Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

17. bis 31. März 2005

Chronologie der Ereignisse

Donnerstag, 17. März, bis Sonntag, 20. März
  • Die palästinensischen El-Aksa-Brigaden wollen nach eigenen Angaben keine langfristige Waffenruhe mit Israel eingehen. "Der Widerstand bleibt unsere Option", erklärte die radikale Organisation. "Wir sind zu einer befristeten Ruhephase bereit, wenn der (israelische) Feind seine Morde und Einmärsche beendet und (palästinensische) Gefangene freilässt." Der bewaffnete Arm der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas schloss sich damit der Haltung der Hamas-Bewegung an, die sich am Dienstag für eine mehrmonatige "Beruhigung" anstatt für einen dauerhaften Waffenstillstand ausgesprochen hatte.
  • Der neue Botschafter Ägyptens in Israel, Mohamed Assem Ibrahim, hat seinen Dienst angetreten. Ibrahim sei am 17. März eingetroffen und werde Staatspräsident Mosche Katzav am Montag seine Akkreditierung überreichen, teilte das israelische Außenministerium mit. Ägypten und Jordanien hatten ihre Botschafter aus Protest gegen das Vorgehen Israels im Herbst 2000 nach Beginn des Palästinenseraufstandes abgezogen. Beim Nahost-Gipfel in Scharm al-Scheich Ende Februar war nach Ausrufung einer Waffenruhe deren Rückkehr angekündigt worden. Jordanien hat bereits einen Diplomaten entsandt.
  • Das EU-Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hat nach eigenen Angaben keine schlüssigen Beweise für den Verdacht, dass EU-Gelder für die Palästinensische Autonomiebehörde zur Finanzierung von Anschlägen oder Straftaten missbraucht worden sind. Zugleich schloss das Amt aber auch nicht die Möglichkeit aus, dass Haushaltsmittel der Autonomiebehörde zweckentfremdet wurden, wie es in einer OLAF-Mitteilung vom 17. März hieß. Es gebe "übereinstimmende Hinweise, wonach nicht ausgeschlossen werden kann, dass bestimmte Vermögenswerte der Palästinensischen Autonomiebehörde für andere als die vorgesehenen Zwecke verwendet wurden".
  • Die wichtigsten Palästinensergruppen haben sich bei ihrem Treffen mit PLO-Chef Mahmud Abbas in Kairo auf eine unbefristete "Ruheperiode" geeinigt. Das sagte ein Delegierter von Abbas' Fatah-Organisation, Mohamed el Hurani, am 17. März der Nachrichtenagentur AFP in Kairo. Eine formale Waffenruhe mit Israel wurde aber nicht erklärt.
  • Israel wird nach den Worten eines ranghohen Regierungsbeamten keine radikalen Palästinenser angreifen, solange diese ihre selbst erklärte "Ruheperiode" einhalten. Israel habe sich schon beim Gipfel von Scharm el Scheich dazu verpflichtet, keine "offensiven Operationen" zu unternehmen, so lange es ein "vollständiges Ende der Gewalt" auf Seiten der Palästinenser gebe, sagte der Beamte am 17. März der Nachrichtenagentur AFP. "Daran halten wir uns." In der Vergangenheit hatte die israelische Armee gezielt Anführer radikaler Palästinenser getötet.
    Der israelische Regierungschef Ariel Scharon hat die Einigung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit den militanten Palästinenserorganisationen zur Fortsetzung einer "Ruheperiode" bis Ende des Jahres begrüßt. Die entsprechende "Erklärung von Kairo" nannte Scharon am 17. März in einem Telefongespräch mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak einen "ersten und positiven Schritt". Wie Scharons Büro weiter mitteilte, sagte der Regierungschef in dem Gespräch aber auch, dass "das Problem der terroristischen Gruppen" gelöst werden müsse. Nur so könne es Fortschritte im Friedensprozess geben.
  • Der führende libanesische Oppositionspolitiker Walid Dschumblatt hat die syrische Regierung aufgefordert, den Rücktritt des pro-syrischen libanesischen Präsidenten Emile Lahoud zu veranlassen. Er rufe Syrien mit Präsident Baschar el Assad an der Spitze auf, die Libanesen von Lahoud im Wege eines Rücktritts zu befreien, sagte Dschumblatt am 17. März dem libanesischen Fernsehsender Future TV. Dies sei die einzige Möglichkeit, einem "Regime der Geheimdienstagenten" ein Ende zu bereiten und die syrisch-libanesischen Beziehungen zu verbessern.
  • Der vor knapp einem Jahr aus langjähriger Haft entlassene israelische Atomforscher Mordechai Vanunu ist am 17. März wegen Verletzung seiner behördlichen Auflagen angeklagt worden. Vanunu werde vorgeworfen, in 21 Fällen sytematisch die ihm auferlegten Beschränkungen verletzt zu haben, teilte das israelische Justizministerium in Jerusalem mit. Vanunu sagte, er sei unter anderem angeklagt worden, weil er Journalisten Interviews gegeben habe, nicht aber wegen Geheimnisverrats. Die Justiz erließ vorerst keinen Haftbefehl und setzte auch noch keinen Prozesstermin an.
  • Die bewaffneten palästinensischen "Volkswiderstandskomitees" haben am 18. März den einstweiligen Gewaltverzicht der wichtigsten militanten Palästinensergruppen abgelehnt. Die kleine, im Gazastreifen aktive Organisation erklärte in einem Schreiben an die Nachrichtenagentur AFP, sie lehne die am Vortag verkündete "Ruheperiode" bis Ende 2005 kategorisch ab. Zur Begründung hieß es weiter, die Volkswiderstandskomitees hätten nicht an den Beratungen der 13 Gruppen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Kairo teilgenommen und fühlten sich daher nicht an die zum Abschluss gefundene Einigung gebunden.
  • Deutschland, Frankreich, Spanien und Russland haben Syrien zum "vollständigen Rückzug" seiner Truppen aus dem Libanon gedrängt. Am Rande eines informellen Gipfeltreffens im Pariser Elysée-Palast am 18. März forderten die Staats- und Regierungschefs der vier Länder in einer gemeinsamen Erklärung zudem Wahlen im Libanon im Frühjahr. In Beirut müsse rasch eine Regierung gebildet werden, die im Interesse aller Libanesen handeln könne, betonten der französische Präsident Jacques Chirac, sein russischer Kollege Wladimir Putin sowie Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero in der Erklärung.
  • Der Patriarch der christlich-maronitischen Kirche im Libanon, Kardinal Nasrallah Sfeir, hat die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz gefordert. Es gebe keinen Grund mehr, der Hisbollah Waffen zu gestatten, sagte er am 18. März nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Kofi Annan in New York. Die Miliz solle parallel zum Rückzug der syrischen Armee aus dem Libanon ihre Waffen abgeben. "Sie waren eine Gruppierung, die für die Befreiung des südlichen Libanon von der israelischen Besatzung gekämpft hat", sagte er. Dies sei nun erreicht. "Es gibt keinen Grund mehr für sie, Waffen zu tragen."
  • Rund einen Monat nach dem tödlichen Anschlag auf den libanesischen Ex-Regierungschef Rafik Hariri sind bei einem Bombenattentat nahe Beirut in der Nacht zum 19. März acht Menschen leicht verletzt worden. Der Sprengsatz war unter einem Auto im nördlichen Vorort Schdeide platziert, wie die Polizei mitteilte. Das Fahrzeug gehöre einem Armenier, der in dem Wohnblock lebe, vor dem die Bombe detonierte. Mehrere Gebäude wurden stark beschädigt und mehrere Autos zerstört. Die Hintergründe der Tat sind noch unklar.
  • Der libanesische Präsident Emile Lahoud hat die anti-syrische Opposition des Landes zum Dialog aufgerufen. Der pro-syrische Staatschef erklärte am 19. März in Beirut, es gehe darum, "den Libanon zu retten".
  • Rund 10.000 Israelis haben am Abend des 19. März in Tel Aviv für den Gaza-Rückzugsplan ihrer Regierung demonstriert. Hinter einem Spruchband mit der Aufschrift "Israel zieht aus dem Gazastreifen ab" zogen die Demonstranten schweigend vom Rabin-Platz zum Disengoff-Platz im Zentrum der Küstenstadt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Auf einem Transparent stand: "Heute Gusch Katif, morgen das Westjordanland". Gusch Katif ist ein Siedlungsblock im Süden des Gazastreifens. Zu der Demonstration hatte die "Koalition der Mehrheit" aufgerufen, die linke und pazifistische Gruppen vereint und den von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon durchgesetzten Rückzugsplan unterstützt.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist in Jordanien heimlich mit dem Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet zusammengekommen. Israelische Medien berichteten am 19. März, Avi Dichter und Abbas hätten bei dem Treffen unter anderem über den israelischen Abzug aus dem Gazastreifen gesprochen.
  • Bei zwei Zwischenfällen im Westjordanland sind am 20. März drei israelische Soldaten und zwei Palästinenser verletzt worden. Nach Angaben einer israelischen Militärsprecherin wurden am Morgen israelische Soldaten von radikalen Palästinensern beschossen, als sie gemeinsam mit palästinensischen Polizisten in einem Flüchtlingslager von Ramallah nach gestohlenen Autos fahndeten. Drei Soldaten und ein Polizist seien verletzt worden, einer der Soldaten schwebe in Lebensgefahr.
  • Mehr als 600 jüdische Siedler sind nach Informationen des israelischen Rundfunks vor kurzem in den Gazastreifen umgezogen, um dort den Widerstand gegen die Abzugspläne der Regierung zu unterstützen. Ein Großteil der Siedler habe sich in dem Block Gusch Katif im Süden des Gazastreifens niedergelassen, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk am 20. März. Sie wollten an den Demonstrationen gegen die Räumung der Siedlungen teilnehmen.
  • Israel wird am 21. März damit beginnen, die Kontrolle über die Stadt Tulkarem im Westjordanland an die Palästinenser zu übergeben. Das kündigte am 20. März Verteidigungsminister Schaul Mofas an. Am 16. März hatte die palästinensische Autonomiebehörde die begrenzte Sicherheitskontrolle über Jericho im Westjordanland bekommen; binnen vier Wochen soll sie dort allein für die Sicherheit sorgen. Die Übergabe der Kontrolle über die fünf Städte Ramallah, Bethlehem, Kalkilija, Tulkarem und Jericho hatten Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der israelische Regierungschef Ariel Scharon bei ihrem Gipfeltreffen Anfang Februar im ägyptischen Scharm el Scheich vereinbart.
  • In Syrien sind nach Angaben der staatlichen Medien hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um ihre Unterstützung für Staatschef Bascher el Assad zu zeigen. Die Demonstranten in den Städten Hama im Norden und Suwaida im Süden des Landes hätten ihre Unterstützung für Assads Politik "und seine vernünftige Haltung in Bezug auf die Entwicklungen in der Region" zum Ausdruck gebracht, meldete die amtliche Nachrichtenagentur SANA am 20. März. Der Präsident hatte Anfang des Monats angekündigt, die rund 14.000 noch im benachbarten Libanon stationierten syrischen Soldaten abzuziehen, ohne dafür allerdings einen genauen Zeitplan vorzulegen. Seit seiner Ankündigung wurden bis zu 5000 syrische Soldaten aus dem Libanon abgezogen.
  • Die israelische Armee hat Israelis den Umzug in vier vom Rückzugsplan betroffene Siedlungen im Westjordanland verboten. Der zuständige Kommandeur, General Jair Naveh, erließ am 20. März ein Dekret, dass es Israelis verbietet, ihren Wohnsitz in die Siedlungen Sanur, Ganur, Ganim und Kadim in der Gegend von Dschenin zu verlegen. Der Verband der jüdischen Siedlungen im Westjordanland erklärte, der Erlass habe einen "rassistischen" Anstrich. Am 18. März hatte die Armee bereits ein Verbot für Neuansiedlungen im Gazastreifen erlassen. Anlass war der Umzug hunderter Siedler aus dem Westjordanland in den Gazastreifen mit dem Ziel, sich vor Ort der geplanten Räumung zu widersetzen.
  • Die radikalislamische Palästinenserbewegung Hamas hat die irrtümliche Tötung eines Mannes zugegeben, den sie fälschlicherweise für einen Kollaborateur der israelischen Behörden hielt. Einige Hamas-Mitglieder hätten 2003 den 32-jährigen Hekmat Jassin entführen wollen, um ihn zu dem Verdacht der Zusammenarbeit mit Israel zu verhören, sagte der örtliche Hamas-Anführer Hassan Jussef am 20. März in dem Dorf Kobar im Westjordanland, woher das Opfer stammt. Dabei habe sich ein Schuss gelöst und Jassin tödlich verletzt. "Es war ganz klar ein großer Fehler", sagte Jussef weiter. Es sei die Pflicht der Hamas, die volle Verantwortung zu übernehmen und für den Fehler zu bezahlen.
Montag, 21. März, bis Sonntag, 27. März
  • Israel will die drei größten Siedlungen im Westjordanland vergrößern. "Wir werden Maale Adumin, Gusch Etsion und Ariel weiter ausbauen, weil diese Gebiete niemals an die palästinensische Autonomiebehörde übergeben werden", sagte ein ranghoher Mitarbeiter aus dem Büro von Regierungschef Ariel Scharon am 21. März. Am Abend zuvor hatte der israelische Rundfunk berichtet, Verteidigungsminister Schaul Mofas habe dem Bau von über 3.500 neuen Wohnungen in Maale Adumin im Osten von Jerusalem zugestimmt.
  • Die Palästinenser-Gruppierungen PFLP und DFLP haben ihre Beteiligung an den palästinensischen Parlamentswahlen im Juli angekündigt. Die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) werde sich gemäß den Vereinbarungen von Kairo an dem Urnengang beteiligen, sagte PFLP-Politbürosprecher Rabah Muhanna am 21. März. In der ägyptischen Hauptstadt hatten die Palästinensergruppen in der vergangenen Woche einen vorläufigen Stopp der antiisraelischen Anschläge beschlossen. Auch die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) befürworte die Wahl, sagte ein Sprecher. Im bisherigen Palästinenserparlament sind die beiden Gruppierungen nicht vertreten. Es wird von der Fatah-Bewegung des verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat dominiert.
  • Israel hat am Abend des 21. März mit der Übergabe der Sicherheitskontrolle über die Stadt Tulkarem im Westjordanland an die Palästinenser begonnen. Die Entscheidung fiel nach zwei Verhandlungsrunden zwischen beiden Seiten. Tulkarem ist die zweite von fünf Palästinenserstädten, die die Israelis an die palästinensischer Sicherheitskräfte zurückgeben sollen. Jericho war in der vergangenen Woche die erste Stadt. Dies war im vergangenen Monat auf einem Gipfel in Scharm el Scheich beschlossen worden.
  • Nach knapp vier Jahren hat Israel am Morgen des 22. März die wichtigste Straßensperre im Gebiet von Tulkarem im Westjordanland aufgehoben. "Glückwunsch", sagte ein israelischer Offizier auf arabisch zu einem palästinensischen Kollegen, als er das Schloss des so genannten Anab-Tores öffnete und die Straße zwischen Tulkarem und Nablus damit freimachte.
  • Israel plant nach den Worten seines Ministerpräsidenten Ariel Scharon keine Angriffe auf iranische Atomanlagen. Nach Angaben eines Regierungssprecher versicherte Scharon am 22. März gegenüber Vertretern des US-Kongresses, sein Land unterstütze weiterhin die internationalen Bemühungen um eine diplomatische Beilegung des Konflikts.
  • Im Zeichen der Völkerverständigung wollen der israelische und der palästinensische Rundfunk erstmals zeitgleich ein Liebeslied auf Hebräisch und Arabisch senden. Am 27. März um 10.00 Uhr (Ortszeit, 09.00 Uhr MEZ) solle das zweisprachige Lied "In meinem Herzen" im israelischen Armeerundfunk und im Sender "Stimme Palästinas" zu hören sein, teilten die Rundfunkstationen am 22. März mit. "Die Ausstrahlung des Liedes soll zeigen, dass wir dem Frieden verpflichtet sind und dass wir an ihn glauben", sagte Bassem Abu Sumaja, der Intendant des palästinensischen Senders. Vorgetragen wird das Lied von dem israelischen Sänger David Brossa und dem Palästinenser Wissam Murad.
  • Die Arabische Liga hat ihr Friedensangebot an Israel erneuert. Die Vertreter des 22-Staaten-Bunds stimmten auf ihrem Jahresgipfel am 22. März in Algier für die Wiederbelebung des im Jahr 2002 vorgelegten Friedensplans, wie der jordanische Außenminister Hani Mulki der Nachrichtenagentur AFP in der algerischen Hauptstadt sagte. "Wir bringen die Initiative wieder ans Licht und beleben sie neu", fügte er hinzu. Sollte Israel dem Plan zustimmen, würden die Mitglieder der Liga "den arabisch-israelischen Konflikt als beendet betrachten".
  • Die USA haben Israel erneut zu einem Stopp der Siedlungsaktivitäten in den besetzten Gebieten aufgefordert. Der Ausbau von Siedlungen müsse ein Ende haben, sagte Vize-Außenamtssprecher Adam Ereli am 22. März. "Das ist ein vitales, unerlässliches Element der Roadmap, die mit den Bemühungen der Palästinenser einhergeht", betonte Ereli.
  • Bei einer schweren Explosion in einem Vorort von Beirut sind nach Medienangaben mindestens zwei Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Die Detonation ereignete sich in der Nacht zum 23. März in einem Einkaufszentrum in Kaslik, in der vorwiegend von Christen bewohnten Region rund 20 Kilometer nördlich von Beirut, wie der libanesische Privat-Fernsehsender LBCI berichtete. Nach Polizeiangaben handelte es sich um einen Sprengstoffanschlag. Laut Polizei ist eine Frau unter den Toten. Es handele sich bei den Todesopfern um einen Pakistaner und einen Inder. Verletzt wurden demnach ein Libanese und zwei Srilanker. LBCI zeigte Bilder vom Ort der Explosion: zu sehen waren eine zugedeckter Körper und Einsatzfahrzeuge des Zivilschutzes und des Roten Kreuzes. Die Straße war übersät von Glassplittern. Die Umgebung wurde großräumig abgesperrt. Der Oppositionsabgeordnete und Ex-Minister Fares Bueis ging von einem Anschlag aus. Er warnte vor einer Destabilisierung des Landes. "Man will das Land destabilisieren, (...) aber es wird nicht in die Falle laufen", sagte er dem TV-Sender. Der zivile Friede und die Souveränität des Libanon seien im Visier.
    Es war der zweite Anschlag im Libanon binnen vier Tagen. Am 19. März wurden elf Menschen verletzt, als im christlichen Vorort Dschdeide, ebenfalls im Norden Beiruts, kurz nach Mitternacht eine Bombe unter einem Auto explodierte.
  • Der Finanzausschuss des israelischen Parlaments hat in der Nacht zum 23. März den Haushalt 2005 angenommen. Der Ausschuss stimmte mit zehn zu neun Stimmen für den Budgetentwurf, wie aus Parlamentskreisen verlautete. In der kommenden Woche muss der Haushalt nun noch in drei Lesungen das Plenum passieren. Israels Regierungschef Ariel Scharon muss den Haushalt unbedingt vor Ende März durch die Knesset bringen, da ansonsten seine Regierung kippen würde und Ende Juni Neuwahlen angesetzt werden müssten.
  • UN-Sonderberichterstatter John Dugard sieht die israelischen Siedlungen im Westjordanland als bedeutendes Hindernis für den Friedensprozess. Er rief zudem in seinem Bericht für die Menschenrechtskommission in Genf Israel dazu auf, den Forderungen der Palästinenser nach Freilassung tausender Häftlinge aus israelischen Gefängnissen nachzukommen, meldete dpa am 24. März.
  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia hat die USA zu einer härteren Gangart gegenüber der israelischen Regierung aufgefordert. Die israelische Siedlungspolitik bedrohe "den gesamten Friedensprozess", sagte Kureia am 24. März in Ramallah.
  • In einem Bericht zur Ermordung des libanesischen Exministerpräsidenten Rafik Hariri hat sich ein Untersuchungsteam der Vereinten Nationen kritisch zur Rolle des Nachbarlands Syrien geäußert. Die UN-Experten werfen Syrien in dem am 24. März in New York veröffentlichten Bericht vor, die innenpolitischen Spannungen im Libanon vor Hariris Ermordung geschürt zu haben: "Die Regierung von Syrien trägt die hauptsächliche Verantwortung für die politischen Spannungen, die dem Mordanschlag vorausgingen."
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat Israel wegen seiner Pläne zum Ausbau der Siedlung Maale Adumim im Westjordanland kritisiert. Der Zeitung "Los Angeles Times" (Ausgabe vom 25. März) sagte Rice, die geplante Erweiterung der Siedlung um 3500 Häuser laufe der US-Politik zuwider. Israel müsse alles, was Friedensverhandlungen mit den Palästinensern beeinflussen könne, sorgsam behandeln. Rice nannte in diesem Zusammenhang neben den Siedlungen, den Verlauf der israelischen Sperranlage zum Westjordanland und mögliche neue Gesetze.
  • Der Libanon hat sich mit der Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission der UNO zum Mordattentat auf den früheren Regierungschef Rafik Hariri einverstanden erklärt. Voraussetzung sei aber ein entsprechender Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, sagte der libanesische Außenminister Mahmud Hammud am 26. März in Beirut. Der Libanon wolle mit der UNO zusammenarbeiten, um "die ganze Wahrheit" des tödlichen Anschlags vom 14. Februar herauszufinden, sagte Hammud.
  • Bei dem Bombenanschlag in einem christlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am Abend des 26. März mindestens zwei Menschen getötet worden. Acht weitere wurden verletzt, wie die amtliche Nachrichtenagentur ANI meldete. Bei den Toten handele es sich um Inder.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat bestritten, dass es zwischen Israel und den USA Differenzen über den Fortbestand jüdischer Siedlungen im Westjordanland gibt. Zwar wollten die USA den Verhandlungen über einen unabhängigen Palästinenserstaat nicht vorgreifen, sagte Rice dem israelischen Rundfunk, das am 27. März gesendet wurde. Aber "die bestehenden israelischen Ballungsräume" müssten bei jeder endgültigen Verhandlung mit in Betracht gezogen werden. "Niemand soll sagen, dass es zwischen unseren beiden Regierungen keine Übereinstimmung gibt", sagte Rice. Im Übrigen halte die US-Regierung weiter am internationalen Friedensplan des Nahost-Quartettes fest.
  • Der Lateinische Patriarch von Jerusalem hat in seiner Osteransprache am 27. März eine neue Phase der Versöhnung in Nahost beschworen. Vor etwa hundert Pilgern und Gläubigen sprach Michel Sabbah in der Grabeskirche in Jerusalem von einem "neuen palästinensischen Willen für den Frieden und gegen jede Form von Gewalt". Der Lateinische Patriarch von Jerusalem ist das Oberhaupt der römischen Katholiken in Israel und den Palästinensergebieten.
  • Der palästinensische und der israelische Rundfunk haben sich am 27. März in einer ungewöhnlichen Premiere um beiderseitige Verständigung bemüht: Beide Sender spielten am Morgen zur gleichen Zeit ein Liebeslied - im palästinensischen Radio auf Hebräisch, im israelischen auf Arabisch. Es war das erste Mal, dass ein auf Hebräisch gesungener Song im Palästinenserradio erklang.
  • Die israelische Armee will noch am 28. März die mehrtägige Abriegelung der Palästinensergebiete aufheben. Auf politischer Ebene sei entschieden worden, die seit vergangenen Dienstag wegen des jüdischen Purim-Festes geltende Abriegelung des Gaza-Streifens und des Westjordanlandes am Morgen zu beenden, teilte ein Sprecher der israelischen Armee am Abend des 27. März mit. Die Absperrung sei notwendig gewesen, um "das mögliche Eindringen von Terroristen" nach Israel zu verhindern.
Montag, 28. März, bis Donnerstag, 31. März
  • In einem in der „Welt“ vom 29. März veröffentlichten Interview äußerte sich die US-Außenministerin Condoleezza Rice über den Nahost-Friedensprozess u.a.: „Wir haben die Israelis an ihre Verpflichtungen im Rahmen der ‚Road Map’ erinnert; sie sind gefordert, die Siedlungstätigkeit nicht zu verstärken. Wir erwarten im Einzelnen, dass sie vorsichtig bei alle den Aktivitäten – den Verlauf des Schutzwalls, die Siedlungstätigkeit, Gesetze – sind, die ein abschließendes Abkommen vorwegnehmen, und es bereitet uns Sorge, dass die angekündigte Siedlungsexpansion dort stattfindet, wo sie stattfindet, nämlich um Jerusalem herum. Aber wir haben den Israelis unsere Besorgnis mitgeteilt, und wir werden ihnen weiterhin mitteilen, dass dies im Konflikt zur amerikanischen Politik steht.“ (Die Welt, 29. März 2005)
  • Am 28. März stimmte die Knesset mit 72 zu 39 Stimmen gegen ein Gesetz zur Einführung einer Volksbefragung über den Abzug aus dem Gazastreifen. Gleichzeitig kündigte Scharon an, dass Israel die großen jüdischen Siedlungsblöcke im Westjordanland behalten und weiter ausbauen werde. Damit setzte er sich über die Kritik aus den USA hinweg.
  • Am 28. März hieß es aus israelischen Geheimdienstkreisen, Palästinenser hätten durch Schmuggeltunnels Raketen in den Gazastreifen gebracht. Es sei möglich, dass die Raketen in das Westjordanland weiter transportiert würden. Die Strela-Raketen sollen zum Abschuss von Flugzeugen geeignet sein.
  • Bei der Explosion eines Autos in Gaza ist am 28. März der Fahrer verletzt worden. Der Wagen sei während der Fahrt explodiert, sagten Augenzeugen. Der Fahrer wurde demnach an den Beinen verletzt. Die Ursache der Explosion war zunächst unklar. Palästinensische Sicherheitskräfte sperrten den Ort ab.
  • Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas hat den Palästinensern vorgeworfen, Flugabwehraketen in den Gazastreifen geschmuggelt zu haben. "Aus unserer Sicht wird da eine rote Linie überschritten", sagte Mofas in einem Interview mit der "New York Times" (Ausgabe vom 29. März). Mitglieder des palästinensischen Militärgeheimdienstes hätten bei dem Waffenschmuggel Hilfe geleistet. Ein israelischer Kommandeur werde mit dem palästinensischen Sicherheitschef Mussa Arafat über den Vorfall beraten. Israel verlange die Auslieferung der Schmuggler und der Raketen von den Palästinensern.
  • Nach der Ablehnung eines Referendums über den Gaza-Rückzugsplan von Ministerpräsident Ariel Scharon haben israelische Siedlerverbände massiven Widerstand gegen die geplanten Räumungen angekündigt. Der jüdische Siedlerrat Jescha beriet am 29. März über das weitere Vorgehen. Bereits am Vorabend hatte Jescha in einer scharfen Erklärung auf die Abstimmung im Parlament reagiert, bei der die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten gegen einen Gesetzesentwurf für eine Volksabstimmung votiert hatte. "Der Kampf wird in den Straßen ausgetragen", hieß es in der Erklärung. Scharon habe "auf brutale Weise" ein Referendum verhindert und damit eine Möglichkeit vergeben, "eine gewaltsame Auseinandersetzung und einen Bürgerkrieg zu vermeiden".
  • Der Rückzugsplan von Israels Premier Ariel Scharon hat die letzte politische Hürde geschafft. Das Parlament stimmte am 29. März dem Staatshaushalt für dieses Jahr zu. Gegner der Räumung hatten versucht, eine Mehrheit dagegen zu organisieren. In diesem Fall wäre die Regierung Scharon am Ende gewesen. Die Zustimmung zum Staatshaushalt war zuletzt Hauptstreitpunkt im Ringen um den Abzug aus dem Gazastreifen. Scharon will nun im Juli mit der Räumung der Siedlungen beginnen. (Siehe hierzu auch den Kommentar von Reiner Bernstein: "Anläufe, Aufschübe und Schecks für die Zukunft".)
  • In Libanon hat die Opposition zwei Erfolge erzielt. Der designierte Premier Omar Karami bereitet seinen Rücktritt vor. Es war ihm nicht gelungen, eine Übergangsregierung zu bilden. Auch der Chef des Militärgeheimdienstes will zurücktreten, hieß es am 29. März.
    Der designierte libanesische Ministerpräsident Omar Karame hat die ursprünglich für den 30. März angekündigte Erklärung über seinen Verzicht auf das Amt des zukünftigen Regierungschefs verschoben. Er werde seine geplante Entscheidung erst in den kommenden 48 Stunden nach Beratungen mit seinen Verbündeten im pro-syrischen Lager bekanntgeben, sagte Karame nach einem Gespräch mit Präsident Emile Lahoud am 30. März.
  • Der israelische Botschafter in Äthiopien, Doron Grossman, ist in seinem Haus in der Hauptstadt Addis Abeba angeschossen aufgefunden worden. Ein "terroristischer Anschlag" sei aber ausgeschlossen, verlautete am 30. März aus dem israelischen Außenministerium. Die Umstände des Vorfalls seien noch unbekannt. Eine Gruppe von israelischen Experten, geführt vom Vize-Direktor der Afrika-Abteilung des Außenministeriums, sei nach Äthiopien geschickt worden.
  • Mitglieder der palästinensischen El-Aksa-Brigaden haben am Abend des 30. März in Ramallah gegen ihre Ausweisung aus den Gebäuden der Palästinenserpräsidentschaft protestiert. Sie zogen durch die Straßen und schossen mit automatischen Waffen in die Luft, wie palästinensische Sicherheitsvertreter mitteilten. Dabei sei ein Restaurant beschädigt worden. Der Protest richtete sich gegen die Anweisung, die Mukataa - den Amtssitz der Palästinenserpräsidentschaft - zu verlassen. Dieser wird von regulären Sicherheitskräften bewacht. Die El-Aksa-Brigaden stehen der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nahe, genießen aber eine relativ große Autonomie.
    Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat am 31. März nach einem Angriff auf sein Hauptquartier in Ramallah die Festnahme militanter Palästinenser angeordnet. Abbas habe sich am Morgen mit seinem Sicherheitschef getroffen, um weitere Schritte zu beraten, teilte die Palästinenserführung mit. Mehrere Dutzend bewaffnete Palästinenser aus den Reihen der Al-Aksa-Brigaden hatten das Feuer auf Bürogebäude in Ramallah eröffnet. Zudem verwüsteten sie Geschäfte und Restaurants im Zentrum der Stadt.



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