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Obama auf dem Kriegspfad? Schluss mit den Kriegsvorbereitungen!

Friedens- und Menschenrechtsorganisationen warnen vor Eskalation im Atomkonflikt mit Iran. Zwei Erklärungen im Wortlaut


Der Ton im Atomstreit des Westens mit Iran wird rauer. In Israel wird schon offen über Krieg gesprochen diskutiert, US-Präsident verschärft die Wirtschaftssanktionen, die EU-Staaten ziehen nach. Angefangen hat es mit dem Report der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vom 8. November, dem am 18. November eine scharfe Resolution folgte.
Wir dokumentieren nun zwei Erklärungen, die vor einer weiteren Eskalation warnen: zunächst eine Pressemeldung des Bundesausschusses Friedensratschlag, weiter unten eine Pressemitteilung der Internationalen Liga für Menschenrechte.


Obama auf dem Kriegspfad?

Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Berlin, Kassel, 23. November 2011 - Am Montagabend (21. Nov., Ortszeit) hat US-Präsident in einer dramatischen Erklärung verschärfte Sanktionen gegen den Iran angekündigt. In einer Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag heißt es dazu:

US-Präsident Obama erklärte dem Iran zwar noch nicht den Krieg, doch die in seiner Mitteilung vom 21. November 2011 angekündigten Maßnahmen könnten sich als gefährliches Vorspiel dazu erweisen. Gestützt auf den vor kurzem veröffentlichten Report der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über das iranische Atomprogramm verschärfen die USA die Wirtschaftssanktionen, die nun insbesondere den gesamten Öl- und Erdgassektor betreffen. Dem Iran soll es danach erschwert werden, "seinen Öl- und Gassektor zu steuern, zu erhalten und zu modernisieren". Zudem werden elf Personen und Einrichtungen mit einem Bann belegt, die angeblich "illegale Nuklearprogramme Irans, darunter Anreicherungs- und Schwerwasserprogramme, unterstützt haben". Zudem wird das gesamte iranische Bank- und Finanzsystem vom Verkehr mit den USA ausgeschlossen. Dieser harten Form des Embargos nach Paragraph 311 des "USA Patriot Act" haben sich, wie mitgeteilt wurde, auch Kanada und Großbritannien angeschlossen. Obama ruft die "anderen Partner" auf, "das Gleiche zu tun". Es steht also zu befürchten, dass sich andere westliche Staaten, auch die Bundesrepublik Deutschland, diesem Schritt anschließen.

Der Weg zum nächsten Krieg ist mit derartigen Sanktionen gepflastert. Das haben die Vorbereitungen zum Irakkrieg 2003 gezeigt, als Obamas Amtsvorgänger George W. Bush mit scharfen Wirtschaftssanktionen auf die angebliche Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen reagierte und so den "Druck" auf Saddam Hussein erhöhte. Am Ende stand ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Obamas Absicht heute besteht darin, den Iran "noch mehr Druck und Isolierung erfahren" zu lassen. Dabei behält sich die US-Administration "alle Optionen" vor - diese Formel schließt eine militärische Option ein. Unterfüttert wird diese Drohung mit einer seit Wochen beobachtbaren Verstärkung der militärischen Präsenz der USA im persischen Golf.

Die Friedensbewegung warnt vor einer weiteren Verschärfung des Drucks auf den Iran. Einmal ist nach wie vor keineswegs bewiesen, dass der Iran auch nach 2003 sein militärisches Atomprogramm fortgeführt hat. Der IAEA-Bericht kann denn auch keinen belastbaren Beweis dafür erbringen. Zum zweiten kann allein die Verschärfung der politischen Rhetorik zu einer Eskalation in der Sache führen. Es ist höchst beunruhigend, wenn Israels Hardliner-Regierung offen über die Option eines Militärschlags gegen Iran diskutiert. Drittens stimmen kritische Analysen - darunter z.B. ein Paper aus dem sicherheitspolitischen Think Tank der Europäischen Union ISS (Institute for Security Studies) - darin überein, dass verschärfte Sanktionen gegen Iran entweder real nichts bewirken oder - was schlimmer ist - den Keim zur weiteren Eskalation bis hin zur Kriegsgefahr tragen.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag warnt die Bundesregierung davor, in den Chor der Anti-Iran-Hetze einzustimmen. Man muss kein Freund Ahmadinedschads und des Mullah-Regimes sein um zu wissen, dass Sanktionen und Kriegsrhetorik den Iran nicht "gefügig" machen, sondern eher noch in seiner Haltung bestärken. Die "Sechsergruppe" (bestehend aus USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China und EU-Deutschland) sollte kühlen Kopf behalten, das israelische Säbelrasseln unmissverständlich zurückweisen und dem Iran endlich die lange gewünschten Sicherheitsgarantien geben und in ernsthafte Verhandlungen über eine internationale Kontrolle seines zivilen Atomprogramms eintreten.

Am kommenden Freitag (26. Nov.) berät der Bundesausschuss Friedensratschlag auf einer Sitzung in Kassel über Aktivitäten der Friedensbewegung gegen die drohende Kriegsgefahr. Iran wird neben anderen friedenspolitischen Themen auch den Kongress "Friedenspolitischer Ratschlag" am kommenden Wochenende an der Uni Kassel beschäftigen. Hier geht es zum Programm.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Kassel
Lühr Henken, Berlin


SCHLUSS MIT DEN KRIEGSVORBEREITUNGEN GEGEN IRAN!

PRESSEMITTEILUNG, Berlin, 21. November 2011

Die Internationale Liga für Menschenrechte verurteilt jede Form des Säbelrasselns und der Kriegsvorbereitungen gegen Iran. Sie unterstützt ausdrücklich die Forderung der internationalen Friedensbewegung nach einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten sowie einer weltweiten nuklearen Abrüstung.

Von den USA, ihren Verbündeten und insbesondere auch der israelischen Regierung ist ein schnelles Umdenken und Einlenken zu fordern. Militärische Aktionen im Rahmen der so genannten Terrorbekämpfung sowie durch Kriege erzwungene Demokratisierungsmanöver dienen vorrangig der Durchsetzung imperialer Interessen und gewinnträchtiger Waffenexporte weltweit. Sie sind strikt abzulehnen. Die Folgen der Intervention in Afghanistan und Resultate des Kriegs gegen Irak sind mahnende Beispiele, die vor der Eröffnung jeder weiteren Front abschrecken sollten. Doch die USA und ihre Verbündete in Europa praktizieren nach wie vor eine Politik, die vorrangig die Durchsetzung ökonomischer und geostrategischer Interessen im Nahen und Mittleren Osten zum Ziel hat. Mit allen – letztlich auch mit kriegerischen – Mitteln.

Bei der Vorstellung des aktuellen Berichts der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) lagen die Angriffspläne gegen den Iran offensichtlich schon fertig in den Schubladen. Es ist zu befürchten, dass sich ein Szenario, wie in den Wochen und Monaten vor dem Irak-Krieg wiederholen könnte. Israel erhöht durch die Androhung von Militärschlägen den Druck auf Iran, in der Gewissheit, dass es sich im Angriffsfall auf eine direkte oder indirekte Hilfe und mehr oder weniger starke Unterstützung durch seine Verbündeten verlassen kann. Vermessen und provokativ droht es mit einem „Präventivkrieg“ gegen Iran. Dabei besitzt Israel, das sich – im Unterschied zu Iran – dem Atomwaffensperrvertrag nie angeschlossen hat, längst – und auch dies – im Unterschied zu Iran – eine Vielzahl atomarer Sprengköpfe und zugehörige Trägersysteme. Diese doppelbödige Moral und flagrante Verletzung des Völkerrechts wird weltweit seit langem kritisiert. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Kernwaffen in Israel fortwährend erforscht, entwickelt und gebaut werden. Auch kann nicht übersehen werden, dass die beiden Atommächte USA und Israel in den vergangenen Jahrzehnten etliche völkerrechtswidrige Angriffskriege geführt haben - was von Iran nicht behauptet werden kann. Vom Boden dieses Landes ging seit zweihundert Jahren kein Krieg aus.

Die Liga verurteilt seit Jahrzehnten die Menschenrechtsverletzungen unter dem diktatorischen Regime der Islamischen Republik Iran. Selbstverständlich ist auch von Iran mit allem politischen Nachdruck der Verzicht auf die Entwicklung, den Besitz und die Nutzung von Atomwaffen zu fordern. Desgleichen sind die anti-israelischen Ausfälle des iranischen Präsidenten mit aller Klarheit zurückzuweisen.

Ein Präventivkrieg gegen Iran ist aber dennoch durch nichts zu rechtfertigen: weder durch das totalitäre System, noch durch die skandalösen Äußerungen, noch durch die Absicht, die Kernenergie ausschließlich zivil zu nutzen – wie es im Atomwaffensperrvertrag ausdrücklich garantiert ist - , noch durch die angedrohte Verweigerung des Zugangs der Vertreter der IAEA zu den Atomanlagen.

Seit Jahren bieten Kriegsandrohungen gegen Iran nicht nur immer wieder Möglichkeiten, Teile der Bevölkerung zur Unterstützung der Regierung gegen „die äußeren (westlichen) Feinde“ zu mobilisieren. Sie legen auch die Basis zur Unterdrückung der an regionalem Frieden tatsächlich interessierten iranischen Oppositionellen, denen auf diese Weise großer Schaden zugefügt wird. Ihnen wird pauschal Zusammenarbeit mit den „Feinden Irans“ zur Last gelegt, obwohl die ernstzunehmenden Kräfte die kriegstreibende Politik dieser Hegemonialmächte ablehnen. Die iranischen Oppositionellen wären im Windschatten eines sogenannten Präventivkrieges zusätzlich der Bedrohung durch verschärfte Repressionen des Regimes der Islamischen Republik ausgesetzt.

Verlierer eines solchen Krieges wäre vorrangig die iranische Zivilgesellschaft, die die Hauptlast der militärischen Angriffe zu tragen hätte und auch heute schon die Hauptlast der verhängten Sanktionen trägt.

Aus diesen Gründen verurteilt die Internationale Liga für Menschenrechte entschieden sowohl die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch die Islamische Republik als auch jede Form von Kriegsvorbreitungen gegen Iran. Sie fordert die Errichtung einer Atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten und darüber hinaus die nukleare Abrüstung weltweit.


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