Grüne wollen US-General vor Kundus-Ausschuss zitieren
SPD: Statt Kampftruppen mehr Ausbilder für Polizei und Armee
Der Oberkommandierende der US-geführten Truppen in Afghanistan, General
Stanley McChrystal, soll nach dem Willen der Grünen im
Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen. Unterdessen
wurden weitere Details der Bombennacht vom 4. September bekannt.
»Niemand kann besser Auskunft geben über die Frühphase der Untersuchung
des Luftangriffs bei Kundus«, begründete der Obmann der Grünen im
Untersuchungsausschuss, Omid Nouripour, in der »Süddeutschen Zeitung«
den Wunsch seiner Fraktion, McChrystal im Ausschuss anzuhören. Auch die
Piloten der beiden Kampfjets, die die Bomben abgeworfen hatten, müssten
demnach vorgeladen werden. Nouripour kündigte an, mit SPD und
Linkspartei das Gespräch zu suchen, damit die Zeugenliste erweitert
werden könne.
Bei dem von einem Bundeswehr-Oberst angeordneten Luftangriff auf zwei
von den afghanischen Taliban entführte Tanklastzüge waren nach
NATO-Angaben bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter auch
Zivilisten. Die »Frankfurter Rundschau« und die »Berliner Zeitung«
veröffentlichten am Mittwoch Auszüge aus dem geheimen Protokoll
McChrystals zu dem Angriff. Demnach machten deutsche Offiziere den
angeforderten US-Bomberpiloten bewusst falsche Angaben, um mit dem
Angriff fortfahren zu können. So sei wahrheitswidrig eine
»Feindberührung« gemeldet worden. Zudem wurden demnach ausdrücklich
nicht die Tanklaster, sondern die Menschen in deren Nähe als vorrangiges
Ziel genannt.
SPD-Chef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier
wandten sich in einem gemeinsamen Brief an die in Afghanistan
stationierten Bundeswehr-Soldaten. »Für uns steht fest, dass die Präsenz
der Bundeswehr in Afghanistan zeitlich begrenzt sein muss. Deshalb haben
wir bereits im Sommer einen Plan entwickelt, der den schrittweisen Abzug
der internationalen ISAF-Truppen zum Ziel hat«, heißt es in dem
Schreiben. Als Voraussetzung für einen Abzug sehen Gabriel und
Steinmeier aber dem Schreiben zufolge weiterhin, dass die Afghanen
selbst für die Sicherheit im Land garantieren könnten. Beide sprachen
den Soldaten »Dank, Respekt und Anerkennung« aus.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sprach sich
für eine Aufstockung der deutschen Polizei- und Militärausbilder in
Afghanistan aus. »Ich glaube, dass es notwendig ist, sowohl die
Ausbildung der Polizei als auch die Ausbildung der militärischen Polizei
- also der Feldjäger - verstärkt voranzutreiben«, sagte Beck der
»Frankfurter Rundschau«. SPD-Chef Gabriel habe die Entsendung weiterer
deutscher Soldaten keineswegs kategorisch abgelehnt, betonte Beck: »Das
ist missinterpretiert worden.« Vielmehr wende sich die SPD gegen eine
Aufstockung von Kampftruppen.
Zur Lösung des Afghanistan-Konflikts forderte Beck erneut einen Dialog
mit »gemäßigten Taliban«. Dies hatte er bereits nach einer
Afghanistan-Reise im März 2007 vorgeschlagen. Damals hatte er jedoch bei
der Union und beim heutigen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu
Guttenberg (CSU) nur Spott geerntet. Inzwischen plädiert zu Guttenberg
selbst für diesen Dialog.
* Aus: Neues Deutschland, 24. Dezember 2009
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