sagte am 17. Nov. eine Sprecherin des Außenministeriums in Jerusalem, Amira Oron. Israel sei gegen eine internationale Friedenskonferenz und trete statt dessen für direkte Verhandlungen mit allen Konfliktparteien ein.
    Zurückhaltend äußerte sich auch der palästinensische Unterhändler Sajeb Erakat. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, wir brauchen keine neue Initiative", sagte der enge Mitarbeiter von Präsident Mahmud Abbas. Wichtiger sei ein Zeitplan und ein Verfahren zur Umsetzung der bereits vorliegenden Friedenspläne. Hingegen erklärte Ministerpräsident Ismail Hanija, der Vorschlag enthalte einige gute Punkte. Die Ablehnung durch Israel zeige, dass es nicht an Stabilität in der Region interessiert sei.
  • Die islamisch-fundamentalistische Hamas-Bewegung und die gemäßigten Fatah wollen ihre Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen Regierung in zwei bis drei Tagen abschließen. Dies verlautete am 17. Nov. aus palästinensischen Kreisen nach einem Treffen von Hanija mit Abbas. Die Palästinenser wollen mit der Neubildung der Regierung u.a. erreichen, dass der Westen seine Finanzhilfe für die Autonomiegebiete wieder aufnimmt. Deren Blockade hat die Autonomiegebiete an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht.
  • Der im Oktober unter UN-Flagge angelaufene multinationale See-Einsatz vor der libanesischen Küste verläuft bisher "erfolgreich". Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am 17. Nov. in Potsdam mitteilte, wurden seit Einsatzbeginn 776 Schiffe überprüft, was umgerechnet 20 bis 30 Abfragen pro Tag entspreche. Zugleich löste am 17. Nov. die Fregatte "Brandenburg" die Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" als Flaggschiff ab und führt somit den Verband mit insgesamt 19 Schiffen aus Deutschland, Norwegen, Dänemark, Griechenland, der Türkei, Bulgarien und Schweden.
  • Die radikale Palästinensergruppe Islamischer Dschihad hat sich unter Bedingungen zu einem Stopp ihrer Raketenangriffe auf Israel bereit erklärt. Wenn die israelischen Angriffe auf Palästinenser eingestellt würden, sei auch die Organisation bereit, ihre Attacken zu beenden, sagte ein ranghoher Vertreter, Chaled el Batsch am 17. Nov. der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor hatte er sich in Gaza mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas getroffen.
  • Die französischen UN-Truppen im Libanon haben haben Luftabwehrgeschütze in Stellung gebracht, um Überflüge israelischer Kampfjets zu verhindern. Die Truppe sprach am 17. Nov. von "notwendigen Schritten". Der Kommandeur der französisch geführten UNIFIL hatte sich zuvor mehrfach über die Verletzung des libanesischen Luftraums durch Israel beschwert. Nach Angaben eines Sprechers wurden allein am vergangenen Tag 14 solcher illegalen Flüge registriert, elf davon in der von der UN-Truppe im Süden des Landes kontrollierten Zone.
  • Die UN-Vollversammlung forderte Israel zur Einstellung seiner Militäroffensive im Gazastreifen auf und verurteilte die Tötung zahlreicher Palästinenser in der Grenzstadt Beit Hanun. 156 Mitglieder stimmten am 17. Nov. in New York für die Entschließung, sieben dagegen. Es gab sechs Enthaltungen. Die Gegenstimmen kamen von den USA, Israel, Australien und vier pazifischen Staaten, die EU stimmte geschlossen dafür. (Hier geht es zur Resolution.)
    Das israelische Außenministerium hat die von der UN-Vollversammlung in New York angenommene Resolution als "einseitig" zurückgewiesen. Die Entschließung ignoriere die Raketenangriffe militanter Palästinenser auf israelisches Gebiet, sagte am 18. Nov. eine Sprecherin des Ministeriums in Jerusalem.
  • Israelische Soldaten haben im Norden des Gazastreifens am 18. Nov. einen 21 Jahre alten Palästinenser erschossen. Bei dem Getöteten handelt es sich nach palästinensischen Angaben um ein Mitglied der Sicherheitskräfte. Der Mann habe eine Uniform getragen, aber keine Waffe bei sich gehabt.
    Bei drei israelischen Luftangriffen in der Stadt Gaza wurden am Abend des 17. Nov. und am Morgen des 18. Nov. mehrere Häuser zerstört. Getroffen wurde unter anderem das Haus eines Hamas-Aktivisten und Nachbarn von Ministerpräsident Ismail Hanija, wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten. Das Gebäude einer islamischen karitativen Einrichtung mit Verbindungen zur Hamas wurde schwer beschädigt. Verletzt wurde niemand.
  • Der neue stellvertretende israelische Ministerpräsident Avigdor Lieberman forderte, Israel müsse wieder die Kontrolle über die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten übernehmen. Nur so könne Waffenschmuggel unterbunden werden, sagte der Hardliner am 18. Nov. im israelischen Rundfunk. Israel hat die Kontrolle über die Grenze mit dem Rückzug aus dem Gazastreifen im vergangenen Jahr abgegeben. "Wir haben von Tonnen von Waffen gehört, von Raketen, wir haben vom Schmuggel hunderter Millionen Dollar nach Gaza gehört", sagte Lieberman.
  • Hunderte Palästinenser haben im Gazastreifen mit einem menschlichen Schutzschild einen israelischen Luftangriff verhindert. Bis zu 300 Nachbarn versammelten sich am Abend des 18. Nov. laut Berichten von Augenzeugen um das Haus eines militanten Palästinensers im Flüchtlingslager Dschabalija, nachdem die israelische Armee die Familie von Wail Barud telefonisch vor dem Angriff ihres Hauses gewarnt hatte. Barud gehört den Volkswiderstandskomitees an, die neben zwei anderen Gruppierungen die Verantwortung für die Entführung eines israelischen Soldaten im Juni übernommen hatten. Ein israelischer Armeesprecher bestätigte, dass der Luftangriff wegen des menschlichen Schutzschildes abgebrochen worden sei. "Wir wollen keine unbeteiligten Zivilisten verletzen", sagte er. Der Sprecher warf den palästinensischen Aktivisten vor, Zivilisten als Schutzschilde zu missbrauchen. Die israelische Armee werde aber weiterhin "terroristische Infrastruktur" angreifen und dabei "zwischen Zivilisten und Terroristen unterscheiden".
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den Iran und Syrien zur Unterstützung bei den Bemühungen um eine Stabilisierung im Libanon aufgefordert. Das sagte ein UN-Sprecher am 18. Nov. bei einem Besuch Annans in der Schweiz. Man habe Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Syriens Präsident Baschar al-Assad um Vermittlung gebeten. In Telefongesprächen habe Annan die Notwendigkeit der Einheit und Stabilität des Libanons betont. Annan forderte Ahmadinedschad und Assad auf, die Parteien im Libanon zur Zurückhaltung aufzufordern.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat nach Angaben seines Büros den Universitätsprofessor Mohammed Schubair als neuen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten akzeptiert. Die radikal-islamische Hamas habe Abbas eine Liste möglicher Anwärter für das Amt des Chefs einer palästinensischen Einheitsregierung vorgelegt, hieß es am 19. Nov. Abbas habe den der Hamas nahe stehenden Schubair ausgewählt und werde ihn nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen offiziell ernennen, teilte sein Büro in Gaza mit. Dies bestätigte auch Hamas-Sprecher Muschir al Masri.
  • Die israelische Luftwaffe hat am 19. Nov. das Fahrzeug eines Aktivisten der palästinensischen Hamas-Bewegung in Gaza mit Raketen beschossen. Bei dem Luftangriff starb nach Angaben der Rettungskräfte ein 70-jähriger Passant, der in Folge der Explosion Arme und Beine verloren hatte. Mindestens acht weitere Passanten wurden bei dem Vorfall verletzt, ebenso zwei Aktivisten des bewaffneten Arms der radikalislamischen Hamas, die in dem Auto saßen. Die Männer seien in Raketenangriffe auf Israel verwickelt gewesen, teilte die israelische Armee mit.
  • Der israelische Generalstab untersucht den Einsatz von Streumunition während des Kriegs im Libanon. Das berichtet das israelische Fernsehen am 19. Nov. Demnach sollen israelische Bodentruppen militärische Maßgaben nicht befolgt haben. Das könnte zu strafrechtlichen Ermittlungen führen. Die meisten Sprengkörper seien noch zum Ende des Krieges Mitte August abgefeuert worden, hieß es weiter. Streubomben bestehen aus einem Behälter, der bis zu hunderte kleine konventionelle Sprengkörper freisetzt.
  • Der vielfach kritisierte Einsatz israelischer Streubomben während des Libanon-Kriegs war nach Angaben der Militärführung nicht genehmigt. Generalstabschef Dan Halutz habe verboten, diese Art von Munition abzufeuern, verlautete am Abend des 19. Nov. aus Verteidigungskreisen in Jerusalem. Die Luftwaffe habe sich an den Befehl gehalten, das Heer jedoch nicht. Halutz habe zwischenzeitlich eine Untersuchung eingeleitet, meldete das israelische Armeeradio.
  • An einer Straßensperre im Westjordanland erschossen israelische Soldaten am Abend des 19. Nov. einen vermeintlich bewaffneten Palästinenser. Bei einer Untersuchung stellte sich nach Angaben der Streitkräfte jedoch heraus, dass der Mann lediglich eine Spielzeugpistole bei sich trug. Er habe diese geschwenkt, als er auf den Kontrollposten im Jordantal nördlich von Jericho zugegangen sei. Ein Palästinenser hatte dort im August einen israelischen Soldaten erschossen.
Montag, 20. November, bis Sonntag, 26. November
  • Die Bildung einer palästinensischen Koalitionsregierung ist am 20. Nov. wieder ins Stocken geraten. Die Gespräche seien vorerst ausgesetzt, erklärte ein Berater von Präsident Mahmud Abbas. Neue Gespräche seien zunächst nicht vereinbart worden, sagte Nabil Amr in Ramallah. Vor den Verhandlungspartnern liege noch viel Arbeit. "Wir haben uns erst auf die erste Meile einer mehr als 1.000 Meilen langen Wegstrecke geeinigt", erklärte Amr. Die gemäßigtere Fatah von Abbas und die radikalislamische Hamas bemühen sich seit Monaten um die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit.
  • Am frühen Morgen des 20. Nov. gingen auf die israelische Stadt Sderot fünf Raketen nieder. Verletzt wurde niemand.
  • Die UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Louise Arbour, traf am 20. Nov. zu einer fünftägigen Reise in der Region ein. Auf ihrem Programm stehen Unterredungen mit der palästinensischen und der israelischen Führung und Gespräche mit Betroffenen des Konflikts auf beiden Seiten. Bei einem Besuch in Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen, wo kürzlich bei einem israelischen Angriff 19 Menschen ums Leben kamen, versicherte sie den Bewohnern, dass die Welt sie nicht vergessen habe. Zugleich rief sie die Führer beider Seiten auf, den Kreislauf der Gewalt zu stoppen und mehr zu tun, um Zivilpersonen zu schützen.
  • Der hessische Friedenspreis geht in diesem Jahr an den israelischen Dirigenten Daniel Barenboim. Das Kuratorium würdige mit dieser Auszeichnung Barenboims vielfältige Bemühungen um die Aussöhnung zwischen Israel und den Palästinensern, erklärte Landtagspräsident Nobert Kartmann am 20. Nov. in Wiesbaden. "Er demonstriert im Kleinen, wie der Nahostkonflikt bewältigt werden kann und verzaubert - quasi als Nebeneffekt - mit der Musik Tausende." Kartmann verwies insbesondere auf die Gründung des West-Eastern Divan Orchestra durch Barenboim und den verstorbenen Kulturwissenschaftler Edward Said. Das Orchester bestehe aus jungen Musikern aus Israel und aus den arabischen Ländern und wolle mit der verbindenden Wirkung der Musik Brücken zwischen den Völkern schlagen. Der hessische Friedenspreis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird am 1. Februar 2007 verliehen.
  • Mit einem gezielten Raketenangriff auf ein Auto hat die israelische Luftwaffe am Abend des 20. Nov. in der Stadt Gaza zwei Aktivisten der radikalislamischen Hamas-Bewegung getötet. Vier weitere Menschen, darunter ein einjähriges Mädchen, wurden nach Krankenhausangaben schwer verletzt. Die Hamas drohte Israel in einer Erklärung mit Vergeltung. Der Angriff habe einem mit Terror-Aktivisten besetzten Auto gegolten, teilten die israelischen Streitkräfte mit. Das Auto war vor dem Haus eines bekannten Hamas-Aktivisten im östlichen Stadtteil Schadschaijeh nahe der Grenze zu Israel geparkt. Bei den Opfern handelt es sich der Hamas zufolge um einen Kommandeur der Organisation und dessen Leibwächter.
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat eine von den Vereinten Nationen geführte Untersuchung des 34-tägigen Konfliks zwischen Israel und der radikalislamischen Hisbollah gefordert. Dies geht aus einem am 21. Nov. in London veröffentlichten ai-Bericht hervor, in dem Verstöße beider Lager gegen das internationale Recht aufgelistet sind. Ai warf Israel vor, "wahllose und unverhältnismäßige" Angriffe auf Zivilisten im Südlibanon ausgeführt zu haben. Die Organisation verurteilte insbesondere den Einsatz von Streubomben.
  • Bei israelischen Angriffen in Gaza sind am 21. Nov. insgesamt mindestens vier Palästinenser getötet worden, darunter eine ältere Frau. Die etwa 70-Jährige hielt sich nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte in ihrem Haus auf, als sie durch Beschuss aus einem israelischen Panzer getötet wurde. Ein 20-jähriger Aktivist des bewaffneten Hamas-Arms kam bei Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und bewaffneten Palästinensern ebenfalls durch Panzerbeschuss ums Leben.
  • Militante Palästinenser haben am 21. Nov. vom Gazastreifen eine Rakete auf die israelische Stadt Sderot abgefeuert. Dort wurde nach Angaben von Rettungskräften mindestens ein Mensch schwer verletzt. Seit dem Abend des 20. Nov. feuerten Palästinenser mindestens 25 Raketen auf Israel ab. Am frühen Morgen des 21. Nov. starteten die israelischen Streitkräfte eine Militäraktion in der Stadt Gaza. Dabei wurden ein ranghoher Hamas-Kommandeur und eine ältere Palästinenserin getötet. Wie die Hamas mitteilte, besetzten israelische Soldaten in der Nacht zum Dienstag das Haus von Wael Hassanin im Stadtteil Seitun. Es sei zu einem Feuergefecht gekommen, Stunden später tausende Hamas-Anhänger teil, die Rache schworen.
    Die israelischen Truppen dehnten ihren Einsatz auf die Vororte Dschebalija und Beit Lahija aus, wo sie unter anderem eine Fabrik zerstörten. Vier Menschen wurden verletzt, darunter mindestens ein Hamas-Kämpfer.
  • Eine Expertenkommission der Vereinten Nationen wertet die israelischen Angriffe auf Zivilisten im Libanon als "Kollektivbestrafung" und "offenkundige Verletzung des internationalen Menschenrechts". Dies geht aus einem am 21. Nov. im Internet veröffentlichten Abschlussbericht des UN-Ermittlerteams hervor. Der UN-Menschenrechtsrat hatte im September den brasilianischen Botschafter Joao Clemente Baena Soares, den tansanischen Richter Mohamed Chande Othman und den griechischen Professor Stelios Perrakis mit Ermittlungen zu den israelischen Angriffen auf Zivilisten während der Libanon-Offensive beauftragt. Die Experten stellten in ihrem 125-seitigen Bericht ein "eindeutiges Muster von exzessiver, wahlloser und unangemessener Anwendung von Gewalt" durch die israelische Armee gegen libanesische Zivilisten fest. Während des 34-tägigen Kriegs im Sommer hatte Israel seine Angriffe auf zivile Ziele damit gerechtfertigt, dass diese durch die radikalislamische Schiitenmiliz Hisbollah genutzt würden. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass ein Teil der Angriffe auf Infrastruktur lediglich um der "Zerstörung willen" ausgeführt worden seien. Auch der massive Einsatz von Streubomben sei militärisch nicht begründet gewesen.
  • Im Gazastreifen sind am 21. Nov. zwei italienische Rotkreuzhelfer entführt worden. Die beiden seien in der Ortschaft Deir el Balah überfallen und verschleppt worden, teilten palästinensische Polizisten mit.
  • Zum fünften Mal in zwei Jahren ist im Libanon ein prominenter Syrienkritiker ermordet worden. Industrieminister Pierre Gemajel wurde am 21. Nov. in seinem Wahlkreis bei Beirut erschossen. Das Attentat löste international Besorgnis aus, die Bundesregierung verurteilte den Anschlag scharf. Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora kündigte an, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Der 34-jährige Gemajel war am Dienstagnachmittag mit seinem Auto in der Beiruter Vorstadt Dschdeideh unterwegs. In diesem christlichen Wohngebiet am Nordrand der libanesischen Hauptstadt lag auch sein Wahlkreis. Gemajels Auto wurde von einem anderen Fahrzeug gerammt, wie Augenzeugen berichteten. Der Täter stieg aus und erschoss den Politiker aus kurzer Distanz. Die Fahrerseite des Autos wies fast ein Dutzend Einschusslöcher auf. Gemajel wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo nur noch sein Tod festgestellt werden konnte, wie die christliche Phalange-Partei mitteilte.
    Das Attentatsopfer war der Sohn des ehemaligen Präsidenten Amin Gemajel, der von 1982 bis 1988 amtierte. Sein Großvater Pierre Gemajel führte die Phalange im Bürgerkrieg von 1975 bis 1990.
    Politische Beobachter erwarten, dass das Attentat die politischen Spannungen im Libanon weiter verschärfen wird. Die Phalange-Partei gehört der antisyrischen Parlamentsmehrheit an, die in den vergangenen Tagen einen erbitterten Machtkampf mit der prosyrischen Hisbollah führte. Diese hat mit dem Sturz der Regierung gedroht, falls sie kein größeres Mitspracherecht im Kabinett erhält.
    Der politische Führer der antisyrischen Mehrheit, Saad Hariri, brach nach der Nachricht vom Attentat auf Gemajel eine Pressekonferenz ab. Er würdigte Gemajel als guten Freund und sagte den Tränen nahe, es werde alles getan, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Hariri, der Sohn des im Februar 2005 ermordeten Politikers Rafik Hariri, machte die Regierung in Damaskus für die Tat verantwortlich.
    Auch die syrische Regierung verurteilte jedoch das Attentat und sprach von einem abscheulichen Verbrechen, das Frieden und Stabilität im Libanon gefährde. Die Hisbollah erklärte, die Täter wollten den Libanon in Chaos und Bürgerkrieg stürzen.
  • Die neue Nahost-Initiative südeuropäischer Staaten (siehe unsere Chronik vom 16. Nov.) hat nach Einschätzung des italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi nur Erfolg, wenn sie auch von Deutschland und Großbritannien unterstützt wird. In einem Telefongespräch mit dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert sagte Prodi am 21. Nov., der Plan müsse auch von anderen Ländern in Europa getragen werden. Israel hat den Vorschlag in der vergangenen Woche abgelehnt, da er weder mit der EU noch mit der Regierung in Jerusalem abgestimmt sei. Auch die Palästinenser äußerten sich zurückhaltend. Der in der spanischen Stadt Gerona vorgestellte Plan sieht fünf Punkte vor: einen sofortigen Waffenstillstand, die Bildung einer palästinensischen Regierung der nationalen Einheit, einen Gefangenenaustausch, Gespräche zwischen Olmert und dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas sowie eine internationale Beobachtertruppe für den Gazastreifen. Schließlich soll dann eine internationale Nahost-Konferenz folgen.
  • Das israelische Sicherheitskabinett hat einem Rundfunkbericht zufolge die Fortsetzung des Militäreinsatzes im Gazastreifen beschlossen, eine Ausweitung der Offensive aber abgelehnt. Die "punktuellen Operationen" dienten dazu, palästinensische Raketenangriffe auf Israel sowie den Waffenschmuggel aus Ägypten zu verhindern, berichtete der israelische Militärrundfunk am 22. Nov. Bei der seit Wochen andauerden Armeeoffensive im Gazastreifen wurden bereits dutzende Palästinenser getötet, darunter zahlreiche Zivilisten.
  • Eine neue israelische Bodenoffensive gegen mutmaßliche Raketenwerfer hat die Spannungen im Gazastreifen abermals verschärft. Soldaten rückten am 22. Nov. in die Städte Beit Hanun und Dschebalija ein, Scharfschützen bezogen auf Dächern Stellung, wie aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete. Mindestens vier Palästinenser wurden getötet. Gleichwohl wurden wieder mindestens sechs Raketen auf Israel abgefeuert. Eine davon schlug vor einer Schule ein, verletzt wurde jedoch niemand. Die Streitkräfte lieferten sich mehrfach Schusswechsel mit militanten Palästinensern, Ein 22-jähriger Hamas-Aktivist wurde getötet, während er eine Rakete für den Abschuss vorbereitete, wie die radikalislamische Bewegung mitteilte. Ein Hamas-Polizist sei in israelischem Panzerfeuer ums Leben gekommen. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden nach palästinensischen Angaben auch zwei Zivilpersonen getötet - ein 16-jähriger Jugendlicher und eine 39 Jahre alte Frau. Zuvor seien vor einer Schule in Beit Hanun drei palästinensische Mädchen verletzt worden. Die israelischen Streitkräfte vermeldeten ihrerseits, dass zwei Soldaten verwundet worden seien.
    Die Hamas rief Israel dazu auf, die Offensive umgehend einzustellen, da die Angriffe dadurch nur verstärkt würden. Auch eine Parlamentsabgeordnete der Hamas erklärte, die Militäroperation mache die Palästinenser nur noch hartnäckiger in ihrem Widerstand. Nach Angaben von Dschamila Schanti wurde ihr Haus in Beit Hanun von israelischen Truppen umstellt und später von eindringenden Soldaten schwer beschädigt.
  • Das Begräbnis des ermordeten libanesischen Industrieministers Pierre Gemayel ist am 23. Nov. zu einer Machtdemonstration der anti-syrischen Regierungsmehrheit geworden. Als der Sarg durch die Straßen von Beirut getragen wurde, schwenkten Hunderttausende Menschen die Nationalflagge. Einige von ihnen weinten. Sie riefen Slogans gegen Syrien und seine libanesischen Verbündeten. Der Ermordete war maronitischer Christ. Seine Anhänger machen Syrien für den Mord verantwortlich.
  • Fünf Monate nach der Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit ist der politische Führer der Hamas-Bewegung, Chaled Maschaal, am 23. Nov. zu Gesprächen über einen Gefangenenaustausch in Kairo eingetroffen. Die ägyptische Regierung hat sich bereit erklärt, als Vermittlerin einen Gefangenenaustausch mit Israel herbeizuführen. Maschaal und seine Delegation wollten mit dem ägyptischen Geheimdienstchef Omar Suleiman auch über die geplante Bildung einer palästinensischen Einheitsregierung sprechen.
  • Militante Palästinensergruppen haben Israel eine "begrenzte Waffenruhe" angeboten. Darauf hätten sich militante und islamistische Gruppen bei einem Treffen mit Ministerpräsident Ismail Hanija geeinigt, teilte ein Führungsmitglied der Gruppe Islamischer Dschihad am 23. Nov. mit. Voraussetzung für eine Waffenruhe sei, dass Israel seine gegenwärtige Militäroperation im Gazastreifen stoppt. Im Gegenzug würden militante Palästinenser keine Raketen mehr auf israelisches Gebiet abfeuern.
  • Eine neunfache Mutter hat sich am 23. Nov. im Gazastreifen in die Luft gesprengt und dabei drei israelische Soldaten verletzt. Die 57-jährige Palästinenserin (AP: 57-jährige) habe die Tat als Vergeltung für den israelischen Artillerieangriff auf Beit Hanun im Gazastreifen verübt, sagte ihre Tochter. Bei dem Angriff Anfang November waren auch 19 palästinensischen Zivilisten getötet worden. Zu dem Attentat der Palästinenserin bekannte sich der bewaffnete Hamas-Flügel. "Sie war von dem, was passiert ist, sehr bewegt", sagte die Tochter mit Blick auf Beit Hanun. "'Ich will nur noch als Märtyrerin sterben', hat sie gesagt", berichtete einer ihrer Söhne. Es war das erste Selbstmordattentat seit Januar 2005, zu dem sich die Hamas bekannte. (AFP)
  • Bei israelischen Militäraktionen wurden am 23. Nov. acht Palästinenser getötet.
  • Israelische Truppen haben am 24. Nov. im Gazastreifen einen Kameramann der militanten Hamas-Bewegung erschossen. Der Mann wurde in der Stadt Dschebalija tödlich getroffen, wie palästinensische Sanitäter mitteilten. Die Hamas stellt regelmäßig Filmaufnahmen von Einsätzen gegen Israel her.
  • Israel hat ein eingeschränktes Waffenstillstandsabkommen radikaler Palästinensergruppen abgelehnt. Die bewaffneten Palästinensergruppen hätten nur eine begrenzte Waffenruhe vorgeschlagen, erklärte eine israelische Regierungssprecherin am Morgen des 24. Nov. Der Vorschlag beschränke sich auf den Abschuss palästinensischer Raketen vom Gazastreifen aus, während Israel im Gegenzug "an allen Fronten" seine Einsätze beenden solle. "Das ist nicht seriös", betonte die Sprecherin. Ein Sprecher des Islamischen Dschihad hatte zuvor gesagt, die Palästinenser seien bereit, keine Raketen mehr auf Israel abzufeuern, wenn Israel dafür seine Militäreinsätze im Gazastreifen und im Westjordanland einstelle.
  • Bei der Explosion einer Streubombe im Libanon sind am 24. Nov. zwei Minenräum-Experten schwer verletzt worden. Die beiden Männer, ein Brite und ein Bosnier, seien mit Verletzungen an den Beinen in ein Krankenhaus gebracht worden, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. Ihr Zustand wurde als ernst beschrieben. Die Explosion ereignete sich auf einem Feld nahe der Ortschaft Deir Mimas südlich von Mardschajun und drei Kilometer westlich der Grenze zu Israel.
    Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen haben Israel vorgeworfen, während des Kriegs gegen die Hisbollah im Sommer bis zu vier Millionen Streubomben im Libanon eingesetzt zu haben, von denen bis zu eine Million noch nicht explodiert sind. Seit Kriegsende am 14. August kamen dort laut AP mindestens 24 Menschen bei der Detonation von Streubomben ums Leben.
    "Das ist der erste Beweis, dass israelische Truppen 2006 neue Minen im Libanon legten", hieß es in einer Erklärung des UN-Koordinationszentrums für Maßnahmen gegen Minen am 25. Nov.
  • Die palästinensische Hamas-Bewegung hat ein Ultimatum für Verhandlungen mit Israel gestellt und mit einer dritten Intifada gedroht. Der politische Führer der islamisch-fundamentalistischen Organisation, Chaled Maschaal, erklärte am 25. Nov. in Kairo, er gebe Friedensgesprächen sechs Monate Zeit. Wenn dann keine Einigung erzielt sei, werde sich der Widerstand neu formieren. Maschaals Äußerungen waren die bislang deutlichste Bestätigung für die Bereitschaft der Hamas, Verhandlungen zwischen dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und Israel zu akzeptieren. Zugleich war es das erste Mal, dass Maschaal eine Frist setzte und dies mit einer expliziten Drohung verband. Innerhalb der kommenden sechs Monate müsse "eine echte politische Perspektive" eröffnet werden, sagte der Hamas-Führer und verwies auf ein Abkommen zur Errichtung eines palästinensischen Staates in den Grenzen vom 4. Juni 1967. Sollten sich die Verhandlungspartner im kommenden halben Jahr nicht einigen, werde die Hamas erstarken und der Widerstand werde sich zu einem "dritten Aufstand" auswachsen. - Maschaal führt in Kairo seit einigen Tagen Gespräche mit ägyptischen Vermittlern. Dabei geht es auch um die Freilassung des von palästinensischen Extremisten verschleppten Soldaten Gilad Schalit.
  • Mehrere militante Palästinensergruppen haben am 25. Nov. Israel erneut eine Waffenruhe angeboten. Diese solle bereits am Morgen des 26. Nov. beginnen. Ein Sprecher der radikalen Volkswiderstandskomitees sagte am Abend des 25. Nov., die Führer von vier im Gazastreifen aktiven militanten Palästinensergruppen hätten die Waffenruhe mit dem palästinensischen Premier Ismail Hanija vereinbart. Ein erster Vorstoß von anderen Palästinensergruppen zu einer Waffenruhe hatte Israel als "nicht konkret" abgelehnt.
  • Israel und die Palästinenser haben eine Waffenruhe für den Gazastreifen vereinbart, die am Sonntag (26. Nov.) um 06.00 Uhr Ortszeit in Kraft treten soll. Das teilten Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas am späten Abend des 25. Nov. mit. Abbas habe Olmert telefonisch darüber informiert, dass er mit allen palästinensischen Gruppierungen eine Vereinbarung über die Einstellung gewaltsamer Aktionen gegen Israel erzielt habe, sagte eine Sprecherin des israelischen Regierungschefs, Miri Eisin. Zugleich habe der Präsident Olmert ersucht, ebenfalls alle Militäraktionen im Gazastreifen einzustellen und alle Soldaten zurückzuziehen. Dem habe Olmert zugestimmt.
  • Die Vereinigten Staaten haben die Einigung auf eine Waffenruhe zwischen Israelis und Palästinensern als Schritt in Richtung Frieden begrüßt. "Wir hoffen, dass dies zu weniger Gewalt für das israelische und das palästinensische Volk führt", sagte der Sprecher des Weißen Hauses Alex Conant am 26. Nov.
  • Israel hat seine Armee vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen. Der Schritt folgte auf die Einigung über einen Waffenstillstand zwischen Palästinensern und Israelis, teilte eine Sprecherin der israelischen Armee mit. Die israelischen Truppen, die vor allem im Norden des Gazastreifens eingesetzt waren, um Raketenangriffe auf Israel zu verhindern, "haben sich zurückgezogen", sagte die Sprecherin am 26. Nov. Nach ihren Angaben kam es seit dem Inkrafttreten der Waffenruhe um sechs Uhr Ortszeit (5 Uhr MEZ) zu keinen Zwischenfällen.
  • Nach einem palästinensischen Raketenangriff wenige Stunden nach einem Waffenstillstand hat Israel am 26. Nov. mit einer Wiederaufnahme seiner Militäreinsätze im Gazastreifen gedroht. Falls Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und die palästinensischen Bewegungen, die den Waffenstillstand unterschrieben hätten, nicht in der Lage seien, diese auch umzusetzen, werde Israel zur Verteidigung seiner zivilen Bevölkerung handeln, erklärte der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz. Jeder versuchte Raketenbeschuss in Richtung Israel werde wie eine Verletzung des Waffenstillstands betrachtet.
  • König Abdullah von Jordanien hat die US- Regierung vor dem gleichzeitigen Ausbruch von drei Bürgerkriegen im Nahen Osten gewarnt. Es gebe derzeit ein starkes Potenzial für Bürgerkriege im kommenden Jahr in den Palästinensergebieten, im Libanon und im Irak, sagte König Abdullah am 26. Nov. dem US-Fernsehsender ABC. Priorität für die US-Regierung müsse der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern und nicht der Irak-Krieg haben. Dies sei das "emotionale" Kernproblem.
  • Nach der überraschenden Waffenruhe für den Gazastreifen wollen die israelischen Streitkräfte erstmals seit dem Amtsantritt der Hamas-Regierung im Frühjahr die Sicherheitsgespräche mit den palästinensischen Sicherheitskräften wieder aufnehmen. Das verlautete am 26. Nov. aus israelischen Militärkreisen. Ziel sei es, militante Palästinenser daran zu hindern, weiter Raketen auf Israel abzufeuern.
Montag, 27. November, bis Donnerstag, 30. November
  • Knapp 24 Stunden nach Beginn einer Waffenruhe im Gazastreifen haben israelische Soldaten am 27. Nov. im Westjordanland zwei Palästinenser getötet. Nach palästinensischen Angaben handelte es sich um eine 56-jährige Frau sowie einen militanten jungen Mann. Ein israelischer Armeesprecher teilte mit, die Frau habe die Waffe des getöteten Mannes ergriffen. Zudem seien 15 von Israel gesuchte Palästinenser festgenommen worden.
  • Nach der Einigung auf eine Waffenruhe im Gazastreifen hat sich Israels Regierungschef Ehud Olmert zu einem Rückzug aus weiteren besetzten Palästinensergebieten bereit erklärt. "Wir sind bereit, uns aus zahlreichen Gebieten zurückzuziehen im Gegenzug für einen Frieden mit den Palästinensern", sagte Olmert während einer Feierstunde in Sde Boker in der Negev-Wüste am 27. Nov. Der palästinensische Chefberater Sajeb Erakat erklärte, die Palästinenser seien "vollkommen bereit" für Verhandlungen über eine endgültige Lösung des Konflikts. "Ich schlage Euch vor, einen neuen Weg einzuschlagen", sagte Olmert bei einer Gedenkveranstaltung für den verstorbenen Ministerpräsidenten Ben Gurion an die Palästinenser gerichtet. Der Anfang sei am 25. Nov. mit der vereinbarten Waffenruhe für den Gazastreifen gemacht worden. Wenn die Palästinenser eine neue Regierung bildeten, die die Prinzipien des so genannten Nahost-Quartetts anwenden wolle, und die Freilassung des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit erreiche, werde er Palästinenserpräsident Mahmud Abbas unverzüglich ein Treffen anbieten, fügte Olmert hinzu. Ziel sei ein "offener, aufrichtiger und ernsthafter Dialog". In diesem Rahmen und gemäß der so genannten Roadmap zur Lösung des Nahost-Konflikts könnten die Palästinenser einen unabhängigen, souveränen und lebbaren Staat mit festgelegten Grenzen bilden, sagte Olmert weiter. Im Gegenzug für die Freilassung Schalits sei Israel bereit, palästinensische Häftlinge freizulassen und den Palästinensern zustehende Gelder freizugeben. Eine Verringerung der Gewalt werde es Israel auch erlauben, die Zahl der Straßensperren im Westjordanland auf "substanzielle Weise" zu verringern und die Einreise in den Gazastreifen zu erleichtern.
  • Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen fordert ein Ende der israelischen Siedlungen in besetztem Gebiet. Israel müsse seine Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten - einschließlich Ost-Jerusalem und des syrischen Golan - "unverzüglich" aufgeben, hieß es in einer von islamischen Staaten eingebrachten Entschließung, die der UN-Menschenrechtsrat in Genf am 27. Nov. mit 45 von 47 Stimmen verabschiedete. Es müsse nicht nur dafür sorgen, dass sich die bestehenden Siedlungen nicht weiter ausbreiteten, sondern auch, dass keine weiteren Siedlungen mehr entstünden. Außerdem müsse Israel alle Waffen von den jüdischen Siedlern beschlagnahmen und Strafen verhängen, damit sie keine Gewalttaten begingen.
  • Israel hat sich inoffiziellen Angaben zufolge im Grundsatz mit der Stationierung einer in Jordanien ausgebildeten palästinensischen Truppe im Gazastreifen einverstanden erklärt. Grundsätzlich billige die israelische Regierung, dass die so genannte Bader-Brigade auf palästinensischem Gebiet stationiert werde, sagte am 28. Nov. ein Vertreter, der ungenannt bleiben wollte. Über die Zahl der Soldaten stehe Israel noch in Verhandlung mit Vertretern von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
  • Trotz der jüngsten Waffenstillstandsvereinbarung haben palästinensische Extremisten nach Berichten von Augenzeugen am 28. Nov. wieder zwei Raketen aus dem Gazastreifen nach Israel abgefeuert. Die israelischen Behörden konnten dies zunächst nicht bestätigen.
  • Nach dem israelischen Panzerangriff in Beit Hanun mit 19 Toten wird der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu als Leiter einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen in den Gazastreifen reisen. Der frühere Erzbischof werde sich ein Bild von der Situation der Opfer machen und Vorschläge erarbeiten, wie die Zivilbevölkerung künftig besser geschützt werden könne, erklärte der Präsident des UN-Menschenrechtsrats, Luis Alfonso De Alba, am 29. Nov. in Genf. Ein Bericht der Kommission soll dem Menschenrechtsrat bis Mitte Dezember zugehen. Bei dem israelischen Panzerangriff im Rahmen einer Militäroffensive im nördlichen Gazastreifen waren vor drei Wochen 19 palästinensische Einwohner getötet worden (siehe Chronik 8. Nov.).
  • Ein von der israelische Armee im November festgenommener palästinensischer Minister ist wieder auf freiem Fuß. Der Hamas-Ressortchef für öffentliche Arbeiten und Wohnungsbau, Abdelrahman Sidan, sei am 29. Nov. gegen Zahlung einer Kaution freigekommen, teilte sein Anwalt mit. Die israelische Militärstaatsanwaltschaft hatte zuvor entschieden, keinen Einspruch gegen die Anordnung eines Militärgerichts zur Freilassung des 46-Jährigen einzulegen.
  • Der jordanische König Abdullah II. hat die USA aufgefordert, den Nahost-Friedensprozess wiederzubeleben. Bei seinem Treffen mit George W. Bush am 29. Nov. in Amman habe der Monarch den US-Präsidenten gebeten, Israel und den Palästinensern dabei zu helfen, die Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen, teilte der jordanische Königspalast mit. Bei einer Fortsetzung der Gewalt wären beide Seiten die Verlierer. Ein Ende des Nahost-Konfliktes werde auch zur Lösung der "der anderen Probleme in der Region" beitragen. Bush habe sich bei dem Gespräch für einen unabhängigen Palästinenserstaat ausgesprochen, hieß es in der offiziellen jordanischen Erklärung.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat sich in einem Beitrag für die Vollversammlung der Vereinten Nationen für eine internationale Friedenskonferenz zur Lösung des Nahostkonflikts ausgesprochen. Die Einhaltung ihrer Ergebnisse sollte vom internationalen Nahostquartett garantiert werden, erklärte Abbas am 29. Nov. in einer Rede, die anlässlich des Internationalen Tags der Solidarität mit dem palästinensischen Volk vom palästinensischen UN-Beobachter Rijad Mansur verlesen wurde. Das Nahostquartett mit den UN, den USA, der EU und Russland sollte die Rolle eines ehrlichen Vermittlers spielen, forderte Abbas. Als Grundlage biete sich der internationale Friedensplan der "Roadmap" an, wonach ein noch zu gründender palästinensischer Staat in friedlicher Koexistenz mit Israel bestehen solle. Abbas forderte Israel auf, sich der von den palästinensischen Gruppen ausgerufenen Waffenruhe anzuschließen. Seit Juni seien mehr als 510 Palästinenser getötet worden. Ein Drittel der mehr als 4.300 Toten seit September 2000 seien Kinder.
    Der stellvertretende israelische UN-Botschafter Daniel Carmon sagte, es gebe in der Rede von Abbas "einige sehr interessante und positive Elemente". Die Geschichte habe aber gezeigt, dass direkte Gespräche zwischen den Konfliktparteien ein besserer Weg zur Lösung der Probleme sei als eine internationale Konferenz.
    (Zum "Internationalen Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk" siehe auch den Beitrag von Kofi Annan: "Niemand kann ihnen den Frieden aufzwingen".)
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat Israel und die Palästinenser zu einem neuen Anlauf im Friedensprozess aufgerufen. Der Augenblick müsse genutzt werden, sagte Rice am 30. Nov. nach einem Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in Jericho. Zuletzt hatten die Konfliktparteien eine Waffenruhe im Gazastreifen vereinbart und der israelische Regierungschef Ehud Olmert seine Bereitschaft zu weitgehenden Zugeständnissen erklärt. Rice, die in Jerusalem auch mit Olmert und ihrer israelischen Kollegin Zipi Livni zusammenkam, sagte, die Bemühungen in Richtung einer Zwei-Staaten-Lösung müssten nun intensiviert werden. Offenbar unter Bezug auf den Ausbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland sagte die Außenministerin, dabei müssten alle Handlungen vermieden werden, die ein endgültiges Friedensabkommen vorwegnehmen könnten.
    Abbas erklärte auf der gemeinsamen Pressekonferenz, die monatelangen Verhandlungen mit der Hamas über die Bildung einer gemeinsamen Regierung seien an einem toten Punkt. Ministerpräsident Ismail Hanija widersprach der Einschätzung, die Gespräche seien gescheitert. Berater von Abbas wiesen aber darauf hin, dass Hanija, der Verhandlungspartner des Präsidenten, den Gazastreifen für eine wochenlange Reise verlassen habe. Wie Abbas' Berater Sajeb Erakat mitteilte, will dieser nun das PLO-Exekutivkomitee zusammenrufen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Ein anderer Abbas-Vertrauter sagte, der Präsident wolle zu drastischen Maßnahmen greifen. Dazu könnten die Entlassung der Regierung oder ein Referendum über Neuwahlen gehören.



Zurück zur Chronik-Übersicht

Zurück zur Nahost-Seite

Zurück zur Homepage