Anti-Atom-Protest belebt Ostermärsche der Friedensbewegung - Zehntausende gegen Kernkraft und Kriegseinsätze auf der Straße
Erklärungen zum Abschluss der Ostermärsche 2011 vom Bundesausschuss Friedensratschlag, der Infostelle Ostermarsch und der Bonner Friedenskooperative
"Anti-Atom-Protest belebt Ostermärsche der Friedensbewegung" - titelt dpa am Montagnachmittag und hat Recht damit. Genau das war auch das Ziel der Absprachen zwischen Friedens- und Umweltbewegung, die diesjährigen Ostermärsche nach Möglichkeit gemeinsam zu begehen. Das Konzept ist aufgegangen: Die Ostermärsche waren größer und bunter als die Jahre zuvor und beide Bewegungen haben voneinander lernen können. Eine gute Basis für die weitere Zusammenarbeit ist damit hoffentlich gelegt.
Im Folgenden dokumentieren wir drei abschließende Bewertungen der Osteraktionen aus Sicht der Friedensbewegung, und zwar in der Reihenfolge: Friedensratschlag, Infostelle Ostermarsch, Friedenskooperative.
Friedensratschlag zum Abschluss der Ostermärsche:
Erfolgreiche Ostermärsche - erfolgreicher Anti-Atom-Protest
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
-
Antiatom-Bewegung eine Bereicherung der Ostermärsche
- Libyen-Krieg stoppen!
- Afghanistan-Krieg beenden
- Keine Werbung für Bundeswehr an Schulen
Kassel, Berlin, Frankfurt, Hamburg, 25. April 2011 - Zum Abschluss der diesjährigen Ostermärsche erklärte der Sprecher des "Friedensratschlags":
Die so häufig tot gesagte Friedensbewegung hätte des Fukushima-Effekts nicht bedurft, um ihre Lebensfähigkeit und politische Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen: Dass die Anti-Atom-Bewegung in diesem Jahr bei zahlreichen Ostermärschen dabei war, ihn teilweise mit ihren Parolen und Forderungen geprägt hat, wurde von der Friedensbewegung vor Ort aber als Bereicherung und Erweiterung der eigenen Agenda dankbar begrüßt.
Die 80 Ostermärsche, die von Freitag bis Montag stattfanden, führten durch insgesamt 100 Städte. Hinzu kamen am Montag 12 Aktionen an Atomkraftwerks- und Atommüll-Standorten. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Verglichen mit dem vergangenen Jahr verbuchten die meisten Ostermärsche eine Zunahme an Demonstranten, nur in wenigen Städten stagnierte die Zahl, nirgends gab es einen Rückgang.*
Neben der lautstarken Kritik an der Atompolitik der führenden Industriestaaten und der Forderung nach einem irreversiblen Ausstieg aus der unbeherrschbaren Risikotechnologie verlangten die Ostermarschierer die Verschrottung der Atomwaffen und - als ersten Schritt bei uns - den Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel.
Aus der langen Liste der übrigen friedenspolitischen Themen ragten die folgenden heraus:
(1) Der NATO-Krieg gegen Libyen muss gestoppt werden. Schon vom ersten Tag der Bombardierung libyscher Ziele war klar, dass sich die Kriegsallianz nicht von dem Prinzip der "Verantwortung zu schützen" leiten ließ. Vielmehr geriet der Militäreinsatz zu einer unverantwortlichen Schützenhilfe für libysche Rebellen. Die NATO fungiert als Luftwaffe einer Bürgerkriegspartei - der Schutz der Zivilbevölkerung ist ein vorgeschobener Rechtfertigungsversuch einer völkerrechtswidrigen Kriegshandlung. Auf den Ostermärschen wurden als Alternative ein Stopp der Kampfhandlungen und die Einleitung von Vermittlungsgesprächen unter internationaler Beteiligung gefordert.
Deutlich wurde auch in vielen Ansprachen die freudige Zustimmung zu den Umbrüchen in der arabischen Welt, die auf einem guten Weg ist, sich - beginnend in Tunesien und Ägypten - mit eindrucksvollen Massenbewegungen von ihren Despoten zu befreien.
(2) Dass Krieg kein Mittel der Politik sein kann und darf, liegt auch dem andauernden Protest der Friedensbewegung gegen den Afghanistan-Krieg zu Grunde. Tenor der Ostermarsch-Aufrufe und der vielen Reden, die gehalten wurden: Kein einziges Problem in Afghanistan konnte durch den fast 10-jährigen Krieg gelöst werden, stattdessen wurde manches Problem (Hunger, Jugendarbeitslosigkeit) nur noch verstärkt. Das einzige, was heute blüht in Afghanistan, sind der Mohnanbau und die Korruption. Die Friedensbewegung fordert - übrigens im Einklang mit der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung - den Abzug der Bundeswehr und die Konzentration auf ausschließlich zivile Hilfe für die geschundene Bevölkerung in Afghanistan.
(3) Im Visier der Ostermärsche standen auch die NATO und die Bundeswehr. Letztere ist dabei, sich endgültig von ihrem Grundgesetz-Auftrag zur Landes- und Bündnisverteidigung zu verabschieden und zu einer weltweit einsetzbaren Interventionsarmee zu werden. Die mit der Umwandlung der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee einhergehende Sorge der Militärs, nicht genügend Nachwuchs rekrutieren zu können, ist nicht die Sorge der Friedensbewegung. Den Versuchen der Bundeswehr, verstärkt an Schulen und Arbeitsagenturen, auf Volksfesten und Messen Werbung für sich zu machen - z.B. mit Hilfe der Kultusministerien, die in vielen Ländern bereits "Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr abgeschlossen haben - wird die Friedensbewegung zusammen mit Schülerinnen und Schülern, mit Lehrerverbänden entgegen treten. Die "Schule der Nation ist die Schule - nicht die Bundeswehr", war einer der vielen Slogans zu diesem Thema.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag wird sich auch weiterhin für diese Forderungen bundesweit und überall auch auf lokaler Ebene einsetzen. Die prägnante Osterlosung des Friedensratschlags "Atomkraft + Kriegseinsätze - STOPP" wird die Agenda der Friedensbewegung auch über die Ostermärsche hinaus bestimmen.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
* Anmerkung: Diese Erklärung wurde noch vor Abschluss der letzten Osteraktionen am Montag verfasst. Die Teilnehmerzahlen an allen Ostermärschen werden zeitnah von der bundesweiten Infostelle Ostermarsch in Frankfurt herausgegeben. Rückfragen dort unter: 069-24249950
Ostermarsch 2011: Erfolgsgeschichte fortgeschrieben
Die Erfolgsgeschichte der Ostermarschbewegung wurde im 51. Jahr hunderttausendfach fortgeschrieben, so der Sprecher der Informationsstelle Ostermarsch 2011, Willi van Ooyen.
Die Veranstalter der Oster-Aktionen berichteten über eine wachsende Teilnehmerzahl. Die Ostermärsche gestaleten sich vielfältiger, bunter und jünger. Die Forderung „Kriegseinsätze beenden und Atomkraft stoppen“ hatte mobilisierende Wirkung.
Durch die Gemeinsamkeit von Friedens- und Umweltbewegung wurde an diesen Ostertagen die Abkehr vom Atomzeitalter eingeleitet. Nach den Erfahrungen aus Hiroshima, Tschernobyl und Fukushima muss jetzt eine atomwaffen- und atomenergiefreie Welt durchgesetzt werden. Militärische und zivile Atomtechnik sind ebenso miteinander verknüpft, wie Abrüstung und Stillegung der Atomkraftwerke. Es gelte, die Macht der Kernkraftbetreiber durch Vergesellschaftung und demokratische Kontrolle zurückzudrängen. Van Ooyen verlangt, mit der atomaren Teilhabe der BRD Schluss zu machen, um die deutsche Beteiligung an einem Atomkrieg auszuschließen; die in der Eifel lagernden Atomwaffen müssen sofort vernichtet werden.
Die NATO sei als Friedensstifter ungeeignet, wie das Beispiel Libyen zeige. Dieses Militärbündnis müsse aufgelöst werden. Das Festhalten am Ersteinsatz von Atomwaffen bezeichnete van Ooyen als abenteuerlich und Gefahr für die Menschheit
Zu den Forderungen der Friedensinitiativen gehört die sofortige Beendigung der Kriege in Afghanistan und Libyen, die drastische Kürzung der Militärausgaben zugunsten sozialer Aufgaben, der Stopp der Rüstungsexporte und das Ende der Militarisierung an Schulen und Hochschulen
Die Ostermärsche gestalteten sich einmal mehr zu einem wichtiger Bestandteil der Protestkultur in unserem Land. Anfangs mit wenigen hunderten
Teilnehmern öffnete sie sich für demokratische und soziale Entwicklungen, wodurch sie Masseneinfluss erlangte. Sie ist und bleibt ein stabiler, basisbezogener und kontinuierlich wirkender Faktor der Friedensbewegung. Ihre politischen Alternativen zeigen zunehmend Wirkung in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung.
(Horst Trapp für die bundesweite Infostelle Ostermarsch)
"Weckruf für die Politik"
Abschluss der Ostermärsche und Anti-AKW-Protest
Eskalation in Libyen beenden!
Zum Abschluss der Ostermärsche bekräftigt das Netzwerk
Friedenskooperative die Forderungen nach Abschaffung der Atomwaffen
und Verschrottung aller Atomanlagen sowie dem Stopp der
militärischen Intervention in Libyen, dem Abzug der NATO-Truppen aus
Afghanistan und einem Verbot der Rüstungsexporte.
„Mehrere zehntausend Menschen haben sich bei den Ostermärschen gegen
Krieg und Atom und für mehr ziviles und politisches Engagement bei
Konflikten eingesetzt – ein Weckruf für die Politik!“ erklärt
Netzwerk-Geschäftsführer Manfred Stenner.
Die größten Ostermärsche haben in diesem Jahr im westfälischen Gronau
nach Angaben der Veranstalter mit etwa 10.000 und in Berlin mit etwa
4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattgefunden.
Die jetzige Eskalation durch die NATO-Bombardements auf die libysche
Haupstadt Tripolis zeige erneut die Unglaubwürdigkeit und das
Scheitern der vorgeblich „humanitären“ militärischen Intervention.
Statt Bürgerkriegspartei zu sein und einen Regimewechsel
mittlerweile offenbar auch durch eine gezielte Tötung des Despoten
Gaddafi zu versuchen, müssten die westlichen Staaten zu
Verhandlungen drängen, Kriegsflüchtlinge aufnehmen und massive
humanitäre Hilfe für die Bevölkerung leisten.
Die brutale Unterdrückung der Freiheitsbewegungen in vielen weiteren
zum Teil mit dem Westen verbündeten autokratischen Ländern müsse
jetzt endlich zum Verbot der Rüstungsexporte führen, fordert die
Friedenskooperative.
Auch beim mittlerweile fast zehnjährigen Krieg in Afghanistan gebe
es keine Alternative zu Verhandlungen unter Einschluss der Taliban
sowie uneigennützige Hilfe für Wiederaufbau und Stärkung der
Zivilgesellschaft. „Konzepte für friedenspolitisches Handeln in
Afghanistan und anderen Konfliktgebieten wie dem Nahen Osten sind
längst auf dem Tisch. Die NATO-Staaten wollen aber lieber erstmal
den Krieg weiter eskalieren, um dann eventuell 2014 zu verhandeln.
Das führt zu vielen weiteren Opfern“, kritisiert das Netzwerk auch
die Bundesregierung. Die bastele lieber an Konzepten für die
„Bundeswehr im Einsatz“.
Viele der Ostermarschkundgebungen haben sich deshalb auch gegen die
agressiven Werbekampagnen der Bundeswehr an den Schulen und im
öffentlichen Raum gewandt. „Karrieretreffs der Bundeswehr haben auf
Marktplätzen nichts zu suchen“ hei+t es und „Schulfrei für die
Bundeswehr!“.
Friedensorganisationen fordern wie die Umweltgruppen eine zügige
Energiewende weg von Atom, Gas und Öl hin zu den Erneuerbaren und
mehr Energieeffizienz.
Auch der Export von Atomtechnologie sollte untersagt werden, um die
Fähigkeit zur Entwicklung von Atomwaffen nicht weiter zu verbreiten.
Die Abnabelung der Industriestaaten von ÖL und Gas werde künftigen
Kriegen vorbeugen können. „Um die Solaranlage auf dem Dach wird wohl
eher kein Krieg geführt werden“, glaubt Manfred Stenner.
Der erfolgreiche Aktionstag der Anti-AKW- und Umweltbewegung zum
25sten Jahrestag der Atomkatastrophe von Tschernobyl mit
bundesweit etwa 120.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern begeistert auch
deshalb ebenfalls die Gruppen der Friedensbewegung, die die Aktionen
an den deutschen Atomstandorten unterstützt und sogar teilweise auf
eigene Abschlussveranstaltungen am Ostermontag verzichtet hatten.
Bis auf die Kundgebung gegen militärische wie zivile Nutzung der
Atomenergie bei der Uranaufbereitungsanlage Gronau zählten diese
Demonstrationen übrigens offiziell nicht zu den Ostermärschen der
Friedensbewegung.
Das Netzwerk Friedenskooperative gehört allerdings auch zum
bundesweiten Veranstalterkreis der Anti-AKW-Demos und bereitet mit
diesen bereits jetzt nächste bundesweite Demonstrationen in etwa 20
Städten am 28. Mai vor.
(Zu den Anti-AKW-Demos siehe: http://www.tschernobyl25.de)
(Zu den Ostermärschen siehe: http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/om2011.htm) (dort auch Aufrufe und Redemanuskripte)
Manfred Stenner
Geschäftsführer des Netzwerks Friedenskooperative
Zurück zur Seite "Ostermarsch 2011"
Zur Seite "Friedensbewegung"
Zur Seite mit den Pressemitteilungen
Zur Libyen-Seite
Zur Afghanistan-Seite
Zurück zur Homepage