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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

September 2003

1. bis 7. September
  • Bei mehreren Angriffen auf US-Truppen in Irak sind 14 Soldaten verletzt worden. Wie ein Militärsprecher am 1. September in Bagdad mitteilte, wurden die Soldaten am Wochenende (30./31. August) in der Widerstandshochburg Ramadi westlich von Bagdad, in der nordirakischen Stadt Kirkuk und in der Nähe der Hauptstadt angegriffen.
  • Seit 31. August sind nach US-Angaben 94 Menschen festgenommen worden, die in Angriffe auf US-Truppen verwickelt seien.
  • Der von den USA eingesetzte Regierende Rat in Irak hat am 1. September 25 Minister einer Übergangsregierung ernannt. Oberste zivile Instanz in Irak bleibt jedoch US-Verwalter Paul Bremer. Das Kabinett wurde nach dem religiösen und ethnischen Proporz der Bevölkerung zusammengestellt: 13 Schiiten, fünf Sunniten, fünf Kurden, darunter die einzige Frau, ein Christ und ein Turkmene. Es wurde kein Verteidigungsminister ernannt. Ebenso fehlen ein Ministerpräsident und ein Informationsminister. Dagegen gibt es erstmals in Irak Ministerien für Menschenrechte, Umwelt und Auswanderung. Jeder Minister bekommt einen US-Berater an die Seite. Die Minister sind dem Verwaltungsrat verantwortlich, der unter Aufsicht der USA steht. Daher wird die Übergangsregierung ("Feigenblatt-Regierung", FR, 02.09.2003) die gleichen Legitimitätsprobleme haben wie bereits der Verwaltungsrat. Viele Iraker, aber auch zahlreiche arabische Staaten erkennen den Verwaltungsrat nicht als legitime Vertretung des irakischen Volkes an, weil er nicht gewählt ist.
  • Die von polnischen Militärs geführten multinationalen Streitkräfte im Südirak werden nun doch nicht wie geplant am 3. September die volle Kontrolle über weite Teile des südlichen Iraks übernehmen. Begründet wurde dies vom US-Oberkommando mit dem blutigen Anschlag auf die Moschee in Nadschaf vom Freitag, der die Sicherheitslage dramatisch verändert habe. Ein Sprecher der verbündeten Kräfte in Bagdad betonte am 1. September, die polnische Truppen würden zwar mit einer feierlichen Zeremonie grundsätzlich die Verantwortung für das Gebiet übernehmen - ausgenommen bleiben aber manche Zonen wie das dicht besiedelte Gebiet um Nadschaf. Die US-Truppen werden US-Medien zufolge mindestens bis zum 10. September die militärische Verantwortung für den Raum Nadschaf behalten. Die "New York Times" zitierte am 1. September Militärs, denen zufolge die US-Marines "mindestens zwei weitere Wochen", vor Ort das Kommando behalten würden.
  • Für die rasche Einbindung einer von den Vereinten Nationen entsandten internationalen Streitkraft sprach sich der Kommandeur der US-Bodenstreitkräfte im Irak, Generaleutnant Ricardo Sanchez aus. Allerdings sollten die UN-Truppen unter einem US- Oberkommando agieren, berichtete die "Washington Post" am 1. September. Internationale Truppen würden sehr hilfreich sein, eine "antiamerikanische Stimmung" zu beseitigen und das Verhältnis zwischen den Militärs und der Zivilbevölkerung zu verbessern, so Sanchez. Blieben die US-Truppen allein, würde das die Wahrnehmung der Iraker weiter stärken, die Amerikaner seien eine Besatzungsmacht. "Aber das sind wir nicht", meinte der US- Kommandeur.
  • Der Trauerzug mit dem symbolischen Sarg des am 29. August getöteten Ayatollah Mohammed Bakir al-Hakim kam am 1. September in der Stadt Kerbala an. Unter den etwa 300.000 mitziehenden Trauernden befinden sich auch zehntausende iranische Schiiten. Am 2. September soll al-Hakim in Nadschaf beigesetzt werden.
  • Saddam Hussein wies in einem ihm zugeschriebenen Tonband, das der arabische Sender Al Dschasira am 1. September ausstrahlte, die Verantwortung für den Anschlag von Nadschaf zurück.
  • Das US-Militär teilte am 2. September mit, am Vortag seien zwei US-Militärpolizisten getötet worden, als ihr Fahrzeug auf einer Zufahrtsstraße nach Bagdad auf einen Sprengsatz gefahren sei. Die USA machen Anhänger des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein und der moslemischen Extremistenorganisation El Kaida für die Angriffe verantwortlich.
  • Bei der Explosion einer Autobombe in einer Polizeischule in Bagdad sind am 2. September mindestens ein Polizist getötet und 15 weitere Menschen verletzt worden. Der Anschlag habe wahrscheinlich dem von den USA ernannten Polizeichef in der irakischen Hauptstadt, Hassan Ali, gegolten, sagte ein Polizeisprecher. Die Autobombe sei auf dem Polizeigelände im Osten Bagdads detoniert, wo Rekruten der neuen Polizei ausgebildet würden. Alis Büro sei beschädigt worden, der Polizeichef habe sich aber nicht in dem Gebäude aufgehalten. Nach der Explosion brach ein Großfeuer aus, riesige schwarze Rauchwolken waren am Himmel zu sehen. US-Militärpolizei riegelte den Gebäudekomplex ab, Hubschrauber kreisten über dem Gelände.
  • Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen haben zehntausende Schiiten den Sarg ihres getöteten Führer Mohammed Bakr el Hakim in die südirakische Stadt Nadschaf begleitet. Zum Abschluss der dreitägigen Trauerfeiern marschierten die Gläubigen am 2. September von Kufah aus in die 15 Kilometer entfernte heilige Stadt. Ein Meer aus roten und grünen Fahnen, die für den Enkel des Propheten Mohammed und den Koran stehen, wogte über dem Trauerzug.
  • Bei einem Hubschrauberabsturz nahe Bagdad ist am 2. September ein US-Soldat getötet worden. Ein weiterer Soldat der 1. Panzerdivision sei bei dem Unglück in der Nacht zum 2. September verletzt worden, teilte die US-Armee mit. Der Absturz bei Camp Dogwood, rund eine Stunde Fahrt von Bagdad entfernt, sei nicht auf einen "feindlichen" Angriff zurückzuführen. Nähere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.
  • Der Bruder des ermordeten Schiitenführers Mohammed Bakr el Hakim ist am Agabend des 2. September zum Nachfolger des Ayatollah gewählt worden, teilte das ranghohe SCIRI-Mitglied Adel Abdel Mahdi im Bagdader Büro des Rates mit. Abdel Asis Hakim war bislang stellvertretender Vorsitzender des Obersten Rats der Islamischen Revolution (SCIRI), der wichtigsten schiitischen Organisation in Irak. Er sitzt zudem im irakischen Regierungsrat.
  • Fast fünf Monate nach der Entmachtung von Saddam Hussein hat die erste irakische Regierung ihren Amtseid abgelegt. Die Kabinettsmitglieder wurden am 3. September bei einer Feier am Sitz der US-geführten Besatzungstruppen in der Hauptstadt Bagdad eingeschworen, an der auch US-Zivilverwalter Paul Bremer teilnahm. Zunächst hätten nur 17 von 25 Ministern den Amtseid abgelegt, die übrigen seien "aus technischen Gründen" verhindert gewesen und sollten später vereidigt werden, sagte ein Mitglied des Übergangsregierungsrates. Im ersten irakischen Nachkriegskabinett sind 13 schiitische und fünf sunnitische Araber, fünf Kurden sowie jeweils ein Mitglied der christlichen und der turkmenischen Volksgruppe vertreten. Unter den 25 Ministern ist auch eine Frau. Die vom Regierungsrat bestellte Übergangsregierung soll bis zu den ersten Wahlen amtieren, die für kommendes Jahr vorgesehen sind. Die Minister haben keinen Regierungschef und müssen vor der US-geführten Zivilverwaltung Rechenschaft ablegen.
  • Am 3. September Zeit übernahm Polen bei einer Übergabezeremonie im Amphitheater von Babylon das Kommando über eine multinationale Truppe. Die US-Armee übergab das Kommando für die polnische Besatzungszone an General Andrzej Tyskiewicz. An der Übergabefeier nahmen auch die polnischen und ukrainischen Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski und Ewhen Martschuk sowie der oberste US-Befehlshaber für Irak, General Ricardo Sanchez, teil. Die polnische Besatzungszone umfasst ein Gebiet zwischen Bagdad und der südirakischen Hafenstadt Basra, das sich über fünf Provinzen erstreckt. Von den mehr als 9.000 Soldaten stammen 2.350 aus Polen. Auch Bulgarien, Spanien, die Ukraine, Honduras und andere Länder haben Soldaten entsandt.
  • Die USA wollen ein stärkeres Engagement der Vereinten Nationen im Irak. Ein entsprechender Resolutionsentwurf sei ausgearbeitet, sagte US-Außenminister Colin Powell am Abend des 3. September (Ortszeit) in Washington. Die militärische Führung solle aber weiter in Händen von US-Kommandeuren bleiben. Er hoffe, dass er bis Ende der Woche erste Reaktionen auf den Entwurf aus New York erhalte, sagte Powell. In dem Resolutionsentwurf haben die USA weit reichende Kompetenzen für die multinationale Einsatztruppe in Irak gefordert. Der UN-Sicherheitsrat solle die Streitkräfte zur Ergreifung "aller Maßnahmen, die zur Sicherheit und Stabilität beitragen," autorisieren, heißt es in dem Text. Die UNO solle beim Wiederaufbau des Landes eine "wesentliche Rolle" spielen. Der Resolutionsentwurf benennt die USA nicht ausdrücklich als Lead Nation. In dem Papier heißt es lediglich, die multinationale Truppe solle unter ein "einheitliches Kommando" gestellt werden. Die Mitgliedstaaten seien dringend aufgerufen, - auch militärische - Unterstützung zu leisten. Ein Vertreter des US-Außenministeriums sagte, der Einsatz solle in etwa nach dem Vorbild der von Australien geführten UN-Mission in Osttimor organisiert werden. US-Außenminister Colin Powell sagte zur künftigen Rolle der Vereinten Nationen in Irak, die Weltorganisation könne finanzielle Mittel für den Wiederaufbau auftreiben und bei der Organisation der Wahlen helfen. Zudem solle die UNO die Bereitstellung humanitärer Hilfe überwachen und die Förderung von Wirtschaftsstrukturen sowie den Aufbau politischer Institutionen unterstützen.

Reuters verbreitete einige der wichtigsten Punkte des Resolutionsentwurfs. Vor der von den USA gewünschten Verabschiedung in diesem Monat ist nach Ansicht von Diplomaten jedoch mit Änderungen zu rechnen.
  • In der Resolution wird eine multinationale Irak-Truppe autorisiert, die unter einem gemeinsamen Kommando zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität im Irak beitragen soll. Die USA behalten die oberste militärische Befehlsgewalt.
  • Der von den USA eingesetzte Regierende Rat im Irak wird unterstützt und als Hauptbestandteil einer irakischen Übergangsregierung bezeichnet. Bislang war die Schaffung des Rats lediglich begrüßt worden.
  • Der Regierende Rat wird aufgerufen, in Zusammenarbeit mit den US-geführten Besatzern und einem UNO-Vertreter einen Zeitplan und ein Programm für eine neue irakische Verfassung und die Abhaltung demokratischer Wahlen zu erarbeiten.
  • Die Resolution bekräftigt, dass die UNO eine "vitale Rolle" im Irak spielt, unter anderem beim wirtschaftlichen Aufbau, bei der humanitären Hilfe und dem Aufbau nationaler und regionaler Institutionen.
  • Die Mitgliedsländer werden aufgerufen, sich am Wiederaufbau des Irak zu beteiligen.
  • Die USA werden aufgefordert, im Namen der multinationalen Truppe dem UNO-Sicherheitsrat mindestens alle sechs Monate Bericht zu erstatten.

  • Deutschland und Frankreich lehnen die von den USA vorgelegte UN- Resolution zu Irak in der jetzigen Form strikt ab. Die Vorschläge reichten bei weitem nicht aus, erklärten Kanzler Gerhard Schröder und Staatspräsident Jacques Chirac bei ihrem Treffen am 4. September in Dresden. Frankreich und Deutschland plädieren weiter für eine Führungsrolle der Vereinten Nationen in Irak. Wie immer eine Regierung zum militärischen Vorgehen der Amerikaner gestanden habe - jetzt müsse es um die dauerhafte Befriedung und Stabilisierung des Iraks gehen, sagte Gerhard Schröder nach dem Treffen mit Chirac. Nach den Worten des Kanzlers können die internationalen Bemühungen in Irak nur von Erfolg gekrönt sein, wenn die UN in dem Friedensprozess Verantwortung übernimmt. - Die USA reagierten auf die Ablehnung ihres Entwurfs zurückhaltend. Außenminister Colin Powell erklärte, er wolle einen ersten Bericht zu den Äußerungen von Schröder und Chirac prüfen.
    Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat sich gegen einen europäischen Einsatz in Irak unter den von den USA geforderten Bedingungen ausgesprochen. Derzeit gebe es keine rechtliche Grundlage für ein europäisches Engagement, sagte Stuck am 4. September vor Journalisten in Straßburg. Die USA sähen zwar nun die Notwendigkeit, der UNO größere Verantwortung zu überlassen, sie bestünden aber weiter auf einem US-Oberbefehl über die internationalen Truppen in Irak. Dies entspreche weder den Vorstellungen der Bundesregierung noch denen von UN-Generalsekretär Kofi Annan, betonte Struck, der an einer Feier zum zehnjährigen Bestehen des Eurokorps in Straßburg war. Die Berliner Regierung habe daher "derzeit keine militärischen Pläne" in Irak. Dies gelte auch für das Eurokorps.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld brach am 4. September überraschend zu einer Reise in den Nahen Osten auf, wo er sich unter anderem über die Sicherheitslage in Irak informieren will. Zu den Stationen seiner Tour machte er keine Angaben. Er werde aber "mehrfache Zwischenstopps" in den Regionen einlegen, in der das US-Zentralkommando stationiert ist. Dazu gehören auch Irak und Afghanistan. Rumsfeld räumte ein, dass mehr Sicherheitskräfte in Irak benötigt würden. Die USA würden aber keine zusätzlichen Soldaten mehr ins Land schicken. Den Großteil der Verstärkung müssten die Iraker selbst stellen.
    Am Nachmittag des 4. September ist Rumsfeld in der irakischen Hauptstadt Bagdad eingetroffen. Er will dort mit US-Kommandeuren über Pläne sprechen, den Aufbau einer eigenständigen irakischen Armee und Polizei zu beschleunigen und die US-geführten Besatzungskräfte durch weitere internationale Truppen zu verstärken.
  • Der britische Außenminister Jack Straw forderte Premierminister Tony Blair derweil angeblich auf rund 5.000 weitere Soldaten nach Irak zu schicken. Bei den Friedensbemühungen in Irak drohe ein "strategisches Versagen", falls die Truppen nicht verstärkt würden, berichtete die Tageszeitung "Daily Telegraph" unter Berufung auf Ministeriumsmitarbeiter. Bislang sind 10.500 Briten in dem Land stationiert.
  • Thailand hat am 4. September erste Soldaten in den Irak entsandt, um beim Wiederaufbau des Landes zu helfen. Die 21 Offiziere, die an Bord von US- Militärmaschinen aus Bangkok abflogen, sind das Vorauskommando von insgesamt 443 Soldaten. Das Kontingent besteht zum größten Teil aus Armeeingenieuren und medizinischem Personal. Sie sollen unter polnischem Kommando in der Stadt Kerbela stationiert werden, wie thailändische Medien meldeten. Die USA sicherten zu, für den Transport der Truppen und die Kosten ihres Einsatzes aufzukommen. Die thailändische Regierung hatte ursprünglich die Entsendung von 886 Soldaten beschlossen, die Zahl dann aber aus Kosten- und Sicherheitserwägungen stark reduziert. Bangkok hatte die US-geführte Invasion des Iraks nicht öffentlich unterstützt. Allerdings hatte die Regierung ihre Bereitschaft signalisiert, zum Wiederaufbau des Landes beizutragen.
  • Die "Leipziger Volkszeitung" berichtet am 4. September, die USA und die Nato drängten Deutschland dazu, noch im Herbst über einen Militärbeitrag zum Wiederaufbau im Irak zu entscheiden. Beinahe wöchentlich bedränge Nato-Generalsekretär George Robertson die Bundesregierung, sich einem Militärkommando unter Nato-Flagge im Irak nicht zu entziehen, hieß es unter Berufung auf die Führung der Bundeswehr. Die Regierung erhalte "geradezu alarmierende Meldungen" über die angespannte Situation der US-Armee im Irak, hieß es unter Bezug auf Kabinettskreise. Es werde nicht mehr lange dauern, bis die Verantwortlichen "auf Knien" um Unterstützung bäten.
  • Bei einer Explosion in einer Fabrik in der Stadt Bwab el Scham östlich der Hauptstadt Bagdad sind mehrere Menschen getötet worden. 75 weitere seien vergiftet worden, als bei der Detonation am 4. September Chlor ausgetreten sei, teilte die US-Armee am 5. September mit. Die Fabrikarbeiter seien evakuiert worden, die Verletzten seien ins Krankenhaus in Bagdad gebracht worden. Die irakische Polizei habe Ermittlungen zur Ursache der Explosion eingeleitet.
    Ein Polizeisprecher sagte am 5. September zu Reuters TV, es sei noch unklar, ob es sich um einen Unfall oder um einen Sabotageakt handele. Zeugen und Krankenhaus-Mitarbeiter sprachen von mindestens 14 Toten. Dutzende Menschen seien wegen Übelkeit behandelt worden.
  • Das britische Verteidigungsministerium hat am 5. September eine Verstärkung seiner Truppen in Irak angekündigt. Am Wochenende würden 120 Infanteristen in die Region um Basra in Südirak geschickt, sagte ein Sprecher. Möglicherweise werden den Infanteristen weitere Soldaten folgen, die das etwa 10.500 Soldaten umfassende britische Kontingent verstärken sollen.
  • Ein ziviler britischer Feuerwerker ist bei einem Überfall nahe der nordirakischen Stadt Mossul getötet worden, wie das britische Außenministerium am 5. September mitteilte. Sein irakischer Leibwächter wurde bei dem Zwischenfall, der sich bereits am Vortag ereignete, verletzt. Der 53-jährige Brite arbeitete für die in Großbritannien ansässige nichtstaatliche Organisation Mine Advisory Group (MAG). Mitarbeiter von MAG sind seit über einem Jahrzehnt im Norden Iraks tätig. Sie war eine der wenigen internationalen Hilfsorganisationen, die auch während des Kriegs in Irak blieb. MAG ist im Bereich der humanitären Minenräumung tätig.
  • Der spanische Geheimdienst sieht keine Verbindungen zwischen dem gestürzten irakischen Staatschef Saddam Hussein und dem El-Kaida-Netzwerk von Osama bin Laden. Dies habe der Chef des Nationalen Geheimdienstzentrums (CNI), Jorge Dezcaller, vor dem hinter verschlossenen Türen tagenden Parlamentsausschuss zur Kontrolle von Geheimfonds ausgesagt, berichteten spanische Medien am 5. September. Dezcaller zufolge habe die Terrororganisation Saddam Hussein sogar beschuldigt, gegen die Gebote des Islams zu verstoßen. Der spanische Regierungschef José María Aznar, ein glühender Unterstützer des US-geführten Kriegs gegen Irak, hatte mehrfach von Verbindungen zwischen dem früheren irakischen Präsidenten und El Kaida gesprochen, unter anderem am 5. Februar vor dem Parlament in Madrid.
  • Nach dem Frühgebet am 5. September schossen Unbekannte in Bagdad auf die Besucher einer schiitischen Moschee. Der arabische Fernsehsender El Dschasira berichtete von drei Verletzten. Einige Augenzeugen erklärten jedoch, niemand sei von den Schüssen getroffen worden.
    In der irakischen Hauptstadt Bagdad haben unbekannte Täter einen US-Zivilisten getötet. Wie die zum US-Ölkonzern Halliburton gehörende Tochterfirma Kellogg, Brown and Root am 5. September mitteilte, wurde ihr Mitarbeiter in seinem Fahrzeug erschossen. Der Wagen sei von einer Militäreskorte begleitet worden. Der Vorfall habe sich bereits am 3. September ereignet.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat angesichts der prekären Sicherheitslage in Irak mit führenden Vertretern der US-Besatzungsmacht in Bagdad über den Aufbau einer irakischen Armee beraten. Zur Erhöhung der Sicherheit im Land seien mehr irakische Truppen erforderlich, sagte Rumsfeld am 5. September. Er rechne damit, dass die Zahl der Iraker unter Waffen von derzeit 55.000 auf 100.000 Mann anwachsen werde. Einen Zeitraum dafür nannte er nicht.
    Noch am gleichen Tag hat Rumsfeld Tikrit, die Heimatstadt des gestürzten irakischen Machthabers Saddam Hussein, besucht.
  • Die Bundesregierung hat ihre ablehnende Haltung zum US-Entwurf für eine Irak-Resolution der Vereinten Nationen (UNO) bekräftigt. Der gegenwärtig auf informeller Ebene diskutierte Entwurf sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, sagte Regierungssprecher Bela Anda am 5. September in Berlin. Darin seien aber noch nicht ausreichend die Vorstellungen Deutschlands, Frankreichs und anderer europäischer Staaten berücksichtigt. Insbesondere fordere die Bundesregierung, "eine eindeutige und umfassende Rolle" der UNO bei der Gestaltung der Zukunft des Irak festzuschreiben, sagte Anda. Auch der Prozess des Übergangs zur Selbstverwaltung müsse klarer beschrieben werden. Ziel müsse sein, möglichst schnell die volle irakische Souveränität wiederherzustellen.
  • In New York ist die Sitzung des UN-Sicherheitsrates über den neuen Irak-Resolutionsentwurf der USA zu Ende gegangen. Es habe "einen sehr guten und sehr informellen Meinungsaustausch" gegeben, sagte der britische UN-Botschafter und amtierende Vorsitzende des Gremiums, Emyr Jones Parry, nach Abschluss der Gespräche am 5. September (Ortszeit). Er habe die UN-Botschafter dazu aufgerufen, keine Einzelheiten aus der Debatte bekannt zu geben. Ziel sei es, "den Großteil der Welt" an den Diskussionen zu beteiligen, um die Chancen auf eine Einigung zu erhöhen.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder hat ein militärisches Engagement in Irak erneut eindeutig abgelehnt. Im Sommerinterview des ZDF am 6. September sagte er: "Jetzt kommt es darauf an, den Irak wieder aufzubauen - abseits von einem militärischen Engagement, an das wir nicht denken, und wofür wir auch keinen Plan haben." Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) lehnte einen deutschen Einsatz erneut ab.
    Die Bundesregierung wird nach Einschätzung des Bundeswehrverbandes einen Einsatz deutscher Soldaten in Irak auf die Dauer nicht vermeiden können. Sollten die Vereinten Nationen ein so weit gehendes Mandat für Irak beschließen, wie es die deutsche Regierung fordere, "wird die Bundesregierung ihre Haltung nicht durchstehen können", sagte der Verbandsvorsitzende Bernhard Gertz dem Magazin "Focus". Dies wurde am 6. September berichtet. "Wenn man so tut, als sei das keine denkbare Option, halte ich das für falsch", fügte er hinzu. Die Bundesregierung lehnt bisher einen Einsatz deutscher Soldaten in Irak kategorisch ab.
  • Die US-Regierung hat bewaffneten irakischen Gruppen, die weder zur Polizei noch zur neuen Armee gehören, Kontrollaufgaben übertragen. Die von den Amerikanern finanzierte irakische Zeitung "Al-Sabah" berichtete am 7. September, US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld habe sich bei seinem Treffen mit Mitgliedern des provisorischen Regierungsrats darauf verständigt. Kurdische und schiitische Einheiten sollten künftig für die Sicherung der irakisch-iranischen Grenze genutzt werden.
  • Ein amerikanisches Transportflugzeug ist nach Angaben einer US-Militärsprecherin vom 7. September beim Start vom Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad von Unbekannten mit mehreren Raketen beschossen worden, die allerdings ihr Ziel verfehlt hätten. Der Vorfall, der dritte dieser Art seit dem erklärten Ende der Kriegshandlungen im Irak am 1. Mai, habe sich bereits am Tag zuvor ereignet, hieß es. Niemand sei verletzt worden. Auch bei den voran gegangenen Attacken hatten die Geschosse nicht getroffen. Der Flughafen ist aus Sicherheitsgründen seit dem Irak-Krieg für die Zivilluftfahrt gesperrt. Der Flughafen wird aber unter anderem von den Vereinten Nationen sowie von internationalen Hilfswerken für Charterflüge benutzt.
  • Britische und US-Truppen haben die Schiiten-Milizen in zentralirakischen Städten ultimativ aufgefordert, ihre Waffen bis zum 13. September niederzulegen. Wer sich der Aufforderung widersetze werde zur Entwaffnung gezwungen und ins Gefängnis gebracht, sagte ein Armeesprecher am 7. September. Die alliierten Truppen hätten auch den irakischen Regierungsrat aufgefordert, die Milizen anzuhalten, das Ultimatum zu achten. Seit dem verheerenden Bombenanschlag von Nadschaf am 29. August bezogen in der Region vermehrt bewaffnete Kämpfer Stellung.
  • Die aus Protest gegen den Irak-Krieg zurückgetretene britische Exministerin Clare Short hat Premierminister Tony Blair und seiner Regierung vorgeworfen, den Biowaffenexperten David Kelly in den Selbstmord getrieben zu haben. Die Regierung habe Kelly das Leben zur "Hölle" gemacht, als sie ihn als Quelle für einen BBC-Bericht über aufgebauschte Geheimdienstberichte über Iraks Waffenarsenal enttarnte, sagte Short der Sonntagszeitung "Independent on Sunday" in der Ausgabe vom 7. September.
  • US-Präsident George W. Bush will für die Einsätze in Irak und Afghanistan Haushaltsmittel in Höhe von 87 Milliarden Dollar für das kommende Jahr anfordern. In einer landesweit im Fernsehen übertragenen Rede an die Nation schwor Bush seine Landsleute am Abend des 7. September (Orstzeit) auf weitere große Belastungen durch den Militäreinsatz in Irak ein. Es werde "Zeit dauern und Opfer kosten", bis die "Feinde der Freiheit" geschlagen seien. "Dennoch werden wir alles Nötige tun, alles Nötige ausgeben, um im Krieg gegen den Terror diesen wichtigen Sieg davonzutragen", sagte Bush.
8. bis 14. September
  • Außenminister Joschka Fischer hat die Bereitschaft Deutschlands zur humanitären Hilfe und zur Unterstützung beim Wiederaufbau des Irak unterstrichen. Notwendig seien aber volle Transparenz und die Kontrolle durch die Vereinten Nationen, sagte Fischer am 8. September in Berlin. Er reagierte damit auf die Aufforderung von US- Präsident George W. Bush an die internationale Gemeinschaft, einen Beitrag für den Wiederaufbau im Irak zu leisten. Einen deutschen Militäreinsatz schloss Fischer erneut aus.
  • Die Bundesregierung prüft Möglichkeiten, irakische Militärs und Polizisten auf entsprechenden Schulen in Deutschland auszubilden. Das teilte Regierungssprecher Béla Anda am 8. September in Berlin mit und konkretisierte damit entsprechende Angaben von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Dieser hatte am Tag zuvor im ZDF den Einsatz deutscher Soldaten auch für den Fall eines veränderten UN-Mandats abgelehnt, zugleich aber die Ausbildung von "Polizei oder Armee auf unseren Schulen in Deutschland" nicht ausgeschlossen.
  • Bei einem Angriff auf die US-Truppen in Irak sind am 8. September mindestens zwei Soldaten verletzt worden. Eine US-Patrouille sei in Bagdad vor der Einfahrt in einen Tunnel im Stadtzentrum von einem Sprengsatz getroffen worden, teilte das US-Militär mit. Der selbstgebaute Sprengsatz sei offenbar von einer Brücke vor dem Tunnel auf die Patrouille geworfen worden. Zwei Militärfahrzeuge wurden demnach beschädigt, eines von ihnen habe sich überschlagen und Feuer gefangen. Nach Zeugenaussagen wurden bei dem Angriff drei Soldaten verletzt. Ein Zeuge sagte, eine Granate sei auf die Fahrzeuge geworfen worden.
  • Großbritannien wird mit sofortiger Wirkung rund tausend zusätzliche Soldaten nach Irak schicken. Wie Verteidigungsminister Geoff Hoon am 8. September in London mitteilte, wird damit die britische Truppenstärke in Irak auf 11.600 erhöht. Die Soldaten des zweiten Bataillons leichter Infanterie und des ersten Bataillons der Royal Green Jackets würden in der britischen Besatzungszone rund um die südirakische Hafenstadt Basra sofort benötigt, hieß es in einer Erklärung des Verteidigungsministeriums. Zudem sollten weitere Spezialisten und Ausrüstung in das Gebiet gesandt werden.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan plant ein Treffen der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates zu Irak. Wie aus Kreisen französischer Diplomaten am 8. September in Genf verlautete, will Annan das Treffen möglicherweise auf Ebene der Außenminister am kommenden Samstag (13. September) in Genf abhalten.
  • Die UN-Inspektoren haben vor dem jüngsten Krieg das irakische Atomprogramm in einem Zustand der Unordnung vorgefunden, der den Bau von Atomwaffen unwahrscheinlich gemacht habe. Das erklärte der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, am 8. September in Wien. Es habe auch keine Beweise dafür gegeben gehabt, dass Irak entsprechende Bemühungen wieder aufgenommen gehabt habe. "Die Behörde (IAEA) hat eine wesentliche Verschlechterung im Zustand der Einrichtungen, ihrer finanziellen Mittel und Programme in ganz Irak beobachtet, die eine nukleare Infrastruktur unterstützen könnten", sagte ElBaradei. "Der ehemalige Kader von Atomexperten war zunehmend zerstreut worden; viele Schlüsselfiguren waren pensioniert oder hatten das Land verlassen." Die IAEA erwarte eine Entscheidung des Sicherheitsrats, ob ihre Inspektoren nach Irak zurückkehren sollen. Unabhängig davon sei sie aber befugt sicherzustellen, "dass Irak sein gesamtes nukleares Material und alle nuklearen Aktivitäten deklariert hat und dass all seine nuklearen Aktivitäten friedlichen Zwecken dienen", sagte ElBaradei.
  • US-Zivilverwalter Paul Bremer hat einen Fahrplan zum Abzug der US-Truppen aus Irak vorgelegt. Der "Weg zur vollen Souveränität ist klar", schrieb Bremer in einem am 8. September veröffentlichten Beitrag für die "Washington Post". "Die Reise hat begonnen." Mit der Bildung eines provisorischen Regierungsrats, der Einsetzung eines Gremiums zur Vorbereitung einer Verfassung und der Ernennung von 25 Ministern seien die drei ersten von insgesamt sieben Schritten bereits unternommen. Ziel seien freie Wahlen: Dann werde die US-geführte Zivilverwaltung "glücklich den Rest ihrer Autorität an die souveräne irakische Regierung übergeben", schrieb Bremer. (Anm. des Chronisten: Von einem richtigen Fahrplan unterscheidet sich Bremers Plan allerdings dadurch, dass er keine Abfahrts- und Ankunftszeiten mitteilt.)
  • Nach langem Zögern hat die Arabische Liga nun doch den von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrat als Vertreter Iraks in ihrer Organisation zugelassen. Nach rund sechsstündigen Beratungen hinter verschlossenen Türen kamen die Außenminister der Liga am späten Abend des 8. September in Kairo überein, dem Regierungsrat für "begrenzte Zeit, bis zur Bildung einer souveränen Regierung," den irakischen Sitz in dem Gremium zu überlassen, wie der Chef der politischen Abteilung der PLO, Faruk Kaddumi, mitteilte. Mit der Entscheidung kann der vom Regierungsrat Ende August ernannte irakische Außenminister Hoschjar Sebari an der am 9. September beginnenden zweitägigen Außenministerkonferenz teilnehmen. Sebari war bereits in Kairo eingetroffen mit der Begründung, seine Teilnahme an der Konferenz sei sein "legitimes Recht".
    Libyen hat am 9. September die Beratungen der Außenminister der Arabischen Liga in Kairo boykottiert, an denen auch der neue irakische Außenminister teilnahm. Die libysche Regierung protestierte damit gegen mögliche Entscheidungen zu Irak, wie Außenminister Abdel Rahman Schalgham in einem Brief an das Generalsekretariat der Arabischen Liga schrieb.
  • Bei einem Anschlag in Irak sind nach Angaben eines Augenzeugen am 9. September drei US-Soldaten verletzt worden. Eine Sprengladung explodierte an einer Zufahrt der 60 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Stadt Falludscha, als die US-Soldaten in einem Jeep vorbeifuhren, wie der Augenzeuge der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die US-Truppen hätten umgehend Verstärkung geschickt und die Verletzten in Sicherheit gebracht. Die Armee habe die Verbindungsstraße nach Bagdad mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen gesperrt. Das US-Militär konnte die Angaben zunächst weder bestätigen noch dementieren.
  • Im Falle eines UN-Kommandos über den internationalen Truppeneinsatz in Irak würde sich Frankreich nach den Worten des Verteidigungspolitikers Guy Teissier "ohne Zweifel" an dem Einsatz beteiligen. "Wenn es unter dem Kommando der UNO ist, gehen wir ohne Zweifel hin", sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Pariser Nationalversammlung am 9. September vor Journalisten im südfranzösischen Arcachon. Frankreich habe keine "Kapazitätsprobleme", um ein Truppenkontingent nach Irak zu entsenden, fügte Teissier hinzu.
  • Unter der Besatzung der US-geführten Streitkräfte gleicht Irak nach Darstellung eines Bagdader Bischofs einem großen Gefängnis. "Heute kann man nicht einmal mehr aus dem Land fliehen, um in Jordanien oder Syrien Zuflucht zu suchen", klagte der chaldäische Bischof Schelmon Warduni am 9. September bei einer Veranstaltung im Rahmen des Weltfriedensgebetes der Laiengemeinschaft Sant' Egidio in Aachen. "Irak ist wie ein großes Gefängnis geworden, wie zu Zeiten der Diktatur", sagte der Geistliche der größten christlichen Glaubensgemeinschaft in Irak. Es gebe keine Arbeit, nicht genug Wasser, und vor allem keinen Frieden.
  • Der britische Außenminister Jack Straw hat am 9. September eingeräumt, dass er das umstrittene Regierungsdossier über irakische Waffen im vergangenen September habe verschärfen lassen wollen. Dies geht aus einer E-Mail hervor, in der Straw darauf dringt, die "zentrale Bedeutung der Massenvernichtungswaffen für die Rolle von Saddam Hussein" in dem Dossier stärker zu betonen. Sein Privatsekretär Mark Sedwill habe in der E-Mail gefordert, den Bericht "auszubauen" und einen prägnanten Absatz über die Gefahr durch Irak einzufügen, sagte Straw dem BBC-Radio.
  • Bei einem Anschlag mit einer Autobombe in der nordirakischen Stadt Erbil sind späten Abend des 9. September zwei Iraker getötet worden. Elf weitere Menschen wurden verletzt. Das meldet der Fernsehsender CNN Turk. Unter den Verletzten seien auch drei Kinder. Einzelheiten über das Attentat sind nicht bekannt. Die Autobombe sei in der Nähe eines von US-Truppen benutzten Gebäudes detoniert. Die amtliche ägyptische Nachrichtenagentur MENA meldete unter Berufung auf Augenzeugen: "Das Auto war vollgepackt mit großen Mengen Sprengstoff, viele Menschen wurden getötet und verletzt". Spätere Berichte sprachen von einem Toten und 41 Verletzten. Erbil liegt im von Kurden kontrollierten Norden des Iraks.
  • Erneut ist ein US-Soldat bei einem Anschlag im Irak getötet worden. Nach Angaben des US-Zentralkommandos ereignete sich der Angriff am 9. September auf ein Militärfahrzeug auf einer Versorgungsstraße nordöstlich der irakischen Hauptstadt Bagdad. Bei dem Zwischenfall sei ein anderer Soldat verletzt worden. Einzelheiten wurden nicht bekannt gegeben.
  • Die Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush ist bei einer Senatsanhörung am 9. September zum Teil scharf kritisiert worden. Führende Demokraten werteten das Ersuchen nach zusätzlichen dutzenden Milliarden Dollar für die andauernden US-Militäroperationen als Zeichen für gravierende Fehleinschätzungen.
  • In der Nacht zum 10. September explodierte im Wohnviertel Schorasch der nordirakischen Millionenstadt Erbil eine von einem Selbstmordattentäter ausgelöste Autobombe vor einer Villa, in dernach Angaben der US-Regierung Mitarbeiter des Pentagon untergebracht waren. Die Bombe tötete nach Angaben des Innenministers der kurdischen Regionalregierung drei Menschen, darunter den Attentäter und ein Kind. 45. Menschen wurden verletzt, darunter vier Amerikaner und zahlreiche Kinder. In der Nachbarschaft wurden wütende Stimmen dagegen laut, dass die USA militärisches und Geheimdienstpersonal mitten in Wohnviertel einquartieren.
    Am 10. September kam nach Angaben des US-Zentralkommandos nordöstlich von Bagdad ein US-Soldat bei einem Angriff auf ein Militärfahrzeug ums Leben. Ein weiterer Soldat wurde verletzt.
    In der südirakischen Stadt El Kurnah wurde am 10. September das Hauptquartier der dänischen Streitkräfte mit Raketen beschossen. Wie das Heereskommando in Kopenhagen am Mittwoch mitteilte, wurde niemand verletzt, weil die Raketen ihr Ziel verfehlten.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist unabhängig von einer deutschen Beteiligung gegen eine Aufstockung der in Irak stationierten internationalen Truppen. Schröder bot am 10. September vor dem Bundestag an, dass Deutschland irakische Polizisten und Militärs ausbilden könnte. Der Kanzler stellte klar, dass Berlin sich auf zivile Hilfen für Irak konzentrieren wolle. Mit Blick auf seine für nächste Woche geplante Reise zur UN-Generalversammlung betonte Schröder, er glaube nicht, "dass wir in einer Situation sind, in der wir uns militärisch beteiligen sollten". Im Zentrum müsse jetzt stehen, "so schnell wie möglich irakische Autoritäten" aufzubauen. Fischer sagte, es stehe eine Übergangszeit bevor, in der die US-Truppen kurzfristig noch nicht abziehen könnten, andererseits die UN die zentrale politische Rolle übernehmen müssten.
  • Am 11. September legte ein für die Kontrolle der Geheimdienste zuständiges Parlamentskomitee, das Vorwürfe zu untersuchen hatte, die Regierung Blair hätte Geheimdienstmaterial zu den irakischen Massenvernichtungswaffen manipuliert und aufgebauscht, einen Bericht vor, in dem die Regierung von den Vorwürfen entlastet, Verteidigungsminister Geoff Hoon aber kritisiert wird. Er habe Abgeordnete bewusst irregeführt und ihnen wichtige Informationen vorenthalten, heißt es in dem einstimmig verabschiedeten Urteil des Komitees. Das Komitee kritisierte die Art und Weise, wie Hoon während der Ermittlungen die Unruhe unter den Mitgliedern des militärischen Nachrichtendienstes DIS herunterspielte. Inhaltlich wurde aber auch Kritik geübt an dem Geheimdienst-Dossier vom September 2003: Darin war nämlich der Hinweis auf die 45 Minuten nicht näher erläutert worden. In Wahrheit sei es nämlich nicht um strategische Waffen (Raketen längerer Reichweite) gegangen, sondern um Artilleriegeschosse, die man kurzfristig mit chemischen oder biologischen Kampfstoffen hätte füllen können.
  • Die Vorschläge Deutschlands und Frankreichs, in einer neuen UN-Resolution die Befugnisse der US-Zivilverwaltung zu begrenzen und die Übergabe der Regierungsgewalt an die Iraker zu beschleunigen, wurden am 11. September von US-Außenminister Colin Powell abgelehnt. "Dies ist keine akzeptable Lösung", sagte er dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira. Powell weiter: "Zu glauben, dass die UN plötzlich all das übernehmen können, unter Ausschluss der provisorischen Verwaltung und der (Kriegs-)Koalition, ist nicht realistisch. Es würde nicht funktionieren." - Demgegenüber signalisierte China Zustimmung zu den deutsch-französischen Vorschlägen. Auch Russland formulierte eigene Gegenvorschläge zum US-Entwurf.
  • In Falludscha schossen US-Soldaten in der Nacht zum 12. September offenbar versehentlich auf irakische Sicherheitskräfte, wobei zehn Polizisten sowie ein jordanischer Leibwächter getötet wurden. Nach Angaben des Polizeichefs von Falludscha, Kahtan Adnan Hamad, verfolgten die Polizisten kurz nach Mitternacht einen BMW, aus dem Schüsse auf ein Regierungsgebäude abgegeben worden waren. Am Stadtrand in der Höhe eines vom jordanischen Halbmond betriebenen Krankenhauses gerieten sie unter Beschuss von US-Soldaten; zehn Polizisten wurden getötet, die restlichen fünf verletzt. Querschläger schlugen auch in das Krankenhaus ein, dabei starb nach jordanischen Angaben der Leibwächter des Hospitalleiters, fünf weitere Jordanier und ein Iraker erlitten Verletzungen.
  • Im Vorfeld des Treffens zwischen Kofi Annan und den fünf ständigen Sicherheitsratsmitgliedern (es soll am 13. September in Genf stattfinden) machte US-Außenminister Powell deutlich, dass die US-Regierung den Vereinten Nationen ein größeres Gewicht in Irak einräumen wollen, sich aber nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen: "Wir können nicht einfach alle Vollmachten abgeben, denn die UNO ist nicht in der Lage, das alles zu schultern", sagte Powell im "ARD-Morgenmagazin" am 12. September. Powell äußerte sich auch zur deutschen Politik. Deutschland leiste bereits in Afghanistan eine gute Arbeit und werde seiner Rolle gerecht. Mit Blick auf den Irak sagte Powell "Jedes Land muss selbst entscheiden, welchen Beitrag es leisten will." Er erwarte jedenfalls keine deutschen Soldaten.
    Die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat haben sich in der Irak-Politik auf keine gemeinsame Linie einigen können. US-Außenminister Colin Powell zeigte sich nach den Gesprächen in Genf am 13. September zwar "ermutigt", räumte aber ein, es seien noch "einige Meinungsverschiedenheiten" zu beseitigen. Die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats seien sich einig, dass die Souveränität Iraks "so bald wie möglich" an das irakische Volk übergeben werden solle, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan. Über "konkrete Lösungen" sei in Genf aber nicht gesprochen worden. Annan und die Außenminister der USA, Russlands, Chinas, Frankreichs und Großbritanniens hatten in Zweier- und Plenargesprächen über den Resolutionsentwurf der USA beraten, der eine von der UNO autorisierte Irak-Truppe unter US-Kommando vorsieht.
    Frankreichs Vorschlag für eine baldige Wiederherstellung der Souveränität Iraks hatte Powell schon vor den Beratungen eine Absage erteilt. Die Machtübergabe in Irak müsse "auf vernünftige Weise" geregelt werden, sagte Powell. In einem Interview mit "Le Monde" hatte sein französischer Kollege Dominique de Villepin einen Zeitplan für eine Übergabe der Macht an die Iraker mit Wahlen Anfang kommenden Jahres und einer internationalen Wiederaufbaukonferenz vorgeschlagen. Powell sagte dazu, er halte den Zeitplan für wünschenswert, aber nicht für umsetzbar.
    In Bagdad sprachen sich Mitglieder des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrats ebenfalls gegen den französischen Vorschlag aus. Ratsmitglied Muaffak el Rubai warf Frankreich vor, eigene politische Ziele zu verfolgen und die Belange der Iraker außer Acht zu lassen. Sein Ratskollege Ibrahim el Dschaafari sagte, es brauche Zeit, bis die Iraker in freien Wahlen über ihre Regierung entscheiden können.
  • US-Außenminister Colin Powell hat sich bei seinem ersten Besuch in Bagdad am 14. September nicht auf einen Zeitpunkt für den Abzug der US-Truppen festgelegt. Gleichzeitig betonte er den provisorischen Charakter der irakischen Regierung. Die US-Truppen könnten den Irak erst verlassen, wenn eine neue, vom Volk gewählte Regierung ihre Arbeit aufgenommen habe. Dies habe er dem provisorischen Rat bei einem Treffen in Bagdad "in deutlichen Worten zu verstehen gegeben". Der nächste Schritt werde die Erarbeitung einer Verfassung sein, sagte Powell nach einem Treffen mit dem amtierenden irakischen Außenminister Hoschjar Sebari. "Das wird zu einem demokratischen Irak führen, dem wir zu gegebener Zeit sehr gern die Verantwortung übertragen werden", fügte Powell hinzu. Das Erstellen eines genauen Zeitplans will Powell jedoch dem irakischen Regierungsrat überlassen. Das Gremium solle in Zusammenarbeit mit der US-geführten Übergangsverwaltung und dem zuständigen UN-Sondergesandten "einen Plan für die Rückgabe der vollen Gewalt in die Hände der Iraker" ausarbeiten, sagte Powell dem US-Sender Fox. Ein Termin im nächsten Monat sei aber "nicht realisierbar".
  • Unmittelbar vor Powells Irak-Besuch am 14. September wurde bei einem Anschlag in Falludscha ein US-Soldat getötet. Drei weitere Soldaten wurden nach US-Angaben verletzt, als ihr Konvoi mit einem Sprengsatz angegriffen wurde.
15. bis 21. September
  • Bei einem Angriff in Irak ist in der Nacht zum 15. September erneut ein US-Soldat getötet worden. Die Einheit des Soldaten sei bei einer Patrouille in Bagdad mit einer Granate angegriffen worden, sagte ein Sprecher der Armee. Der Soldat der ersten Infanteriedivision sei im Militärkrankenhaus seinen Verletzungen erlegen.
  • Der irakische Regierungsrat ist am 15. September zu einer Sondersitzung in der heiligen Schiitenstadt Nadschaf zusammengekommen. Gut zwei Wochen nach dem verheerenden Anschlag mit mehr als 80 Todesopfern trafen sich die Mitglieder des Gremiums in der Stadt 160 Kilometer südlich von Bagdad, um ihre Solidarität mit der dortigen Bevölkerung zu demonstrieren, wie aus Delegationskreisen verlautete. Eines der wichtigsten Themen der Zusammenkunft sei die Sicherheitsfrage. Zunächst blieb offen, ob der Rat ein oder zwei Tage beraten wollte.
  • Auf den Polizeichef der Stadt El Chaldija, Chedeir Mechalef Ali. wurde am 15. September in Falludscha - im so genannten sunnitischen Dreieck - ein Anschlag verübt. Drei maskierte Attentäter griffen Ali an einem Kreisverkehr an. Der 48-jährige Polizeichef wurde nach Angaben seines Fahrers von mindestens 25 Kugeln getroffen. Auch der Fahrer und Alis Leibwächter wurden bei dem Anschlag verletzt. Die US-Truppen haben sich vor zwei Monaten aus El Chaldija zurückgezogen, für die Sicherheit sorgt seither die irakische Polizei. Ali war früher Offizier der irakischen Armee und seit zwei Monaten Polizeichef.
  • Die US-Truppen in Irak haben ihre Offensive gegen mutmaßliche Untergrundkämpfer am 15. September fortgesetzt und während einer Razzia in Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit fünf Terrorverdächtige festgenommen. Die Festgenommenen in Tikrit werden der Finanzierung und Organisation von Widerstandszellen und der Gewalt gegen die Besatzungstruppen verdächtigt, wie Major Bryan Luke mitteilte. Die nächtliche Militäraktion konzentrierte sich auf drei Häuser nahe einer Schnellstraße, an der laut US-Angaben in den vergangenen zwei Wochen etwa 20 Granatangriffe verübt wurden.
  • Ein Mitglied des irakischen Verwaltungsrats, Radschaa Habib Chusai, warf den US-Besatzungstruppen am 15. September vor, mit Gewalt und Geringschätzung gegen irakische Zivilisten vorzugehen. Dies führe zu großer Unzufriedenheit innerhalb der irakischen Bevölkerung, sagte Chusai auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der spanischen Außenministerin Ana Palacio in Madrid.
  • Die UN können nach den Worten von Generalsekretär Kofi Annan die Besatzungsmächte USA und Großbritannien im Irak nicht ablösen. Entsprechende Vorstellungen wies Annan am 15. September so deutlich wie nie zuvor zurück. Die UN seien nicht in der Lage, das Land zu verwalten. Ebenso wenig könnten sie die Sicherheit gewährleisten, sagte Annan in New York. Die Vereinten Nationen könnten allerdings wertvolle Unterstützung beim Aufbau des politischen Systems leisten. Dazu müsse der Sicherheitsrat "die Rolle der UN im Irak klar definieren".
  • Nach monatelangen Spannungen in den Beziehungen der USA zu den beiden größten EU-Ländern, erklärte der amerikanische Nato-Botschafter Nicolas Burns am 16. September die "schlimmsten Tage in der Auseinandersetzung" seien "vorüber". Während einer Veranstaltung des European Policy Centers in Brüssel lobte Burns das deutsche und französische Engagement in Afghanistan und auf dem Balkan. Man habe noch vieles gemeinsam vor, auch in der Frage Irak "können wir zusammen kommen", meinte Burns. Die Europäer müssten schließlich ebenfalls daran interessiert sein, dass der "Job in Irak erledigt wird", sagte Burns,
  • Irak hat nach Ansicht des ehemaligen UN-Chefwaffeninspektors Hans Blix seit mindestens zehn Jahren keine Massenvernichtungswaffen mehr besessen und die Welt über sein Waffenpotenzial getäuscht. Er gelange "immer mehr" zu der Überzeugung, dass Irak nahezu seine gesamten Waffenbestände im Sommer 1991 vernichtet habe, so wie die entmachtete irakische Regierung von Saddam Hussein dies zuletzt auch behauptet habe, sagte Blix dem australischen Rundfunk am 16. September. Zur Abschreckung habe sich das Land aber bisweilen dennoch so verhalten, als ob es Massenvernichtungswaffen zur Verfügung habe. "Man kann sich ja auch ein Schild mit 'Warnung vor dem Hunde' an die Tür hängen, ohne einen Hund zu haben", sagte Blix. Irakische Wissenschaftler, die für die neue Übergangsregierung arbeiten, bestätigten Blix' Annahme. Ob Saddam Hussein versucht habe, sich Bio- und Chemiewaffen zu beschaffen, wisse er nicht, sagte ein Mitarbeiter des neuen irakischen Ministeriums für Wissenschaft und Technologie. Was die Entwicklung von Atomwaffen anbelange, habe der Ex-Präsident aber keine Möglichkeit gehabt, die alten Programme wiederaufleben zu lassen. "Davon war nichts mehr übrig", sagte er. (AFP)
  • Erstmals seit Beginn des Krieges vor einem halben Jahr nimmt Irak wieder an einem OPEC-Treffen teil. Der irakische Minister sei zu dem Treffen am Mittwoch kommender Woche (24.09.03) eingeladen und werde kommen, sagte ein Sprecher der Organisation Erdöl exportierender Länder am 16. September in Wien. Bagdad gehörte vor über 40 Jahren zu den Gründungsmitgliedern der OPEC. Seit dem Golfkrieg Anfang der 90er Jahre durfte das Land aber nicht mehr am Quotensystem des Kartells teilnehmen. Die UN-Sanktionen gegen Irak waren im Mai aufgehoben worden und seither hatte Irak bekundet, wieder an den OPEC-Sitzungen teilnehmen zu wollen.
  • Die US-Armee hält im Irak inzwischen rund 4000 Iraker wegen Widerstands gegen die Besatzungstruppen fest, meldeten die Agenturen am 16. September. Wie ein Sprecher der US- Militärpolizei im Irak erklärte, werden die Gefangenen getrennt von insgesamt mehr als 4000 anderen Kriminellen festgehalten.
  • Der arabische Nachrichtensender El Arabija hat am 17. September ein Tonband ausgestrahlt, auf dem angeblich der gestürzte irakische Präsident Saddam Hussein die USA zum bedingungslosen Abzug aus dem Golfstaat auffordert. Zugleich forderte die Stimme auf dem Band alle Iraker auf, ihre Angriffe gegen die US-Soldaten zu intensivieren. Es müsse "mit allen Mitteln ein heiliger Krieg gegen die dummen Invasoren geführt werden", hieß es.
  • Angesichts der anhaltenden Angriffe auf die US-Truppen in Irak haben die USA ihren Ton gegen Syrien wieder verschärft. Mehrere US-Regierungsvertreter warfen Damaskus vor, dem Eindringen islamischer Extremisten über die Grenze nach Irak tatenlos zuzusehen. Nach Angaben der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice halten sich bis zu 2000 Kämpfer aus arabischen Staaten in Irak auf, die das Land durch Anschläge destabilisieren wollten. Die genaue Anzahl der ausländischen Kämpfer in Irak sei unbekannt, doch gingen Schätzungen von mehreren hundert bis zu mehreren tausend aus, sagte Rice dem Fernsehsender ABC am 17. September. Irak sei inzwischen "Hauptfront im Krieg gegen den Terrorismus". Hätte es den Krieg nicht gegeben, würden die radikalen Kräfte ihre "terroristischen Akte" jetzt in anderen Regionen der Welt verüben. Rice beklagte, die Regierung in Damaskus müsse fortwährend an ihre Verpflichtungen erinnert werden, keine Extremisten nach Irak zu lassen. In ungewöhnlich scharfen Worten hatte zuvor bereits der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, Syrien vorgeworfen, radikale Gruppen wie Hamas, Islamischer Dschihad und Hisbollah zu unterstützen und zu wenig gegen das Eindringen islamischer Extremisten nach Irak zu unternehmen. McClellan drohte, wie alle Länder, die den "Terror beherbergen", müsse auch Syrien mit Konsequenzen rechnen.
  • Im Irak hat ein Polizist versehentlich einen US- Soldaten erschossen. Das berichtet die irakische Zeitung "Assah" am 17. September. Demnach starb der Amerikaner an einer Straßensperre durch einen Warnschuss des Irakers.
  • An einer Schnellstraße im Westen von Bagdad zerstörten Iraker am 17. September ein US-Militärfahrzeug mit einem Sprengsatz. Wie der arabische Fernsehsender El Dschasira berichtet, gab es auch in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Samarra einen Angriff auf US- Soldaten und irakische Polizisten.
  • US-Soldaten haben in der irakischen Stadt Falludscha einen 14-jährigen Jungen erschossen. Die Soldaten hätten das Feuer auf Passanten und Hochzeitsgäste eröffnet, als sie an einem Haus vorbeifuhren, in dem eine Hochzeit gefeiert und Freudenschüsse abgegeben wurden, berichteten ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP und Augenzeugen am Abend des 17. September übereinstimmend. Offenbar hätten die Soldaten geglaubt, sie würden angegriffen. Den Zeugen zufolge wurden durch die Schüsse vier Menschen verletzt, unter ihnen zwei Frauen.
  • Bei einem Angriff auf US-Truppen in der westirakischen Stadt Chaldija sind am 18. September nach einem Bericht des arabischen Fernsehsenders El Arabija acht Soldaten getötet worden. Der Überfall ereignete sich auf der Hauptstraße der Stadt. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP sah um einen schwelenden Lastwagen herum vier US-Panzer. Über dem Ort des Geschehens kreisten Hubschrauber. Als der Reporter der AP sich nähern wollte, wurde er von einem der Panzer aus mit einem Maschinengewehr beschossen. Außerdem schossen US-Soldaten auf das Auto eines AP-Fotografen. Dabei ging die Windschutzscheibe zu Bruch, und alle Reifen wurden zerschossen. Der Fotograf blieb unverletzt.
  • Die Aktion Deutschland Hilft (ADH) hat vor den Folgen fehlender Sicherheit im Irak für die humanitäre Arbeit gewarnt. "Aus dem Kreis unserer Mitgliedsorganisationen erreichen uns dramatische Berichte über die Sicherheitslage in den Hilfsgebieten", sagte ADH-Vorstandsmitglied Manuela Roßbach am 18. September in Köln. Gewaltsame Übergriffe auf Helfer, bewaffnete Angriffe auf Hilfsbüros und Überfälle auf Medikamenten-Depots gehörten zum Alltag der Mitarbeiter. Derzeit sind nach ADH-Angaben die Bündnis-Mitglieder Arbeiterwohlfahrt, ADRA, CARE, Help - Hilfe zur Selbsthilfe, Malteser Hilfsdienst, World Vision und Paritätischer Wohlfahrtsverband im Irak mit lokalen oder internationalen Helfern tätig.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Präsident Jacques Chirac haben die Forderung nach einer möglichst schnellen Einsetzung einer irakischen Zivilregierung bekräftigt. Beide hätten die Dringlichkeit einer politischen Lösung in Irak unterstrichen, hieß es am 18. September in Berlin aus der Umgebung Chiracs. Die beiden Staatschefs trafen sich zu deutsch-französischen Konsultationen in Berlin.
  • An einer Ölleitung rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad ist am 18. September ein Feuer ausgebrochen. Unklar war zunächst, ob es sich um Sabotage handelte, wie der US-Oberbefehlshaber in Irak, Ricardo Sanchez mitteilte. Die Ölpipeline verbindet die Raffinerie in Baidschi mit dem nordirakischen Ölfeld Kirkuk im Norden.
  • Nahe der irakischen Stadt Tikrit sind nach US-Militärangaben am späten Abend des 18. September drei US- Soldaten bei einem Angriff aus dem Hinterhalt getötet worden. Wie eine US-Militärsprecherin mitteilte, wurden zwei weitere Soldaten verwundet. Die Soldaten hätten ein vermutetes Waffenversteck acht Kilometer südlich von Tikrit untersucht, als sie unter Beschuss gerieten.
  • Der US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, hat Iran beschuldigt, den Wiederaufbau des Landes zu sabotieren. In einem Interview mit dem britischen "Daily Telegraph" am 19. September sagte er, iranische Agenten unterstützten die Angriffe auf Koalitionstruppen und Iraker. Die irakischen Widerstandgruppen würden von Iran unterstützt, so Bremer. Zur Stimmung im Irak sagte Bremer, es herrsche enorme Dankbarkeit für das, was die Amerikaner getan hätten.
  • Der frühere irakische Verteidigungsminister Sultan Haschim Ahmed hat sich am 19. September den US-Truppen im Irak ergeben. Er rangiert auf Platz 27 der Liste der von den USA meistgesuchten Iraker. "Um acht Uhr heute morgen haben sich Sultan Haschim Ahmed und seine Familie den Koalitionstruppen gestellt", sagte Dawood Bagistani, der als Vermittler diente. Ahmed habe sich in einem Haus im nordirakischen Mossul ergeben und werde nun nach Bagdad gebracht. In Mossul hatten US-Truppen im Juli die Söhne des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein, Udai und Kusai, erschossen. Dass sich Ahmed dort stellte, könnte Spekulationen nähren, die US-Truppen seien anderen Führungspersonen und möglicherweise sogar Saddam dicht auf den Fersen.
  • In Tikrit nahm die US-Armee am 19. September 55 Iraker fest, die in den Angriff auf eine US-Patrouille verwickelt gewesen sein sollen, bei dem am Tag zuvor drei Soldaten getötet und zwei weitere verletzt worden waren.
  • US-Außenminister Colin Powell hat anhaltende "ernsthafte" Probleme beim Wiederaufbau Iraks eingestanden. Vor allem auf dem Gebiet der Sicherheit, aber auch bei der Strom- und Wasserversorgung und der Wiederherstellung der Infrastruktur gebe es noch große Defizite, schrieb Powell im "Wall Street Journal" (Ausgabe vom 19. September).
  • Am 19. September veröffentlichte die "New York Times" einen Namensartikel von Bundeskanzler Gerhard Schröder. "Wir müssen zusammenarbeiten, um den Frieden zu gewinnen", heißt es darin in Bezug auf den Irak. Deutschland sei bereit, Soldaten und Polizisten auszubilden, humanitäre Hilfe zu leisten und den zivilen und ökonomischen Aufbau zu unterstützen. Gleichzeitig betonte Schröder, dass die Vereinten Nationen eine "zentrale Rolle" bei der Etablierung einer Nachkriegsordnung spielen müssten. Deutschlands Rolle in der Welt habe sich verändert und damit auch die deutsche Außenpolitik, schrieb der Kanzler. "Mein Land ist bereit, mehr Verantwortung zu schultern." Das könne auch den Einsatz militärischer Mittel als eine letzte Möglichkeit der Konfliktlösung beinhalten.
  • Eine Explosion hat am Abend des 19. September das Zentrum Bagdads erschüttert. Wie eine AFP-Journalistin berichtete, stieg über der irakischen Hauptstadt eine Rauchwolke auf. Die Druckwelle brachte in der Innenstadt die Fenster der Gebäude zum Vibrieren. Der TV-Sender El Arabija berichtete, ein Autofahrer sei versehentlich auf eine alte Panzermine gefahren. Der Fahrer und zwei weitere Insassen des Autos seien getötet worden. In ersten Berichten war dagegen von einer Bombe die Rede, die ein amerikanisches Militärfahrzeug hätte treffen sollen.
  • Ein Großaufgebot an US-Soldaten hat am 20. September die wichtigsten Straßenverbindungen zwischen der irakischen Hauptstadt Bagdad und der Widerstandshochburg Falludscha gesperrt. Hunderte Soldaten blockierten am Stadtrand von Falludscha die Hauptverkehrsstraße nach Bagdad sowie eine ältere Fernstraße, meldete ein AFP-Korrespondent. Augenzeugen berichteten von weiteren Straßensperren an Einfallstraßen zu der 50 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Stadt. Es hätten sich kilometerlange Staus gebildet.
  • Ein Mitglied des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrats ist bei einem Anschlag schwer verletzt worden. Unbekannte hätten die Politikerin Akila el Haschimi am Morgen des 20. September vor ihrem Haus im Westen Bagdads beschossen, teilte ein irakischer Beamter mit. Haschimi sei in Bauch, Schulter und Bein getroffen worden, ihr Zustand sei ernst. Auch der Fahrer, der die Politikerin begleitet hatte, sei verletzt worden. Zwei Kugeln hätten ihn in den Rücken getroffen. Eine US-Quelle bestätigte den Anschlag auf Haschimi.
    Die Politikerin war Mitglied der entmachteten irakischen Regierungspartei Baath und galt als Vertraute des früheren Vizeministerpräsidenten Tarek Asis. Während der Herrschaft von Saddam Hussein war sie im Außenministerium für internationale Beziehungen zuständig. Seit Juli ist sie Mitglied des Regierungsrats. Sie sollte als Mitglied der irakischen Delegation zur UN-Vollversammlung nach New York reisen.
  • Ein US-Soldat hat nach Auskunft des Direktors des Bagdader Zoos einen von zwei seltenen bengalischen Tigern erschossen. Direktor Adil Salman Musa teilte Journalisten am 20. September, der Soldat, Teilnehmer einer Party von Besatzungssoldaten im Zoo, habe das Tier tot geschossen, nachdem einer seiner Kameraden versucht habe, das Tier zu füttern und von dem Tiger dabei verletzt worden sei.
  • Auf ihrem Dreiergipfel am 20. September in Berlin haben Deutschland und Frankreich ihre Meinungsverschiedenheiten mit Großbritannien über die Irak-Politik nicht ausräumen können. Beim Thema Irak stimmten zwar alle Seiten überein, dass die Rolle der UNO gestärkt werden und die politische Verantwortung in dem Land möglichst rasch an die Iraker übergehen solle. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) räumte aber ein, es gebe "über die Methode und die Wege dorthin noch Diskussionsbedarf". Schröder sagte nach seinem Treffen mit Frankreichs Präsident Jacques Chirac und dem britischen Premierminister Tony Blair, sie seien gemeinsam der Auffassung, dass dem Irak eine Perspektive für Demokratie und Stabilität gegeben werden solle. Es habe "zweifellos Fortschritte" gegeben. Weiter solle darüber aber in New York im Weltsicherheitsrat beraten werden. Chirac betonte, die drei Länder seien "noch nicht ganz auf einer Linie". Blair äußerte sich zurückhaltender, forderte aber auch eine zentrale Rolle für die UNO. "Ganz gleich, welche Meinungsverschiedenheiten über den Konflikt an sich bestanden, wir alle wollen, dass Irak stabil wird", sagte Blair auch mit Blick auf die USA. Washington will die internationale Gemeinschaft zwar beim Wiederaufbau in Irak stärker einbinden, gleichzeitig aber die US-Führung in Irak behalten. Paris und Berlin verlangen hingegen für eine neue UN-Resolution zu Irak, dass die UNO die Kontrolle über den Übergang in Irak übernimmt.
    Die USA haben als Reaktion auf den Ausgang des Berliner Dreiergipfels ihren Willen zur Erweiterung der Stabilisierungs-Truppe in Irak bekräftigt. "Unsere Position ist, dass wir die internationale Koalition (in Irak) erweitern wollen über die 30 Staaten hinaus, die ihr schon angehören, und wir begrüßen alles, was in diese Richtung geht", sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses am 20. September in Washington.
  • Bei einem Sprengstoff-Anschlag in Ramadi westlich der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 20. September ein US-Soldat getötet worden.
  • Bei einem Granatwerferangriff auf die Wachmannschaft eines von den US-Streitkräften westlich von Bagdad betriebenen Gefängnisses sind nach US-Militärangaben zwei Soldaten getötet worden. 13 weitere Soldaten seien bei dem Angriff auf das Abu Ghraib Gefängnis am Vorabend verletzt worden, teilte das Militär am 21. September weiter mit.
  • Der ehemalige irakische Staatschef Saddam Hussein soll nach einem britischen Zeitungsbericht in Geheimverhandlungen mit den USA versucht haben, seinen Gang ins Exil zu erwirken. Saddam Hussein habe in den vergangenen neun Tagen geheime Verhandlungen mit den US-Streitkräften geführt, berichtete der "Sunday Mirror" am 21. September unter Berufung auf einen ranghohen Iraker. Der Ex-Staatschef soll demnach freies Geleit nach Weißrussland gefordert und im Gegenzug Informationen über Massenvernichtungswaffen angeboten haben.
  • Auf das Hauptquartier der US-Armee im nordirakischen Stadt Mossul ist nach Augenzeugenberichten am 21. September ein Angriff verübt worden. Gegen Abend (Ortszeit) seien zwei Mörsergranaten auf das Gebäude nahe der Universität von Mossul gefeuert worden, sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur AFP. Wie ein AFP-Reporter berichtete, sperrten US-Soldaten das Gebiet sowie eine Brücke in der Nähe. Vom Standort des Armeequartiers stieg eine Rauchwolke auf; drei Hubschrauber überflogen das Gebiet.
22. bis 30. September
  • Inmitten des amerikanischen Drängens auf ein größeres Engagement der Vereinten Nationen im Nachkriegsirak ist der Bagdader UN-Sitz erneut Ziel eines Selbstmordanschlags geworden. Bei der Explosion einer Autobombe am 22. September wurde neben dem Täter ein irakischer Polizist getötet, der den Wagen an einem Kontrollpunkt angehalten hatte, wie US-Hauptmann Sean Kirley erklärte. Die irakische Polizei habe eine größere Tragödie verhindert, sagte Kirley. Eigentliches Ziel des Täters sei das UN-Gelände gewesen. Augenzeugen erklärten, der Wachmann habe das Auto durchsucht und den Kofferraum geöffnet. Dabei sei der Wagen explodiert. 19 Menschen wurden verletzt.
  • Der französische Staatspräsident Jacques Chirac sprach sich für eine Übergabe der Macht in zwei Phasen aus. In einem am 22. September veröffentlichten Interview der "New York Times" erklärte Chirac, zunächst solle die Macht symbolisch an den irakischen Verwaltungsrat übergeben werden und dann allmählich auch tatsächlich. Er sprach von einem Zeitraum von sechs bis neun Monaten. Frankreich werde nur dann für eine Resolution stimmen, wenn diese eine Frist für die Machtübergabe setze und eine Schlüsselrolle für die UN vorsehe. Er schließe aber ein Veto gegen einen US-Resolutionsentwurf aus.
  • Die US-Regierung hat nach Angaben des früheren NATO-Oberbefehlshabers und demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Wesley Clark seit November 2001 eine militärische Offensive in mehreren Staaten des Nahen Ostens geplant. In einem vom US-Nachrichtenmagazin "Newsweek" am 22. September in Auszügen veröffentlichten Buch berichtet Clark von einem auf fünf Jahre angelegten militärischen Plan, wonach die Invasion in Irak nur ein Teil einer Großoffensive in der Region sein sollte. Auch in Libanon, Syrien, Iran, Somalia und im Sudan seien Militäreinsatze geplant gewesen. In seinem Buch mit dem Titel: "Moderne Kriege gewinnen: Irak, der Terrorismus und das amerikanische Imperium" (Winning Modern Wars: Iraq, Terrorism, and the American Empire) kritisiert Clark in scharfer Form das Vorgehen der US-Regierung bei der Terrorismusbekämpfung. "Warum schaffen wir nicht eine "wirkliche internationale Koalition zur Bekämpfung von El Kaida?", fragt der frühere NATO-Oberbefehlshaber. Er schlägt zugleich vor, sich in dieser Frage an die Vereinten Nationen zu wenden und ein Sondertribunal zur Terrorbekämpfung ins Leben zu rufen.
  • Vor einer Polizeistation in der nordirakischen Stadt Mossul ist am 22. September eine Autobome explodiert. Augenzeugen berichteten von mehreren Opfern. Bei einem Selbstmordanschlag auf das UN-Hauptquartier in der irakischen Hauptstadt Bagdad waren am Morgen zwei Menschen getötet worden.
  • US-Soldaten sind in der Nacht zum 23. September mit Unterstützung der Luftwaffe gegen "Aufständische" in einem Dorf im so genannten sunnitischen Dreieck vorgegangen. Nach Angaben der örtlichen Polizei wurden dabei drei Personen getötet und drei weitere verletzt, die US-Armee bestätigte zunächst nur den Tod einer Person. Militärsprecherin Nicole Thompson sagte, vor dem Angriff gegen 02.10 Uhr Ortszeit seien US-Soldaten in dem Dorf el Sadschr 50 Kilometer westlich von Bagdad attackiert worden. Die "Aufständischen" seien in ein Gebäude geflüchtet, daraufhin hätten die Soldaten Unterstützung aus der Luft angefordert. Ein Guerilla-Kämpfer sei getötet worden. Zu den Verletzten gehörten nach Krankenhausangaben ein elf und ein neun Jahre alter Junge.
  • US-Präsident George W. Bush hat den Krieg zum Sturz des Saddam-Regimes im Irak vor der UN-Vollversammlung am 23. September verteidigt. Saddam Hussein habe Beziehungen zu Terroristen gepflegt und Massenvernichtungswaffen gebaut, so Bush. Die USA wollten eine neue UN-Resolution, die auch die Rolle der Vereinten Nationen im Irak stärken werde. (Bushs Rede in deutsch und englisch)
    Demgegenüber warnte UN-Generalsekretär Kofi Annan die Vereinten Nationen eindringlich vor verheerenden Folgen der amerikanischen Erstschlag-Doktrin für die internationale Sicherheit. Die präventive Anwendung von Gewalt ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates sei eine "fundamentale Herausforderung" der seit Gründung der Weltorganisation vor 58 Jahren allgemein anerkannten Grundregeln für Frieden und Stabilität in der Welt. (Annans Rede auf englisch)
  • Der von den USA eingesetzte Regierende Rat des Irak hat die arabischen Fernsehsender El Dschasira und El Arabia der "Förderung des Terrorismus" beschuldigt und deshalb deren Arbeitsmöglichkeiten in dem Golfstaat vorübergehend eingeschränkt. Diese Maßnahmen seien als klare Botschaft an andere Sender gedacht, die Unruhe unter den Irakern anzetteln könnten, teilte der Rat am 23. September in Bagdad mit. Von einem zuvor angedrohten vollständigen Verbot sah der Rat ab. "El Dschasira und El Arabia haben gegen die Regeln verstoßen, indem sie Stabilität und Demokratie gefährdeten und den Terrorismus förderten", hieß es in einer Erklärung des Rates. Der regierende Rat habe El Dschasira und El Arabia als Warnung vorübergehend von offiziellen Pressekonferenzen und der Berichterstattung über die Tätigkeiten des Rates ausgeschlossen. Zudem werde den Korrespondenten beider Sender für zwei Wochen der Zugang zu Ministerien und Gebäuden des Rates verwehrt.
  • Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat am 24.September eine islamische Friedenstruppe für Irak gefordert, die von den UN oder einer internationalen islamischen Organisation autorisiert werden sollte. In seinem Land würden die US-Soldaten in Irak als Besatzungsmacht angesehen, sagte Musharraf in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP in New York. Truppen aus überwiegend muslimischen Nationen würden den US-geführten Koalitionsstreitkräften mehr Legitimität geben.
  • Britische und US-Waffenexperten haben einem Medienbericht zufolge trotz andauernder Suche bislang keine stichhaltigen Beweise für Massenvernichtungswaffen in Irak entdeckt. Eine US-britische Sondereinheit, die nach Kriegsende mögliche Atom-, Bio- und Chemiewaffen in Irak aufspüren sollte, habe bislang nicht einmal "winzigste" Überbleibsel gefunden, berichtete der britische Rundfunksender BBC am 24. September unter Berufung auf US-Regierungskreise. So hätten die 1.400 Mitglieder der Expertengruppe unter Führung des früheren US- Waffeninspektoren David Kay keine Beweise für Trägersysteme und Entwicklungslabors gefunden.
  • Im nordirakischen Mosul sind am 24. September bei einem Anschlag zwei Menschen getötet worden. Wie der arabische Sender El Arabija meldet, wurden außerdem viele Menschen verletzt. Ein Unbekannter hatte eine Handgranate gezündet, während ein "unzensierter" Film lief.
    Bei einem Bombenanschlag in Bagdad war am Morgen desselben Tags ein Iraker ums Leben gekommen. Mehr als 20 weitere Zivilisten wurden nach Berichten des arabischen TV-Senders El Dschasira verletzt.
  • US-Präsident George W. Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) haben ihren Streit in der Irak-Frage für beendet erklärt. Bush sagte nach dem ersten Treffen mit Schröder seit 16 Monaten am Rande der UN- Vollversammlung in New York am 24. September, der Streit sei vorbei. Schröder stimmte zu: "Wir haben die Differenzen hinter uns gelassen." Schröder sprach am 24. September auch vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen. Seine Rede haben wir dokumentiert: Schröders Rede vor der UN-Generalversammlung).
  • Die irakische Regierungsrätin Akila el Haschemi ist am 25. September den Verletzungen erlegen, die ihr vor wenigen Tagen bei einem Attentat zugefügt worden waren. Die Diplomatin war am 20. September in ihrem Auto von Attentätern beschossen worden (siehe weiter oben). Sie war eine von drei Frauen im Regierungsrat und sollte ihr Land bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York vertreten, die derzeit tagt.
  • Mit schweren Vorwürfen gegen die Regierung Blair ist am 25. September die Untersuchung der britischen Kelly-Affäre zu Ende gegangen. Jeremy Gompertz, der Anwalt der Hinterbliebenen des Waffenexperten David Kelly, prangerte Verteidigungsminister Geoff Hoon als Lügner an und warf der Regierung Blair "zynischen Machtmissbrauch" vor.
  • Nach seinem Treffen mit US-Präsident George W. Bush (am 24. September) hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sich am 25. September vor dem Bundestag zuversichtlich über eine Lösung des Irak-Konflikts geäußert. Deutschland sei sich mit Frankreich und den USA einig, dass die Souveränität wieder an die Iraker übertragen werden müsse, sagte Schröder am Donnerstag im Parlament. Strittig sei lediglich die Frage, "wie der Zeitplan beschaffen sein soll". "Darüber müsste man Einigkeit erzielen können", betonte er. Für den Wiederaufbau Iraks seien ein "realistischer Fahrplan" und ein "pragmatisches Vorgehen" nötig. Dabei gebe es einen Unterschied zwischen der "Übertragung der Souveränität" und der "Übertragung administrativer Regierungsgewalt" an eine provisorische irakische Regierung.
  • Wegen der bedenklichen Sicherheitslage in Irak erwägen die Vereinten Nationen den kompletten Abzug ihres ausländischen Personals. Über diese Frage werde derzeit "auf höchster Ebene" beraten, sagte ein ranghoher UN-Mitarbeiter am 25. September in New York. Enge Mitarbeiter von UN-Generalsekretär Kofi Annan, unter ihnen auch sein Sicherheitsbeauftragter, sprachen sich demnach für einen vollständigen Abzug aus. Die Entscheidung darüber könne schon sehr bald fallen, hieß es.
  • Bei einer Bombenexplosion in einem Journalistenhotel im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad ist am 25. September mindestens ein Mensch getötet worden. Der einheimische Hotelangestellte sei gestorben, als sich im Generatorraum des Hotels Aike eine Detonation ereignete, sagte ein Sprecher der Bagdader Polizei. Es habe sich um einen Sprengsatz gehandelt. Augenzeugen berichteten von zwei Verletzten. Unter ihnen soll auch ein ausländischer Journalist sein.
  • Bei einer Explosion auf dem Marktplatz der irakischen Stadt Bakuba sind am Abend des 25. September acht Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 18 weitere irakische Zivilisten seien verletzt worden, berichtet CNN unter Berufung auf Angaben des US- Militärs. Offenbar sei auf dem Marktplatz eine Granate explodiert, hieß es. Bakuba liegt im so genannten "sunnitischen Dreieck". Dort hat es in der Vergangenheit immer wieder Anschläge und Angriffe auch auf die Besatzungsmacht gegeben.
  • Irak soll nach dem Willen von US-Außenminister Colin Powell innerhalb der kommenden sechs Monate eine neue Verfassung bekommen. Es sei der Wunsch der US-Regierung, dass die Verfassung innerhalb eines halben Jahres entworfen und ratifiziert werde, sagte Powell in einem am 25. September aufgezeichneten Gespräch für die CBS-Fernsehshow "Late Night with David Letterman". Nach Annahme der Verfassung sollte eine "Periode von Wahlen" folgen, sagte Powell.
  • Beim Angriff auf eine US-Armeestellung in Bagdad am späten Abend des 25. September sind mindestens zehn Iraker verletzt worden. Die abgefeuerten Mörsergranaten hätten ihr Ziel verfehlt und Wohnhäuser im Viertel el Risssalah getroffen, teilte die irakische Polizei am Freitag mit. Die Verletzten seien ins el-Jarmuk-Krankenhaus gebracht worden.
  • Zwei US-Soldaten sind in der Nacht zum 26. September bei einem Panzerfaust-Angriff auf ihren Konvoi in der nordirakischen Ölstadt Kirkuk getötet worden. Nach Angaben der US- Armee wurden zwei weitere Soldaten bei der Attacke verletzt. Wenige Stunden zuvor sei ein weiterer Soldat bei einem Brand in einem verlassenen Gebäude in Tikrit ums Leben gekommen, hieß es.
  • Mit einem bewachten Konvoi bringen die Vereinten Nationen Mitarbeiter vom UN-Hauptquartier in Richtung Jordanien. Wie vor Ort zu erfahren war, sollten die Fahrzeuge am 26. September 19 ausländische UN- Mitarbeiter außer Landes bringen. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte am Tag zuvor entschieden, wegen des Risikos neuer Terroranschläge weitere internationale Mitarbeiter aus dem Irak abzuziehen.
  • Auf einer ganzen Seite der renommierten US-Zeitung "New York Times" hat eine US-Bürgerbewegung am 26. September den Rücktritt von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gefordert. "Donald Rumsfeld hat meine Kinder und unser Land betrogen. Es ist Zeit für ihn, zu gehen", hieß es in der Anzeige der Organisation MoveOn.org über einem Foto des Pentagon-Chefs mit ernster Miene und ausgestrecktem Zeigefinger.
  • US-Soldaten haben am Abend des 26. September in der Stadt Falludscha mindestens vier Iraker getötet. Nach Krankenhausangaben starben die Zivilisten, als US-Soldaten am Eingang der Stadt 50 Kilometer westlich von Bagdad auf mehrere Autos schossen. Zwei der Opfer sind demnach Frauen. Wie ein AFP-Reporter berichtete, wurden mindestens acht Menschen verletzt. Augenzeugen zufolge riefen Geistliche in den Moscheen zu Blutspenden auf. Vor einem örtlichen Krankenhaus versammelten sich etwa 2.000 wütende Menschen, die US-feindliche Slogans riefen. Die US-Armee hat am Tag darauf die Tötung zweier irakischer Zivilisten eingeräumt. Wenig später wurde bekannt, dass die USA eine Untersuchung des Vorfalls einleiten wollen.
  • Die USA halten im Irak 19 mutmaßliche El Kaida- Kämpfer fest. Das teilte der US-Zivilverwalter Paul Bremer am 26. September mit. Insgesamt befänden sich fast 250 als Terroristen verdächtige Nicht- Iraker in dem Golfstaat in US-Gewahrsam. Bremer verteidigte in diesem Zusammenhang den Antrag von Präsident George W. Bush an den Kongress auf Bewilligung zusätzlicher Gelder für den Irak. Wenn der Wiederaufbau nicht gelinge, bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass der Irak eine Art Brutstätte für Terrorismus wird. (War er das in den Augen der US-Administration nicht schon vorher? [Anmerkung des Chronisten])
  • Unbekannte haben am 27. September in Bagdad ein Hotel angegriffen, in dem Vertreter der US-Besatzungsmacht untergebracht sind. Wie die US-Armee in der irakischen Hauptstadt mitteilte, wurde bei dem Granatenangriff auf das Rashid-Hotel niemand verletzt. Das Gebäude sei leicht beschädigt worden. Das Hotel liegt in der Nähe des Bagdader Kongresszentrums, in dem die Pressebüros der US-Streitkräfte untergebracht sind. Das Kongresszentrum war im Juli Ziel eines Granatenangriffs gewesen. Seitdem wurden die Sicherheitsvorkehrungen in dem Viertel verschärft.
  • Bei einer Explosion in einem Depot für Sprengstoff und Munition sind angeblich 35 Iraker getötet worden. Mehrere Menschen sollen verletzt sein. Das meldet die Zeitung "Al-Sabah" am 27. September. Dutzende Plünderer hätten sich aus den Beständen der ehemaligen irakischen Armee in einem Vorort der Stadt Wasit bedienen wollen. Dabei seien drei Lagerhallen in Brand geraten, heißt es weiter.
  • US-Truppen im Irak haben nach eigenen Angaben ein Waffenlager mit Luftabwehrraketen, Hunderten anderen Waffen und Sprengstoff gefunden. Die Waffen seien in einem Garten nahe der Stadt Tikrit entdeckt worden, teilte die US-Armee am 27. September mit. Ein Militärsprecher sagte, der Fund beweise, dass die Anhänger Saddams noch so gut ausgestattet seien, dass sie eine Gefahr darstellten. Im Einzelnen wurden den Angaben zufolge 23 SA-7 Luftabwehrraketen gefunden sowie etwa 500 Kilogramm Plastiksprengstoff, 500 Handgranaten, Dutzende Werfergranaten und Zünder für Sprengsätze.
  • Russland macht seinen Beitrag zum Wiederaufbau von Irak vom Inhalt der angestrebten neuen UN-Resolution abhängig. Das betonte am 27. September der russische Staatschef Wladimir Putin zum Abschluss zweitägiger Gespräche mit US-Präsident George W. Bush in Camp David bei Washington. Über "Grad und Ausmaß der Beteiligung" werde entschieden, wenn die "Parameter" der Resolution bekannt seien, sagte Putin auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bush auf dessen Landsitz.
  • Die USA haben 10.000 Reservisten für den Einsatz im Irak mobilisiert. Sie sollen im Rahmen eines Rotationsverfahrens in den Irak verlegt werden und dort bereits seit Monaten eingesetzte US-Soldaten ablösen, meldete dpa am 27. September. Die Reservisten gehören zu zwei Infanterie-Brigaden der Nationalgarde. Die erste Gruppe der 10 000 soll schon im kommenden Monat eine dreimonatige Spezialausbildung antreten und dann den Dienst im Irak antreten. Dieser wird ein Jahr dauern.
  • In mehreren europäischen Metropolen haben am 27. September zehntausende Menschen gegen die Besatzungspolitik in Irak protestiert.
  • In der irakischen Stadt Falludscha ist am 28. September ein Militärkonvoi der US-Armee angegriffen worden. Wie ein Augenzeuge berichtete, wurde einer der fünf Jeeps von einem Sprengsatz getroffen, als der Konvoi durch das Zentrum der 50 Kilometer westlich von Bagdad liegenden Stadt fuhr. Zunächst war unklar, ob es Verletzte gab. Auf der Straße lagen Wrackteile des zerstörten Jeeps.
  • Bei einem Angriff auf einen US-Militärkonvoi nahe der irakischen Stadt Falludscha sind am 29. September ein US-Soldat getötet und ein weiterer verletzt worden. Ein US-Militärsprecher bestätigte entsprechende Angaben von Augenzeugen. Nach Angaben eines irakischen Polizisten war ein Sprengsatz auf die Fahrzeugkolonne geschleudert worden.
  • US-Soldaten haben am 29. September in Nordirak nach irakischen Angaben ein zehnjähriges Kind erschossen. Die Soldaten hätten in Hawidscha westlich der Kurdenstadt Kirkuk das Feuer auf mehrere hundert Demonstranten eröffnet, als diese Steine gegen sie geschleudert hätten, teilte der Direktor des ansässigen Krankenhauses mit. Ein 25-jähriger Mann sei durch einen Herzschuss schwer verletzt worden. Wie ein AFP-Korrespondent berichtete, geriet die Kundgebung von, wie es hieß: etwa 500 Anhängern des Ex-Machthabers Saddam Hussein außer Kontrolle, als diese Steine auf die US-Soldaten schleuderten. Die US-Armee äußerte sich zu dem Vorfall zunächst nicht.
  • Vor der Stadt Chaldija 80 Kilometer westlich von Bagdad sind am 29. September möglicherweise mehrere US-Soldaten bei einem Granatenangriff auf einen Konvoi getötet worden. Nach dem Vorfall feuerten US-Kampfhubschrauber mindestens sechs Raketen in der Region ab, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Augenzeugen berichteten, ein US-Militärkonvoi sei auf einer Straße zwischen Chaldija und Ramadi unter Granatenbeschuss gekommen. Zwei der fünf Fahrzeuge seien in Flammen aufgegangen. In den Berichten war von mindestens fünf getöteten US-Soldaten die Rede, die per Hubschrauber ausgeflogen worden seien.
  • Die Europäische Union will beim Wiederaufbau Iraks eine "wichtige Rolle" übernehmen. EU-Hilfen sollen dabei in einem multilateralen Rahmen gewährt werden, der unabhängig von der Übergangsverwaltung in Irak ist, wie die EU- Außenminister am 29. September in Brüssel vereinbarten.
  • Jordanien will rund 30.000 Iraker für Polizei- und Sicherheitsaufgaben ausbilden. König Abdullah II. sagte am 29. September der Nachrichtenagentur AFP in Amman, eine erste Gruppe von 3000 Irakern werde demnächst in Jordanien eintreffen. Jordanische Truppen nach Irak zu entsenden sei keine gute Idee und wäre gegenüber den Irakern auch nicht gerecht, sagte Abdullah II.
  • Die Vereinten Nationen haben am 30. September weitere 30 UN-Mitarbeiter aus Bagdad abgezogen, sodass nun nur noch 50 UN-Mitarbeiter im Irak im Einsatz sind. Die humanitären Aufgaben können aber nach Auskunft der UNO von den rund 4.000 irakischen Mitarbeitern erfüllt werden.
  • Nachdem sich am 29. September mehrere arabische Staaten in der UN-Generalversammlung für ein schnelles Ende des Besatzungsregimes im Irak ausgesprochen hatten, forderte am 30. September auch China eine "baldige Wiederherstellung der irakischen Souveränität". In der Erklärung des Außenministeriums in Peking fand sich aber kein Hinweis auf das chinesische Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat. Der Vorschlag, den US-Außenministers Powell dort eingebracht hat, sieht vor, dass es im Irak innerhalb eines halben Jahres eine neue Verfassung geben soll und dass in wenig mehr ale einem Jahr eine irakische Regierung gewählt werden soll.
  • Nach einem vierstündigen Gefecht in der westirakischen Ortschaft Habanija haben die US-Streitkräfte 14 verdächtige Iraker festgenommen. Sie seien verdächtig, am Vortag bei einem Angriff auf einen Konvoi einen US-Soldaten getötet zu haben.
    Der Fernsehsender Al Dschasira meldete, dass am 30. September in Habanija ein zweiter Anschlag auf US-Truppen stattgefunden habe.


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