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Dezember 2004

Chronologie der Ereignisse

Mittwoch, 1. Dezember, bis Sonntag, 5. Dezember
  • Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas hat ihre Anhänger erneut aufgerufen, die für den 9. Januar geplante Wahl eines neuen palästinensischen Präsidenten zu boykottieren. Die Hamas rufe "ihre Führungskräfte, Mitglieder und Anhänger" zum Boykott der Wahl auf, sagte am 1. Dez. Ismail Hanije, einer der wichtigsten Anführer der Hamas, auf einer Pressekonferenz in Gaza. Hanije sprach sich zugleich dafür aus, nicht nur Präsidentschafts-, sondern auch Parlaments- und Kommunalwahlen abzuhalten. Die Hamas hatte auch die erste palästinensische Parlamentswahl 1996 boykottiert.
  • Der in Israel inhaftierte Fatah-Politiker Marwan Barghuti will nach Angaben aus seinem Umfeld nun doch gegen PLO-Chef Mahmud Abbas für das Amt des Palästinenserpräsidenten kandidieren. Der populäre 45-Jährige werde bei der Wahl am 9. Januar antreten, sagte ein Vertrauter Barghutis am 1. Dez. der Nachrichtenagentur AFP. Barghuti habe seinen Entschluss vor zwei palästinensischen Ministern, einem Anwalt und seiner Frau erklärt, die ihn am Mittwoch in seinem israelischen Gefängnis besuchten. Mit seiner Kandidatur würde Barghuti gegen PLO-Chef Abbas antreten, den die Fatah-Führungsgremien zu ihrem offiziellen Kandidaten erklärt haben.
    Die Führung der palästinensischen Fatah-Bewegung hat die Kandidatur Marwan Barghutis bei der Präsidentschaftswahl verurteilt und sich hinter ihren offiziellen Kandidaten Mahmud Abbas gestellt. Die Bewerbung des Fatah-Politikers Barghuti sei "erstaunlich und verwerflich", sagte der führende Fatah-Vertreter Tajeb Abdelrahim nach einem Treffen des Zentralkomitees am Abend des 1. Dez. in Gaza. Barghuti müsse auf seine Fatah-Mitgliedschaft verzichten, weil seine innerparteiliche Gegenkandidatur "nicht den Traditionen der Fatah" entspreche.
  • Die Regierungskoalition des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon ist offenbar auseinandergebrochen. Wie Scharons Büro ankündigte, werden die fünf Minister der Schinui-Partei entlassen, weil die Partei der Koalition die Gefolgschaft verweigerte und ihr bei der Abstimmung über den Haushaltsentwurf am 1. Dez. eine Niederlage bereitete. Die Entlassungsschreiben würden den Ministern unverzüglich zugestellt. Bei der Abstimmung in der Knesset erhielt das Budget nur 43 Stimmen. 69 Abgeordnete stimmten dagegen, unter ihnen die Vertreter der laizistischen Schinui-Partei, die die ihrer Ansicht nach zu hohen Subventionen für ultra-orthodoxe Einrichtungen ablehnten.
    Nach dem Bruch seiner Koalitionsregierung will Israels Ministerpräsident Ariel Scharon ein Bündnis mit der Arbeitspartei eingehen, um seinen Rückzugsplan für den Gazastreifen nicht zu gefährden. Scharon sei entschlossen, mit Hilfe der Arbeitspartei und der ultra-othodoxen Vereinigten Thora-Partei eine Regierung der Nationalen Einheit zu bilden, sagte ein Vertrauter des Ministerpräsidenten am 2. Dez.
  • Zehn Kandidaten treten bei der palästinensischen Präsidentschaftswahl im Januar an. Das verkündete Wahlkommissionschef Rami el Hamadallah am 2. Dez. nach Ablauf der Meldefrist für die Wahl in Ramallah. Unter den Bewerbern sind PLO-Chef Mahmud Abbas als offizieller Kandidat der Fatah-Bewegung und der in Israel inhaftierte Fatah-Politiker Marwan Barghuti. Barghuti tritt als unabhängiger Bewerber an. Am 9. Januar sollen die Palästinenser einen Nachfolger für den im November verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat wählen.
  • Nach der radikalen Hamas-Bewegung hat auch der Islamische Dschihad zu einem Boykott der bevorstehenden palästinensischen Präsidentenwahl aufgerufen. Seine Gruppierung habe weder einen Kandidaten aufgestellt, noch unterstütze sie einen Bewerber, sagte Mohammed al Hindi, der Führer der Organisation im Gazastreifen, am 2. Dez. Das palästinensische Volk wünsche sich eine "freie und faire Wahl in einem freien, befreiten Land", sagte Al Hindi. Dies sei bei der für 9. Januar geplanten Wahl nicht der Fall.
  • Israelische Soldaten haben im Norden des Westjordanlands ein Führungsmitglied der islamistischen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad getötet. Wie palästinensische Sicherheitsdienste am 3. Dez. mitteilten, wurde der 28-jährige Leiter der El-Kuds-Brigaden von einer Einheit im Dorf Raba bei Dschenin erschossen, wo er sich in einem Haus versteckt hatte. Mahmud Hammad sei dabei gewesen sich zu ergeben, als die mit 20 Geländewagen angerückten Soldaten das Feuer in seine Richtung eröffneten. Ein Sprecher der israelischen Armee bestritt diese Version des Vorfalls, bestätigte aber die Tötung. Die Soldaten hätten auf einen flüchtigen, mit einer Pistole bewaffneten Verdächtigen geschossen.
  • Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 3. Dez. das Verbot des palästinensischen Spendensammelvereins Al-Aqsa durch Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bestätigt. Damit wies das Gericht eine Klage der in Aachen ansässigen Organisation zurück. Schily hatte den Verein im Sommer 2002 verboten, weil Al-Aqsa Gewalt zur Durchsetzung politischer und religiöser Ziele befürworte und unterstütze. Diese Einschätzung bestätigte nun das Bundesverwaltungsgericht. So habe Al-Aqsa Anschläge der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas zumindest indirekt unterstützt. Damit richte sich die Organisation gegen den Gedanken der Völkerverständigung, urteilte das Bundesverwaltungsgericht. Sowohl das Vereinsgesetz wie auch das Grundgesetz ließen in solchen Fällen ein Verbot zu.
  • Ein hoher Funktionär der militanten Hamas-Organisation hat erstmals indirekt das Existenzrecht Israels anerkannt. Die Hamas akzeptiere die Begrenzung eines künftigen palästinensischen Staates auf die derzeitigen Autonomiegebiete, sagte der Hamas-Führer im Westjordanland, Scheik Hassan Jussef, am 3. Dez. der AP. Gleichzeitig habe sich die Organisation für einen langfristigen Waffenstillstand mit Israel ausgesprochen: "Die Israelis sollen in Frieden und Sicherheit leben", sagte Jussef. Hamas-Sprecher Ossama Hamdan bestritt indes aus dem Libanon, seine Organisation habe ihre Politik gegenüber der israelischen Besetzung geändert. Zwar habe Jussef die Autorität, für die Gruppierung zu sprechen. Allerdings könne er kaum glauben, dass sich der Funktionär aus dem Westjordanland derartig versöhnlich geäußert habe.
  • Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sieht neue Chancen zur Beilegung des Konflikts in der Region. Wenn Israels Ministerpräsident Ariel Scharon mit einer neuen Regierungskoalition seine Pläne zum Abzug aus dem Gazastreifen im Sinne des internationalen Friedensplanes verwirkliche, könnte eine positive Entwicklung eingeleitet werden, "die weit über das Gekannte hinausgeht", sagte Fischer im DeutschlandRadio Berlin vor seiner Nahost-Reise am 4. Dez.
  • Bei einem Besuch des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf hat sich US-Präsident George W. Bush am 4. Dez. optimistisch über eine friedliche Zukunft im Nahen Osten geäußert. Er habe Musharraf versichert, dass die Möglichkeit der Gründung eines Palästinenserstaates greifbar sei, sagte Bush in Washington. Die Schaffung eines Palästinenserstaates habe in seiner Regierung Priorität, fügte er hinzu.
  • Außenminister Joschka Fischer ist am 4. Dez. zu einer weiteren Nahost-Mission in Israel gelandet. Im Mittelpunkt stehen die Chancen für die Wiederbelebung des Friedensprozesses zwischen Israelis und Palästinensern nach dem Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat am 11. November. Zu Fischers ersten Gesprächspartnern gehörte der frühere Ministerpräsident Schimon Peres. Der sagte nach Angaben aus Delegationskreisen, 2005 sollte "ein Jahr des Friedens" werden. Einer großen Koalition mit Ministerpräsident Ariel Scharon stehe Peres positiv gegenüber.
    Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) ist am 5. Dez. mit dem palästinensischen Regierungschef Ahmed Kureia zusammengetroffen. Im Mittelpunkt des Gesprächs in Ramallah im Westjordanland stand die Entwicklung des Nahost-Friedensprozesses nach dem Tod von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Fischer wollte anschließend auch den neuen PLO-Chef und Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl am 9. Januar, Mahmud Abbas, treffen.
  • Israel und Ägypten haben am 5. Dez. einen Gefangenenaustausch vorgenommen: Kairo ließ den Israeli Assam Assam frei, der 1997 wegen Spionage zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war, berichtete das israelische Militärradio. Im Gegenzug setzte Israel sechs ägyptische Studenten, die im August dieses Jahres auf israelischem Territorium festgenommen worden waren, auf freien Fuß. Ihnen wurde vorgeworfen, die Entführung und Ermordung israelischer Soldaten geplant zu haben. Die Übergabe fand an der israelisch-ägyptischen Grenze in Taba am Roten Meer statt.
  • Bei seinem Besuch in den Palästinensergebieten hat Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) dazu aufgerufen, die "vielleicht sogar historische Chance" für den Nahost-Friedensprozess zu nutzen. Die nächsten Wochen und Monate seien entscheidend, um den Prozess voranzubringen und am Ende zwei Staaten zu schaffen, sagte Fischer am 5. Dez. in Ramallah nach einem Treffen mit dem neuen PLO-Chef und Präsidentschaftskandidaten Mahmud Abbas. Er hoffe, dass jetzt ein "dauerhafter Waffenstillstand" erreicht werde. Terror und Gewalt müssten ein Ende finden. Von "entscheidender Bedeutung" seien dann "freie und faire Wahlen". Abbas sicherte Fischer zu: "Wir werden alle unsere Verpflichtungen erfüllen und hoffen sehr, dass auch die israelische Seite dies tut".
    Mit einer Kranzniederlegung am Grab Jassir Arafats hat Außenminister Joschka Fischer am 5. Dez. die historische Rolle des langjährigen Palästinenserführers gewürdigt.
Montag, 6. Dezember, bis Sonntag, 12. Dezember
  • Großbritannien will laut einem Pressebericht Ende Januar oder Anfang Februar 2005 eine internationale Nahost-Konferenz zur Wiederbelebung des Friedensprozesses organisieren. Wie die Zeitung "Daily Telegraph" am 6. Dez. berichtete, erhielt London dazu das Einverständis der US-Regierung, die zunächst zurückhaltend auf den Vorschlag reagiert haben soll. Ob an dem Treffen auf Außenministerebene auch die israelische Seite teilnehmen würde, sei noch unklar. Laut "Daily Telegraph" wollen Vertreter der Palästinenser, arabischer Staaten, der USA und der EU zu der Konferenz kommen.
  • Der Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei, Schimon Peres, hat für einen Eintritt in eine Regierungskoalition mit der Likud-Partei von Ministerpräsident Ariel Scharon geworben. Sein Ziel sei dabei, den Friedensprozess am Leben zu erhalten, sagte Peres am 6. Dze. in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP in Tel Aviv.
  • Bei einer Bombenexplosion am Rande des Gazastreifens sind ein israelischer Soldat getötet und vier weitere Soldaten verletzt worden. Der Sprengsatz ging in der Nacht zum 7. Dez. Karni, einer Passierstelle zwischen israelischem und palästinensischem Territorium, hoch, wie aus israelischen Militärkreisen verlautete. Die Soldaten hätten gerade den Hühnerstall eines Palästinensers durchsucht. Ein Sprengstoffspürhund wurde getötet. Anschließend hätten Palästinenser das Feuer auf die Patrouille eröffnet. Die Soldaten erwiderten die Schüsse.
  • Bei einem Vorstoß der israelischen Armee nach Gaza wurde ein Palästinenser getötet. Der Aktivist der radikalen Gruppe Islamischer Dschihad sei von der Rakete einer Drohne getroffen worden, teilten palästinensische Sicherheitskräfte am 7. Dez. mit.
  • Eine internationale Friedenskonferenz für den Nahen Osten wird es nach den Worten eines hochrangigen israelischen Regierungsvertreters in nächster Zeit nicht geben. Eine solche Konferenz stehe "nicht auf der Tagesordnung", sagte ein Regierungsbeamter am 8. Dez. der Nachrichtenagentur AFP. Am 7. Dez. hatte die ägyptische Nachrichtenagentur Mena gemeldet, Kairo setze sich für eine internationale Nahost-Konferenz in Washington im nächsten Sommer ein. Darüber hinaus meldete die Agentur, es gebe mit Israelis und Palästinensern Einvernehmen über einen umfassenden Aktionsplan zur Lösung des Nahostkonflikts. Die Berichte enthielten zwar Wahres, aber von einem Friedensplan könne keine Rede sein, sagte der Regierungsbeamte.
  • Kurz vor Beginn der Abstimmung hat der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon an das Zentralkomitee seiner Likud-Partei appelliert, für eine Koalition mit der oppositionellen Arbeitspartei zu votieren. Er rufe die rund 3.000 Mitglieder des Gremiums dazu auf, sich in aller Deutlichkeit für dieses Bündnis zu entscheiden, sagte Scharon dem öffentlichen Rundfunk am 9. Dez. Der Ministerpräsident will gemeinsam mit der Arbeitspartei den Abzug aus dem Gazastreifen umsetzen.
  • Israelische Soldaten haben nach jüngsten Angaben in der Nacht zum 9. Dez. vier Palästinenser im Gazastreifen erschossen. Dies teilten palästinensische Krankenhausmitarbeiter mit. Die Männer wurden demnach bei Rafah an der ägyptischen Grenze getötet. Ein israelischer Armeesprecher sagte, dass Soldaten im Grenzgebiet auf eine Gruppe Palästinenser geschossen hätten, die "offenbar" bewaffnet gewesen sei. Seit Beginn der zweiten Intifada im September 2000 wurden damit insgesamt mehr als 4.600 Menschen getötet, davon rund 3.570 Palästinenser und 960 Israelis.
  • Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat eine weitere wichtige Hürde auf dem Weg zur Umsetzung seines Gaza-Abzugsplans genommen. Das Zentralkomitee seiner Likud-Partei stimmte am Abend des 9. Dez. einer Koalition mit der oppositionellen Arbeitspartei mit deutlicher Mehrheit zu, teilte Likud-Mitglied und Landwirtschaftsminister Israel Katz mit. Mit mehr als 60 Prozent der abgegebenen Stimmen sprach sich das Gremium für den Zusammenschluss aus.
  • Nach dem positiven Votum seiner Likud-Partei über eine Koalition mit der Arbeitspartei hat Israels Ministerpräsident Ariel Scharon Oppositionsführer Schimon Peres zu Gesprächen über die Regierungsbildung eingeladen. Scharon habe mit dem Chef der Arbeitspartei bereits telefoniert, sagte ein Regierungsmitarbeiter am 10. Dez.
  • Israelische Soldaten haben laut AFP am 10. Dez. ein fünfjähriges palästinensisches Mädchen erschossen (AP sprach einmal von einem 7-jährigen, einmal von einem 10-jährigen Mädchen). Drei weitere Menschen wurden bei dem Vorfall in Chan Junis im südlichen Gazastreifen verletzt, wie palästinensische Krankenhausmitarbeiter sagten. Das Mädchen habe vor dem Haus gespielt, als sie tödlich getroffen worden sei. Die Soldaten hätten mit Granaten und Automatikwaffen geschossen.
  • Das Zentralkomitee der israelischen Arbeitspartei hat am 11. Dez. grünes Licht für Koalitionsverhandlungen mit der Likud-Partei von Regierungschef Ariel Scharon gegeben. Das teilte ein Parteisprecher nach einem Treffen führender Politiker am Abend in Tel Aviv mit. Bei den Beratungen sollten die jeweiligen Verhandlungsteams für die Verteilung der einzelnen Ressorts und andere Bedingungen einer künftigen Koalition gebildet werden. Zuvor hatte die Abgeordnete Dalia Jitzik erklärt, dass die Arbeitspartei Interesse an den Ministerien für Infrastruktur, Inneres sowie Bildung habe.
  • In der marokkanischen Haupstadt Rabat hat am 11. Dez. ein internationales Zukunftsforum zur Demokratisierung und Entwicklung der arabischen Welt begonnen. An dem Treffen nehmen Außen- und Finanzminister von rund 20 Ländern des Nahen Ostens sowie aus Nordafrika und den G-8-Staaten teil. Im Mittelpunkt des Forums unter Vorsitz von US-Außenminister Colin Powell und seinem marokkanischen Kollegen Mohamed Benaďssa stehen politische, soziale und wirtschaftliche Reformen in den arabischen Ländern.
  • Sechs palästinensische Schüler sind im südlichen Gazastreifen von einer israelischen Panzergranate verletzt worden. Die Mädchen und Jungen, darunter ein Siebenjähriger, hielten sich am 12. Dez. in ihrer Grundschule in einem Viertel von Chan Junis auf, als die Granate explodierte, wie palästinensische Krankenhausmitarbeiter mitteilten. Sie seien nicht lebensgefährlich verletzt worden. Die israelische Armee konnte zunächst keine Angaben zu dem Vorfall machen.
  • Die israelische Regierung will nach der vorzeitigen Freilassung eines in Ägypten inhaftierten Israelis nun offenbar auch Palästinenser aus der Haft entlassen. Die Behörden wollten eine Liste mit zur Freilassung geeigneten Gefangenen erstellen, berichtete der israelische Rundfunk am 12. Dez. Demnach steht aber weder das Datum noch die Zahl der Freilassungen an; Inhaftierte "mit blutbesudelten Händen" sollten nicht in Freiheit gelangen. In israelischen Gefängnissen sitzen rund 8.000 Palästinenser ein.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen Militärposten nahe dem Grenzübergang Rafah sind am 12. Dez. fünf israelische Soldaten getötet worden. Etwa zehn weitere seien verletzt worden, sagte ein Sprecher von Israels Regierungschef Ariel Scharon in Jerusalem. Zu dem Anschlag bekannten sich zwei radikale Palästinensergruppen. Aktivisten hätten 1,5 Tonnen Sprengstoff in einem Tunnel gezündet, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von den "Fatah-Falken" und den Essedin-el-Kassam-Brigaden. Auch zwei palästinensische Aktivisten seien bei dem Selbstmordattentat getötet worden, erklärte die radikale Palästinensergruppe Fatah-Falken. Ein palästinensischer Zivilist wurde zudem tödlich getroffen, als er in Rafah in einen Schusswechsel zwischen radikalen Palästinensern und israelischen Soldaten geriet.
  • Der in Israel inhaftierte Fatah-Politiker Marwan Barghuti zieht nach Angaben seines Wahlkampfmanagers seine Kandidatur für die palästinensische Präsidentschaftswahl am 9. Januar zurück. Barghuti unterstütze die Kandidatur des PLO-Vorsitzenden Mahmud Abbas für das Präsidentenamt, teilte Wahlkampfmanager Ahmed Ghneim am 12. Dez. mit. Bereits am Vortag hatte der israelische Rundfunk über den beabsichtigten Rückzug des populären Politikers berichtet. Barghuti habe sich nach einem Treffen mit seiner Frau Fadwa und dem Abgeordneten Talab el Saneh am 10. Dez. gegen eine Kandidatur entschieden. Dem Radiobericht zufolge verknüpfte Barghuti seinen Verzicht mit Forderungen an den offiziellen Fatah-Kandidaten Abbas. Dieser solle sich vor allem um eine Lösung des Problems palästinensischer Flüchtlinge kümmern und sich dafür einsetzen, dass der von Israel besetzte Ostteil Jerusalems Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaats werde.
Montag, 13. Dezember, bis Sonntag, 19. Dezember
  • Nach dem Bombenanschlag auf einen israelischen Armeeposten im südlichen Gazastreifen hat die israelische Luftwaffe palästinensische Ziele in Gaza-Stadt angegriffen. Kampfhubschrauber feuerten in der Nacht zum 13. Dez. insgesamt vier Raketen auf eine Fabrikhalle im Osten der Stadt sowie im Stadtzentrum, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Über mögliche Opfer lagen zunächst keine Angaben vor.
  • Israelische Soldaten haben in der Nacht zum 13. Dez. in Nablus einen gesuchten Palästinenser erschossen. Nach Berichten israelischer Medien gab es ein Feuergefecht, bei dem auch drei Soldaten verletzt wurden.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat am 13. Dez. erstmals seit dem Tod Jassir Arafats scharfe Vorwürfe gegen die neue palästinensischen Führung erhoben. Diese gehe nicht entschlossen gegen die militanten Gruppierungen vor, erklärte Scharon.
  • Bei einem Autobombenanschlag in der syrischen Hauptstadt Damaskus sind am 13. Dez. drei Menschen verletzt worden. Die Opfer gingen an dem in einer Wohnsiedlung an einer Tankstelle stehenden leeren Fahrzeug vorbei, als es in die Luft flog, wie die Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf Behörden meldete. Die syrische Regierung machte den israelischen Geheimdienst für den Anschlag verantwortlich und sprach von einem "Sabotageakt". Nach Angaben palästinensischer Behörden gehörte das Auto einem Mitglied der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas.
  • Angesichts einer sich anbahnenden Lieferung von zwei weiteren U-Booten der Dolphin-Klasse aus Deutschland an Israel warnen die Grünen davor, der atomaren Aufrüstung Israels Vorschub zu leisten. Abgesehen von der politischen Brisanz von Rüstungsexporten in diese Region "darf es selbstverständlich keine Unterstützung der atomaren Fähigkeiten Israels durch eine Lieferung der U-Boote geben", sagte Grünen-Fraktionsvize Winfried Nachtwei der Berliner Zeitung (Ausgabe vom 13. Dez.). Er gehe davon aus, dass dies auch weiterhin "eindeutig die Position der Bundesregierung ist". Bereits 1999 und 2000 hatte HDW drei U-Boote geliefert. Experten hegen den Verdacht, dass Israel deren Abschussvorrichtungen für Torpedos so verändert hat, dass damit auch Trägerraketen mit Atomsprengköpfen abgeschossen werden können. Die Bundesregierung hatte bisher erklärt, dass eine nukleare Verwendung der Boote nicht möglich sei. Der Grund für den nachträglichen Umbau sei ihr aber "nicht bekannt", schreibt das Blatt.
  • Die israelische Armee hat am Morgen des 14. Dez. zehn Häuser im palästinensischen Flüchtlingslager Chan Junis im Gazastreifen zerstört. Wie das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA) mitteilte, drang die Armee mit Panzern und Planierraupen in Chan Junis ein und veranlasste die Bewohner zum Verlassen der Häuser. Ein Armeesprecher bestätigte den Einsatz. Palästinenser hätten aus den Gebäuden mit "Mörsern und anderen Waffen" geschossen. Seit November seien rund 300 Garanten aus diesem Bereich auf jüdische Siedlungen und israelische Militärposten abgefeuert worden.
  • Der neue PLO-Chef Mahmud Abbas hat die Palästinenser zu einem Ende des gewaltsamen Aufstandes gegen Israel aufgerufen. "Die Anwendung von Waffengewalt ist schädlich und muss aufhören", sagte Abbas in einem am 14. Dez. veröffentlichten Interview mit der in London erscheinenden arabischen Tageszeitung "Asharq Al-Awsat". Abbas plädierte für eine "Fortsetzung der Intifada ohne Waffen". Der gewaltfreie Aufstand sei "das legitime Recht des palästinensischen Volkes", um seiner Ablehnung gegen die israelische Besatzung Ausdruck zu verleihen.
  • Israelische Truppen haben am 15. Dez. das Wohnhaus eines Hamas-Mitglieds in Hebron zerstört. Nach Armeeangaben war der Hausbesitzer an den Bombenanschlägen auf zwei Busse in Beerscheba Ende August beteiligt. Er soll den beiden Selbstmordattentätern, die damals 16 Menschen in den Tod rissen, den Sprengstoff besorgt haben. Die israelischen Streitkräfte haben in den letzten Jahren die Häuser von mutmaßlichen Extremisten immer wieder systematisch zerstört.
  • Ein Palästinenser hat am 15. Dez. an einem Übergang im Gazastreifen vier Israelis niedergeschossen. Einer sei lebensgefährlich verletzt worden, sagte ein Sprecher jüdischer Siedler. Den Angaben zufolge wurde der Angreifer nach der Tat von israelischen Soldaten erschossen.
  • Israelische Soldaten haben am 15. Dez. im Gazastreifen zwei Palästinenser erschossen. Wie das israelische Fernsehen berichtete, schossen Soldaten auf zwei bewaffnete Palästinenser, die in der Nähe einer jüdischen Siedlung "umherschlichen".
  • Nach anfänglichem Widerstand will Israel nun doch an einer Nahost-Friedenskonferenz in London teilnehmen. Ministerpräsident Ariel Scharon habe eine entsprechende Zusage an den britischen Premierminister Tony Blair übersandt, verlautete am 16. Dez. aus israelischen Regierungskreisen. Die palästinensische Führung verspricht sich von der für Februar geplanten Konferenz eine Wiederbelebung der so genannten Roadmap. Der internationale Friedensplan sieht die Bildung eines palästinensischen Staates vor. Ein israelischer Regierungsmitarbeiter sagte indes, in London solle es vorrangig um die Reform der palästinensischen Autonomiebehörde und die Wirtschaft in den Autonomiegebieten gehen.
  • Israels Botschafter in Berlin, Schimon Stein, hat sich für einen Beitritt seines Landes zur NATO und für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei ausgesprochen. Er sagte den "Stuttgarter Nachrichten" (Ausgabe vom 17. Dez.), er sehe Israel auf gutem Wege, aber in naher Zukunft werden es einen Beitritt zum atlantischen Bündnis nicht geben. (Lesen Sie das Interview auf unserer Seite: "Die EU-Mitgliedschaft der Türkei ist für uns von strategischer Bedeutung".)
  • Der israelische Regierungschef Ariel Scharon sieht für kommendes Jahr die Chance auf einen historischen Durchbruch im Nahost-Konflikt. Grundstein dieses Durchbruchs sei der Plan für den Abzug Israels aus dem Gazastreifen, sagte Scharon am 16. Dez. während einer Sicherheitskonferenz in Herzlija. Seine Regierung halte am Abzug der Armee und der 8.000 Siedler aus dem Gazastreifen "mit Überzeugung und ohne Zögern" fest. Die palästinensische Regierung werde an der Koordinierung des Rückzugs beteiligt, wenn sie "bereit und in der Lage ist, in den von uns aufgegebenen Gebieten die Verantwortung zu übernehmen."
  • Ein israelischer Kampfhubschrauber hat am Abend des 16. Dez. eine Rakete auf eine Zimmerei im palästinensischen Flüchtlingslager Rafah abgefeuert. Das berichteten Augenzeugen. Das Geschoss habe den Laden in Brand gesetzt; Angaben über Verletzte lagen nicht vor. Die israelischen Streitkräfte teilten mit, bei dem Ziel habe es sich um eine Werkstatt zum Bau von Waffen gehandelt, die von der Hamas-Organisation genutzt worden sei.
  • Israelische Panzer und Planierfahrzeuge sind am frühen Morgen des 17. Dez. in das Flüchtlingslager Chan Junis im Gazastreifen eingerückt. Augenzeugenberichten zufolge zerstörten sie mehrere Häuser. Einige Anwohner lieferten sich Feuergefechte mit den Soldaten. Sechs Palästinenser wurden getötet, 15 weitere sind verletzt worden. Zu den Getöteten zählten nach palästinensischen Angaben zwei Aktivisten der radikalen Palästinenserorganisation Abu Risch, die mit der Fatah verbunden ist. Auch ein 25-jähriger Zivilist wurde Sicherheitskräften zufolge getötet. Ein 19-jähriger Palästinenser wurde durch einen Kopfschuss getötet, wie Ärzte am Nachmittag mitteilten. Die israelischen Streitkräfte begründeten den Einsatz damit, dass von Chan Junis aus in den vergangenen Tagen rund 30 Raketen und Granaten auf jüdische Siedlungen und Militärstützpunkte in der Umgebung abgefeuert worden seien. Am 16. Dez. seien bei einem Granatenangriff auf eine nahe gelegene Kaserne elf Soldaten verletzt worden. An dem Einsatz in Chan Junis waren palästinensischen Angaben zufolge 18 Militärfahrzeuge beteiligt, weitere standen am Rande des Flüchtlingslagers bereit.
  • Beim Einbruch eines Tunnels in Rafah im Süden des Gazastreifens sind mehrere Palästinenser verschüttet worden und vermutlich tot. Eine unbekannte Anzahl von Menschen habe sich zum Zeitpunkt des Unglücks in dem Tunnel befunden und mit Sprengstoff hantiert, verlautete aus israelischen Armeekreisen am 17. Dez. Es handele sich um ein Sperrgebiet, in das normalerweise niemand hineindürfe. Die Armee erlaubte palästinensischen Sicherheitskräften den Zugang zu dem Tunnel, um den Opfern zu Hilfe zu kommen.
  • Die Koalitionsverhandlungen zwischen der Likud-Partei von Israels Regierungschef Ariel Scharon und der oppositionellen Arbeitspartei sind am 17. Dez. unterbrochen worden. Scharon wolle damit seinen Protest gegen Aussagen des Verhandlungsführers der Arbeitspartei zeigen, teilte das Büro des Ministerpräsidenten mit. Dieser hatte am Abend zuvor gesagt, Scharon "krieche", um die Arbeitspartei in die Regierung zu bekommen: "Er läuft uns hinterher, nicht wir ihm." Unstimmigkeiten gab es auch über die Verteilung der Kabinettsposten und über den Haushalt.
    Nach schwierigen Verhandlungen haben sich die israelische Regierungspartei Likud und die oppositionelle Arbeitspartei am Abend des 17. Dez. doch noch auf eine Große Koalition geeinigt. Wie ein Sprecher von Ministerpräsident Ariel Scharon sagte, sollen acht Ministerposten an die Arbeitspartei gehen. Wie das israelische Fernsehen berichtete, einigten sich der Vorsitzende der Arbeitspartei, Schimon Peres, und der Likud-Verhandlungsführer Joram Rabed bei einem Telefonat auf die Bildung der gemeinsamen Regierung. Der Koalitionsvertrag solle am 19. Dez. offiziell unterzeichnet werden. Nach Angaben von Scharons Sprecher soll Ex-Regierungschef Peres stellvertretender Ministerpräsident werden. Zwei der acht Minister der Arbeitspartei sollen demnach ohne Geschäftsbereich sein.
  • Eine US-Delegation unter Beteiligung von Expräsident Jimmy Carter wird die palästinensische Präsidentenwahl am 9. Januar beobachten. Wie eine Sprecherin Carters am 17. Dez. erklärte, wird die Delegation vom gemeinnützigen National Democratic Institute (NDI) mit Sitz in Washington organisiert. Sie werde sich Vertretern der EU anschließen. Der palästinensische Kabinettsminister Sajeb Erakat sagte, das NDI habe erklärt, dass der Delegation 80 Teilnehmer angehören würden. "Ich begrüße die Entscheidung, und wir werden sie willkommen heißen", sagte Erakat.
  • Die US-Regierung hat einen der libanesischen Schiitenpartei Hisbollah nahe stehenden Fernsehsender auf ihre Liste der terroristischen Organisationen gesetzt. "El Manar" wurde zudem aus dem US-Fernsehprogramm verbannt, wie Außenamtssprecher Richard Boucher am 17. Dez. mitteilte. Der Kanal habe zu Gewalt und terroristischen Akten aufgerufen. Einzelpersonen auf US-Territorium mit Verbindungen zu dem Sender würden ausgewiesen; Einreisewillige bekämen kein Visum mehr.
  • Der britische Regierungschef Tony Blair reist laut einem Rundfunkbericht kommende Woche nach Israel. Blair werde bei seinem Besuch seinen israelischen Kollegen Ariel Scharon und Außenminister Silvan Schalom treffen, berichtete der öffentliche israelische Rundfunk am 18. Dez. Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten sagte der Nachrichtenagentur AFP, Blair werde am 20. oder 21. Dez. in Israel erwartet.
    Damit erhält ein wenige Tage zuvor an Blair und den französischen Staatspräsidenten Chirac adressierter "Offener Brief" von zwei prominenten israelischen und palästinensischen Politikerinnen eine aktuelle Bedeutung.
  • Bei der jüngsten israelischen Militäraktion im Flüchtlingslager Chan Junis im südlichen Gazastreifen sind am 18. Dez. nach palästinensischen Angaben wieder drei Palästinenser getötet worden. Seit Beginn des Vorstoßes am Freitag kamen damit elf Palästinenser ums Leben, 31 wurden verletzt. Es ist die größte Militäraktion der Israelis seit dem Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat am 11. November.
  • Nach einer zweitägigen Militäraktion in Chan Junis hat sich die israelische Armee am 18. Dez. aus dem Flüchtlingslager im südlichen Gazastreifen zurückgezogen. Es war die größte Militäraktion der Israelis seit dem Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat am 11. November. Seit Beginn des Vorstoßes am Freitag kamen elf Palästinenser ums Leben, 43 wurden verletzt. (AP)
  • Nach Abschluss eines israelischen Militäreinsatzes im südlichen Gazastreifen haben militante Palästinenser erneut mehrere Raketen auf Israel gefeuert. In israelischen Medienberichten am 19. Dez. hieß es, zwei Menschen seien verletzt worden, als eines der Geschosse im Zentrum der Grenzstadt Sderot einschlug. (dpa)
  • Die israelischen Streitkräfte haben am 19. Dez. ein Ziel im nördlichen Gazastreifen aus der Luft angegriffen. Nach palästinensischen Angaben kamen beim Einschlag der Rakete keine Menschen zu Schaden. Eine Stellungnahme der Armee lag zunächst nicht vor. (AP)
  • Die israelische Regierung hat die Freilassung von 170 palästinensischen Häftlingen genehmigt. Der israelische Rundfunk meldete am 19. Dez., ein Ministerausschuss unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Ariel Scharon habe dies entschieden. Scharon hatte die Freilassung der Gefangenen dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak im Rahmen eines Gefangenenaustauschs zwischen den beiden Staaten zugesagt. Nach Angaben des Rundfunks sind unter den Freizulassenden 120 Mitglieder der Fatah-Bewegung. (dpa)
  • Mehr als 40 Wahlbeobachter der Europäischen Union sind am 19. Dez. zu ersten Vorbereitungen für die Präsidentenwahl in den palästinensischen Gebieten eingetroffen. Die 42 Mitarbeiter sollen ab dem 20. Dez. mit Vertretern der insgesamt 16 Stimmbezirke zusammentreffen. Insgesamt will die EU für die Abstimmung am 9. Januar mehr als 260 Wahlbeobachter in den Gazastreifen und das Westjordanland entsenden.
    Palästinensische Regierungsvertreter haben Israel dazu gedrängt, allen Palästinensern die nötige Bewegungsfreiheit für die Teilnahme an der Präsidentschaftswahl Anfang Januar zu ermöglichen. Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat und der Bürchef von Regierungschef Ahmed Kureia, Hassan Abu Libdeh, sprachen am 19. Dez. in Jerusalem mit Beratern des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon über entsprechende Maßnahmen, wie Erakat der Nachrichtenagentur AFP sagte. Beide Seiten hätten sich darauf geeinigt, dass die in Ost-Jerusalem wohnenden Palästinenser in fünf Wahllokalen ihre Stimme abgeben könnten. In den kommenden Tagen sollten bei einem weiteren Treffen detaillierte Maßnahmen besprochen werden, die den Palästinensern "freie Wahlen und eine völlige Bewegungsfreiheit" garantierten, sagte Erakat.
Montag, 20. Dezember, bis Sonntag, 26. Dezember
  • Israel hat die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei begrüßt. Israel gratuliere der "türkischen Regierung und dem türkischen Volk" zu der Entscheidung der Staats- und Regierungschefs der EU, dass Beitrittsverhandlungen begonnen werden sollen, hieß es in einer Erklärung der israelischen Botschaft in Ankara am 20. Dez. Die EU-Erweiterung und die angestrebte EU-Mitgliedschaft der Türkei sei ein Beitrag zur "regionalen Stabilität, Demokratie, Zusammenarbeit und zum sozio-ökonomischen Wohlstand". (Siehe auch: "Die EU-Mitgliedschaft der Türkei ist für uns von strategischer Bedeutung".)
  • Der von Israel geplante Abzug aus dem Gazastreifen darf nach Auffassung von Vertretern des sogenannten Nahost-Quartetts den umfassenderen Friedensplan für die Region nicht ersetzen. Die bis September 2005 vorgesehene Räumung des Gazastreifens könne nur ein erster Schritt zu einer umfassenden Regelung sein, sagte der russische Gesandte Alexander Kalugin am 20. Dez. auf einer Konferenz in Gaza. Der Nahost-Gesandte der EU, Marc Otte, betonte, die EU begrüße den geplanten Abzug unter der Bedingung, dass er im Einklang mit der Roadmap stehe und mit der palästinensischen Autonomiebehörde abgesprochen sei. (AFP)
  • Die in Israel ausgehandelte große Regierungskoalition hat im Parlament eine entscheidende Hürde genommen. Eine Mehrheit der Knesset stimmte am 20. Dez. in erster Lesung für eine Änderung des Grundgesetzes, die den Weg für die Einführung eines zweiten stellvertretenden Ministerpräsidenten frei machen soll. Damit könnte der Chef der Arbeitspartei, Oppositionsführer Schimon Peres, Vize-Regierungschef von Ministerpräsident Ariel Scharon werden.
  • Im Streit um den geplanten israelischen Abzug aus dem Gazastreifen droht eine Kraftprobe zwischen der Regierung und den jüdischen Siedlern. Der Siedlerrat, der alle im Gazastreifen und dem Westjordanland lebenden Juden vertritt, schloss sich am 20. Dez. dem Aufruf eines führenden Vertreters der Siedler zum Widerstand an. Es ist das erste Mal, das der Rat formell einen Gesetzesbruch unterstützt. Pinchas Wallerstein bezeichnete in seinem Aufruf das Vorhaben von Ministerpräsident Ariel Scharon, alle 21 jüdischen Siedlungen im Gazastreifen und vier im Westjordanland zu räumen, als "unmoralisches Verbrechen". Im Militärrundfunk kündigte er Widerstand an. Er sei auch bereit, dafür ins Gefängnis zu gehen. Der Vorsitzende des Siedlerrats, Bentsi Lieberman, sagte, der Rat stehe hinter Wallerstein. (AP)
  • Der britische Premierminister Tony Blair reist am 21. Dez. zu einem zweitägigen Besuch nach Israel und in die Palästinensergebiete. Zunächst will Blair in Jerusalem Gespräche mit seinem israelischen Kollegen Ariel Scharon sowie Außenminister Silvan Schalom führen. Am 22. Dez. wird der britische Regierungschef dann bei der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah im Westjordanland erwartet.
  • Palästinensische Extremisten haben am 21. Dez. eine Kassam-Rakete auf eine jüdische Siedlung im Gazastreifen abgefeuert. Das Geschoss traf in Netzarim eine Synagoge während des Morgengebets, wie die israelischen Streitkräfte mitteilten. Das Gebäude wurde schwer beschädigt, Menschen kamen aber nicht zu Schaden.
  • Zum Ende der 40-tägigigen Trauerzeit für Jassir Arafat hat sich der neue PLO-Chef Mahmud Abbas zum politischen Erbe des palästinensischen Präsidenten bekannt. Er trete für ein Friedensabkommen mit Israel ein, das zu einem palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt führen werde, sagte Abbas am 21. Dez. bei einer Gedenkfeier in Ramallah. "Wir werden weiter kämpfen, um deinen Traum und unseren Traum zu verwirklichen", sagte Abbas an den verstorbenen Arafat gerichtet. Er verwies auf dessen Rede vom vergangenen Sommer. Damals räumte Arafat Fehler der Autonomiebehörde ein und versprach Reformen. Abbas gilt als aussichtsreichster Bewerber bei der Wahl eines neuen palästinensischen Präsidenten am 9. Januar.
    Das israelische Außenministerium zeigte sich "entmutigt" von Abbas' Aussage. Der israelische Außenminister Silvan Schalom reagierte mit heftiger Kritik. Das Erbe Arafats "ist für uns Terrorismus", wurde er von der "Jerusalem Post" zitiert. Dass Abbas an einem Rückkehrrecht für hunderttausende Palästinenser festhalte und Extremisten nicht gewaltsam entwaffnen wolle, sei nicht akzeptabel. Schalom dämpfte damit Äußerungen von Ministerpräsident Ariel Scharon, der unlängst erklärt hatte, 2005 werde "einen Durchbruch bringen, auf den wir seit vielen Jahren gewartet haben". (AP)
  • Die israelische Arbeitspartei hat einer großen Koalition mit dem Likud von Premier Ariel Scharon zugestimmt. Das berichten israelische Medien am 21. Dez. Die Koalitionsvereinbarung selbst ist bisher nicht in Kraft getreten - es gab wegen Personalfragen eine Krise.
  • Mit einer internationalen Nahost-Konferenz will der britische Premierminister Tony Blair der neuen Palästinenserführung bei grundlegenden Reformen helfen. Wichtigste Voraussetzung für neue Friedensgespräche sei aber der Kampf gegen Terrorismus, bekräftigten Blair und der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon am 22. Dez. Dann werde der angekündigte Abzug Israels aus dem Gazastreifen im kommenden Jahr "nicht das letzte Wort" sein.
    Der neue PLO-Chef Mahmud Abbas, der aussichtsreichster Bewerber um das palästinensische Präsidentenamt ist, forderte Israel auf, Militäreinsätze zu beenden. Er begrüßte bei einem Treffen in Ramallah Blairs Vorschlag einer Konferenz. Diese werden ein wichtiger Schritt zur Unterstützung der Reformen sein.
    "Ohne eine Ende des Terrorismus wird es keine erfolgreichen Verhandlungen oder einen Frieden geben", sagte der britische Regierungschef zuvor in Jerusalem. "Die Welt hat sich in den vergangenen Jahren verändert", sagte Blair. Die Realisierbarkeit eines palästinensischen Staates hänge von Demokratie, wirtschaftlicher Entwicklung und der Sicherheitslage ab. Nach der palästinensischen Präsidentenwahl am 9. Januar werde er zu einer Nahost-Konferenz in London einladen, die zu neuen Gesprächen über den Nahost-Friedensplan (Road Map) führen solle. Einen genauen Termin nannte er nicht.
    Scharon begrüßte die britische Initiative. Weil sich die Konferenz nach dem Tod von Palästinenserpräsident Jassir Arafat vor allem mit Regierungsaufgaben der Palästinenser und einem Reformprogramm befasse, werde Israel in Absprache mit Großbritannien nicht teilnehmen. Scharon bekräftigte, er sei dem Nahostfriedensplan verpflichtet. Wenn der Terrorismus vollständig beendet werde, könne der Abzug aus dem Gazastreifen in neue Verhandlungen mit den Palästinensern münden, sagte er. "Die Beseitigung des Terrors wird es uns erlauben, die Verhandlungen über den Friedensplan fortzusetzen."
  • Im Westjordanland wurden unterdessen letzte Vorbereitungen für den Beginn der ersten palästinensischen Kommunalwahlen seit 22 Jahren abgeschlossen. In der ersten Runde der Kommunalwahl sollen neue Vertreter in nur 26 Ortschaften und Gemeinden im Westjordanland bestimmt werden. Die Palästinensische Autonomiebehörde werde 1000 Polizisten einsetzen, um einen ungestörten Ablauf des Wahlgangs sicherzustellen, sagte der Minister für kommunale Verwaltung, Dschamal Schubaki. Am 27. Dezember soll in zehn Wahlkreisen des Gazastreifens gewählt werden. Die letzte Wahlrunde ist für September 2005 geplant.
  • Bei neuer Gewalt gab es wieder zwei Tote. Militante Palästinenser erschossen am 22. Dez. im Westjordanland einen israelischen Wachmann, der bei Hebron an einem Abschnitt der Sperranlage Baugeräte sicherte. Israelische Truppen töteten bei einem neuen Einsatz in Chan Junis im südlichen Gazastreifen einen militanten Palästinenser.
  • Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia hat Äußerungen des britischen Premierministers Tony Blair zur geplanten Nahostkonferenz kritisiert. Es sei "inakzeptabel" von Blair gewesen, davon zu sprechen, dass die Palästinenser mit der Konferenz reif für einen Friedensprozess gemacht werden sollten, sagte Kureia am 23. Dez. bei einer Kabinettssitzung in Ramallah. Es sei bereits jetzt so, dass die Palästinenser bereit und kompetent für Verhandlungen seien. Er würde es bevorzugen, wenn sich die vorgesehene Konferenz mit allen Aspekten des Friedensprozesses befasse statt nur mit den Palästinensern, betonte Kureia.
  • Militante Palästinenser haben am 23. Dez. mehr als ein Dutzend Granaten auf eine israelische Siedlung im Gazastreifen abgefeuert. Eine Person wurde dabei verletzt, ein Haus beschädigt, wie die Armee mitteilte. Bei dem Vergeltungsangriff der israelischen Streitkräfte wurde ein Palästinenser schwer verletzt. Jüdische Siedler sprachen von einem der schwersten Angriffe der letzten Jahre. 14 Granaten schlugen in der Siedlung Netzer Hasani ein.
  • Israelische Soldaten haben am 24. Dez. im Norden des Westjordanlands drei bewaffnete Palästinenser erschossen. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitsbeamter hatten sich die drei 19 und 20 Jahre alten Männer in einem Haus des Flüchtlingslagers von Tulkarem verschanzt und lieferten sich heftige Schussgefechte mit den israelischen Soldaten. Bei den drei Toten handelt es sich demnach um Mitglieder der El-Aksa-Brigaden, des bewaffneten Arms der Fatah-Bewegung.
  • Im Flüchtlingslager Chan Junis im Gazastreifen starben am 24. Dez. zwei Mitglieder der radikalen Hamas bei der vorzeitigen Explosion einer Bombe. Wie der israelische Rundfunk berichtet, wurden dabei neun Menschen verletzt.
  • Der UN-Sonderberater Lakhdar Brahimi hat scharfe Kritik an Europa und dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon wegen dessen Nahost-Politik geübt. Die europäischen Staaten müssten Scharon verurteilen, "wenn er Menschen ermordet", sagte Brahimi am 24. Dez. dem belgischen Radiosender RTBF. "Stattdessen schweigen Sie dazu, wie Sie auch dazu schweigen, wenn mehr als eine Million Obstbäume in Palästina ausgerissen werden." Im Nahen Osten sei eine Rückkehr zum Frieden nur möglich, wenn Europa seine Haltung grundlegend ändere.
  • Die Fatah-Bewegung des verstorbenen Palästinenserführers Jassir Arafat hat nach inoffiziellen Ergebnissen die Kommunalwahlen im Westjordanland gewonnen. Die regierende Fatah- Organisation habe 200 von 306 Sitzen in den 26 gewählten Stadt- und Gemeinderäten erobert, verlautete von palästinensischer Seite. Die übrigen Sitze seien an die radikalislamische Hamas- Bewegung und unabhängige Kandidaten gegangen. Offizielle Ergebnisse sollen am 25. Dez. bekannt gegeben werden.
  • Der nach langjähriger Haft freigekommene israelische Atomexperte Mordechai Vanunu ist am Heiligabend auf dem Weg zur Mitternachtsmesse in Bethlehem festgenommen worden. Der 50-Jährige sei trotz der gegen ihn verhängten Auflage, das israelische Staatsgebiet nicht zu verlassen, auf dem Weg in die Stadt im Westjordanland gewesen, sagte ein Sprecher der Jerusalemer Polizei am 24. Dez. Vanunu habe sich an Bord eines Pressefahrzeugs mit der Aufschrift "TV" befunden, hieß es.
  • Mit einem Aufruf zum Ende der Gewalt im Nahen Osten ebenso wie im Irak hat der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, die traditionelle Mitternachtsmesse in Bethlehem begangen. Die palästinensische Bevölkerung lebe nach wie vor in einer "Situation des Konflikts und der Gewalt, der Unsicherheit und der Angst, der militärischen Besatzung, des Trennungswalls, der zu Gefängnissen gewordenen Städte und der Erniedrigungen", sagte Sabbah vor tausenden Christen in der St. Katharinen-Kirche von Bethlehem. Nicht nur die Mauern um Bethlehem und den anderen palästinensischen Städte müssten fallen, sondern auch die "Mauern des Hasses". Es sei Zeit, die "Gewalt in den Herzen jedes Einzelnen und der Führer zu besiegen".
  • Bei seiner Mitternachtsmesse am 24. Dez. im Petersdom hat Papst Johannes Paul II. zum Frieden im Nahen Osten aufgerufen. Er bete dafür, dass das Heilige Land Zeiten des Wohlstands und des friedlichen Zusammenlebens seiner Bewohner erleben möge, sagte der Papst in seiner Ansprache, die er zum Teil auf Deutsch verlas. Er bete ferner dafür, dass die Politiker der Welt sich für den Frieden in der Region einsetzen mögen, damit Christen, Muslime und Juden dort in Sicherheit und im gegenseitigen Respekt miteinander leben könnten.
  • Die israelische Armee hat am 25. Dez. einen örtlichen Anführer der radikalen El-Aksa-Brigaden in Dschenin im Westjordanland getötet. Nach Angaben von palästinensischen Ärzten und Sicherheitskräften wurde Tajer Abu Kamal von Soldaten erschossen; anschließend wurde sein Haus mit Bulldozern zerstört. Abu Kamal war den Angaben zufolge einer der engsten Mitarbeiter von Sakaria Subeidi, dem Kommandeur der El-Aksa-Brigaden in der Region Dschenin.
  • Die israelische Armee hat im Gazastreifen zwei Mitglieder der militanten Palästinenserorganisation Hamas getötet. Die Soldaten erschossen die 22 und 24 Jahre alten Männer am frühen Morgen des 26. Dez. in der Nähe des Flüchtlingslagers El Bureidsch, wie die Hamas erklärte. Die beiden Palästinenser, die den Ezzedin-el-Kassam-Brigaden angehörten, hatten demnach eine Bombe legen wollen. Ein Sprecher des israelischen Militärs bestätigte den Vorfall.
  • Einige Siedler haben sich nach Regierungsangaben bereit erklärt, das palästinensische Autonomiegebiet zu verlassen und auf israelisches Territorium umzuziehen. Die Evakuierungsaktion werde im März beginnen, erklärte am 26. Dez. Jonatan Bassi, der für die Umsetzung des Gaza-Abzugsplans zuständig ist. Ein entsprechendes Abkommen sei in der vergangenen Woche mit den Bewohnern der Siedlung Peat Sadeh erzielt worden. Davon seien etwa 25 Familien betroffen. (AP)
  • Der palästinensische Präsidentschaftskandidat Mahmud Abbas hat sich gegen jegliche Gewalt von palästinensischer Seite ausgesprochen. Gewaltverzicht sei der einzige Weg, einen unabhängigen Palästinenserstaat durchzusetzen, sagte Abbas am 26. Dez. in Ramallah. "Der einzige Weg ist die Wahl des Friedens", betonte Abbas. Es sei "unmöglich, Palästina mit Waffen zu befreien, weil die Kräfteverteilung nicht zu unseren Gunsten ist".
Montag, 27. Dezember, bis Freitag, 31. Dezember
  • Israel hat am 27. Dez. mit der Freilassung von 159 palästinensischen Gefangenen begonnen. Aus der Haftanstalt Dammur im Norden Israels seien 46 Gefangene freigelassen worden, teilte ein Sprecher der zentralen Gefängnisverwaltung mit. Auch Gefangene in mehreren anderen Gefängnissen würden freigelassen. 19 der Gefangenen seien wegen "terroristischer" Aktivitäten inhaftiert. Sie hätten unter anderem auf israelische Soldaten geschossen oder Molotow-Cocktails auf sie geworfen. Die Gefangenen werden demnach in fünf Gruppen an mehreren Kontrollpunkten zwischen Israel und dem Westjordanland oder dem Gazastreifen freigelassen.
  • Die israelische Polizei hat einen unabhängigen Kandidaten für die palästinensische Präsidentschaftswahl festgenommen. Mustafa Barghuti (nicht zu verwechseln mit dem inhaftierten Marwin Barghouti) sei in der Altstadt von Jerusalem in Gewahrsam genommen worden, teilte der Sprecher des Politikers am 27. Dez. mit. Der 51-Jährige habe sich im Zuge seines Wahlkampfs in Jerusalem aufgehalten. Ein Polizeisprecher sagte, Barghuti habe kein Recht zum Aufenthalt in Jerusalem, sondern nur zur Durchreise gehabt. Der Festgenommene solle noch im Lauf des Tages wieder auf freien Fuß kommen.
  • Ein israelisches Flugzeug hat am 28. Dez. eine Rakete auf ein mit Palästinensern besetztes Auto bei Chan Junis im Gazastreifen abgefeuert. Die Fahrzeuginsassen blieben unverletzt. Nach Angaben der israelischen Armee hatten sie allein in dieser Woche 40 Granaten auf jüdische Siedlungen abgeschossen. Nach dem Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat im November hatte Israel erklärt, sich mit der gezielten Tötung von Palästinensern weitgehend zurückzuhalten. Damit sollte die neue palästinensische Führung die Möglichkeit bekommen, einen Waffenstillstand mit militanten Gruppen auszuhandeln. "Extremisten", die unmittelbar einen Anschlag planten, sollten aber weiterhin angegriffen werden können.
  • Der Plan für den israelischen Abzug aus dem Gazastreifen hat am 28. Dez. einen Rückschlag erlitten. Der Rechtsausschuss des Parlaments in Jerusalem versagte einem Gesetzentwurf zur Entschädigung für jüdische Siedler seine Zustimmung. Dies könne eine Verzögerung um mehrere Monate bedeuten, sagte eine Sprecherin des Ausschusses, Rona Perlis. Von den Abgeordneten stimmten jeweils acht für und acht gegen den Gesetzentwurf der Regierung von Ministerpräsident Ariel Scharon. Vor einer weiteren Abstimmung will der Rechtsausschuss nach Angaben von Perlis jetzt zunächst das Votum des Finanzausschusses abwarten. Erst wenn das Gesetz verabschiedet ist, kann mit der Zahlung einer Entschädigung für die 8.200 jüdischen Siedler begonnen werden, die dem Plan zufolge den Gazastreifen verlassen sollen. Der Abzug der israelischen Streitkräfte soll im Juli 2005 beginnen.
  • Der palästinensische Polizeichef im Gazastreifen, Saib al Adsches, erließ am 28. Dez. eine Verordnung, die bewaffneten Kämpfern das Tragen von Polizeiuniformen untersagt. Damit solle ein weiterer Beitrag für mehr Sicherheit auf den Straßen geschaffen werde, erklärte Al Adsches. Militante Palästinenser haben oft selbst gefertigte Uniformen an, die der palästinensischen Polizeiuniform ähnlich sind. Außerdem gibt es in den Reihen der Sicherheitskräfte auch Mitglieder der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden.
  • Vor der palästinensischen Präsidentenwahl am 9. Januar haben die USA der Autonomiebehörde 20 Millionen Dollar (14,7 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt. Das Geld sei nicht nur dazu gedacht, die dringendsten Haushaltslöcher zu stopfen, sondern solle der neuen Führung auch dabei helfen, ihr Reformprogramm umzusetzen und die Wahlen vorzubereiten, teilte die US-Botschaft am28. Dez. in Tel Aviv mit. Der US-Nahostbeauftragte William Burns hatte bereits Anfang Dezember angekündigt, US-Präsident George W. Bush wolle den Palästinensern mit 20 Millionen Dollar aus ihren Budgetschwierigkeiten helfen.
  • Mit scharfen Angriffen gegen die israelische Besatzung hat PLO-Chef Mahmud Abbas am 28. Dez. seinen ersten Wahlkampfauftritt bei einer Massenveranstaltung absolviert. "Wir werden nicht ruhen, bis die palästinensische Flagge auf den Mauern, Minaretten und Kirchen von Jerusalem weht", rief Abbas rund tausend Anhängern im Fußballstadion von Jericho im Westjordanland zu. Der gemeinsame Feind der Palästinenser sei die israelische Besatzung, die nur mit Geschlossenheit besiegt werden könne.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat die Armee beim geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen mit Blick auf möglicher Befehlsverweigerung in den eigenen Reihen zu "Standfestigkeit" aufgerufen. Die Befehlshaber dürften die Verweigerung von Befehlsausführungen durch Untergebene nicht dulden, sagte Scharon am 29. Dez. bei einem Treffen mit hohen Militärs. "Die Armee ist dazu da, die Befehle auszuführen, die ihr gegeben werden", betonte er in Anwesenheit von Verteidigungsminister Schaul Mofas und Generalstabschef Mosche Jaalon.
  • Fünf Palästinenser sind in der Nacht zum 30. Dez. bei einem Einsatz der israelischen Armee im südlichen Gazastreifen getötet worden. Die Armee rückte mit mehr als 20 gepanzerten Fahrzeugen in das Flüchtlingslager Chan Junis vor, wie Augenzeugen berichteten. Israelischee Soldaten hätten im Westen des Camps mit Automatikgewehren das Feuer eröffnet und dabei zwei Palästinenser getötet. Zehn weitere Palästinenser seien verletzt worden. Die Armee forderte die Bewohner mehrerer Häuser per Lautsprecher auf, sich in eine nahe gelegene Schule zu begeben. (AFP und dpa)
  • Der Bildung einer Großen Koalition in Jerusalem steht nichts mehr im Wege: Der Likud-Block des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon einigte sich am 30. Dez. mit der Arbeitspartei über die Rolle von deren Vorsitzenden Schimon Peres in der künftigen Regierung und überwand damit die letzte Hürde für eine Zusammenarbeit. Peres' Sprecher Joram Dori erklärte, das neue Kabinett könnte schon nächste Woche dem Parlament vorgestellt werden. Peres wird nach Angaben von Scharons Büro die Nummer Zwei der neuen Regierung. Offiziell darf Peres allerdings nicht Vizeministerpräsident werden, weil dieser Posten bereits von dem Likud-Politiker Ehud Olmert besetzt ist und das israelische Grundgesetz zwei Vizeministerpräsidenten verbietet. Peres erhält nun einen praktisch gleichbedeutenden Titel. Die neue Regierung, der auch eine kleine ultra-orthodoxe Partei angehören soll, wird im Parlament über 65 der 120 Sitze verfügen. Mit dieser Mehrheit im Rücken will Scharon den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlands umsetzen.
  • Beim Einschlag einer israelischen Rakete im palästinensischen Flüchtlingslager Chan Junis sind am Abend des 30. Dez. mindestens vier Palästinenser getötet worden. Die Rakete sei von einer israelischen Drohne aus über dem Gazastreifen abgefeuert worden, hieß es auf palästinensischer Seite. Sie habe eine Gruppe bewaffneter Aktivisten getroffen, deren Identität zunächst unklar war. Damit stieg die Zahl der getöteten Palästinenser seit Beginn des israelischen Einsatzes in Chan Junis in der Nacht zum 30. Dez. auf neun.
  • Israelische Soldaten haben am 31. Dez. im Gazastreifen und Westjordanland mindestens drei Palästinenser getötet. Eine Armeesprecherin teilte mit, in Chan Junis im Gazastreifen hätte die Luftwaffe Raketen auf eine Gruppe bewaffneter Palästinenser abgefeuert. Sie seien dabei gewesen, einen Sprengsatz zu legen. Nach palästinensischen Angaben wurden mindestens zwei von ihnen getötet.
    In Nablus im nördlichen Westjordanland wurde mindestens ein weiterer bewaffneter Palästinenser bei Schusswechseln mit Soldaten getötet. Nach Angaben der Armee hatten militante Einwohner der Stadt das Feuer auf eine israelische Patrouille eröffnet. Die Soldaten hätten zurückgeschossen.
  • Bei einer Explosion im nördlichen Gazastreifen ist am 31. Dez. ein zehnjähriges palästinensisches Mädchen getötet worden. Nach Krankenhausangaben wurden drei weitere Kinder verletzt. Aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete, vermutlich sei eine alte israelische Rakete explodiert, als die Kinder in der Gegend spielten.


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