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September 2004

Chronologie der Ereignisse

Mittwoch, 1. September, bis Sonntag, 5. September
  • Die israelische Armee hat am 1. September in Hebron im Westjordanland das Haus eines der beiden Selbstmordattentäter zerstört, die am Vortag in Israel 16 Menschen in den Tod gerissen hatten. In dem zweistöckigen Gebäude habe die Familie des 22-jährigen Ahmed Kawasmeh gewohnt, berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP. Israelische Soldaten bereiteten auch den Abriss des Hauses vor, in dem die Familie des 22-jährigen Nassim Dschabari lebte.
    Als Antwort auf die Selbstmordanschläge in Beerscheba will Israel den Bau der Sperranlage beschleunigen und seine Politik der gezielten Tötung von Hamas-Führern im In- und Ausland fortsetzen. Israel werde sich beim Bau der Anlage nur danach richten, "wo sie den besten Schutz gewährt, und nicht, wo die Welt sie haben möchte", sagte der Sprecher von Regierungschef Ariel Scharon am 1. September.
  • Israel macht Syrien für die beiden Selbstmordanschläge der radikalen Hamas-Organisation in Beerscheba verantwortlich. "Die Tatsache, dass die Hamas von Syrien aus operiert, gewährt ihr keine Immunität", sagte Raanan Gissin, Berater von Ministerpräsident Ariel Scharon, am 1. September. Gissins Äußerungen könnten auf einen geplanten Vergeltungsschlag hinweisen.
  • Aus Protest gegen die fehlende Umsetzung versprochener Reformen hat das Palästinenserparlament am 1. September beschlossen, seine Sitzungen für einen Monat auszusetzen. "Wir warten darauf, dass Präsident Jassir Arafat die Gesetze unterzeichnet", sagte Parlamentssprecher Rauhi Fattuh in Ramallah im Westjordanland. Arafat hatte im August in einer Rede vor dem Parlament zugegeben, dass die Autonomiebehörde "unannehmbare Fehler" begangen habe; Forderungen von Parlamentariern, gegen die Korruption vorzugehen und eine klare Trennung der verschiedenen Sicherheitsdienste anzuordnen, blieben bislang aber ohne Folgen. In der vergangenen Woche forderte das Parlament zudem eine umfassende Kabinettsumbildung. Es wird erwartet, dass Regierungschef Ahmed Kureia in den kommenden Wochen mehrere Ressorts neu besetzen wird.
  • Bei einer nächtlichen Militäroffensive im Gazastreifen haben israelische Truppen zwei mehrstöckige Wohngebäude im Flüchtlingslager Chan Junis abgerissen. Etwa 40 Familien seien obdachlos geworden, berichteten Anwohner. Die Streitkräfte erklärten, die Häuser seien von Extremisten genutzt worden, um von dort aus nahe gelegene jüdische Siedlungen oder Soldaten anzugreifen. Die israelischen Truppen rückten am Abend des 1. September mit Panzern in Chan Junis ein und wiesen laut Augenzeugen rund 6.000 Bewohner an, ihre Häuser zu verlassen. Von einem Schulhof aus hätten sie die Abrissaktion beobachten können. Am nächsten Morgen zogen die Soldaten wieder ab. Zu Beginn der Offensive wurden bei einem israelischen Hubschrauberangriff laut Krankenhausangaben sieben Palästinenser verletzt, darunter mindestens zwei Extremisten. Eine Rakete zielte auf eine Gruppe von Palästinenser, die eine Landmine legen wollten, hieß es. Dabei sei die Mine detoniert.
  • Die palästinensischen Häftlinge, die am 15. August aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten waren, haben ihre Aktion ausgesetzt. Der Hungerstreik solle zunächst bis zum 5. September unterbrochen werden, da die Behörden einen Teil der Forderungen erfüllen wollten, sagte der Vorsitzende des so genannten Clubs der Gefangenen der Nachrichtenagentur AFP am 2. September. Zuletzt waren rund 600 Gefangene noch im Hungerstreik gewesen.
  • In scharfer Form hat Syrien Vorwürfe Israels zurückgewiesen, es trage eine Mitschuld an dem blutigen Doppelanschlag auf zwei Linienbusse im südisraelischen Beerscheba. Derartige Vorwürfe seien ohne Grundlage und führten nur zu weiteren Spannungen in der Region, sagte Außenminister Faruk el Schara am 2. September nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Sana.
  • Bei einem Einsatz der israelischen Armee im Gazastreifen sind am 2. September vier Palästinenser getötet worden. Nach Angaben palästinensischer Ärzte und Sicherheitskräfte wurden in Deir el Balah drei 19-Jährige und ein 15-Jähriger erschossen. Die Soldaten hätten das Feuer auf eine Gruppe Steine werfender Jugendlicher eröffnet. Dagegen teilte die Armee mit, die Soldaten hätten zwei bewaffnete Palästinenser getroffen, die beim Vorbeifahren eines Armeefahrzeugs einen Sprengsatz hätten zünden wollen.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat am 2. September eine Resolution verabschiedet, die auf einen Abzug syrischer Truppen aus dem Libanon und freie Präsidentschaftswahlen in dem Land zielt. Die Entschließung erhielt die Mindestzahl von neun der 15 möglichen Ja-Stimmen, sechs Mitglieder des Gremiums enthielten sich. Die Resolution war ursprünglich von den USA und Frankreich eingebracht worden, aber auch Großbritannien und Deutschland hatten sich hinter den Entwurf gestellt.
    In der Resolution wird unter anderem gefordert, die Präsidentschaftswahlen im Libanon müssten "frei, gleich und gemäß der libanesischen Verfassung" abgehalten werden. Die Souveränität des Libanon müsse respektiert werden, heißt es weiter in der Resolution. Alle verbleibenden Streitkräfte sollten das Land verlassen. In einem früheren Resolutionsentwurf war ausdrücklich der Abzug der syrischen Truppen genannt worden. In der letztgültigen Version wurde die Passage allgemeiner gehalten, um die Mehrheit im Sicherheitsrat sicherzustellen. Die Resolution bittet UN-Generalsekretär Kofi Annan, dem Gremium nach 30 Tagen Bericht über die Umsetzung der Forderungen zu erstatten.
    Hintergrund ist laut AFP der Versuch Syriens, den amtierenden libanesischen Präsidenten Emile Lahoud für eine weitere dreijährige Amtszeit zu nominieren. Dafür müsste die libanesische Verfassung, die keine neue Amtszeit erlaubt, geändert werden. Die USA und die Europäische Union kritisieren dies. Die Wahl soll nach Angaben aus Regierungskreisen zwischen dem 24. September und dem 24. November erfolgen. Syrien hat rund 20.000 Soldaten im Libanon stationiert und dominiert das Land auch politisch.
  • Israelische Soldaten haben am 3. September einen Palästinenser getötet und damit offenbar einen Anschlag verhindert. Kurz nachdem der Mann am Kontrollpunkt Karni zwischen dem Gazastreifen und Israel von Kugeln getroffen wurde, habe es eine Explosion gegeben, berichteten palästinensische Augenzeugen. Der Palästinenser sei zusammen mit einem weiteren Mann in einen Sperrbereich eingedrungen, sagte ein israelischer Armeesprecher. Er vermutete, dass der Tote eine Sprengstoffanschlag geplant hatte. Ob der zweite Verdächtige flüchtete, war zunächst nicht bekannt.
  • Radikale Palästinenser feuerten am Morgen des 3. September vom Gazastreifen zwei Raketen auf israelisches Territorium. Die Geschosse schlugen nahe der Stadt Sderot ein, ohne Schaden anzurichten.
  • Libanon hat am 3. September die Resolution des UN- Sicherheitsrates zurückgewiesen, in der der Rückzug der rund 20.000 syrischen Soldaten aus dem Land gefordert wird. Die Entschließung fordert außerdem, die Souveränit und territoriale Integrität des Landes müsse respektiert werden. "Diese Resolution ist unangebracht, weil sie den Prinzipien der Nichteinmischung in interne Angelegenheiten zuwiderläuft", sagte Außenminister Jean Obeid in einer Erklärung.
  • Das libanesische Parlament hat einer Verfassungsänderung zur Verlängerung der Amtszeit von Präsident Emile Lahud zugestimmt. Damit stellten sich die Abgeordneten am 3. September gegen eine UN-Resolution, die den Libanon aufgefordert hatte, auf diesen Schritt zu verzichten, und eine freie Wahl ohne Einmischung von außen abzuhalten. Lahud gilt als enger Vertrauter der Schutzmacht Syrien, die sich für eine Verlängerung von dessen sechsjähriger Amtszeit um drei Jahre stark gemacht hatte. 96 der 125 anwesenden Abgeordneten stimmten für die Verfassungsänderung, 29 dagegen.
  • Israelische Soldaten schossen am Abend des 3. September nahe der Siedlung Rafiah Jam auf zwei Palästinenser. Beide bewegten sich in einer für Palästinenser verbotenen Sperrzone, die Armee vermutete, dass sie eine Bombe bei sich trugen. Einer der Männer wurde getötet, der andere schwer verletzt, wie palästinensische Ärzte mitteilten. Nach Angaben von Verwandten befanden sich die Opfer in der Nähe ihrer Häuser in der Stadt Rafah.
  • Israelische Kampfhubschrauber haben am späten Aben des 3. September einen Angriff auf ein Flüchtlingslager im zentralen Gazastreifen geflogen. Ein Gebäude im Flüchtlingslager Kaghasi sei bei dem Raketenangriff schwer beschädigt worden, teilten palästinensische Sicherheitskräfte mit. Das Gebäude habe als Holzlager gedient und sei vor zwei Monaten schon einmal Ziel eines Angriffs gewesen.
  • Der palästinensische Präsident Jassir Arafat hat am 4. September Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch in diesem Winter angekündigt. In mehr als 1.000 Büros im Westjordanland, dem Gazastreifen und Ostjerusalem könnten sich die rund 1,8 Millionen Wahlberechtigten in den kommenden Wochen registrieren lassen, teilte die Wahlkommission mit. Die letzte Wahl fand im Januar vor acht Jahren statt und wurde von der Untergrundorganisation Hamas boykottiert.
  • Der libanesische Präsident Emile Lahoud hat seine umstrittene Mandatsverlängerung um weitere drei Jahre gegen internationale Kritik verteidigt. Das Votum des libanesischen Parlaments sei ein Sieg der Demokratie und ein Zeichen für die "staatsbürgerliche Gesinnung" der Libanesen, sagte Lahoud am 4. September in Beirut. Das Weiße Haus hatte zuvor die Abstimmung als "Parodie der Demokratie" verurteilt. Sie gebe nicht den "Willen des Volkes wieder", sondern sei von der syrischen "Besatzungsmacht diktiert worden", erklärte Sprecher Scott McClellan und kündigte an, die internationale Staatengemeinschaft werde sich noch mit der "Manipulation der libanesischen Verfassung durch eine außenstehende Macht" beschäftigten.
  • Bewaffnete Palästinenser haben am 5. September im südlichen Gazastreifen vorübergehend ein Regierungsgebäude besetzt. Etwa 15 Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden forderten die Autonomiebehörde zu finanzieller Unterstützung für Familien auf, deren Häuser von israelischen Truppen zerstört wurden, wie Augenzeugen in Chan Junis berichteten. Bei dem jüngsten Militäreinsatz am Donnerstag hatten 40 Familien ihre Wohnungen verloren. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat kündigte Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch in diesem Winter an. - Die Besetzer zogen nach Verhandlungen mit dem Gouverneur von Chan Junis nach vier Stunden wieder ab. Die Behörden hätten zugesagt, ihren Forderungen entgegenzukommen, sagte einer der Bewaffneten.
  • Wegen mutmaßlicher Unterstützung palästinensischer Extremisten ist eine 28-jährige israelische Frau am 5. September ohne Anklage und Gerichtsverfahren inhaftiert worden. Die von Verteidigungsminister Schaul Mofas unterzeichnete Anordnung gilt zunächst für drei Monate, kann aber verlängert werden. Bislang sitzen in Israel fast ausschließlich Palästinenser in so genannter Verwaltungshaft. Tali Fahima, eine Rechtsanwaltsgehilfin aus einem Vorort von Tel Aviv, freundete sich vor einigen Monaten mit einem mutmaßlichen palästinensischen Extremisten aus dem Westjordanland an. Bereits im Juni stellte sie der israelische Geheimdienst vorübergehend unter Hausarrest, am 9. August wurde sie wegen "ernster Sicherheitsverstöße" festgenommen. Ihrem Anwalt zufolge wird Fahima vorgeworfen, an der Planung eines Anschlags beteiligt gewesen zu sein. Sie streitet die Vorwürfe ab.
  • Am 5. September haben die Bauarbeiten des südlichen Abschnitts der Sperranlage zum Westjordanland begonnen. "Die Arbeit in dem Gebiet hat wie geplant begonnen", sagte eine Sprecherin des israelischen Verteidigungsministeriums. Mindestens zwei Bulldozer planierten das Gelände um die Ortschaft Beit Awwa. Aus der Nähe des betroffenen Gebietes stammten die beiden Selbstmordattentäter von der radikalislamischen Hamas-Bewegung, die am 31. August in der südisraelischen Stadt Beerscheba 16 Menschen mit in den Tod gerissen hatten.
Montag, 6. September, bis Sonntag, 12. September
  • Israel hält nach Angaben von Verteidigungsminister Schaul Mofas eine Ausweisung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat nach wie vor für nötig. "Der Staat Israel wird den Weg und den richtigen Zeitpunkt finden, um Jassir Arafat aus der Region fortzuschaffen", sagte Mofas am 6. September. Ein entsprechender Beschluss des Sicherheitskabinetts vom vergangenen Jahr sei immer noch gültig. Konkrete Pläne gebe es derzeit aber nicht.
    Weiter erklärte Mofas, der umstrittene Sperrwall zum Westjordanland werde im Süden entlang der so genannten Grünen Linie - der Grenze von 1967 - verlaufen. Die ursprüngliche Route sei geändert worden, so dass im betreffenden Abschnitt keine zum Westjordanland gehörenden Gebiete der israelischen Seite zugeschlagen würden, sagte Mofas im Armeeradio. Grundlage der Änderungen ist eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Juni. Mofas sagte, Ministerpräsident Ariel Scharon habe den neuen Verlauf gebilligt. Dagegen erklärte ein Sprecher des Regierungschefs, es gebe noch keine endgültige Entscheidung.
  • Israel ist am 6. September mit dem Versuch gescheitert, einen Spionagesatelliten ins All zu befördern. Der Start des Beobachtungssatelliten Ofek 6 (Horizont 6) sei während der dritten Phase aus noch ungeklärter Ursache fehlgeschlagen, teilte das israelische Verteidigungsministerium in Jerusalem mit. Nach Angaben des Militärrundfunks stürzte der Satellit, dessen Einsatz für den israelischen Militärgeheimdienst geplant war, ins Mittelmeer. Es habe sich um einen der am weitesten entwickelten Satelliten dieser Kategorie gehandelt.
  • Die internationale Gemeinschaft unternimmt nach Ansicht des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon zu wenig, um Iran von der Entwicklung eigener Atomwaffen abzuhalten. In einem Interview in der Zeitung "Jerusalem Post" (Ausgabe vom 6. September) sagte er, für ihn bestehe kein Zweifel daran, dass Teheran den Besitz eigener Atomwaffen anstrebe und diese Absicht mit "Ausflüchten und Betrug" vorantreibe. Die Inspektionen der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sowie die von den USA geforderten Sanktionen reichten nicht aus Iran daran zu hindern, Atomwaffen in die Hand zu bekommen. In dieser Situation sehe Israel sich besonders bedroht, weil Iran bereits eine Langstreckenrakete erfolgreich getestet habe, die Israel erreichen könnte. Selbst gemäßigte iranische Politiker forderten die Zerstörung Israels, fügte Scharon hinzu. Israel treffe deshalb "seine eigenen Maßnahmen, um sich zu verteidigen".
  • Bei einem israelischen Luftangriff auf ein Trainingslager der militanten Palästinenserorganisation Hamas sind mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen. 25 weitere wurden verletzt, wie ein Krankenhaussprecher in Gaza-Stadt am 7. September mitteilte. Die Hamas bestätigte einige Stunden nach dem Angriff, dass auf dem von Kampfhubschraubern beschossenen Gelände Kämpfer der Gruppe trainiert hätten. Die elf zunächst identifizierten Toten waren junge Männer, hochrangige Hamas-Mitglieder waren nicht darunter. Mehrere Hamas-Anhänger versammelten sich nach dem Angriff vor dem Krankenhaus, in dem die Opfer behandelt wurden, und schworen Rache. Die Hamas hatte sich zu dem Doppelanschlag auf zwei israelische Busse bekannt, bei dem vor einer Woche neben den beiden Selbstmordattentätern 16 Israelis ums Leben gekommen waren. Die israelischen Streitkräfte begründeten den Angriff in Gaza-Stadt damit, dass auf dem Gelände in den vergangenen Tagen eine große Bombe und eine Sprengstoffweste gebastelt worden seien. Zudem hätten militante Palästinenser dort das Entführen von Autos und den Umgang mit Waffen geübt.
    Bei Begräbniszügen für 14 bei einem israelischen Luftangriff getötete Hamas-Mitglieder haben Dutzende bewaffneter Palästinenser am Dienstag Rache an Israel geschworen. Nach palästinensischen Angaben schossen die Männer Salven in die Luft und kündigten neue Anschläge an.
  • Israel hat am 7. September nach Rundfunkangaben knapp 140 palästinensische Häftlinge freigelassen. Die 137 Gefangenen seien nicht in Anschläge mit Todesfolgen verwickelt gewesen, berichtete der öffentliche israelische Rundfunk. Sie hätten zudem ihre Strafen fast vollständig verbüßt. Wegen der Überfüllung der israelischen Gefängnisse seien sie vorzeitig entlassen worden. Am Mittwoch sollten demnach weitere 80 Palästinenser auf freien Fuß kommen. Israelische Regierungsstellen konnten die Angaben zunächst nicht bestätigen.
  • US-Außenminister Colin Powell hat den israelischen Angriff auf ein Hamas-Ausbildungslager in Gaza am 7. September kritisiert. "Vergeltung ist kein Lösung" für den Nahost-Konflikt, sagte er in Washington.
  • Der aus jahrelanger Haft entlassene israelische Atomwissenschaftler Mordechai Vanunu will Palästinenser werden. Er werde die palästinensische Autonomiebehörde und Palästinenserpräsident Jassir Arafat um die palästinensische Staatsbürgerschaft ersuchen, sagte Vanunu am 7. September dem privaten israelischen Fernsehen. Der als "Atomspion" bekannt gewordene Vanunu war im April nach einer 18-jährigen Gefängnisstrafe aus der Haft entlassen worden. 1986 hatte der ehemalige Techniker im israelischen Atomkraftwerk Dimona der britischen "Sunday Times" geheime Informationen über die Anlage zugespielt. Seine Freilassung wurde an strenge Auflagen geknüpft. So darf der Atomexperte weder das Land verlassen noch mit ausländischen Medien sprechen.
  • Die israelische Armee hat am 8. September ihre Einsätze im Gazastreifen fortgesetzt. In der vergangenen Nacht drangen rund zwanzig gepanzerte Fahrzeuge begleitet von Planierraupen und unter dem Schutz von Kampfhubschraubern in den Ostteil von Dschabalija ein und bezogen zudem Stellung nahe der Ortschaft Beit Lahija im Norden des Gazastreifens, wie Augenzeugen berichteten. Von Beit Lahja feuern Aktivisten der radikalen Palästinenserorganisation Hamas häufig Kassam-Raketen auf israelisches Gebiet.
  • Bei der Explosion eines mit Sprengstoff beladenen Autos ist im Westjordanland ein Palästinenser getötet worden. Der israelische Armeesender meldete am 8. September, das Fahrzeug sei in Baka el Scharkia neben einer israelischen Patrouille explodiert. Keiner der Soldaten sei verletzt worden. Sicherheitskräfte sperrten den Ort des Anschlags weiträumig ab und suchten nach weiteren Sprengsätzen.
  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia hat nach Meinungsverschiedenheiten mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat erneut mit seinem Rücktritt gedroht. Kureia habe bei einer Sitzung mit Arafat gefordert, eine für den 23. September in New York vorgesehene Geberkonferenz für die palästinensische Autonomiebehörde zu verschieben, teilte ein Mitarbeiter der Autonomiebehörde am 8. September mit. Arafat habe dies aber abgelehnt. Bei der Auseinandersetzung am Abend des 7. September habe Kureia gesagt, er könne "so nicht weiterarbeiten" und damit die Möglichkeit seines Rücktritts ins Spiel gebracht. Arafat habe Kureia am 8. September schließlich angerufen, um die Gemüter zu beruhigen.
  • Israelische Soldaten haben am 8. September in Jericho im Westjordanland einen bewaffneten Palästinenser erschossen. Zwei weitere wurden verletzt, wie aus israelischen Militärkreisen verlautete. Die drei Männer hätten das Feuer auf die Soldaten eröffnet, als diese einen der Palästinenser festnehmen wollten. Die beiden Verletzten wurden in ein israelisches Krankenhaus eingeliefert.
  • Den deutschen Werften stehen milliardenschwere Aufträge ins Haus. Die Bundesregierung werde die von Israel gewünschte Lieferung von zwei U-Booten genehmigen, sagte Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) dem Düsseldorfer "Handelsblatt" (Ausgabe vom 9. September). Zudem befürwortete er, die Bestellung von vier Fregatten des Typs 125 für die Bundesmarine erheblich vorzuziehen. "Ziel ist die Festlegung der Spezifikation bis Mitte 2005 und ein Abschluss des Bauvertrages in 2006", sagte Struck. Die Kosten werden auf rund zwei Milliarden Euro geschätzt. Zum israelischen Anliegen sagte Struck, Deutschland sei "selbstverständlich bereit", Israel beim Erwerb zu helfen. Politisch sei dies kein Problem, weil Israel die U-Boote im Küstenschutz einsetzen wolle. Eine Finanzierung aus dem Verteidigungsetat sei aber nicht möglich. Mit dem Wirtschaftsministerium solle nun geprüft werden, welche Instrumente das Geschäft ermöglichen könnten.
  • Bei dem israelischen Militäreinsatz im nördlichen Gazastreifen sind am 9. September insgesamt fünf Palästinenser getötet worden. Soldaten hätten bei dem Einsatz im Flüchtlingslager Dschabalia das Feuer auf Steinewerfer eröffnet und dabei vier Menschen tödlich getroffen, unter ihnen einen Elfjährigen und einen Polizisten, verlautete von palästinensischen Ärzten und Sicherheitskräften. 25 weitere Palästinenser seien verletzt worden. Zuvor war in der Nacht ein 20 Jahre alter Palästinenser bei einem Schusswechsel ums Leben gekommen; er gehörte nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen der radikalen Palästinenserorganisation Hamas an.
  • Israel hat die baldige Abschiebung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat angekündigt. Außenminister Silvan Schalom sagte am 9. September im Rundfunk: "Der Tag, an dem wir ihn hier rauswerfen, ist noch niemals so nahe gewesen". Außenminister Schalom nannte Arafat einen "Terroristen", mit dem nicht zu diskutieren sei. Für ihn sei "kein Platz bei uns". Vorerst werde Israel den Palästinenserpräsidenten weiterhin in seinem Hauptquartier in Ramallah im Westjordanland isolieren.
    Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat sprach von einer "sehr ernst zu nehmenden Drohung". Die israelische Regierung zeige damit, dass sie darauf aus sei, "den Friedensprozess zu zerstören". Laut Erakat beabsichtigt die israelische Seite, Arafat zu töten.
    Ministerpräsident Ariel Scharon drohte Arafat bereits mehrfach mit Ausweisung und indirekt auch mit Tötung. Die israelische Armee hält den Palästinenserpräsidenten seit Dezember 2001 in Ramallah faktisch unter Hausarrest.
  • Israelische Truppen haben am 10. September das Westjordanland und den Gazastreifen abgeriegelt. Damit können tausende Palästinenser aus den besetzten Gebieten nicht an ihre Arbeitsplätze in Israel gelangen. In humanitären Notfällen würden Ausnahmen gemacht, verlautete aus Militärkreisen. Reisen zwischen palästinensischen Orten seien nicht betroffen. Die israelische Regierung hatte die Maßnahme am Vorabend für die bevorstehenden jüdischen Feiertage verfügt. Als Grund nannte das Verteidigungsministerium Sicherheitsbedenken. Die Regelung trat am 10. September um 06.00 Uhr Ortszeit in Kraft und soll bis zum Ende der Festtage Anfang Oktober gelten. Am 15. September beginnt das jüdische Neujahrsfest, zehn Tage später wird Jom Kippur begangen, am 29. September folgt das einwöchige Sukkot-Fest.
  • Israelische Soldaten haben bei ihrem Einsatz im nördlichen Gazastreifen am 10. September einen Palästinenser getötet und sieben weitere verletzt. Bei dem Getöteten handele es sich um ein Mitglied der radikalen Palästinenserorganisation Hamas, teilten Ärzte und palästinensische Sicherheitskräfte mit.
    Israelische Soldaten haben am 10. September in Dschabalia im Gazastreifen zwei weitere Palästinenser getötet. Bei den Getöteten handele es sich um einen 22-Jährigen und einen 14-jährigen Jugendlichen, wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten. Ein vierter Mann wurde schwer verletzt. Insgesamt wurden am Freitag etwa 50 Palästinenser verletzt und zehn Häuser zerstört.
  • Rund 200 israelische Persönlichkeiten aus dem extrem konservativen Lager haben Armee und Polizei aufgefordert, sich einer Evakuierung des Gazastreifens zu widersetzen. Die Tageszeitung "Hatzofeh", Organ der Nationalreligiösen Partei, veröffentlichte am 10. September eine Petition, in der die geplante Räumung von Siedlungen als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" bezeichnet wird. Zu den Unterzeichnern zählen neben Reserveoffizieren, Siedlervertretern und Hochschullehrern auch der Bruder und der Vater des israelischen Finanzministers Benjamin Netanjahu, Ido und Ben Zion Netanjahu. Die Regierung von Ariel Scharon müsse auf einen "illegalen" Räumungsbefehl verzichten.
  • In Israel haben etwa 50.000 Anhänger der in der Knesset vertretenen islamisch-israelischen Bewegung gegen jüdische Extremisten demonstriert. Wie der israelische Rundfunk berichtete, richtete sich der Protest am späten Abend des 10. September in der arabisch-israelischen Stadt Um el Fahem gegen Drohungen im Zusammenhang mit der El-Aksa-Moschee in Jerusalem, dem dritthöchsten Heiligtum der Moslems. An der Kundgebung, bei der auch Fahnen der radikalislamischen Hamas-Bewegung gezeigt wurden, nahmen mehrere arabisch-israelische Abgeordnete teil. In Sprechchören erklärten die Demonstranten ihre Solidarität mit den rund 8000 in israelischen Gefängnissen inhaftierten Palästinensern.
  • Die US-Regierung hat die von Israel angedrohte Abschiebung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat abgelehnt. "Wir denken nicht, dass das eine gute Idee ist, und wir haben das sehr deutlich gesagt", erklärte Vize-Außenminister Richard Armitage am 10. September laut einem in Washington verbreiteten Redemanuskript im ägyptischen Fernsehen.
  • Die USA haben Syrien abermals aufgefordert, seine Truppen im Libanon umgehend zurückzuziehen. Bei einem Besuch in Damaskus am 11. September erklärte der für den Nahen Osten zuständige Staatssekretär im US-Außenministerium, William Burns, Syrien müsse ferner seine Unterstützung für extremistische Organisationen der Palästinenser einstellen. Nur so könne das Land einen Beitrag zum weltweiten Kampf gegen den internationalen Terrorismus leisten.
  • Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat der extremen Rechten vorgeworfen, mit einer "Hetzkampagne" zum Bürgerkrieg aufzurufen. "Wir sind Zeugen einer sehr schlimmen Hetzkampagne", zitierte der staatliche israelische Rundfunk am 12. September Scharon. Scharon appellierte an "alle Minister" und die gesamte Bevölkerung, vor allem die Siedler, dem "Phänomen" ein Ende zu setzen. Der Regierungschef verwies in dem Zusammenhang auf die Gegner seines Rückzugsplanes.
  • Zehntausende jüdische Siedler haben am Abend des 12. September in Jerusalem gegen den geplanten israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlandes demonstriert. Im Laufe der Kundgebung wollte der Rat der Siedler "Zehn Gebote zum Kampf gegen die Teilung" verkünden. Dazu zählt ein Verbot für Siedler, sich gegen Armee und Polizei gewaltsam einer Evakuierung zu widersetzen. Rund tausend Polizisten wachten über die Demonstration, die Siedler boten nach eigenen Angaben ein eigenes großes Aufgebot an Sicherheitskräften auf. An der Klagemauer versammelten sich etwa zehntausend Menschen zum Gebet.
Montag, 13. September, bis Sonntag, 19. September
  • Die sechs Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrats (GCC) haben Syrien am 13. Sept. zum Rückzug seiner Truppen aus Libanon aufgefordert. Rückendeckung bekam diese für arabische Staaten seltene Einmischung in die Politik eines anderen arabischen Landes auch noch aus Jordanien, dass ebenfalls erklärte, es unterstütze die UN-Resolution, in der der Abzug aller fremden Truppen aus Libanon gefordert werde. Auch die GCC-Minister erklärten, alle internationalen Resolutionen müssten eingehalten werden. Es dürfe niemandem erlaubt werden, sich hierbei welche auszusuchen.
  • Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hält die israelische Sicherheitspolitik zur Eindämmung des Terrorismus im eigenen Lande zum großen Teil für berechtigt. Man solle mit Kritik an der Regierung von Ministerpräsident Ariel Scharon sehr zurückhaltend sein, sagte Schily am 13. Sept. im Deutschlandfunk im Rahmen seines Besuchs in Israel. Vor allem Deutschland habe "ein besonderes Verhältnis zu Israel" und dürfe sich auch nicht durch terroristische Drohungen wie von Al Qaida von seiner Zusammenarbeit mit Tel Aviv abbringen lassen. "Das darf uns nicht interessieren", betonte der Bundesinnenminister. (Hier geht es zum Interview im Wortlaut: Schily sieht Terrorgefahr in Deutschland und verteidigt den israelischen "Zaun".)
  • Israel hat die USA gebeten, den Bau von drei Militärstützpunkten zu finanzieren. Dort sollten jene Soldaten untergebracht werden, die aus dem Westjordanland abgezogen werden, heißt es in der Anfrage, die das US-Verteidigungsministerium am 13. Sept. dem Kongress vorlegte. Die Kosten für die Stützpunkte beziffert Israel mit 350 Millionen Dollar (290 Millionen Euro). Nach Angaben der Pentagon-Agentur für Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit (DSCA) beruft sich Israel auf die Zusagen der USA im Rahmen des Abkommens von Wye River von 1998. Die Vereinbarung sah einen schrittweisen Abzug der israelischen Armee aus 13 Prozent des Westjordanlandes vor. Es wurde jedoch nie umgesetzt.
  • Bei einem Selbstmordattentat im Westjordanland sind am 14. Sept. mindestens vier Menschen verletzt worden, unter ihnen zwei israelische Soldaten. Der Attentäter habe den Sprengsatz in der Nähe eines israelischen Militärfahrzeuges gezündet, als er einen Durchgang in der Sperranlage zwischen Israel und dem Westjordanland benutzte, sagte ein Armeesprecher der Nachrichtenagentur AFP. Nach palästinensischen Angaben wurden auch zwei Palästinenser verletzt.
  • Israels Premier Ariel Scharon hat Palästinenserpräsident Jassir Arafat indirekt mit dem Tod bedroht. In Interviews mit mehreren Tageszeitungen am 14. Sept. zum jüdischen Neujahrsfest verwies Scharon auf die gezielt getöteten Hamas-Führer Ahmed Jassin und Abdel Asis Rantisi. Gegen beide sei Israel "zum passenden Zeitpunkt" vorgegangen, und genauso werde man es auch mit Arafat tun. Damit ging Scharon deutlich über Drohungen mehrerer Minister hinaus, die Arafat schnell ausweisen wollen.
  • Das israelische Sicherheitskabinett hat am 14. Sept. einem Plan von Ministerpräsident Ariel Scharon zur Entschädigung der Siedler aus dem Gazastreifen zugestimmt. Das berichtete der öffentliche israelische Rundfunk. Zeitungsberichten zufolge sollen die rund 8.000 Bewohner der 21 zu räumenden Siedlungen mit jeweils einem Drittel des Wertes ihrer Häuser entschädigt werden, wenn sie freiwillig abziehen. Siedler, die länger als acht Jahre in einer der Siedlungen leben, sollen Medien zufolge umgerechnet zwischen 164.000 und 410.000 Euro Entschädigung bekommen. Im Gegenzug für den Abzug aus dem Gazastreifen will Scharon jüdische Siedlungen im Westjordanland ausbauen und den Bau der umstrittenen Sperranlage vorantreiben, die weit in palästinensisches Gebiet hineinreicht.
  • Die jüngsten Äußerungen von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zu der von Israel errichteten Sperranlange im Westjordanland sind bei den Grünen auf Widerspruch gestoßen. "Ich kritisiere die Äußerungen des deutschen Innenministers, weil er die Position der Bundesregierung zum Verlauf des Mauerzaunes ignoriert hat", sagte die Grünen-Chefin Angelika Beer der Berliner Tageszeitung "taz" (Ausgabe vom 15. September).
  • Die israelische Armee hat am 15. Sept. neun militante Palästinenser und ein elfjähriges Mädchen getötet. In Nablus griffen Soldaten ein Haus an, in dem sich gesuchte Extremisten versteckten. Bei dem Schusswechsel starben nach Angaben von Sicherheitskräften vier Mitglieder der El-Aksa-Brigaden sowie ein Mitglied der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas und das Mädchen. Die Armee rückte nach palästinensischen Angaben am frühen Morgen mit etwa 20 Geländewagen und Panzern in die Altstadt von Nablus ein. Militärangaben zufolge waren die fünf in dem Gebäude verschanzten Palästinenser für einen Anschlag verantwortlich, bei dem im Dezember 2003 bei Tel Aviv vier Israelis getötet wurden. Bevor die Soldaten wieder abrückten, riss eine Planierraupe das Gebäude teilweise nieder. Augenzeugen berichteten, die elfjährige Maram el Nahleh habe sich vor ihrer Haustür in der Nähe des Gebäudes aufgehalten, als sie tödlich getroffen wurde.
    Stunden später erschoss ein Armeekommando nach palästinensischen Angaben in einer Garage in einem Industriegebiet von Dschenin vier weitere Mitglieder der El-Aksa-Brigaden. Zwei Palästinenser wurden verletzt. Militärangaben zufolge gab es außerdem drei Festnahmen.
    Die Palästinensische Autonomiebehörde verurteilte die tödlichen Armeeeinsätze in Nablus und Dschenin. "Diese neuerlichen Verbrechen und diese israelische Politik der Eskalation wird schlimme und zerstörerische Folgen haben", sagte Arafat-Berater Nabil Abu Rudeina der Nachrichtenagentur AFP.
  • Ein bewaffnetes Kommando hat am 16. Sept. in Gaza vorübergehend einen ranghohen palästinensischen Sicherheitsbeamten verschleppt. Wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten, stoppten die größtenteils vermummten Männer das Fahrzeug von General Mohammed Ahmed el Batrawi im Zentrum der Stadt. Sie zwangen ihn mit vorgehaltenen Waffen, in eines ihrer Autos zu steigen und verschwanden mit unbekanntem Ziel. Balawis Chauffeur und seinen Leibwächter ließen die Entführer weiterfahren. Wenige Stunden später wurde der Chef der Finanzaufsicht der palästinensischen Sicherheitskräfte nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte wieder freigelassen.
  • Ägypten will vor dem Abzug Israels aus dem Gazastreifen palästinensische Polizisten ausbilden, um ein Machtvakuum in dem Gebiet zu verhindern. Das ist das Ergebnis von viertägigen Gesprächen ranghoher Vertreter Ägyptens und der Palästinenser, die am 16. Sept. in Kairo zu Ende gingen. Die ägyptische Regierung versucht, die verschiedenen palästinensischen Gruppen dazu zu bewegen, sich nach dem für 2005 erwarteten Abzug Israels ruhig zu verhalten. Die Kämpfe in den vergangenen Jahren zwischen Israelis und Palästinensern haben die Sicherheitskräfte im Gazastreifen schon so stark geschwächt, dass militante Gruppen dies versuchen auszunutzen, um die Oberhand zu erlangen.
  • Israelische Soldaten haben am 17. Sept. im nördlichen Westjordanland eine junge Palästinenserin erschossen. Die 19-Jährige wurde nach palästinensischen Angaben von einer Kugel getroffen, als die Soldaten in Nablus das Feuer auf palästinensische Steinewerfer eröffneten. Die junge Frau habe sich auf dem Dach ihres Hauses aufgehalten.
  • Soldaten der israelischen Armee sind am 18. Sept. in die palästinensische Stadt Dschenin eingedrungen. Rund zwanzig Geländewagen, begleitet von fünf Panzern, fuhren in die Stadt, wie aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete. Es habe Schusswechsel mit palästinensischen Kämpfern gegeben.
  • Mit der Tötung eines Palästinensers haben israelische Soldaten nach palästinensischen Angaben am 19. Sept. offenbar einen Anschlag im Gazastreifen verhindert. Der Anhänger der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad habe versucht, einen Sprengsatz nahe dem Kontrollpunkt Karni zu platzieren und sei von israelischen Soldaten erschossen worden, hieß es von Ärzten und aus palästinensischen Sicherheitskreisen. Drei weitere Männer seien durch die Schüsse verletzt worden.
  • Bei einem israelischen Hubschrauberangriff in Gaza ist am Abend des 19. Sept. ein örtliches Führungsmitglied der radikalen Palästinenserorganisation Hamas getötet worden. Nach Angaben von Augenzeugen starb der 33-jährige Chaled Abu Salmieh, als ein Hubschrauber im Zentrum Gazas zwei Raketen auf sein Auto abschoss. Sechs Menschen wurden verletzt, unter ihnen auch ein neunjähriges Kind. Die israelische Armee wollte sich zu dem Angriff nicht äußern. Salmieh gehörte zu den Essedin-El-Kassam-Brigaden, dem bewaffneten Flügel der Hamas.
Montag, 20. September, bis Sonntag, 26. September
  • Eine am 20. Sept. vom Gazastreifen aus abgefeuerte Kassam-Rakete schlug nach Armeeangaben in der südisraelischen Stadt Sderot ein, ohne dass es Opfer gab. Zu dem Angriff bekannte sich die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas. Ihren Angaben zufolge handelte es sich um einen "Vergeltungsschlag" für den Angriff der israelischen Luftwaffe in Gaza, bei dem am Abend zuvor ein örtliches Führungsmitglied der Hamas gezielt getötet worden war.
  • Die israelische Armee hat am Morgen des 20. Sept. in der Nähe einer jüdischen Siedlung im Zentrum des Gazastreifens einen Palästinenser getötet. Das teilten palästinensische Sicherheitskräfte mit, ohne zunächst angeben zu können, ob der erschossene Mann bewaffnet war.
  • Bei einem israelischen Luftangriff sind am Abend des 20. Sept. im Gazastreifen zwei Palästinenser getötet worden. Nach Augenzeugenberichten feuerte ein Hubschrauber im Viertel Tall el Haua in Gaza Raketen auf einen fahrenden Geländewagen ab. Die beiden bewaffneten Insassen seien getötet worden. Nach Angaben des öffentlichen israelischen Rundfunks waren die Opfer Mitglieder der Essedin-el-Kassam-Brigaden, dem militärischen Arm der radikalislamischen Hamas-Bewegung. Palästinensischen Sicherheitskräften zufolge wurden acht Menschen verletzt, darunter zwei Kinder.
  • US-Präsident George W. Bush hat vor der UN-Vollversammlung indirekt zur Ächtung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat aufgerufen. Die Staats- und Regierungschefs der Welt sollten jegliche Unterstützung für die palästinensischen Führer beenden, die "ihr Volk im Stich lassen und sein Anliegen verraten", sagte Bush am 21. Sept. in New York. Damit meinte Bush offensichtlich Arafat, den er vom Friedensprozess im Nahen Osten ausschließen möchte. Der US-Präsident rief die palästinensische Führung und die arabischen Staaten auf, Verbindungen zum "Terrorismus" zu kappen. (Bushs Rede im Wortlaut
    Die Palästinenserführung hat den indirekten Aufruf von US-Präsident George W. Bush zur Ächtung des Chefs der Autonomiebehörde, Jassir Arafat, zurückgewiesen. Das palästinensische Volk habe sich seine Führung in freien und demokratischen Wahlen gewählt, sagte der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat am 21. Sept. der Nachrichtenagentur AFP. "Die ganze Welt muss die demokratische Wahl des palästinensischen Volkes respektieren", forderte Erakat.
  • Die Vereinigten Staaten verkaufen Israel einem Zeitungsbericht zufolge 5.000 Präzisionsbomben. Das US-Verteidigungsministerium habe dem 319.000 Dollar (263.000 Euro) schweren Vertrag zugestimmt, damit Israel den militärischen "Qualitätsvorsprung" vor seinen Nachbarländern aufrechterhalten und die strategischen und taktischen Interessen der USA bedienen könne, berichtete die israelische Tageszeitung "Haaretz" am 21. Sept. Israel werde sich dafür aus dem Topf mit 1,8 Milliarden Dollar bedienen, die die USA dem Land jedes Jahr an Militärhilfe bereitstellen.
    Vgl. hierzu:
    Internationale Atomenergiebehörde setzt Iran eine letzte Frist zum Stopp der Urananreicherung
    Resolution verabschiedet - Iran besteht auf seinem Recht - USA rüsten Israel für Krieg gegen Iran auf (22. September 2004)
  • Ein Generalstreik im öffentlichen Dienst hat am 21. Sept. das Leben in Israel lahmgelegt. Hunderttausende Angestellte folgten einem Aufruf des Gewerkschaftsbunds Histadrut und legten ihre Arbeit für einen unbefristeten Zeitraum nieder, um die Regierung zur Zahlung ausstehender Löhne zu zwingen. Zahlreiche Kommunen in Israel sind finanziell schwer angeschlagen und haben schon seit Monaten keine Gehälter mehr ausgezahlt.
  • Unter internationalem Druck hat Syrien mit einer Umgruppierung seiner insgesamt etwa 18.000 Soldaten im Libanon begonnen. Das Militär räumte libanesischen Angaben zufolge Stellungen südlich der Hauptstadt Beirut. Ein ranghoher libanesischer Offizier sagte am 21. Sept., die meisten der etwa 3000 von der Umgruppierung betroffenen Soldaten sollten nach Syrien zurückkehren. Der libanesische Verteidigungsminister Mahmud Hammud sagte, der vollständige Abzug der syrischen Truppen werde erfolgen, sobald es eine Friedenslösung in Nahost gebe und die "israelische Besatzung aller arabischen Gebiete" zu Ende sei.
  • Der israelische Regierungschef Ariel Scharon hat Palästinenserpräsident Jassir Arafat erneut kaum verhohlen mit der Tötung gedroht. Seine Regierung sei bereits gegen die Anführer der radikalislamischen Hamas-Bewegung "und weitere Leute so vorgegangen, wie und wann es uns am angemessensten erschien", sagte Scharon am 22. Sept. im israelischen Rundfunk. Wenn die Zeit komme, sich "um den Fall" Arafat zu kümmern, "werden wir das auf die gleiche Weise tun". Israel hatte die Hamas-Führer Scheich Ahmed Jassin und Abdelasis el Rantisi im Frühjahr mit gezielten Luftangriffen getötet.
  • Israelische Soldaten haben im nördlichen Gazastreifen einen Kämpfer des Islamischen Dschihad erschossen. Die Leiche des Palästinensers liege am Grenzübergang Eres, könne aber nicht geborgen werden, weil die Armee niemanden in die Nähe lasse, teilten palästinensische Sicherheitskräfte und Sanitäter am 22. Sept. mit. In einer Erklärung der radikalislamischen Gruppierung hieß es, der Mann habe in der Nähe des Grenzübergangs zu Israel einen Sprengsatz legen wollen.
  • Die israelische Armee ist am 22. Sept. erneut in das Flüchtlingslager Dschenin im Norden des Westjordanlandes eingedrungen. Die Soldaten seien mit rund 20 Geländewagen und fünf Panzern in das Lager eingedrungen, berichtete ein AFP-Reporter. Dabei habe es Schusswechsel gegeben. Erst am Vortag hatte die israelische Armee bei einem Einsatz in der Stadt und im Lager Dschenin 13 Palästinenser festgenommen und eine Ausgangssperre verhängt.
  • Bei einem Anschlag in Ostjerusalem sind am 22. Sept. nach Angaben des israelischen Außenministers Silvan Schalom drei Menschen getötet worden. Die Zahl der Opfer könne auch höher liegen, sagte Schalom am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Der Anschlag wurde demnach in einem Siedlerviertel in Ostjerusalem verübt. Laut Polizeiangaben aus Jerusalem starben bei dem Anschlag zwei Menschen: Eine Selbstmordattentäterin habe bei dem Anschlag ein Opfer mit in den Tod gerissen.
    Die palästinensische Autonomiebehörde hat das Selbstmordattentat in Ostjerusalem verurteilt. Jede Aktion, die auf palästinensische oder israelische Zivilisten ziele, werde zurückgewiesen, sagte der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat am 22. Sept. der Nachrichtenagentur AFP. Erakat appellierte zugleich an das so genannte Nahost-Quartett aus UNO, EU, USA und Russland, den internationalen Friedensplans für den Nahen Osten (Roadmap) anzuwenden.
  • Das Nahost-Quartett hat mangelnde Fortschritte bei der Umsetzung seines Friedensplans für den Nahen Osten eingeräumt. Die Lage vor Ort bleibe extrem schwierig, bei der Umsetzung der "Roadmap" seien keine entscheidenden Fortschritte gemacht worden, erklärte das Quartett aus UNO, EU, USA und Russland am 22. Sept. nach einem Treffen am Rande der UN-Vollversammlung in New York. "Mit tiefer Besorgnis" stellte das Quartett fest, dass weiterhin "echte Schritte" notwendig seien, damit ein palästinensischer Ministerpräsident mit echten Vollmachten die Verpflichtungen der Palästinensischen Autonomiebehörde durch die "Roadmap" erfüllen könne. Die Vier forderten Israel auf, seine Verpflichtungen zu erfüllen und jüdische Siedlungen auf palästinensischem Gebiet aufzulösen und den Siedlungsbau zu stoppen.
  • Der iranische Außenminister Kamal Charasi hat mit "sehr scharfen" Reaktionen im Falle eines israelischen Angriffs auf seine Atomanlagen gedroht. "Israel stellt eine ständige Bedrohung nicht nur des Iran, sondern aller Länder im Nahen Osten dar", sagte Charasi am 22. Sept. nach einem Gespräch mit dem britischen Außenminister Jack Straw in New York. "Seien Sie versichert, dass wir auf jegliche Aktion Israels sehr scharf reagieren werden." Mit Straw habe er "sehr gute Gespräche" über das iranische Atomprogramm gehabt, sagte der Minister. Niemand könne Teheran das Recht zur Nutzung der Atomtechnologie für friedliche Zwecke aberkennen. Auf europäischer Seite gebe es Sorgen über das Atomprogramm, räumte er ein. "Jetzt müssen wir einen Weg finden, beide Seiten zufriedenzustellen."
  • Israelische Truppen sind in der Nacht zum 23. Sept. mit Panzern in das palästinensische Flüchtlingslager Chan Junis im südlichen Gazastreifen einmarschiert. Augenzeugen berichteten, von einem Hubschrauber aus sei eine Rakete abgeschossen worden. Sie explodierte den Angaben zufolge auf einem Feld, verletzt wurde niemand. Aus israelischen Militärkreisen verlautete, der Angriff sei gegen Extremisten gerichtet gewesen, die von Chan Junis aus israelisches Gebiet beschossen hätten.
  • Radikale Palästinenser haben bei einem Angriff auf die jüdische Siedlung Morag im Gazastreifen am 23. Sept. drei israelische Soldaten getötet. Nach Angaben der israelischen Armee kamen dabei auch die drei palästinensischen Angreifer ums Leben. Zu der Tat bekannten sich drei Gruppen: der Islamische Dschihad, die Komitees des Volkswiderstands sowie die Gruppe Ahmed Abu Risch, die der Fatah-Organisation von Palästinenser-Präsident Jassir Arafat nahe steht. Die palästinensischen Angreifer versuchten am Morgen mit Kalaschnikows und Granaten bewaffnet, in die Siedlung im südlichen Gazastreifen einzudringen. Zwei von ihnen wurden bei dem anschließenden Schusswechsel mit den israelischen Soldaten getötet. Ein dritter Mann konnte zunächst entkommen und sich in der Siedlung verstecken. Er wurde jedoch Stunden später von israelischen Soldaten entdeckt und getötet. Bei dem Gefecht in Morag wurde ein vierter israelischer Soldat verletzt, einem israelischen Journalisten wurde ins Bein geschossen.
    Ein Sprecher der Siedlung Morag, Nessim Bratscha, machte im israelischen Militärrundfunk den Plan von Ministerpräsident Ariel Scharon zum Rückzug aus dem Gazastreifen für die zunehmende Gewalt verantwortlich.
  • Einen Tag nach dem Selbstmordanschlag in Jerusalem hat die israelische Armee das Wohnhaus der palästinensischen Attentäterin gesprengt. Israelische Soldaten zerstörten am 23. Sept. das Haus im Flüchtlingslager von Askar in Nablus, in dem die 18-jährige Sainab Ali Abu Salem mit ihrer Familie lebte, wie palästinensische Sicherheitskräfte berichteten. Auch das Haus eines Führers der radikalen El-Aksa-Brigaden im Flüchtlingslager Balata wurde gesprengt.
  • Der israelische Außenminister Silvan Schalom hat den Iran als die neue Bedrohung für die Welt nach dem Sturz des irakischen Machthabers Saddam Hussein bezeichnet. "Es gab eine Zeit, als die Probleme des Terrorismus, des islamischen Fundamentalismus und der iranischen Nuklearbestrebungen als lokale Probleme angesehen wurden - als Israels Probleme", sagte Schalom am 23. Sept. in einer Rede vor der UN-Vollversammlung in New York. Jetzt werde sich die internationale Gemeinschaft darüber klar, dass der Iran "mit Raketen, die London, Paris, Berlin oder Südrussland treffen können", nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern für die ganze Welt sei. "Der Iran hat Saddam Hussein als Exporteur Nummer eins von Terror, Hass und Instabilität ersetzt", sagte Schalom.
  • Bewaffnete Palästinenser haben am 24. Sept. eine jüdische Siedlung im Gazastreifen mit Mörsergranaten angegriffen und eine 24-jährige Frau getötet. Eine zweite Bewohnerin von Neve Dekalim wurde verletzt. Zu dem Angriff bekannte sich die militante Hamas-Bewegung.
  • Die Internationale Atomenergiebehörde hat gefordert, den Nahen Osten zur atomwaffenfreien Zone zu machen. Alle Staaten der Region müssten sich "dringend" damit einverstanden erklären, dass künftig sämtliche Vorschriften der Behörde auf ihre gesamten atomaren Aktivitäten angewendet würden, hieß es in einer von Ägypten eingebrachten Entschließung, die am 24. Sept. am Sitz der IAEA in Wien verabschiedet wurde. Dieser Schritt sei nötig, "um in Zusammenhang mit der Bildung einer atomwaffenfreie Zone Frieden und Sicherheit zu fördern". Israel wurde in der Resolution nicht ausdrücklich erwähnt, ist nach Einschätzung von Fachleuten aber vermutlich das einzige Land im Nahen Osten, das Atomwaffen hat.
  • Bei einem israelischen Hubschrauberangriff im südlichen Gazastreifen ist am 25. Sept. ein Palästinenser getötet worden. Ein israelischer Helikopter habe in Chan Junis eine Rakete abgefeuert, teilten palästinensische Ärzte und Sicherheitskräfte mit. Dabei sei ein 55-jähriger Mann ums Leben gekommen, vier weitere Palästinenser seien verletzt worden.
    Als Reaktion auf den Granatbeschuss einer jüdischen Siedlung im Gazastreifen hat die israelische Armee am 25. Sept. 35 Häuser im Flüchtlingslager Chan Junis zerstört.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im südlichen Gazastreifen sind am frühen Morgen des 26. Sept. zwei Palästinenser verletzt worden. Eine Rakete habe eine Waffenwerkstatt der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas in Chan Junis getroffen, teilte die Armee in einer Erklärung mit. Die Hamas habe dort vor allem Mörsergranaten angefertigt. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte wurde bei dem Angriff eine "metallurgische Werkstatt" vollständigt zerstört.
  • Die südisraelische Stadt Sderot ist am 26. Sept. von mindestens zwei palästinensischen Kassam-Raketen getroffen worden. Eine Israelin sei durch den Angriff aus dem angrenzenden Gazastreifen verletzt worden, teilte die israelische Armee mit. Palästinensische Aktivisten nehmen den Süden Israels häufig unter Beschuss mit den selbstgebauten Raketen, die jedoch nur eine Reichweite von rund zehn Kilometern haben und wenig treffsicher sind. Sie sind mit etwa fünf Kilogramm Sprengstoff geladen und nach den Essedin-el-Kassam-Brigaden benannt, dem militärischen Arm der radikalislamischen Hamas-Bewegung.
  • Ein Mitglied der radikalen Palästinenserorganisation Hamas ist am 26. Sept. bei einem Autobombenanschlag in der syrischen Hauptstadt Damaskus getötet worden. Essedin Sobhi Scheich Chalil sei bei der Explosion seines Autos ums Leben gekommen, zitierte die Nachrichtenagentur Sana das syrische Innenministerium. Drei Menschen seien verletzt worden.
    Die Palästinenserführung hat den tödlichen Anschlag in Damaskus verurteilt. Sie machte Israel dafür verantwortlich. Ein Berater des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat warnte vor einer weiteren Eskalation der Gewalt. Ein Sprecher der Hamas-Bewegung in Gaza sagte, Israel strebe offenbar eine Internationalisierung des Konflikts mit den Palästinensern an.
Montag, 27. September, bis Donnerstag, 30. September
  • Die israelische Armee ist am 27. Sept. in das Flüchtlingslager Dschenin im Norden des Westjordanlandes eingerückt. Die Soldaten drangen nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte mit rund 70 Fahrzeugen in das Lager ein, wo es zu Schusswechseln kam. Während der Aktion sei eine bisher unbekannte Zahl von Palästinensern festgenommen worden. Mehrere Gebäude wurden demnach umstellt, darunter das Krankenhaus von Dschenin.
  • Die israelische Armee hat am 27. Sept. im Norden des Gazastreifens zwei Palästinenser getötet. Die beiden Männer im Alter von 19 und 21 Jahren versuchten nach Angaben von Sicherheitskräften nahe der Sperranlage zwischen dem Gazastreifen und israelischem Gebiet eine Bombe zu deponieren. Die bewaffnete Gruppe "Komitee des Volkswiderstandes" teilte in einem Schreiben mit, die beiden aus dem Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des Gazastreifens stammenden Männer gehörten ihrer Organisation an.
    Am 27. Sept. sind in den Palästinensergebieten sechs weitere Menschen getötet worden. Israels Luftwaffe feuerte eine Rakete auf ein Auto mit Mitgliedern der Fatah-Bewegung im Gazastreifen. Dabei wurden nach Krankenhausangaben mindestens zwei Menschen getötet. Bei einer Reihe von weiteren Zwischenfällen in den Palästinensergebieten töteten israelische Soldaten drei weitere Menschen. Zudem erschoss ein jüdischer Siedler im Westjordanland einen Palästinenser.
  • Bewaffnete haben am 27. Sept. im Gazastreifen einen israelischen Mitarbeiter des US-Nachrichtensenders CNN entführt. Der arabische Israeli Riad Ali habe als Übersetzer für CNN gearbeitet und sei im Viertel El Rimal im Zentrum von Gaza verschleppt worden, berichteten Augenzeugen. Demnach fingen die bewaffneten und maskierten Entführer ein Auto ab, in dem Ali zusammen mit mehreren westlichen CNN-Mitarbeitern unterwegs war. Die Kollegen seien sofort auf freien Fuß gelassen worden. Das CNN-Büro in Jerusalem gab zunächst keine Stellungnahme ab.
  • Hohe Offiziere einer Eliteeinheit der israelischen Luftwaffe haben gegen die Angriffe auf palästinensische Zivileinrichtungen protestiert. Die vier Mitglieder der Einheit "Schaldag" kritisierten in ihrem Schreiben an Generalstabschef Mosche Jaalon nach israelischen Medienberichten vom 28. Sept. insbesondere die Zerstörung von Palästinenser-Häusern im Gazastreifen als "unmoralische Kollektivbestrafung". Sie wollten mit dem Schreiben eine interne Debatte über die "Schikanierung unschuldiger Zivilisten" erreichen, hieß es. Die Offiziere erklärten zugleich ihre Bereitschaft, weiter in den Autonomiegebieten ihren Dienst abzuleisten.
  • Im Westjordanland erschossen Soldaten in der Nacht zum 28. Sept. im Flüchtlingslager Dschenin einen Palästinenser, wie das örtliche Krankenhaus mitteilte. Lagerbewohner sagten, der 46-Jährige sei mehrfach wegen psychischer Krankheiten aufgefallen, er sei in der Dunkelheit in einem Teil des Lagers umher gelaufen, das unter Ausgangssperre stand. Nach Angaben der israelischen Armee versuchte der Mann, über einen Zaun zu steigen, außerdem ignorierte er mehrere Aufrufe, stehen zu bleiben.
  • Militante Palästinenser feuerten am 28. Sept. drei Kassam-Raketen auf Israel ab. Eine landete in der israelischen Grenzstadt Sderot mitten auf der Straße, wie Rettungshelfer vor Ort berichteten. Verletzt worden sei niemand. Die beiden anderen Raketen landeten laut einer Meldung des Militärrundfunks in zwei Gemeinden in der Umgebung von Sderot.
Bilanz aus vier Jahren Intifada
In den vier Jahren seit Beginn der zweiten Intifada sind bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen 3.549 Palästinenser und 1.017 Israelis getötet worden. Diese Zahlen veröffentlichten Israel und die palästinensische Autonomiebehörde am 28. September zum vierten Jahrestag des Aufstandes. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums waren unter den getöteten Palästinensern 772 Kinder und Jugendliche. Laut einem Bericht des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Beth starben auf israelischer Seite 703 Zivilisten und 314 Soldaten oder Polizisten. Die Palästinenser hätten insgesamt 13.508 Angriffe verübt, darunter 138 Selbstmordattentate. Das palästinensische Gesundheitsministerium teilte mit, 159 Palästinenser seien bei gezielten Aktionen der israelischen Armee getötet worden.
  • Einen Tag nach seiner Entführung im Gazastreifen ist ein Mitarbeiter des US-Nachrichtensenders CNN freigelassen worden. Das sagte der palästinensische Polizeichef Sajeb el Adsches am 28. Sept. in Gaza der Nachrichtenagentur AFP. Der arabische Israeli Riad Ali arbeitet als Producer und Übersetzer für CNN. Zuvor hatte Adsches mitgeteilt, die Entführer hätten in einem Anruf bei der Polizei die Freilassung "in den nächsten Stunden" angekündigt.
  • Die israelische Armee ist in der Nacht zum 29. Sept. mit Panzern und Bulldozern in den Norden des Gazastreifens vorgerückt. Nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen stießen mindestens 35 Panzer und andere Armeefahrzeuge in zwei Orte vor. Ein Elektrizitätswerk sei von einer Panzergranate getroffen worden, berichteten Anwohner. In der gesamten Region sei der Strom ausgefallen. Von israelischer Seite hieß es, die Operation gelte militanten Palästinensern.
    Wie palästinensische Sicherheitskräfte später mitteilten, kam bei dem israelischen Vorstoß ein 22-jähriger Palästinenser bei einem Schusswechsel mit israelischen Soldaten im Gebiet von Dchabalija ums Leben. Er gehörte den Essedin-el-Kassam-Brigaden an, dem bewaffneten Arm der Hamas. Mindestens vier Palästinenser wurden den Angaben zufolge verletzt.
  • Die israelische Armee hat am Morgen des 29. Sept. in Nablus im Westjordanland einen bewaffneten Palästinenser getötet. Wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten, war der 25-Jährige Mitglied der El-Aksa-Brigaden, die der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jassir Arafat nahestehen. Die Soldaten umstellten demnach das Gebäude, in dem er sich verschanzte und forderten ihn auf sich zu ergeben. Der Palästinenser eröffnete stattdessen das Feuer und kam bei dem anschließenden Schusswechsel ums Leben.
  • Israelische Soldaten haben am 29. Sept. im Norden des Gazastreifens zwei palästinensische Jugendliche erschossen. Bei dem Einsatz in der Nähe des Flüchtlingslagers Dschabalija wurden nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte ein 17- und ein 14-Jähriger getötet. Wenige Stunden zuvor war bei einem Schusswechsel in der Nähe ein 22-jähriger Kämpfer der Essedin-el-Kassam-Brigaden getötet worden, wie die Armee mitteilte.
  • Israel hat seine Entschlossenheit bekräftigt, das iranische Atomprogramm mit allen Mitteln zu stoppen. Die Regierung in Jerusalem halte sich "alle Optionen" offen, um den Iran von der Produktion von Atomwaffen abzuhalten, sagte Verteidigungsminister Schaul Mofas der israelischen Tageszeitung "Jediot Ahronot". Sein Land sei darauf vorbereitet, mit der iranischen Bedrohung umzugehen, sagte Mofas in dem am 29. Sept. veröffentlichten Interview. Zwar gebe es die Hoffnung, dass in Teheran ein moderates Regime an die Macht gelange und die Entwicklung von Nuklearwaffen stoppe. Die Frage sei, was zuerst komme: Die nukleare Technologie oder der Wechsel des Regimes.
  • Bei einem israelischen Militäreinsatz im nördlichen Gazastreifen sind am 30. Sept. mindestens 14 Palästinenser und drei Israelis getötet worden. Unter den palästinensischen Opfern waren nach Angaben von Sicherheitskräften neben militanten Extremisten auch Zivilisten. Die Straßen des Flüchtlingslagers Dschabalija erinnerten Berichten zufolge an ein Schlachtfeld, auf dem sich Israelis und Palästinenser Schusswechsel lieferten. Vereinzelt waren Explosionen zu hören. Mit der Militäraktion übte Israel Vergeltung für den palästinensischen Raketenangriff auf die israelische Stadt Sderot am Mittwoch, bei dem zwei israelische Kinder getötet wurden.
    Im Einzelnen:
    In der Nacht zum 30. Sept. töteten israelische Soldaten in Beit Hanun zwei Kämpfer der radikalislamischen Hamas-Bewegung. Nach Angaben der Hamas handelte es sich dabei um zwei Männer aus Dschabalija. Laut israelischer Armee wurde bei den Kämpfen auch ein israelischer Soldat getötet.
    Wenig später wurden bei Gefechten zwischen radikalen Palästinensern und der israelischen Armee nahe dem Flüchtlingslager Dschabalija zwei weitere Palästinenser getötet. Nach Angaben der Sicherheitskräfte waren die beiden Männer Kämpfer der radikalen El-Aksa-Brigaden und des Islamischen Dschihad. Bei dem Einsatz in Dschabalija kamen sieben weitere Palästinenser ums Leben, darunter mindestens drei Zivilisten.
    Nahe der jüdischen Siedlung Alei Sinai wurden laut Armee bei einem palästinensischen Angriff zwei Israelis und zwei palästinensische Hamas-Kämpfer getötet. Unter den israelischen Opfern war eine Frau, die beim Joggen erschossen wurde. Bei den Gefechten in Beit Hanun und Dschabalija wurden zudem mindestens 35 Palästinenser verletzt, einer davon schwer.
  • Eine israelische Panzerbesatzung hat am Nachmittag des 30. Sept. bei einem Angriff mit Granaten im palästinensischen Flüchtlingslager Dschabalia mindestens zehn Menschen getötet. Mitarbeiter eines naheliegenden Krankenhauses berichten, die Leichen seien nach dem Angriff geborgen worden. Auch gebe es viele Verletzte.
    Israelische Soldaten haben im palästinensischen Flüchtlingslager Dschabalija im Gazastreifen zwei palästinensische Jugendliche im Alter von zwölf und 14 Jahren erschossen. Damit stieg die Zahl der bei einem groß angelegten israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen am Donnerstag getöteten Palästinenser auf 23, wie palästinensische Sicherheitskräfte berichteten.
  • Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat nach Rundfunkangaben am Abend des 30. Sept. im Sicherheitskabinett grünes Licht für eine Ausweitung der Militäraktion im nördlichen Gazastreifen gegeben. Bei der Operation werde die Armee nun "aggressiv und dauerhaft" im Flüchtlingslager Dschabalija und der nahegelegenen Stadt Beit Hanun vorgehen, berichtete das Militärradio unter Berufung auf einen Beamten des Verteidigungsministeriums. Scharon stimmte demnach einem Vorstoß des Generalstabs zu, die Militäraktion auszuweiten.
  • Bilanz eines Tages:
    Bei der israelischen Militäraktion im nördlichen Gazastreifen sind am 30. Sept. mindestens 32 Palästinenser getötet worden. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Abend von Krankenhausmitarbeitern. Bei Gefechten waren auch mindestens drei Israelis ums Leben gekommen.


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