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Chronik Afghanistan

April 2011


Freitag, 1. April, bis Sonntag, 3. April
  • Afghanistan hat mit dem Ruf zu kämpfen, überall im Land herrsche Krieg. Der Sprecher der Sicherheitstruppe ISAF, Josef Blotz, widerspricht aber vehement dem Eindruck, das ganze Land stehe in Flammen. "Dem ist definitiv nicht so", sagt der deutsche Brigadegeneral laut dapd vom 1. April. 65 Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle ereigneten sich in drei der insgesamt 34 Provinzen, erklärt der deutsche Brigadegeneral. Mit anderen Worten: In 31 von 34 Provinzen herrscht relative Ruhe. Blotz war 2007 Regionalkommandeur Nord. Dort hat Deutschland als Führungsnation die Regionalverantwortung im Rahmen der ISAF-Mission übernommen.
  • Bei einem Angriff wütender Demonstranten auf das UN-Hauptquartier im nordafghanischen Masar-i-Scharif sind am 1. April mindestens zwölf Menschen getötet worden. Unter den Opfern sind nach Angaben der Behörden sieben ausländische UN-Mitarbeiter, davon fünf Nepalesen und zwei Europäer. Die Proteste richteten sich gegen eine Koran-Verbrennung in einer Kirche in Florida vor knapp zwei Wochen. Die norwegische Armee teilte mit, dass "aller Wahrscheinlichkeit nach" ein norwegischer Offizier unter den Toten sei. Laut dem Gouverneur der Provinz Balch kamen fünf Demonstranten ums Leben, etwa 20 weitere seien verletzt worden. Mehr als 20 in den Angriff verwickelte "Aufständische" seien festgenommen worden.
  • Der umstrittene US-Pastor Terry Jones, in dessen Beisein vor knapp zwei Wochen im US-Bundesstaat Florida ein Koran verbrannt wurde, fühlt sich für den tödlichen Angriff auf ein UN-Büro in Afghanistan nicht verantwortlich. Seine Gemeinde sei "betrübt" über den Tod von mindestens sieben UN-Mitarbeitern, sagte Jones am 1. April der Nachrichtenagentur AFP. "Aber wir fühlen uns nicht verantwortlich."
  • Nach dem tödlichen Angriff auf ein UN-Büro in Afghanistan hat der UN-Sicherheitsrat die Regierung in Kabul zu einem besseren Schutz des UN-Personals im Land aufgefordert. Der Sicherheitsrat verurteile "auf das Schärfste" den Angriff auf das UN-Büro, hieß es am 2. April in New York. Die afghanische Regierung müsse dafür sorgen, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt und UN-Mitarbeiter künftig besser geschützt werden. Bei dem Angriff auf das UN-Gebäude waren sieben Mitarbeiter der Vereinten Nationen getötet worden.
    "The Security Council issued a press statement in the wake of the attack, with its 15 members condemning 'all incitement to and acts of violence' and expressing their deep condolences to the families of the victims.
    The Council called on Afghan authorities to take 'all possible steps' to protect UN personnel and premises, and to bring the perpetrators of the attack to justice, according to the statement, read out by Ambassador Nestor Osorio of Colombia, which holds the rotating monthly presidency."
    (UN News Centre, 2. April 2011; www.un.org)
  • Am 2. April sind bei neuerlichen Protesten gegen die Verbrennung der Heiligen Schrift der Muslime in Kandahar zehn Menschen getötet und mehr als 80 weitere verletzt worden. Es habe "zehn Tote und 83 Verletzte" bei den Protesten in Kandahar gegeben, sagte der Leiter des größten Krankenhauses der Stadt. Demnach wurden bei den Protesten Regierungsgebäude und Privathäuser sowie eine Mädchenschule zerstört, die Demonstranten steckten zudem Fahrzeuge in Brand.
    Mehrere tausend Menschen hatten sich am Morgen in Kandahar zu Protesten gegen die Koranverbrennung versammelt. Eine Gruppe wollte dabei zum UN-Gebäude der Stadt marschieren. Die Demonstranten konnten aber von hunderten Polizisten, die Warnschüsse in die Luft abgaben, daran gehindert werden. Ein Sprecher der Provinzbehörden sagte, die Demonstration habe friedlich begonnen, "Feinde des Volkes" hätten sich aber dann unter die Menge gemischt. Dieser Ausdruck wird häufig für die radikalislamischen Taliban verwendet.
  • US-Präsident Barack Obama hat mit harten Worten die Koran-Verbrennung durch einen US-Pastor verurteilt, die in Afghanistan zu einer Welle der Gewalt führte. "Die Schändung eines heiligen Textes, auch des Korans, ist ein Akt extremer Intoleranz und Bigotterie", erklärte Obama am 2. April in Washington. Zugleich verurteilte der Präsident die gewaltsamen Ausschreitungen bei Protesten gegen die Koran-Verbrennung in Afghanistan. "Als Antwort (auf die Koran-Verbrennung) unschuldige Menschen anzugreifen und zu töten, ist abscheulich und verstößt gegen die menschliche Würde und den menschlichen Anstand", erklärte Obama.
  • Die Feldpostaffäre bei der Bundeswehr weitet sich aus: Nach Briefen seien jetzt auch "Feldkisten" von Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz aufgebrochen worden, berichtet die "Bild am Sonntag" (3. Apr.) unter Berufung auf einen Sprecher des Verteidigungsministeriums. In diesen Kisten werden persönliche Dinge wie Uniform und Ausrüstung der Soldaten von privaten Logistikfirmen in die und aus den Einsatzgebieten transportiert. Die "Feldkisten" werden den Angaben zufolge mit Vorhängeschlössern gesichert, die offenbar aufgebrochen wurden. Ob und was gestohlen wurde, sei unklar.
    In der kommenden Woche soll der Untersuchungsbericht zu den geöffneten Feldpostbriefen von Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan veröffentlicht und an den Verteidigungsausschuss übergeben werden. Dieser kommt laut "BamS" zu dem Ergebnis, dass Bundeswehr und Post keine Schuld treffe. Es handele sich vielmehr um Einzelfälle und nicht um eine gezielte Kontrolle oder Diebstahl der Soldatenpost.
  • Am 3. April sind erneut in Afghanistan hunderte Menschen aus Protest gegen eine Koran-Verbrennung in den USA auf die Straße gegangen. Angaben der örtlichen Behörden sowie Augenzeugen zufolge demonstrierten im südlichen Kandahar mehrere hundert zumeist junge Männer gegen den Vorfall und riefen wie bereits bei ähnlichen Demonstrationen "Tod den USA" und "Tod für (Präsident Hamid) Karsai". Einem Sprecher der Provinzbehörden zufolge fanden an drei Orten in Kandahar Proteste statt, auch in der Stadt Pandschwai, rund zehn Kilometer südwestlich von Kandahar, gab es eine Demonstration.
    Nach Angaben des afghanischen Innenministeriums demonstrierten zudem in Dschalalabad, etwa 150 Kilometer östlich der Hauptstadt Kabul, hunderte Studenten gegen die Koran-Verbrennung vor knapp zwei Wochen in Florida. Sie blockierten demnach die Zufahrtsstraße der Stadt zu Kabul. Sämtliche Demonstrationen verliefen zunächst friedlich.
    Später wurde berichtet, dass mindestens ein Mensch getötet worden sei. Angaben der Provinzbehörden zufolge wurden zudem mindestens 16 Menschen durch Schüsse und Steinwürfe verletzt, darunter zwei Polizisten.
  • Bei zwei Selbstmordanschlägen in Pakistan sind am 3. Apr. mindestens 41 Menschen getötet worden. Wie die örtliche Polizei mitteilte, war das Ziel der Anschläge ein Heiligtum der religiösen Minderheit der Sufi-Glaubensrichtung in der Provinz Punjab im Zentrum des Landes. Islamistische Extremisten hatten in der Vergangenheit wiederholt Anschläge auf Sufi-Anhänger verübt, weil sie ihre Glaubensrichtung für unislamisch halten. Zwei Selbstmordattentäter sprengten sich außerhalb der Kultstätte für den Sufi-Heiligen Ahmed Sultan in die Luft. Zuvor hatten sie versucht, in das Heiligtum im Bezitk Dera Ghazi Khan einzudringen, was ihnen jedoch nicht gelungen sei. An der Grabstätte des auch unter dem Namen Sakhi Sarwar bekannten Heiligen aus dem 13. Jahrhundert waren zum Zeitpunkt des Anschlags hunderte Gläubige versammelt. Nach Angaben der Polizei wurden durch die Explosionen mehr als 70 Menschen verletzt.
Montag, 4. April, bis Sonntag, 10. April
  • Die Verbrennung eines Korans in den USA hat in Afghanistan am vierten Tag in Folge zu gewalttätigen Protesten geführt. Die Demonstrationen hätten im Bezirk Alingar begonnen und dann die Stadt Mehterlam, die Hauptstadt der nordafghanischen Provinz Laghman, erreicht, wie der Vize-Präsident des Provinzrates, Gulsar Sangarwar, am 4. Apr. der Nachrichtenagentur AFP sagte. Augenzeugen berichteten, an dem Protestzug hätten sich mehr als tausend Menschen beteiligt. Sie riefen demnach "Tod Amerika, lang lebe der Islam". Der Polizeichef von Laghman, Mohammed Asis Gharanai, sprach hingegen von nur 300 Demonstranten. Sie hätten die Polizei mit Steinen beworfen, die Beamten hätten aber dennoch nicht geschossen. Verletzt worden sei niemand.
  • Die Verbrennung eines Korans in den USA hat nach Ansicht des Befehlshabers der internationalen Truppen in Afghanistan, US-General David Petraeus, neue Gefahren am Hindukusch geschaffen. Angesichts der anhaltenden Proteste in Afghanistan gegen die Schändung der Heiligen Schrift des Islam sagte Petraeus dem "Wall Street Journal": "Es ist ein zusätzliches Sicherheitsrisiko entstanden - und das in einem Land, das bereits vielen Risiken ausgesetzt ist." (AFP, 4. Apr.)
  • Bei einem Bombenanschlag im Nordwesten Pakistans sind am 4. April sieben Menschen getötet worden. Nach Polizeiangaben explodierte der ferngesteuerte Sprengsatz an einer Bushaltestelle im Distrikt Lower Dir in der Nähe der afghanischen Grenze. Unter den Toten sei ein als regierungstreu geltender Stammesältester gewesen, sagte Polizeisprecher Salim Marwat. Möglicherweise sei er das Ziel des Anschlags gewesen. - Zunächst bekannte sich keine Gruppe zu dem Anschlag.
  • Bundespräsident Christian Wulff wünscht sich mehr Anerkennung für den Soldatenberuf. Die Bundeswehr leiste einen "besonderen Dienst zum Wohle unserer Gesellschaft", sagte das Staatsoberhaupt am 4. April beim seinem ersten Besuch beim Einsatzführungskommando in Potsdam. Die Truppe erfülle ihre Pflicht für die Sicherheit Deutschlands und den Frieden in der Welt. "Und wir sind ihnen im Gegenzug schuldig, das Notwendige für sie zu tun", sagte er.
    Überschattet wurde Wulffs Besuch von einem Anschlag in Nordafghanistan, bei dem im deutschen Verantwortungsbereich des RC North zwei US-Soldaten ums Leben kamen. Der Bundespräsident betonte, auch dieser Angriff werde nicht das Ende einer engen Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeikräften bedeuten. Schließlich gehe es um die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte, damit die Verantwortung rasch in deren Hände übergehen könne. "Am Ende des Tages muss Afghanistan seine eigene Verantwortung übernehmen", sagte Wulff.
  • Die Proteste in Afghanistan gegen die Verbrennung eines Korans in den USA haben auch am 5. April angehalten. In der Hauptstadt Kabul demonstrierten Beobachtungen eines AFP-Fotografen zufolge mehrere hundert Menschen an der Universität. Die Menge, vor allem Studenten, riefen "Tod für Amerika" und forderten Bestrafungen für die Verantwortlichen der Aktion in Florida. Ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Proteste seien "unter Kontrolle" und verliefen friedlich.
  • Der Oberbefehlshaber der internationalen Afghanistan-Truppe ISAF, US-General David Petraeus, ist einem Medienbericht zufolge als neuer Chef des US-Geheimdienstes CIA im Gespräch. Wie der US-Radiosender NPR am Abend des 4. April berichtete, wird die Nominierung von Petraeus "ernsthaft geprüft". Der General "würde den Job nehmen, wenn er ihn angeboten bekäme", meldete NPR unter Berufung auf US-Regierungskreise.
  • Ein Spürhund der australischen Armee, der während eines Einsatzes in Afghanistan verloren ging und sich ein Jahr lang allein durchschlug, ist mit einer Tapferkeits-Medaille geehrt worden. Der schwarze Labrador Sarbi erhielt das violette Kreuz der königlichen Gesellschaft für die Verhinderung von Gewalt gegen Tiere (RSPCA). RSPCA-Präsidentin Lynne Bradshaw lobte die "enorme Ausdauer und Stärke" des Hundes. Sarbi war in Afghanistan zum Aufspüren von Sprengsätzen eingesetzt worden. Im September 2008 verschwand der Hund spurlos, als australische, amerikanische und afghanische Soldaten in der Provinz Urusgan in einen Hinterhalt von Taliban gerieten. Neun Menschen, darunter der Aufseher des Hundes, wurden verletzt. Sarbi wurde erst mehr als ein Jahr später von einem US-Soldaten in einer entlegenen Gegend von Urusgan wiedergefunden. An der Zeremonie in Canberra nahm auch Australiens Armeechef Ken Gillespie teil. Sarbi ist erst das zweite Tier, das aufgrund eines Militäreinsatzes von der RSPCA ausgezeichnet wurde - nach dem Esel "Murphy", der im Ersten Weltkrieg Verletzte der Schlacht von Gallipoli transportierte. (AFP, 5. April)
  • Die US-Regierung sieht die Bemühungen Pakistans im Kampf gegen radikale Islamisten einem Bericht des Weißen Hauses zufolge kritisch. In den umkämpften Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan im Nordwesten des Landes habe sich die Sicherheitslage seit Januar zugespitzt, hieß es in dem Papier an den US-Kongress, wie AFP am 5. April berichtete. Insbesondere in den Distrikten Mohmand und Bajaur seien die pakistanischen Sicherheitskräfte von Aufständischen vor allem durch zahlreiche Bombenanschläge, schlechte Witterungsbedigungen und ein gravierendes Flüchtlingsproblem zurückgedrängt worden.
  • In Afghanistan haben NATO-geführte Truppen nach Angaben der Kabuler Polizei bei einem Verkehrsunfall zwei afghanische Zivilistinnen getötet. Wie die Polizei am 6. April weiter mitteilte, eröffneten die Soldaten das Feuer, als ihr Militärkonvoi daraufhin von einer aufgebrachten Menge mit Steinen angegriffen wurde. Dabei seien ein weiterer Zivilist erschossen und eine Frau sowie ein Kind verletzt worden. Ein Polizeisprecher sagte, es habe sich um britische Soldaten gehandelt. Die NATO-Truppe ISAF konnte dies zunächst nicht bestätigen.
  • Die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan können das Programm der ARD wieder voll empfangen. Das Erste werde weiter über Eutelsat ausgestrahlt, sagte die ARD-Vorsitzende Monika Piel am 6. April nach einer Intendantentagung in Stuttgart. Die ARD hatte Ende März angekündigt, unter anderem wirtschaftliche Gesichtspunkte seien angesichts "der Sparbemühungen in der ARD" ausschlaggebend gewesen, die Übertragung per Satellit zum 1. April in das Einsatzgebiet am Hindukusch einzustellen. Die vorübergehende Ausstrahlung über diesen Weg habe die ARD 32.000 Euro netto monatlich gekostet. Die Ankündigung, dass die deutschen Soldaten in Afghanistan das ARD-Programm nicht mehr voll sehen können, war unter anderem von Politikern heftig kritisiert worden.
  • Rund zwei Prozent aller deutschen Bundeswehrsoldaten, die 2009 im Afghanistan-Einsatz waren, sind mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zurückgekehrt. Das entspreche jährlich rund 300 Soldaten, wie aus einer am 6. April in Berlin veröffentlichten Untersuchung der TU Dresden zu den Folgen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr hervorgeht. Nur jeder zweite Betroffene suchte bislang in den zwölf Monaten nach dem Einsatz professionelle Hilfe. Dies weist nach Angaben der Wissenschaftler auf eine "nicht unerhebliche jährliche Dunkelziffer" hin. (Siehe hierzu: "Von den Erinnerungen verfolgt".)
  • Im Süden Afghanistans sind zwei NATO-Soldaten durch den Beschuss der eigenen Truppen getötet worden. Eine Ermittlung solle die genauen Umstände des Vorfalls klären, teilte die NATO-geführte ISAF-Truppe am 6. April mit. Sie machte keine weiteren Angaben zu dem Ort des Vorfalls oder der Nationalität der Opfer.
    Seit Beginn des Jahres wurden nach Angaben der Internetseite icasualties.org in Afghanistan 113 ISAF-Soldaten getötet. Im Jahr zuvor starben beim Einsatz gegen die Taliban 711 ISAF-Soldaten. Es war damit das blutigste Jahr seit Beginn des Einsatzes 2001.
  • In Afghanistan haben am siebten Tag in Folge hunderte Menschen gegen eine Koranverbrennung in den USA protestiert. Rund 300 Menschen hätten nach dem Morgengebet in der Hauptstadt Kabul vor der Eid-Gah-Moschee gegen den Vorfall in Florida vor mehr als zwei Wochen protestiert, sagte ein Polizeisprecher am 7. April. Die Demonstration habe rund eine Stunde gedauert und sei friedlich verlaufen. Die Protestierenden trugen Plakate mit Aussagen wie "Der Koran ist unser Gesetz" in den Händen und kritisierten die USA scharf.
  • Bei einem Angriff auf ein Polizeizentrum nahe der südafghanischen Stadt Kandahar sind sechs afghanische Sicherheitskräfte getötet worden. Radikalislamische Taliban brachten nach Angaben der Behörden der Provinz Kandahar einen mit Sprengstoff beladenen Krankenwagen zur Explosion. Dabei seien zudem mindestens zehn Menschen verletzt worden, unter ihnen ein Zivilist. Die Sicherheitskräfte hätten ihrerseits drei Angreifer getötet und den Polizeikomplex umstellt, hieß es. Der Vorfall ereignete sich am 7. April in einem Ausbildungszentrum in einem Vorort von Kandahar.
  • Bei Kämpfen in den halbautonomen Stammesgebieten im Nordwesten Pakistans sind nach Behördenangaben fünfzig Aufständische und mehrere Soldaten getötet worden. Vier Soldaten und zehn Rebellen seien am 7. April bei einem Angriff auf eine Patrouille der Sicherheitskräfte im Bezirk Mohmand im Norden der Stammesgebiete ums Leben gekommen, sagte der örtliche Verwaltungsbeamte Maqsood Hassan der Nachrichtenagentur AFP am 8. April. Ebenfalls am 7. April seien bei einem Luftangriff auf Verstecke der Aufständischen in der an Afghanistan grenzenden Region 40 Rebellen getötet worden.
  • Das Verteidigungsministerium hat die Feldpost-Affäre bei der Bundeswehr für beendet erklärt. Umfangreiche Prüfungen hätten "keinen Anhalt für ein Fehlverhalten von Angehörigen der Bundeswehr oder Angehörigen der Deutschen Post AG ergeben", heißt es in einer Stellungnahme des Verteidigungsministeriums vom 5. April, die laut Agenturberichten vom 8. April der "Berliner Zeitung" vorliegt. Auch gebe es keine Anhaltspunkte "für die systematische Öffnung von Feldpostsendungen". Es handle sich vielmehr um Einzelfälle. Das Ministerium geht laut dem Papier davon aus, dass es in der Regel die Absender selbst gewesen sein sollen, die Feldpostsendungen unsachgemäß verschlossen oder Paketinhalte unzureichend verpackt hätten. Jene Fälle, in denen Feldpostbriefe tatsächlich verloren gegangen seien, seien nicht mehr nachvollziehbar. Gleichzeitig aber wurde laut dem Blatt darauf verwiesen, dass die Staatsanwaltschaft Darmstadt Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen habe, die "drei bis sechs Monate in Anspruch nehmen" dürften.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Bus der afghanischen Armee sind am 9. April in Kabul mindestens sieben Soldaten und drei Zivilisten verletzt worden. Der Attentäter habe den Sprengstoff am Körper getragen und ihn neben dem Bus gezündet, teilte die Polizei in der afghanischen Hauptstadt mit. In umliegenden Gebäuden gingen Fensterscheiben zu Bruch. Präsident Hamid Karsai verurteilte die Tat. Die afghanische Armee ist immer wieder Ziel von Anschlägen der radikalislamischen Taliban. In diesem Jahr beginnt die schrittweise Übergabe der Sicherheitsverantwortung von den NATO-Truppen in Afghanistan an die afghanischen Streitkräfte.
Montag, 11. April, bis Sonntag, 17. April
  • Die Türkei hat am 11. Apr. ihre Bereitschaft erklärt, ein politisches Büro der aufständischen Taliban im eigenen Land anzusiedeln. Ziel sei es, Gespräche zwischen den Konfliktparteien in Afghanistan voranzutreiben und letztlich die Kämpfe zu einem Ende zu bringen. Nach inoffiziellen Angaben aus dem türkischen Außenministerium gebe es allerdings noch keinen formellen Antrag, ein Taliban-Büro in der Türkei zu eröffnen oder bei Friedensgesprächen zu vermitteln. Wenn es soweit sei, würde man die Möglichkeiten abwägen. Ein Mitglied des afghanischen Friedensrats, Arsala Rahmani, sagte, die Türkei habe bereits mit der Planung für ein solches Büro begonnen. Der Friedensratsvorsitzende Burhanuddin Rabbani habe das Thema bei einem Besuch in der Türkei im vergangenen Monat erörtert.
    Die Türkei stellt Truppen für den Einsatz der NATO in Afghanistan zur Verfügung - allerdings nicht im Kampfeinsatz. Als stärkstes muslimisches Mitglied der NATO und Regionalmacht will die Türkei eine politische Lösung in dem festgefahrenen Konflikt vermitteln.
  • Zehn Monate nach seiner Entlassung wegen abfälliger Interviewäußerungen zur Kriegsführung von US-Präsident Barack Obama bekommt der frühere Oberbefehlshaber in Afghanistan, General Stanley McChrystal, einen neuen Job: McChrystal soll ein Hilfsprojekt für Familien von Soldaten im Auslandseinsatz leiten, wie Obamas Frau Michelle am 11. Apr. in Washington mitteilte. Das Programm werde Initiativen aus der Zivilbevölkerung zur Unterstützung von Soldatenfamilien fördern.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat den Westen für die Bankenkrise im Land verantwortlich gemacht. Internationale Berater und Wirtschaftsprüfer hätten der Kabul-Bank, die im vergangenen Jahr vor dem Zusammenbruch stand, ein gutes Zeugnis ausgestellt. Hunderte Millionen Dollar seien diesen Beratern und Organisationen gezahlt worden, die dem Bankensystem helfen sollten, bei dieser Aufgabe aber versagt hätten, erklärte Karsai am 11. April. Dabei nannte er insbesondere die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouse Coopers, deren pakistanische Filiale mit der Buchprüfung beauftragt war, und die Beratungsfirmen Deloitte und BearingPoint. Die Regierung werde diesbezüglich Ermittlungen aufnehmen. Wer auch immer für die Krise der Bank verantwortlich gewesen sei, werde seiner gerechten Strafe zugeführt werden, sagte Karsai. In wenigen Tagen steht das Frühlingstreffen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds an. Der IWF hatte erklärt, das Programm für Afghanistan nicht auszuweiten, bis die Probleme der Kabul-Bank geklärt seien.
    Nach Vorwürfen des Missmanagements, der Vetternwirtschaft und fragwürdiger Kreditvergabepraktiken wurde das größte Kreditinstitut Afghanistans der Kontrolle der afghanischen Zentralbank unterstellt.
  • Der afghanische Geheimdienst NDS hat nach eigenen Angaben einen Handlanger der Taliban festgenommen, der im Auftrag der Islamisten öffentliche Hinrichtungen vollstreckt haben soll. NDS-Sprecher Lutfullah Maschal sagte am 12. April in Kabul, der 30-jährige Mullah Dschumah habe zugegeben, seit 2009 in der südlichen Unruheprovinz Helmand für die Taliban als Henker gearbeitet und dutzende Menschen unter anderem wegen angeblicher Spionage enthauptet zu haben. Dschumah soll demnach am 21. März gemeinsam mit zwei weiteren Handlangern der Taliban drei Menschen getötet haben, denen diese Kollaboration mit den US-geführten Truppen in Afghanistan vorgeworfen hatten. Die Männer seien zuvor von einem "Taliban-Gericht" zum Tode verurteilt worden, sagte Maschal.
  • Auf das Büro des Sondergesandten der Europäischen Union (EU) in Afghanistan ist ein Schuss abgegeben worden. Ein Geschoss habe die Panzerglasscheibe des Arbeitszimmers des Gesandten Vygaudas Usackas in Kabul getroffen, teilte die EU-Vertretung vor Ort am 12. April mit. Niemand sei bei dem Vorfall auf einem streng bewachten Gelände in der afghanischen Hauptstadt verletzt worden. Den Angaben zufolge blieb zunächst unklar, ob es sich um einen Unfall oder einen Anschlag handelte. Usackas, ein ehemaliger Außenminister Litauens, war im vergangenen Jahr zum Afghanistan-Sondergesandten der EU ernannt worden.
  • Zum Bankenskandal in Afghanistan schreibt die Financial Times Deutschland (online-Ausgabe) am 13. April:
    "Ende März hatte ein Bericht der Zentralbank gezeigt, dass die Elite des Landes und die Anteilseigner des Geldinstituts das Unternehmen als private Unterstützungskasse nutzten. So bekamen etwa ein Bruder und ein Neffe eines afghanischen Vizepräsidenten 19 Mio. Dollar, um ins Benzin-Geschäft einzusteigen, der Chef der Bank selbst genehmigte sich 18 Mio. Dollar, um neue Appartements in Kabul zu kaufen - alles zinslos und ohne Sicherheiten. Der amerikanischen Agency for international Development zufolge hat die Kabul Bank insgesamt 850 Mio. Dollar an ihre Anteilseigner und Spitzenpolitiker ausgereicht. Das sind 97 Prozent des gesamten ausstehenden Kreditvolumens des Unternehmens. Ob er auch gegen seinen Bruder Mahmoud vorgehen werde, dem sieben Prozent des Hauses gehören, wollte Karsai nicht kommentieren. Im Februar 2011 hatte die US-Entwicklungshilfebehörde bereits einen 92-Mio-Dollar-Beratervertrag mit Deloitte gekündigt. Auch wenn die Beraterfirma die Betrügereien der Bank nicht hätte stoppen können, hätten sie Hinweise auf die Machenschaften nicht weitergeleitet, so die Behörde."
  • Bei zwei Selbstmordanschlägen in Afghanistan sind am 14. April mindestens drei Polizisten getötet und fünf weitere verletzt worden. In der ostafghanischen Provinz Paktja griffen drei Selbstmordattentäter ein Trainingszentrum der Polizei an, wie ein Provinzsprecher sagte. Einer der Angreifer habe seine Sprengstoffweste zünden können, dabei seien drei Polizisten getötet und zwei weitere verletzt worden. Ein weiterer Angreifer sei erschossen worden, der dritte geflohen. Zu dem Angriff im Bezirk Arjoob Sasai bekannten sich die radikalislamischen Taliban.
  • US-Außenministerin Hillary Clinton hat vor einem übereilten Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan gewarnt. "Wir sollten uns weniger darum sorgen, wie schnell wir das Land verlassen können, sondern vielmehr darum, wie wir dem afghanischen Volk helfen können, auf den Erfolgen der letzten 15 Monate aufzubauen", sagte sie am 14. April beim Treffen der NATO-Außenminister in Berlin. Errungene Erfolge am Hindukusch dürften nicht einer "opportunistischen Politik" und "kurzfristigem Denken" weichen.
  • Im südafghanischen Kandahar ist der Polizeichef der gleichnamigen Provinz bei einem Selbstmordattentat getötet worden. Bei dem Anschlag im Polizeihauptquartier der Stadt wurden zudem seine beiden Leibwächter getötet, wie Innenminister Semarai Baschari am 15. April mitteilte. Der Polizeichef Chan Mohammed Mudschahid hatte im vergangenen Oktober die Leitung der Polizei in der Provinz übernommen und bereits zwei Attentate überlebt. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Anschlag. "Einer unserer Kämpfer hat den Polizeichef mit seiner Pistole getötet, bevor er den mit sich geführten Sprengstoff zur Explosion brachte", erklärte ein Taliban-Sprecher. Im März war bereits der Polizeichef von Kundus im Norden Afghanistans von den Aufständischen getötet worden.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen afghanischen Armeestützpunkt sind am 16. April fünf NATO-Soldaten und vier afghanische Soldaten ums Leben gekommen. Der Anschlag ereignete sich nahe Dschalalabad im Hauptquartier der afghanischen Armee für den Osten des Landes, wie die NATO-Truppe ISAF und das Verteidigungsministerium in Kabul mitteilten. Zu der Tat, die ein Mann in Armeeuniform verübte, bekannten sich die Taliban.
    ISAF-Sprecher Sprecher Tim James bestätigte den Tod der fünf ausländischen Soldaten, machte aber keine Angaben zu deren Nationalität. Es war der folgenschwerste Einzelangriff auf die ISAF seit Dezember und einer der folgenschwersten Angriffe auf die internationale Afghanistan-Truppe überhaupt.
    Auf dem Stützpunkt im Wüstengebiet Gambiri in der östlichen Provinz Laghman sind laut James mehr als hundert ISAF-Soldaten stationiert, um die afghanische Armee zu beraten. Die Bundeswehr ist in dem Gebiet nicht im Einsatz.
    Die Zahl der getöteten NATO-Soldaten erhöhte sich später auf acht.
  • Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) benötigt nach eigenen Angaben im laufenden Jahr zusätzliche Mittel in Millionenhöhe zur Versorgung notleidender Menschen in Afghanistan. Um die Ernährung von etwa 7,3 Millionen hilfsbedürftigen Menschen in dem Land sicherstellen zu können, würden noch rund 257 Millionen Dollar (knapp 178 Millionen Euro) benötigt, teilte das WFP am 16. April in der afghanischen Hauptstadt Kabul mit. "Dem WFP fehlt für das laufende Jahr etwa die Hälfte der benötigten Mittel", hieß es weiter.
Montag, 18. April, bis Sonntag, 24. April
  • In Afghanistan ist am 18. April offenbar ein Selbstmordanschlag im Verteidigungsministerium in Kabul vereitelt worden. Ein Vertreter der afghanischen Sicherheitskräfte sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Mann habe Sprengstoff am Körper getragen und sei mit einer Uniform der afghanischen Armee bekleidet gewesen. Er sei jedoch getötet worden, bevor er sich habe in die Luft sprengen können.
    Wenig später dementierte Paris: Es gebe "keinen Hinweis" darauf, dass der französische Verteidigungsminister getroffen werden sollte, erklärte sein Ministerium nach dem Attentat in der afghanischen Hauptstadt Kabul.
    Longuet war am Sonntagmorgen (17. April) zu einem Truppenbesuch nach Kabul gereist und wollte sich am Montag unter anderem mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai und seinem afghanischen Kollegen Abdul Rahim Wardak unterhalten. Am Montagmorgen, als sich der Anschlag ereignete, sei kein Gespräch im afghanischen Verteidigungsministerium geplant gewesen, erklärte das französische Ministerium. Longuet habe sich zu dieser Zeit auf dem Stützpunkt Bagram aufgehalten, der 45 Flugminuten von Kabul entfernt sei.
    Ein Sprecher der Taliban sagte, der Grund für den tödlichen Anschlag im Verteidigungsministerium sei "die Invasion der französischen Armee in Afghanistan". Dem afghanischen Ministerium zufolge erschossen mutmaßliche Taliban-Kämpfer bei dem Anschlag zwei Soldaten. Sieben weitere afghanische Soldaten seien verletzt worden. Ein Selbstmordattentäter in Uniform wurde demnach in dem Gebäude getötet, bevor er seinen Sprengsatz zünden konnte.
  • Weil sie aus Koranexemplaren Toilettenpapier herstellten, sind in Afghanistan drei Menschen festgenommen worden. Sie würden beschuldigt, in einer Papierfabrik in einem Vorort von Kabul die Schriften des Islam zu Klopapier recycelt zu haben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am 19. April in Kabul mit. Unter den Festgenommenen sei der Leiter des Werkes. Zusammen mit der Kabuler Polizei habe die Generalstaatsanwaltschaft eine Kommission zur Untersuchung des Vorfalls gegründet. Die Angelegenheit werde "sehr ernst" genommen, sagte ein Sprecher der Behörde.
  • Ein ehemaliger Übersetzer der Bundeswehr in Kundus soll sich nach Angaben des Deutsch-Marokkaners Mounir C. den radikalislamischen Aufständischen in Afghanistan angeschlossen haben und bei Kämpfen im vergangenen Dezember umgekommen sein. In einer von der Islamischen Bewegung von Usbekistan (IBU) Mitte April veröffentlichten Internet-Botschaft ehrte C. den Dolmetscher Harun el Afghani als "Märtyrer aus dem Militärlager", wie das auf die Überwachung von islamistischen Webseiten spezialisierte US-Unternehmen SITE am 20. April mitteilte.
  • US-Truppen haben den mutmaßlichen deutsch-afghanischen Terroristen Ahmad Wali S. der deutschen Justiz übergeben. Dem 36-Jährige wurde auf dem US-Flughafen Ramstein in Rheinland-Pfalz festgenommen, wie die Bundesanwaltschaft am 21. April in Karlsruhe mitteilte. Der Beschuldigte ist laut Haftbefehl verdächtig, im März 2009 von Deutschland aus in ein Lager der terroristischen Vereinigung "Islamische Bewegung Usbekistan" (IBU) im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet gereist sein. Dort sei er im Umgang mit Waffen und Sprengstoff ausgebildet worden und habe sich an Kämpfen der IBU beteiligt.
    Die US-Behörden hatten S. in Afghanistan im vergangenen Jahr gefangengenommen und im US-Militärgefängnis Bagram inhaftiert. Nach Angaben der Bundesregierung hatten ihn Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kabul vier Mal in Bagram besucht. Hinweise auf Folterung oder erniedrigende Behandlung des Gefangenen habe es dabei nicht gegeben, erklärte die Bundesregierung in einer vom Bundestags-Pressedienst veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion. Die Bundesanwaltschaft ermittelte bereits seit längerem gegen S. wegen Verdachts auf Mitgliedschaft in der IBU. Der nun gegen ihn am Donnerstag eröffnete Haftbefehl war bereits im April 2010 erlassen worden.
  • Der Getränkehersteller Pepsi will in Afghanistan eine Fabrik eröffnen. Das US-Unternehmen will in Zusammenarbeit mit der in Dubai ansässigen Alokosai-Gruppe in Kabul eine Abfüllanlage errichten, teilten beide Firmen am 21. April mit. Durch das 60 Millionen Dollar (41 Millionen Euro) teure Projekt würden in der Fabrik 800 neue Jobs entstehen. Indirekt dürften zusätzlich 2200 Arbeitsplätze für die nach Jahren des Bürgerkriegs angeschlagene afghanische Wirtschaft entstehen, hieß es. Die Fabrik soll im März 2012 die Produktion aufnehmen. Alokosai-Chef Dschalil Alokosai äußerte sich in einer Erklärung "begeistert", dass sein Unternehmen die Marke Pepsi nach Kabul bringen könne.
  • Die Bundeswehr fasst die Verlegung von "Tiger"-Kampfhubschraubern nach Nordafghanistan binnen eines Jahres ins Auge. Gemeinsam mit der US-Armee sei in den vergangenen Tagen die Stationierung von "Tiger"-Helikoptern sowie Transporthubschraubern vom Typ NH-90 im Einsatzgebiet der Bundeswehr geprüft worden, sagte der deutsche Regionalkommandeur Nord, General Markus Kneip, am 21. April. Unter Vorbehalt der politischen Entscheidung könnten bis Frühjahr 2012 Kampfhubschrauber der Bundeswehr in Afghanistan zum Einsatz kommen.
    Die Bundeswehr hat 80 "Tiger"-Kampfhubschrauber bei der EADS-Tochter Eurocopter bestellt, von denen eigentlich Ende 2009 ein Großteil ausgeliefert werden sollte. Doch wegen Problemen bei der Verkabelung verzögerte sich der Einsatz der Maschinen. Frankreich verlegte dagegen bereits 2009 drei "Tiger" nach Afghanistan. Die Hubschrauber dienen zur Aufklärung und zur Unterstützung von Angriffen aus der Luft.
  • Bei einem US-Drohnenangriff in den Stammesgebieten im Nordwesten Pakistans sind rund 20 mutmaßliche Aufständische getötet worden. Die unbemannten Flugzeuge hätten fünf Raketen auf ein von Aufständischen genutztes Gebäude im Dorf Spinwam in den Stammesgebieten Nord-Waziristans abgefeuert, sagte ein pakistanischer Armeevertreter am 22. April der Nachrichtenagentur AFP. Spinwam befindet sich rund 40 Kilometer nordöstlich der Stadt Miranshah, der größten Stadt in der Region.
  • Die Internationale Schutztruppe Isaf rechnet mit einer Zunahme von Anschlägen und einer Offensive der Taliban in Afghanistan. Dennoch blickt die Nato-geführte Schutztruppe optimistisch ins Frühjahr: Die Aufständischen seien erstmals seit Jahren geschwächt, sagt der Sprecher der Isaf, Bundeswehr-General Josef Blotz, der Nachrichtenagentur dpa. "Wir haben die Initiative wiedergewonnen." Über den Erfolg in Afghanistan werde aber letztlich nicht militärisch entschieden. (Meldung: Handelsblatt online, 22. April)
  • Rund 250 Menschen haben am 22. April vor einem Luftwaffenstützpunkt im US-Staat New York gegen den Kriegseinsatz von unbemannten Drohnen demonstriert. Nach Berichten eines lokalen Fernsehsenders wurden dabei 30 Demonstranten festgenommen. Der zuständige Sheriff Kevin Walsh sagte, die Festgenommenen hätten nach Ablauf der Demonstrationsgenehmigung weiterhin den Verkehr behindert. Es sei jedoch alles friedlich geblieben. Der Protest vor der Hancock Air National Guard Base in der Stadt Syracuse wurde von einer Gruppe organisiert, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Drohneneinsätze und die Kriege zu beenden. Der Tod von Zivilpersonen beim Einsatz der ferngesteuerten Flugzeuge ist ihrer Auffassung nach ein Menschenrechtsverbrechen. Von dem Stützpunkt in New York aus werden Drohneneinsätze in den Kriegsgebieten in Afghanistan und Irak gesteuert.
  • Im Nordosten Afghanistans ist ein Helikopter der internationalen Truppen abgestürzt. Die beiden Insassen hätten die Bruchlandung in der Provinz Kapisa rund 50 Kilometer nordöstlich von Kabul überlebt und seien geborgen worden, teilte die NATO-Truppe ISAF am 23. April mit. Zur ihrer Nationalität und der Schwere ihrer Verletzungen wollte die NATO keine Angaben machen.
    In der Region sind unter anderem Soldaten aus Frankreich und den USA stationiert. Ein Sprecher des französischen Kontingents sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass es sich nicht um einen französischen Helikopter gehandelt habe.
  • Der umstrittene US-Pastor Terry Jones ist am 23. April im US-Bundesstaat Michigan kurzzeitig inhaftiert worden. Ein Gericht in Dearborn bei Detroit hatte zuvor eine geplante Protestkundgebung des Predigers, der mit einer Koranverbrennung tödliche Proteste in Afghanistan ausgelöst hatte, vor einer Moschee in dem Ort verboten. Jones kündigte jedoch an, kommende Woche erneut einen Protest organisieren zu wollen. Der Richter und die Geschworenen folgten der Argumentation der Polizei, wonach die Aktion von Jones und seinem Assistenten Wayne Sapp in dem stark muslimisch geprägten Ort gewalttätige Reaktionen hervorgerufen hätte. Der Polizei lagen nach eigenen Angaben Informationen über ernstzunehmende Drohungen von Einwohnern Dearborns gegen Jones vor. Vor Gericht erklärte Jones, dass der Koran "terroristische Aktivitäten auf der ganzen Welt fördert" und pochte auf sein Recht auf Meinungsfreiheit laut dem ersten Zusatzartikel der US-Verfassung. Die Staatsanwaltschaft erklärte daraufhin, der geplante Protest habe nichts mit dem Artikel der Verfassung zu tun, vielmehr würde die Aktion die Sicherheit und Ruhe im Ort gefährden.
  • Wegen einer Straßenblockade durch Demonstranten in Pakistan sind die Nachschublieferungen für die NATO-Truppen in Afghanistan für drei Tage unterbrochen worden. Anhänger des pakistanischen Politikers und früheren Kricket-Stars Imran Khan versammelten sich am 23. April auf der Versorgungsstraße, um mit einer Sitzblockade gegen die US-Drohnenangriffe in pakistanischen Stammesgebieten zu demonstrieren. Die Behörden in Peshawar erklärten, die Lastwagentransporte der NATO würden für drei Tage gestoppt.
  • Durch einen über Monate gegrabenen Tunnel ist hunderten Taliban in Südafghanistan am 24. April ein spektakulärer Gefängnisausbruch gelungen. Nach Angaben der Haftanstalt in Kandahar und der Provinzregierung flohen bis zu 476 "politische Gefangene", nach Angaben der Islamisten flohen 541 Häftlinge. Die Regierung sprach von einer "Katastrophe". Eine großangelegte Suche wurde eingeleitet. Ein Taliban-Sprecher sagte, unter den Geflohenen seien 106 Anführer der Islamisten. Die anderen Ausbrecher seien einfache Kämpfer der Organisation. Sie seien alle mit Fahrzeugen auf Stützpunkte der Islamisten "in Sicherheit" gebracht worden. In einer weiteren Erklärung teilten die Taliban mit, der Bau des Tunnels an der Haftanstalt in der Stadt Kandahar habe vor fünf Monaten begonnen. Der Tunnel sei schließlich 360 Meter lang gewesen. Bei der Ausbruchaktion sei zudem ein Selbstmordkommando anwesend gewesen, das jedoch nicht habe aktiv werden müssen.
    Ein Sprecher von Präsident Hamid Karsai sagte in Kabul, der Gefängnisausbruch sei eine "Katastrophe", die niemals hätte passieren dürfen. Waheed Omar sicherte eine Aufklärung der Umstände des Ausbruchs zu. Ihm zufolge wurden 13 entflohene Häftlinge wieder gefasst.
Montag, 25. April, bis Samstag, 30. April
  • Die Anhänger der Friedensbewegung haben am Ostermontag (25. April) ihre traditionellen Ostermärsche fortgesetzt. Allein in Frankfurt, Kassel und am Atomkraftwerk Biblis nahmen insgesamt mehrere tausend Menschen teil, wie ein Sprecher des Ostermarsch-Büros in Frankfurt am Main mitteilte. Einen Schwerpunkt der diesjährigen Aktionen bilden die Forderungen nach dem Ausstieg aus der Atomkraft. Die Kundgebungen richten sich zudem gegen die internationalen Militäreinsätze in Afghanistan und Libyen sowie gegen Rüstungsexporte und die Bedrohung durch Atomwaffen. In den vergangenen Tagen hatte es bereits unter anderem in Berlin, Hamburg, München und dem Ruhrgebiet Ostermärsche gegeben. (Siehe hierzu: Anti-Atom-Protest belebt Ostermärsche der Friedensbewegung.)
  • Im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba sind einer neuen Enthüllung der Internetseite Wikileaks zufolge jahrelang zahlreiche Unschuldige festgehalten worden. Die von mehreren europäischen und US-Medien am 25. April veröffentlichten Dokumente zeigen, dass Insassen ohne Verfahren und stichhaltige Beweise einsitzen mussten. Zugleich seien dutzende Häftlinge trotz ihrer Einstufung als "hochgefährlich" entlassen worden. Die mehr als 700 Geheimdokumente des US-Verteidigungsministeriums geben einen Einblick hinter die Kulissen des umstrittenen Gefangenenlagers, in dem die USA seit Anfang 2002 Terrorverdächtige aus aller Welt internieren. Die von Februar 2002 bis Januar 2009 reichenden Dossiers über frühere und aktuelle Häftlinge machen deutlich, mit wie fragwürdigen Begründungen die US-Regierung über das Schicksal von Terrorverdächtigen verfügte.
    Wie der britische "Daily Telegraph" unter Berufung auf die in den Dokumenten zitierten US-Militäranalysten berichtet, galten nur 220 der insgesamt 779 Guantanamo-Insassen als gefährliche Extremisten. Etwa 380 Häftlinge wurden demnach als "Fußsoldaten" niedrigeren Ranges eingestuft, die etwa den radikalislamischen Taliban nahestanden. Bei mindestens 150 Häftlingen jedoch handelte es sich den Dokumenten zufolge um unschuldige Afghanen und Pakistaner, darunter Bauern und Fahrer. Viele von ihnen seien schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
  • Nach dem spektakulären Massenausbruch aus einem afghanischen Gefängnis am 24. April sind rund 65 entflohene Häftlinge wieder gefasst worden. Die nach der entdeckten Flucht eingeleitete Suche von einheimischen Sicherheitskräften und der NATO-geführten ISAF-Truppen habe erste "positive Ergebnisse" gebracht, teilte die Provinzregierung der südafghanischen Provinz Kandahar am 26. April mit. Die Suchaktion werde auch von Zivilisten "massiv" unterstützt.
  • Am 26. April meldete die ISAF die Tötung eines Anführers des Terrornetzwerks El Kaida. Der aus Saudi-Arabien stammende Abu Hafs el Nadschdi sei Mitte April bei einem Luftangriff in der ostafghanischen Provinz Kunar getötet worden, hieß es in einer Mitteilung. El Nadschdi habe die El-Kaida-Aktivitäten in dieser Region koordiniert. Den Angaben zufolge war er die Nummer zwei auf der Liste der am meisten gesuchten "Ziele" in Afghanistan.
  • Vier vom Terrornetzwerk El Kaida entführte Franzosen haben Präsident Nicolas Sarkozy gebeten, die französischen Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. "Wir flehen den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy an, positiv auf die Forderung von El Kaida zu reagieren, die französischen Truppen aus Afghanistan zurückzuziehen", sagten die Geiseln in einem Video, das der nordafrikanische Ableger des Terrornetzwerkes El Kaida (Aqmi) am 27. April verbreitete.
  • Ein afghanischer Pilot hat auf dem Kabuler Militärflughafen acht NATO-Soldaten und einen weiteren Menschen erschossen. Afghanische Soldaten töteten den Piloten anschließend, wie das Verteidigungsministerium in Kabul am 27. April mitteilte. Die ISAF-Mission bestätigte den Tod von acht Soldaten und eines nicht näher benannten »Auftragnehmers«, machte aber keine Angaben zu ihrer Nationalität. Das Verteidigungsministerium erklärte, es sei infolge eines Streits zwischen dem Piloten und ISAF-Soldaten zu einem Schußwechsel gekommen, bei dem mehrere Menschen getötet worden seien. Demnach ereignete sich der Vorfall in dem an den zivilen Teil des Flughafens angrenzenden militärischen Komplex. Die Taliban erklärten in einer SMS an die Nachrichtenagentur AFP, einer ihrer Kämpfer, der auf dem Flughafen arbeite, habe den Angriff verübt.
  • Die Bundesanwaltschaft hat einen mutmaßlichen deutschen Terrorhelfer der Islamischen Dschihad-Union (IJU) vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeklagt. Demnach soll der 23-jährige Deutsche Ramazan B. der IJU rund 600 Euro für deren Kampf überwiesen haben, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am 28. April mitteilte. Die Behörde wertet dies als Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Die IJU will laut Bundesanwaltschaft Afghanistan vom westlichem Einfluss befreien und dort einen Gottesstaat der Taliban errichten.
  • Eine deutsche Firma ist wegen des Verdachts auf Drogenhandel mit Afghanistan ins Visier der US-Behörden geraten. Wie das Finanzministerium in Washington am 28. April mitteilte, sollen alle Vermögenswerte der Intercontinental Baumaschinen und Nutzfahrzeuge Handels GmbH in den USA eingefroren und das Unternehmen auf die schwarze Liste gesetzt werden. Finanzielle Beziehungen mit dem Unternehmen stehen in den USA damit fortan unter Strafe. Die Firma mit Sitz in München wird den Angaben zufolge von dem Iraner Bahram Ali S. und seiner Frau geführt.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates scheidet nach Angaben aus US-Regierungskreisen am 30. Juni aus dem Amt. Ein ranghoher US-Regierungsvertreter in Washington sagte, bis dahin sollte die Nominierung des bisherigen Geheimdienstchefs Leon Panetta als Nachfolger von Gates vom Senat bestätigt sein.
    Neuer CIA-Chef wird Medienberichten vom 28. April zufolge der bisherige Oberbefehlshaber der internationalen Afghanistan-Truppe ISAF, David Petraeus. Die US-Regierung hatte schon Anfang April durchsickern lassen, dass die Nominierung von Panetta und Petraeus für neue Aufgaben geprüft werde. Gates hatte bereits im vergangenen Sommer angekündigt, 2011 zurücktreten zu wollen. Er war schon unter dem Vorgänger von Obama, George W. Bush, Verteidigungsminister.
  • Der mutmaßliche Wikileaks-Informant Bradley Manning erhält bessere Haftbedingungen. Der US-Soldat werde im Militärgefängnis Fort Leavenworth zusammen mit etwa zehn weiteren Häftlingen untergebracht, erklärte Leiter Dawn Hilton am Donnerstag (28. April). Manning wurde erst kürzlich nach Fort Leavenworth im US-Staat Kansas verlegt. - Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Haftbedingungen kritisiert und von einer möglichen Menschenrechtsverletzung gesprochen. Manning wurde im vergangenen Jahr festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, Hunderttausende Unterlagen an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergegeben zu haben, darunter Dokumente zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak.


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