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Chronik Afghanistan

Oktober 2009


Donnerstag, 1. Oktober, bis Sonntag, 4. Oktober
  • Auch ein weiterer «Kriegsrat» von Präsident Barack Obama mit engsten Sicherheitsexperten brachte am 30. Sept keinen Durchbruch. «Das Einzige, worauf sich alle einigen konnten: Keine der Alternativen ist einfach», kommentierte die «New York Times» nach dem dreistündigen Treffen in einem abhörsicheren Souterrain-Raum im Weißen Haus. Die Alternativen seien McChrystals Strategie der Taliban-Bekämpfung und des Schutzes der Zivilbevölkerung oder eine Konzentration auf das Terrornetz El Kaida im pakistanischen Grenzgebiet. Obama machte bei dem «Kriegsrat» deutlich, dass er sich mit einer Entscheidung über eine Strategie Zeit lassen wolle. Dies werde mehrere Wochen dauern, teilte das Weiße Haus mit. Offiziell wurden keine Einzelheiten der Gespräche mitgeteilt. Obama betont, er wolle zuerst Klarheit über eine neue Strategie, erst danach gehe es um die weitere Truppenstärke. Bei dem Treffen waren neben Gates und Biden unter anderem Außenministerin Hillary Clinton sowie CIA-Chef Leon Panetta und Generalstabschef Michael Mullen dabei. McChrystal war aus Kabul zugeschaltet. Es soll drei weitere solcher «Strategie-Treffen» geben.
    Obama hatte bereits Anfang des Jahres die Entsendung von 21 000 weiteren Soldaten angeordnet. Bis Ende des Jahres sollen damit rund 68 000 US-Soldaten im Land sein. Zudem sind weitere 35 000 NATO- Soldaten von außerhalb der USA am Hindukusch stationiert.
    Wie das «Wall Street Journal» am 1. Okt. berichtete, konzentrierte sich Obama bei dem «Kriegsrat» auf die Frage, ob das Erstarken der radikal-islamistischen Taliban-Aufständischen zugleich Unterstützung für El-Kaida-Terroristen bedeute. «Dies könnte bedeuten, dass Obama sich mehr um die Bedrohung für die USA als um die allgemeine Stabilität in Afghanistan kümmert», meinte das Blatt. US-Vizepräsident Joe Biden plädiert im vertrauten Kreis bereits dafür, die gegenwärtig gut 60 000 US-Truppen in Afghanistan abzubauen. Die Truppen sollten sich nicht länger auf den Kampf gegen die Taliban konzentrieren. Wichtiger sei die Verfolgung von El-Kaida-Terroristen im Grenzgebiet zu Pakistan.
    US-Verteidigungsminister Robert Gates hält die McChrystals Strategie angesichts der zunehmenden Stärke der Aufständischen für kaum mehr realistisch. Außerdem hat er seit längerem Vorbehalte gegen eine Truppenverstärkung. Dies sei riskant, weil die fremden Soldaten in den Augen der Bevölkerung immer mehr als Besatzer erscheinen könnten. Dies könnte Widerstand geradezu herausfordern.
    Zudem gehen auch Demokraten im Kongress sowie laut Umfragen immer mehr Amerikaner auf Distanz zum US-Einsatz in Afghanistan.
  • Bei einem Luftangriff in Westafghanistan sind nach Angaben von Dorfältesten neun Menschen getötet worden, darunter mindestens fünf Zivilpersonen. Zur Untersuchung des Angriffs trafen sich am 1.Okt. US-Offiziere mit den Dorfältesten in der Provinz Helmand. Bei dem Angriff sollen auch Frauen und Kinder getötet worden sein. Der Stammesführer Ghulam Mohammad Chan sagte, seine Frau und vier Kinder seien unter den Toten. Außerdem seien ein Bauer und drei Gäste ums Leben gekommen, deren Identität er nicht kenne. US-Militärsprecherin Elizabeth Mathias sagte, während eines Gefechts seien Bodentruppen aus einem Gebäude heraus beschossen worden. Daraufhin habe die Einheit Luftunterstützung angefordert. Der US-Kommandeur in Afghanistan, General Stanley McChrystal, hat angeordnet, Luftangriffe weitgehend zu beschränken, um zivile Opfer zu vermeiden.
  • Die Bundesregierung erwägt nach einem Bericht des Deutschlandfunks vom 1. Okt. eine deutliche Aufstockung des Afghanistan-Kontingents der Bundeswehr. Im Rahmen der im Dezember anstehenden Verlängerung des Mandats für den Einsatz der Bundeswehr könnte die Obergrenze für das deutsche Kontingent auf 7.000 Soldaten angehoben werden, berichtete der Sender. Das Verteidigungsministerium bezeichnete dies als "reine Spekulation".
    Die Aufstockung des Kontingents solle den Handlungsspielraum der künftigen Regierung auf der geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz erhöhen, hieß es im Deutschlandfunk weiter unter Berufung auf eigene Informationen. Derzeit beträgt die Obergrenze 4500 Mann. Die Afghanistan-Konferenz soll demnach entgegen früheren Überlegungen nicht mehr in diesem Jahr, sondern erst im Februar oder März 2010 stattfinden.
    "Die Zahl 7000 entbehrt jeglicher Grundlage", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums zu dem Rundfunkbericht. Wie die Obergrenze in dem neuen Mandat aussehen werde, wisse derzeit noch niemand. Der Sprecher verwies auch auf die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen und auf die Bildung der neuen Regierung. Erst danach werde eine Vorlage für ein neues Mandat erarbeitet. Zu der geplanten Afghanistan-Konferenz sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts, die Beratungen über Ort und Termin des Treffens seien noch nicht abgeschlossen.
  • "Nun zeigt sich, dass die neue schwarz-gelbe Regierung den Kriegskurs weiter verschärfen will", kommentiert Norman Paech am 1. Okt. Medienberichte über eine erneute Ausweitung des Afghanistanmandats im Dezember. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE erklärt weiter:
    "Kaum ist die Bundestagswahl gelaufen, kommt heraus, dass die deutschen Truppen in Afghanistan erheblich aufgestockt werden sollen. Im Wahlkampf wurde noch mit allen Mitteln versucht, das Thema Afghanistan totzuschweigen. Eine Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents von derzeit 4.500 auf bis zu 7.000 Soldaten, die aller Wahrscheinlichkeit nach im Dezember im Bundestag beschlossen werden wird, rückt einen möglichen Frieden in Afghanistan in weite Ferne.
    Die Bundesregierung verstrickt sich immer tiefer in einen Krieg, der durch die Entsendung weiterer Soldaten nicht zu gewinnen ist. Stattdessen ist zu befürchten, dass so die Zahl der Opfer auf allen Seiten weiter steigt und Deutschland zu einem immer stärker gefährdeten Angriffsziel des internationalen Terrorismus wird. Den ewigen Ankündigungen, dass der Schwerpunkt der deutschen Afghanistanpolitik in der Ausbildung lokaler Sicherheitskräfte und dem zivilen Wiederaufbau des geschundenen Landes liegen soll, müssen endlich Taten folgen. Nur so kann ein weiteres Erstarken der Taliban verhindert werden und Afghanistan endlich Frieden finden. Die erneute Aufstockung des Truppenkontingents nimmt den zivilen Initiativen die finanziellen Mittel und drängt sie noch weiter in den Hintergrund."
  • Eine Gruppe von afghanischen Abgeordneten hat am 1. Okt. strafrechtliche Ermittlungen zu Betrug bei der Präsidentschaftswahl im August verlangt. Der Abgeordnete Ahmad Behsad sagte, alle an Wahlbetrug beteiligten Personen müssten vor Gericht gestellt werden. Behsad und die anderen etwa zwölf Parlamentarier unterstützen den Politiker Abdullah Abdullah, der nach dem vorläufigem Ergebnis Amtsinhaber Hamid Karsai unterlag. Scharfe Kritik äußerte Behsad an der UN-Vertretung in Kabul. "Das UN-Büro in Kabul ist wie ein Wahlkampfbüro für Karsai", sagte der Abgeordnete. Er rief den UN-Vertreter in Afghanistan, den norwegischen Diplomaten Kai Eide, auf, das Land zu verlassen. Eide habe jede Glaubwürdigkeit verloren. Streit um die Haltung von Eide zur Präsidentschaftswahl am 20. August war auch der Auslöser für die Abberufung des US-Diplomaten Peter Galbraith aus der UN-Vertretung in Kabul. Galbraith warf Eide in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vor, die Hinweise auf Wahlbetrug lange ignoriert zu haben. (AP/jW)
  • Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat nach Informationen der in der Gewerkschaft Verdi organisierten Richterinnen und Richter direkten Einfluss auf die Besetzung eines Wehrdienstsenats im Bundesverwaltungsgericht genommen. Wie die "Frankfurter Rundschau" am 2. Okt. unter Berufung auf ein Schreiben des Verdi-Fachausschusses an Jung berichtet, soll der Minister sein Veto gegen einen Beschluss des Gerichtspräsidiums eingelegt haben, das den neu gewählten Bundesverwaltungsrichter dem Zweiten Wehrdienstsenat zuteilte.
    Der Widerspruch des Bundeswehrministers soll damit begründet worden sein, dass der Richter "nicht gedient" habe. Wenn dieser Sachverhalt zutreffe, sei das ein "ungeheuerlicher Eingriff des Bundesverteidigungsministers als Teil der Exekutive in die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit des Bundesverwaltungsgerichts", heißt es in dem Brief.
    Der fragliche Wehrdienstsenat entscheidet in letzter Instanz über Disziplinarverfahren gegen Bundeswehrangehörige. Auch der umstrittene Befehl zum Luftangriff in Afghanistan auf den bei Kundus steckengebliebenen Tanklastzug könnte einmal den Zweiten Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig beschäftigen. "Wo kommen wir hin, wenn Bundesminister darüber entscheiden, vor welchen Richtern sie gerne Angelegenheiten aus ihrem Ressortbereich entschieden sehen wollen?", fragen die Verfasser des Briefs.
    Der Bundesfachausschuss betont, dass die gesetzlichen Bestimmungen "ein Veto-Recht des Bundesverteidigungsministers nicht vorsehen". Die gerichtsinterne Geschäftsverteilung und die Zuweisung der Richterinnen und Richter in die einzelnen Senate stehe "allein dem Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts" zu. Dieses habe beschlossen, den Richter dem Zweiten Wehrdienstsenat zuzuweisen. Der Beschluss habe wegen des vom Minister eingelegten Vetos bisher aber nicht umgesetzt werden können.
  • Bei Angriffen mutmaßlicher Taliban-Kämpfer sind in Afghanistan drei US-Soldaten und ein Brite getötet worden. Zwei Amerikaner kamen am 2. Okt. bei einem Selbstmordanschlag auf ihren Konvoi im Süden des Landes ums Leben, wie eine US-Militärsprecherin mitteilte. Der dritte amerikanische Soldat wurde in der Nacht zum Freitag bei einem Granatenangriff auf eine Patrouille internationalen ISAF-Truppe im Osten des Landes getötet. In der südafghanischen Provinz Helmand riss ein Bombenanschlag einen britischen Soldaten in den Tod.
  • Im Einsatzgebiet der Bundeswehr in Nordafghanistan griffen die Taliban am 2. Okt. nach Informationen von «Spiegel Online» die Nachschubroute für die internationalen Truppen an. Demnach wurden zwei Tanklaster eines Versorgungskonvois für die NATO in Aliabad attackiert, etwa 15 Kilometer südlich des Bundeswehrstandorts in der Provinzhauptstadt Kundus. Die Bundeswehr war nach Angaben des Gouverneur von Kundus, Mohammed Omar, nicht in den Vorfall verwickelt.
  • US-Präsident Barack Obama kam am 2. Okt. in Kopenhagen zu einem kurzen Gespräch mit dem Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, zusammen. Die beiden trafen sich an Bord der Air Force One, bevor Obama nach Washington zurückflog. Bei der Unterredung seien keine Entscheidungen getroffen worden, sagte Obamas Sprecher Robert Gibbs. Obama war in Kopenhagen, um für Chicago als Austragungsort der Olympischen Spiele 2016 zu werben. Da McChrystal sich bereits in London aufgehalten habe, habe der Präsident die Gelegenheit zu einem persönlichen Treffen wahrnehmen wollen, sagte Gibbs.
  • Die CDU hat einen Bericht der «Mitteldeutschen Zeitung» zurückgewiesen, wonach sich die Spitzen von CDU und CSU am Abend des 1. Okt. darauf verständigt hätten, das Afghanistan-Mandat im Dezember um bis zu zwei Jahre zu verlängern. Die Meldung sei «sachlich nicht richtig», sagte ein Parteisprecher am 2. Okt. in Berlin. Es werde ein neues Afghanistan-Mandat geben, eine Entscheidung darüber sei aber nicht Thema der Spitzenrunde im Kanzleramt gewesen. Es sei Aufgabe der neuen Bundesregierung, Details dem Bundestag vorzuschlagen.
    Die Zeitung hatte ferner berichtet, die Obergrenze von 4500 Bundeswehrsoldaten solle nicht angetastet werden. Das Blatt berief sich auf führende Unions-Kreise. Zugleich wolle man die SPD trotz der Bildung einer schwarz-gelben Koalition in der Afghanistan-Politik «so lange wie möglich mitnehmen», hieß es der Zeitung zufolge weiter. In der Vergangenheit war immer wieder öffentlich über eine Anhebung der Obergrenze auf 7000 Soldaten bei gleichzeitiger Mandatsverlängerung um zwei Jahre diskutiert worden.
  • Der für den Luftangriff auf zwei Tanklaster bei Kundus verantwortliche Oberst Georg Klein wird vermutlich vor Gericht gestellt. Das schreibt die "Frankfurter Rundschau" am 2. Oktober. In führenden Bundeswehrkreisen rechnet man sogar mit einer Verurteilung, heißt es in dem Artikel. Da Klein darauf verzichtet habe, die um die Tanklaster versammelten Menschen vor dem Angriff zu warnen, könne der Tatvorwurf sogar noch über den der fahrlässigen Tötung hinausgehen. Bei dem Luftangriff kamen nach afghanischen Angaben am 4. September kamen mindestens 99 Menschen um, darunter mindestens 30 Zivilisten.
    SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte, der Untersuchungsbericht der Nato zu dem Angriff werde zwischen dem 16. und dem 18. Oktober erwartet und wohl "sehr kritisch" ausfallen. Schon jetzt sei klar, dass "gravierende Fehler" gemacht worden seien. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) habe "nicht nur schlecht, sondern falsch informiert".
  • Paramilitärische Truppen der pakistanischen Streitkräfte haben im unruhigen Nordwesten des Landes nach eigenen Angaben 27 Aufständische getötet, darunter auch zwei ranghohe Milizenführer. Die Kämpfe in der Region Khyber nahe der afghanischen Grenze dauerten am 3. Okt. noch an. Das Grenzkorps teilte mit, bei dem Einsatz vom 2. Okt. seien zwei Verstecke der Aufständischen und ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug zerstört worden.
    Eine unabhängige Bestätigung der Militärangaben war nicht möglich, da die Region Khyber nicht frei zugänglich ist. Dort liegt mit dem Khyber-Pass auch eine der wichtigsten Nachschubrouten für die internationalen Truppen in Afghanistan, die zuletzt immer wieder Ziel von Anschlägen geworden ist.
  • Bei einem Anschlag und einem Feuergefecht im Osten von Afghanistan sind drei US-Soldaten ums Leben gekommen. Das teilten die Streitkräfte am 3. Okt. mit. Ein Sprecher des Provinzgouverneurs sagte, ein afghanischer Polizist habe am 2. Okt. in der Provinz Wardak auf eine Gruppe amerikanischer Soldaten geschossen und zwei von ihnen getötet sowie zwei weitere verletzt. Dann sei er geflohen. Über die möglichen Hintergründe der Tat lagen keine Informationen vor. Ein weiterer US-Soldat erlag am 2. Okt. seinen Verletzungen, die er am Vortag (1. Okt.) bei einem Bombenanschlag in Wardak erlitten hatte.
  • Die Linke ist sich uneins über ihre Afghanistan-Politik. Der thüringische Spitzenkandidat Bodo Ramelow sagte der "Welt am Sonntag" (Ausgabe vom 4. Okt.): "Uns geht es nicht um einen sofortigen Abzug. Das wäre wie eine Flucht damals aus Vietnam." Ramelow zeigte sich Kompromissbereit gegenüber der SPD. Diese müsse sich klarwerden "über einen ehrlichen Zeitplan", sagte er: "Untersetzt man den Zeitplan mit mehr Militär, ist das mit uns nicht machbar. Untersetzt man es mit mehr nachweislichem zivilem Engagement und dem stufenweisen Abzug, dann sind wir offen.""
    Parteichef Oskar Lafontaine widersprach aber sofort der Interpretation, dass die Linke zur Wende in der Afghanistan-Politik bereit sei. "Die Position der Partei Die Linke ist klar: Wir sind für einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan", erklärte Lafontaine.
    Christine Buchholz, Mitglied des Geschäftsführenden Parteivorstandes der "Linken", erklärte dazu:
    Die anhaltende Diskussion um die weitere Aufstockung des Afghanistanmandates auf 7000 Soldaten zeigt, dass die neue Bundesregierung bereit sein wird, die Kriegsaktivitäten in Afghanistan zu verstärken.
    Nachdem alle Kriegsbefürwortenden Parteien versucht haben, das Thema Afghanistan aus dem Wahlkampf herauszuhalten, kommt die Katze jetzt aus dem Sack.
    Wir werden der Verschärfung des Krieges in Afghanistan unseren Widerstand entgegen setzen. Wir bekräftigen die Position der LINKEN nach sofortigem Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan.
    Nur ein Ende von Besatzung und Krieg kann die Voraussetzung für Frieden und Versöhnung in Afghanistan schaffen. Der Bundeswehreinsatz ist wie die gesamte NATO-Intervention in Afghanistan Teil des Problems und nicht der Lösung.
  • Bei heftigen Kämpfen in Ostafghanistan sind am Wochenende 15 Soldaten ums Leben gekommen, unter ihnen acht Amerikaner. Taliban-Kämpfer überfielen am Samstag, 3. Okt., zwei Stützpunkte an einem Berg in der Provinz Nuristan, nahe der Grenze zu Pakistan. Daraufhin kam es zu mehrstündigen Gefechten, wie die US-Streitkräfte mitteilten. Etwa 300 Taliban-Kämpfer hätten im Morgengrauen von zwei Seiten den Stützpunkt am Fuß des Bergs angegriffen, sagte am 4. Okt. der Polizeichef von Nuristan, Mohammad Kasim Dschangulbagh. Danach attackierten sie den Posten am Gipfel, der von US-Truppen gesichert wurde. Bei den Kämpfen war auch die US-Luftwaffe im Einsatz.
    Die Taliban-Kämpfer nahmen nach Angaben Dschangulbaghs 15 afghanische Polizisten gefangen, unter ihnen der örtliche Polizeichef und sein Stellvertreter. Über ihr Schicksal werde ein Rat entscheiden, sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid. In einer Erklärung der US-Streitkräfte hieß es, der Angriff sei zurückgeschlagen worden, dem Gegner seien schwere Verluste zugefügt worden.
  • Der britische Generalstabschef David Richards hat vor einer Niederlage in Afghanistan gewarnt und sich der Forderung nach einer Truppenaufstockung angeschlossen. Sollte es der NATO nicht gelingen, das Land zu stabilisieren, sei das Risiko für den Westen "enorm", sagte Richards der Zeitung "Sunday Telegraph" (4. Okt.). Ein Sieg über die internationalen Truppen in Afghanistan würde radikalislamische Aufständische auf der ganzen Welt "mitreißen", erklärte Richards. Schon allein wegen der pakistanischen Atombomben sei das Nachbarland für sie ein "verlockendes Ziel". Dies sei ein "furchterregender Ausblick". Eine Truppenaufstockung könne der NATO helfen, den "psychologischen Kampf" zu gewinnen und Verluste zu minimieren, erklärte der General.
    Damit starben nach Angaben der unabhängigen Internetseite icasualties.org in diesem Jahr bereits 394 ausländische Soldaten in Afghanistan, darunter alleine 236 US-Soldaten.
  • Der Generalstabschef der dänischen Streitkräfte hat am 4. Okt. seinen Rücktritt angekündigt. Damit solle das Vertrauen in die Streitkräfte wieder gestärkt werden, erklärte Tim Sloth Joergensen. Hintergrund war offenbar die Veröffentlichung eines umstrittenen Buchs über die dänischen Einsätze im Irak und in Afghanistan, das zudem noch vom IT-Chef der Streitkräfte, Jesper Britze, ins Arabische übersetzt wurde. Verteidigungsminister Soeren Gade hatte kritisiert, die Übersetzung könne eine Hilfestellung für die Taliban sein und die dänischen Soldaten in Afghanistan zusätzlich gefährden. Der frühere Elitesoldat Thomas Rathsack beschreibt in dem Buch einige der Einsätze, an denen er in den beiden Ländern teilnahm. Nach der Veröffentlichung auf dänisch übersetzte IT-Chef Britze das Buch. Als dies bekannt wurde, wurde er umgehend vom Dienst suspendiert - doch die Militärführung war blamiert.
    Die Streitkräfte hatten zuvor vergeblich versucht, die Veröffentlichung gerichtlich zu stoppen, da sie darin eine Gefährdung der nationalen Sicherheit sahen. Die Zeitung «Politiken» hatte das Manuskript indes noch vor dem Gerichtsentscheid als Beilage komplett abgedruckt. Damit wollte die Zeitung nach eigenen Angaben gegen den Versuch des Militärs protestieren, die Meinungsfreiheit einzuschränken.
Montag, 5. Oktober, bis Sonntag, 11. Oktober
  • Ein Jahr nach einem Selbstmordattentat auf die Bundeswehr in Afghanistan ist ein 24-jähriger Soldat an den Folgen seiner schweren Verletzungen gestorben. Wie das Verteidigungsministerium am 5. Okt. in Berlin berichtete, hatte der Fallschirmjäger am 6. August 2008 südlich von Kundus schwerste Verbrennungen erlitten, als sich ein Motorradfahrer neben ihm in die Luft sprengte. Seither lag er in Koblenz und Mainz im Krankenhaus. Die Zahl der bei Auslandseinsätzen getöteten Soldaten stieg damit auf 82. Allein in Afghanistan kamen 36 Bundeswehrsoldaten ums Leben. Der Tod des 24-Jährigen zeige, wie gefährlich dieser Einsatz sei, sagte Ministeriumssprecher Thomas Raabe.
  • Einen Tag nach einer Anschlagsdrohung des neuen pakistanischen Talibanführers hat ein Selbstmordattentäter in der zentrale des Welternährungsprogramms (WFP) in Islamabad fünf Menschen mit in den Tod gerissen. Mehrere Personen wurden bei der Explosion in dem stark gesicherten Gebäude am 5. Okt. teils schwer verletzt. Das WFP schloss daraufhin bis auf weiteres alle seine Büros in Pakistan.
  • Die afghanische Wahlkommission hat am 5. Okt. mit der stichprobenartigen Neuauszählung der Stimmzettel aus einzelnen Wahlkreisen begonnen. Zuvor hatte es Vorwürfe wegen massiven Wahlbetrugs gegeben. Die Wahlkommission lässt nun insgesamt 358 nach dem Zufallsprinzip ausgesuchte Wahlurnen neu auszählen. Sie stammen aus Wahlkreisen, in denen Unregelmäßigkeiten vermutet wurden. Die Neuauszählung dieser Stichproben soll bis zu vier Tagen dauern. Mit einem Ergebnis ist frühestens Ende der Woche zu rechnen.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat vor einer Niederlage der internationalen Truppen in Afghanistan gewarnt. Sollten die Taliban "große Teile" Afghanistans unter ihre Kontrolle bringen, würde dies zu einer Stärkung des Terrornetzwerks El Kaida führen, sagte Gates am 5. Okt. dem Fernsehsender CNN. Eine Niederlage der USA und der NATO wäre ein wichtiger "symbolischer Sieg" für El Kaida, ein Rückzug der US-Truppen aus Afghanistan sei daher ausgeschlossen. "Es sollte keine Ungewissheit über unsere Entschlossenheit bestehen, in Afghanistan zu bleiben.", so Gates. Gates und US-Außenministerin Clinton riefen dazu auf, die derzeitigen Strategie-Überlegungen von US-Präsident Barack Obama in Ruhe abzuwarten. Derart wichtige Entscheidungen sollten nicht aus dem Augenblick heraus getroffen werden, warnte Clinton.
  • Bei einer Explosion in der südlichen Provinz Helmand kam nach Angaben des Verteidigungsministeriums in London ein britischer Soldat ums Leben. Er wurde am 5. Okt. während einer Patrouille getötet. Die Offensive in Afghanistan hat damit seit Oktober 2001 insgesamt 220 britische Militärangehörige das Leben gekostet. In der Provinz Wardak wurden nach Angaben der US-Streitkräfte am 5. Okt. zwei ausländische Soldaten bei einem Bombenanschlag verletzt.
  • Der ehemalige britische Armeechef General Richard Dannatt warf der britischen Regierung vor, dieses Jahr eine von der Militärführung geforderte Truppenaufstockung um 2000 Soldaten in Afghanistan abgelehnt zu haben. "Wenn das Militär sagt, dass wir mehr Soldaten brauchen und die auch stellen können, dann sollte sie (die Regierung) diesen Ratschlag auch annehmen", sagte Dannatt der britischen Zeitung "The Sun" (6. Okt.). So aber sei den britischen Truppen "mindestens ein Teil eines Armes hinter dem Rücken festgebunden." Dannatt war im September in den Ruhestand getreten. Derzeit sind etwa 8300 britische Soldaten in Afghanistan im Einsatz.
  • Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Christoph Heydemann, hat die angebliche Einflussnahme von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) auf die Ernennung eines Richters am Bundesverwaltungsgericht kritisiert. Eine solche Einflussnahme führe dazu, dass diejenigen, deren Entscheidung kontrolliert würden, sich aussuchen könnten, wer sie kontrolliere, sagte Heydemann der "Berliner Zeitung" (6. Okt.). Es sei "unverständlich", warum die Exekutive meine, die Besetzung der Judikative noch selber steuern zu müssen, um unangenehme Ergebnisse zu verhindern.
  • Bei Kämpfen mit Aufständischen sind binnen 24 Stunden zehn afghanische Soldaten ums Leben gekommen. Im gleichen Zeitraum seien 40 Extremisten getötet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kabul am 6. Okt. mit. Schwer bewaffnete Aufständische hatten dort am 3. Okt. zwei Außenposten überfallen und mehr als 20 einheimische Sicherheitskräfte verschleppt. Mit acht getöteten Soldaten war das Gefecht eines der verlustreichsten für die US-Streitkräfte seit Beginn des Krieges. Afghanische und internationale Soldaten durchkämmten das Gelände nach Aufständischen, sagte der örtliche Gouverneur Dschamaluddin Badar am 6. Okt.
    In der östlichen Provinz Nuristan flammten Kämpfe wieder auf, denen am Wochenende acht US-Soldaten zum Opfer gefallen waren.
  • Das niederländische Parlament hat sich am 6. Okt. in einem Beschluss gegen eine Verlängerung des Militäreinsatzes in Afghanistan ausgesprochen. Die Abstimmung sei "ein deutliches Signal" an die Regierung, das Mandat für die südliche Provinz Urusgan im kommenden Jahr zu beenden, sagte der Abgeordnete Martijn van Dam. Außenminister Maxime Verhagen deutete kürzlich an, die Regierung wolle die Kontrolle über die Provinz nicht an die Truppen eines anderen Landes übergeben. In Urusgan sind rund 1.600 niederländische Soldaten im Einsatz und helfen beim Wiederaufbau von Straßen und Schulen.
  • Die Gesamtausgaben der USA für den Krieg in Afghanistan seit dem 11. September 2001 könnten schon bald die Schwelle von 300 Milliarden Dollar überschreiten. Der US-Senat stimmte am 6. Okt. einem neun Ausgabengesetz für das Militär zu. Neben 498 Milliarden Dollar für das Verteidigungsministerium sind darin auch 128 Milliarden Dollar für die Militäroperationen im Irak und Afghanistan enthalten. Nach einer Analyse von Kongressmitarbeitern summieren sich damit die Gesamtausgaben für den Afghanistan-Krieg auf rund 300 Milliarden Dollar.
    Den Schätzungen zufolge liegen die seit 2001 bewilligten Gesamtausgaben für die Kriege im Irak und Afghanistan einschließlich der Vorlage vom Dienstag bei rund einer Billion Dollar (= 1.000 Milliarden). Das Ausgabengesetz muss noch mit einer Vorlage des Repräsentantenhauses abgestimmt werden, bevor es dann Präsident Barack Obama zur Unterschrift vorgelegt werden kann. In der Vorlage, dem der Senat mit 93 zu 7 Stimmen zustimmte, wird außerdem jegliche Verlegung von Insassen des umstrittenen Internierungslagers Guantanamo auf Kuba in die USA verboten.
  • In der Frage der Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan steht US-Präsident Barack Obama vor einer schwierigen Entscheidung. Bei einem Treffen mit Abgeordneten des US-Kongresses drängte der republikanische Senator John McCain im Weißen Haus auf eine rasche Entsendung zusätzlicher Soldaten. Obama müsse "so schnell wie möglich" dem Ersuchen des Generals Stanley McChrystal nach der Entsendung weiterer Soldaten nachkommen, sagte McCain nach dem Treffen in Washington am 6. Okt.
    Bei dem Treffen im Weißen Haus konnten die Differenzen zwischen den Parteien bezüglich der Afghanistan-Strategie nicht überbrückt werden. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sagte zwar, alle Teilnehmer hätten Obama grundsätzlich zugesagt, seine Entscheidung zu unterstützen. Zögerlicher äußerte sich die demokratische Präsidentin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi: Ob die Demokraten Obamas Entscheidung am Ende tragen würden, hänge davon ab, was der Präsident vorlege. Viele Demokraten lehnen ein Aufstocken der Truppen in Afghanistan ab.
    Nach Angaben eines ranghohen Regierungssprechers versicherte Obama den Abgeordneten, bei seiner Entscheidung "konsequent und überlegt" vorzugehen. Der Präsident habe jedoch auch deutlich gemacht, dass seine Entscheidung "nicht alle in diesem Raum oder im Land glücklich machen" werde.
  • Eine von Aufständischen in Afghanistan abgefeuerte Rakete ist am 7. Okt. auf einer Fernstraße im Osten des Landes in einen Bus eingeschlagen. Dabei wurden nach Regierungsangaben zwei Menschen getötet und etwa 25 verletzt. Die Aufständischen hätten vermutlich auf einen nahegelegenen Kontrollpunkt der Polizei gezielt, diesen aber verfehlt und den Bus mit Zivilpersonen getroffen, erklärte das Innenministerium. Der Anschlag ereignete sich im Bezirk Karabagh in der Provinz Ghasni.
  • Bei der Explosion einer Landmine in Afghanistan sind am 7. Okt. ein spanischer Soldat getötet und fünf weitere verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich nach Angaben des spanischen Verteidigungsministeriums in der Nähe der westafghanischen Stadt Herat. Demnach fuhr das Fahrzeug, mit dem die Soldaten als Teil eines Konvois unterwegs waren, über die Mine, die daraufhin detonierte.
  • Die Vereinten Nationen haben nach Medieninformationen detaillierte Hinweise auf einen umfangreichen Betrug bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan gesammelt. Die "Washington Post" vom 7. Okt. zitierte aus einem vertraulichen Papier der UNO, demzufolge in manchen Provinzen weitaus mehr Stimmen für Amtsinhaber Hamid Karsai angerechnet wurden als überhaupt von Wählern abgegeben wurden. Besonders deutlich seien diese Diskrepanzen in einigen Provinzen, die Karsai mit großem Abstand gewonnen haben soll. Demnach seien in der Südprovinz Helmand 134.804 Stimmen ausgezählt worden, davon 112.873 für Karsai. Nach Schätzungen der UNO gaben dort aber nur 38.000 Wahlberechtigte ihre Stimme ab. In Paktika wurden nach Angaben der Wahlkommission 212.405 Stimmen ausgezählt, davon 193.541 für Karsai, während die UN-Beobachter von nur rund 35.000 abgegebenen Stimmen ausgingen. Ähnliche Diskrepanzen wurden auch aus anderen Regionen gemeldet. In mehreren anderen Provinzen, die von Karsais Herausforderer und Ex-Außenminister Abdullah Abdullah gewonnen wurden, zeige sich das umgekehrte Bild, berichtete die "Washington Post" unter Berufung auf die UN-Dokumente: Dort sei die Wahlbeteiligung höher gewesen, als es die ausgezählten Stimmen widerspiegelten. So seien in Balch nur 297.557 Stimmen gezählt worden, während die UNO davon ausgehe, dass 450.000 Wahlberechtigte votiert haben.
    Nachgezählt werden lediglich die Ergebnisse aus den Bezirken, in denen die Beteiligung bei der Wahl am 20. August angeblich bei 100 Prozent gelegen hat oder in denen einer der Kandidaten mehr als 95 Prozent der Stimmen erhalten haben soll.
  • Die wieder auf dem Vormarsch befindlichen Taliban wollen in Afghanistan abermals ein «islamisches System» errichten, aber keine Anschläge außerhalb ihres Landes unterstützen. Dies erklärten die Aufständischen in einer Internetbotschaft zum 8. Jahrestages des US-Einmarsches am Hindukusch am 7. Okt. «Wir hatten keinen Plan, andere Länder zu schädigen, etwa in Europa. Und wir haben auch heute keinen Plan dazu», heißt es in der vom US-Institute SITE ausgewerteten Botschaft.
    Den US-Streitkräften und der Internationalen Schutztruppe (ISAF) sagen sie den Kampf an. «Wenn ihr das Land der stolzen Afghanen in eine Kolonie umwandeln wollt, seit euch unserer unerschütterlichen Entschlossenheit zu einem langen Krieg gewiss.» Die Betonung, keine anderen Länder im Visier zu haben, wird von Experten als Distanzierung zu Al Kaida interpretiert. Damit wollen die offenbar Angst zerstreuen, Afghanistan könne erneut zum Ausgangsort islamistischer Terroranschläge werden, sollten sie die Macht im Land ein weiteres Mal an sich reißen.
  • Afghanische und ausländische Soldaten haben bei Kämpfen versehentlich ein Kind erschossen. Die Internationale Schutztruppe ISAF teilte am 8. Okt. mit, bei der Operation in der zentralafghanischen Provinz Logar seien auch mehrere Aufständische getötet worden, darunter ein Taliban-Kommandeur. Die Soldaten seien aus einem Gebäude heraus beschossen worden und hätten das Feuer erwidert. Bei der Durchsuchung des Gebäudes entdeckten sie ein verwundetes Kind, das später an seinen Schussverletzungen starb.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf die indische Botschaft im Zentrum von Kabul sind am 8. Okt. mindestens 17 Menschen getötet und nahezu 80 weitere verletzt worden. Unter den Opfern waren 15 Zivilpersonen und zwei Polizisten, wie das Innenministerium mitteilte. Talibansprecher Sabiullah Mudschahid erklärte auf einer Website der Gruppe, ein Afghane habe sich mit einem mit Sprengstoff beladenen Geländewagen vor der Botschaft in der afghanischen Hauptstadt in die Luft gesprengt. Die Detonation gegen 08.30 Uhr Ortszeit erschütterte Gebäude im weiten Umkreis, zahlreiche Fensterscheiben gingen zu Bruch, die Mauern von Geschäften zwischen der Botschaft und dem Innenministerium stürzten ein. Eine riesige dunkle Rauchwolke war am Himmel zu sehen. Viele Krankenwagen waren im Einsatz. Laut Innenministerium wurden 76 Menschen teils schwer verletzt.
    Präsident Hamid Karsai, die Vereinten Nationen, Pakistan und die US-Botschaft verurteilten den Anschlag als schändliches Verbrechen.
  • Der UN-Beauftragte für Afghanistan, Kai Eide, hat den Vorwurf zurückgewiesen, Hinweisen auf Betrug bei der Präsidentenwahl nicht entschieden genug nachgegangen zu sein. Die Anschuldigungen seines früheren Stellvertreters Peter Galbraith seien «offensichtlich falsch» und lenkten von dem Problem ab, dass noch immer kein Ergebnis der Wahl vom 20. August vorliege, erklärte Eide am 8. Okt. in Kabul. Galbraith war vergangene Woche wegen seiner Kritik an Eide als Nummer 2 der Vereinten Nationen in Afghanistan entlassen worden.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat am 8. Okt. eine Ausweitung des NATO-Einsatzes in Afghanistan gefordert. In einer Resolution forderte das Gremium die Mitgliedsstaaten des Bündnisses auf, "Personal, Ausrüstung und andere Ressourcen" beizusteuern, damit die internationalen Truppen "alle operationellen Aufgaben" erfüllen könnten. Zugleich verlängerte der Sicherheitsrat den ISAF-Einsatz um ein Jahr. Die von Japan verfasste und einstimmig verabschiedete Resolution 1890 betont ausdrücklich die "Notwendigkeit", die NATO-geführten ISAF-Truppen am Hindukusch zu stärken. Konkrete Angaben dazu, inwieweit das Engagement personell und materiell ausgeweitet werden soll, macht der Sicherheitsrat darin jedoch nicht. Den Einsatz der mehr als 67.000 Mann starken ISAF-Truppen verlängerten die 15 Mitglieder des Gremiums bis zum 13. Oktober 2010.
    In der Resolution bringt der Sicherheitsrat seine "starke Besorgnis" über die Sicherheitslage in Afghanistan zum Ausdruck. Er verurteilt darin den Anstieg der Gewalttaten durch Anhänger der radikalislamischen Taliban und des Terrornetzwerks El Kaida und zeigt sich besorgt über die hohe Zahl ziviler Opfer. Es sei wichtig, dass der "funktionelle Charakter, die Professionalität und das Verantwortungsbewusstsein" der afghanischen Sicherheits gestärkt werde, heißt es in dem Dokument.
    Die Resolution unterstreiche "den Umfang an internationaler Unterstützung", die für die internationalen Bestrebungen in Afghanistan nötig seien, sagte der britische UN-Botschafter John Sawers. Insgesamt sind rund 100.000 NATO- und US-Soldaten in Afghanistan stationiert, die dort derzeit gegen den schwersten Anstieg von Gewalt seit dem US-geführten Einmarsch im Jahr 2001 kämpfen.
  • Bei einer Explosion in der südafghanischen Provinz Helmand ist ein britischer Soldat getötet worden. Er war am 8. Okt. auf Patrouille, wie das Verteidigungsministerium in London am 9. Okt. mitteilte. Seit Beginn des Militäreinsatzes sind in Afghanistan damit 221 britische Soldaten ums Leben gekommen.
  • Bei einem Anschlag in Afghanistan sind am 9. Okt. zwei polnische Soldaten getötet worden. Vier weitere wurden verletzt. Unter ihrem Fahrzeug in der Provinz Wardak explodierte ein Sprengsatz. In Afghanistan sind im Rahmen der NATO-geführten Schutztruppe ISAF rund 2000 polnische Militärs stationiert. Bei Anschlägen und Unfällen sind dort bislang 15 Soldaten ums Leben gekommen. Laut Umfragen fordert die Mehrheit der Polen ein Ende des Afghanistan-Einsatzes.
    Ein US-Soldat erlag Verletzungen, die er bei einem Anschlag in Südafghanistan erlitten hatte, teilten die Streitkräfte am 10. Okt. mit.
  • Im Norden Afghanistans sind erneut Bundeswehrsoldaten angegriffen worden. Wie das Verteidigungsministerium am 10. Okt. in Berlin mitteilte, wurden die Soldaten etwa neun Kilometer westlich des Lagers des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in Kundus mit Handwaffen und Panzerabwehrwaffen beschossen. Die Soldaten erwiderten das Feuer. Verletzt wurde niemand. Erst am Montag (5. Okt.) waren Bundeswehrsoldaten in derselben Region angegriffen worden. Auch dabei wurde niemand verletzt.
  • Deutschland soll nach Informationen des "Spiegel" knapp 1200 Polizeiausbilder für die NATO-Trainingsmission in Afghanistan entsenden. Diese Forderung werde in den nächsten Wochen in Form einer offiziellen Anfrage auf Deutschland zukommen, berichtet das Magazin am 10. Okt. unter Berufung auf NATO-Kreise. Die Anfrage ist dem Bericht zufolge Teil des Plans, die erst im April ins Leben gerufene Mission unter Leitung eines amerikanischen Drei-Sterne-Generals aufzustocken. Insgesamt 10.000 Ausbilder sollen dann die Schulung der afghanischen Sicherheitskräfte vorantreiben. Das Ansinnen würde Deutschland vor eine große Herausforderung stellen, da Polizeibeamte - anders als Soldaten - nur freiwillig zu einem Einsatz im Ausland entsandt werden können, hieß es weiter. Derzeit sind nur 110 deutsche Polizisten in Afghanistan.
  • Die Taliban werden nach Angaben des afghanischen Verteidigungsministers General Abdul Rahim Wardak zunehmend von ausländischen Kämpfern unterstützt. Etwa 4.000 Kämpfer zumeist aus Tschetschenien, Nordafrika und Pakistan hätten sich ihnen mittlerweile angeschlossen, sagte Wardak am 10. Okt. in einer Rede im Parlament in Kabul. Der Minister forderte eine Verstärkung der internationalen Truppen in Afghanistan, um der neuen Bedrohung zu begegnen.
  • Im Kampf gegen die Taliban in Afghanistan hat der frühere US-Präsidentschaftskandidat John McCain eine deutliche Truppenaufstockung gefordert. Der Militäreinsatz könne nur gewonnen werden, wenn die Regierung mindestens 40.000 weitere Soldaten am Hindukusch stationiere, sagte McCain in einem CNN-Interview, das am Sonntag (11. Okt.) ausgestrahlt werden sollte. Er stellte sich damit hinter eine Einschätzung des Oberbefehlshabers der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal. Die Empfehlung einer deutlich größeren Truppenpräsenz in Afghanistan abzulehnen wäre «ein Irrtum von historischem Ausmaß», warnte McCain. Es sei töricht anzunehmen, dass die Taliban stärker werden könnten, ohne dass davon auch das Terrornetzwerk Al Kaida profitiere. Beide würden «untrennbar miteinander verbunden», sagte der republikanische Politiker. Derzeit sind rund 68.000 amerikanische Soldaten in Afghanistan stationiert.
  • Amerikanische Soldaten haben in Afghanistan einen Rebellenstützpunkt gestürmt und nach Behördenangaben 18 Aufständische getötet. Sie wurden bei den Kämpfen in der östlichen Provinz Kunar am Sonntag (11. Okt.) von afghanischen Regierungstruppen unterstützt, wie der örtliche Gouverneur mitteilte. Das Lager im Bezirk Mano Gai wurde einer einer US-Militärsprecherin zufolge auch von einem Al-Kaida-Kommandeur genutzt.
  • Zwei Monate nach der Präsidentenwahl in Afghanistan hat die UNO erstmals einen größer angelegten Wahlbetrug eringeräumt. Der UN-Sondergesandte in dem Land, der Norweger Kai Eide, sprach in Kabul von einem "bedeutenden" und weitreichenden Betrug, dessen genaues Ausmaß untersucht werde. Unregelmäßigkeiten habe es in einer Reihe von Wahllokalen im Süden und im Südosten des Landes gegeben, "jedoch nicht nur dort", sagte Eide bei der Pressekonferenz am 11. Okt., bei der auch die Botschafter der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs sowie Repräsentanten der EU und der NATO anwesend waren. Wegen der noch laufenden Ermittlungen der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) und der Wahlbeschwerdekommission (ECC) sei es noch nicht möglich zu sagen, wieviele Stimmen gefälscht worden seien. Angaben, nach denen 30 Prozent der Stimmen manipuliert wurden, könne er derzeit nicht bestätigen. "Ich kann nur sagen, es gab weitreichenden Betrug."
    Eide wies Vorwürfe zurück, denenzufolge er das Ausmaß der Wahlmanipulationen zu verschleiern versuchte. Der UN-Sondergesandte zeigte sich sichtlich verärgert über entsprechende Äußerungen seines ehemaligen Stellvertreters Peter Galbraith. Eides Stellvertreter war am 30. September von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon entlassen worden. Galbraith hatte mit Hinweis auf die hohe Zahl abgegebener Stimmen in Regionen mit traditionell geringer Wahlbeteiligung öffentlich von weitreichendem Wahlbetrug gesprochen. Seinem Vorgesetzten warf er vor, diese Erkenntnisse bewusst zurückgehalten zu haben.
Montag, 12. Oktober, bis Sonntag, 18. Oktober
  • Eines der beiden einheimischen Mitglieder der von den UN-unterstützten Wahlbeschwerdekommission in Afghanistan hat sein Amt am 12. Okt. niedergelegt. Die drei Ausländer in dem Gremium - ein Amerikaner, ein Kanadier und ein Niederländer - träfen alle Entscheidungen alleine, sagte Maulawi Mustafa Baraksia zur Begründung. UN-Sprecher Aleem Siddique erklärte, Baraksias Schritt sei bedauerlich. Die Arbeit der Beschwerdekommission müsse aber fortgesetzt werden.
  • Deutsche Pistolen aus Bundeswehrbeständen werden auf dem Schwarzmarkt in Afghanistan und Pakistan gehandelt. Nach Recherchen von NDR Info sind darunter Waffen aus einer Lieferung des Bundesverteidigungsministeriums von 10.000 Pistolen an die afghanischen Sicherheitskräfte. Afghanische und pakistanische Waffenhändler sagten zu NDR Info, es seien Hunderte deutscher Pistolen im Angebot. Weder die Bundesregierung noch eine zuständige US-geführte Sicherheitseinheit haben den Verbleib der Waffen verfolgt. Bündnis 90/Die Grünen bezeichneten die Vorgehensweise der Bundesregierung als "grob fahrlässig". Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem "Risiko für die eingesetzten Deutschen" in Afghanistan. Beide fordern eine Untersuchung des Vorgangs. (ots, 12. Okt.)
  • Das Verteidigungsministerium hat keine Hinweise darauf, dass Pistolen aus Bundeswehr-Beständen auf Schwarzmärkten in Afghanistan und Pakistan gehandelt werden. Die afghanische Seite habe sich zur ausschließlichen Verwendung der Waffen durch die Sicherheitskräfte verpflichtet, sagte ein Ministeriumssprecher am 12. Okt. der dpa in Berlin. Der Altbestand von 10 000 ausgemusterten Walther-P1-Pistolen sei im Januar 2006 im Rahmen eines Abkommens an das afghanische Innenministerium übergeben worden.
  • Im hessischen Fulda findet am 12. Okt. die Trauerfeier für einen jungen Bundeswehr-Soldaten statt. Er war vor kurzem an den Spätfolgen eines Anschlags in Afghanistan gestorben. Erwartet werden unter anderem Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan. Der 24 Jahre alte Fallschirmjäger war im August 2008 bei einem Selbstmordanschlag auf seine Patrouille schwer verwundet worden. Er war das 36. Todesopfer des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr.
  • Die künftige schwarz-gelbe Bundesregierung sollte nach Ansicht von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann die Zahl der deutschen Polizeiausbilder für Afghanistan verdreifachen. Er forderte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» vom 12. Okt.: «Die Zahl der Polizeiausbilder muss von rund 100 auf bis zu 300 erhöht werden.» Bereits bei einer Innenministerkonferenz sei über eine Erhöhung diskutiert worden. Polizisten können - anders als Soldaten - nur auf freiwilliger Basis ins Ausland geschickt werden.
  • Vor einer Mailänder Polizeikaserne hat am Montag (12. Okt.) ein Mann aus Libyen einen Sprengsatz gezündet. Dabei wurde er nach Polizeiangaben schwer verletzt, ein weiterer Mann wurde leicht verletzt. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Apcom rief der Libyer unmittelbar vor der Tat «Raus aus Afghanistan!». Italien hat 2.800 Soldaten in Afghanistan stationiert.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Militärkonvoi in Shangla im Nordosten Pakistans wurden am 12. Okt. nach Behördenangaben mindestens 41 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der Selbstmordattentäter zündete seinen Sprengsatz, als ein Militärkonvoi über den Markt von Shangla in der Nähe des umkämpften Swat-Tals fuhr. "Wir gehen davon aus, dass der Attentäter zu Fuß unterwegs war", sagte Major Mushtaq Khan. "Als er sich in die Luft sprengte, traf er auch einige Lastwagen mit Munition, die dann ebenfalls explodierten." Unter den Toten waren nach offiziellen Angaben sechs Soldaten. Zwar bekannte sich zu dem Anschlag in Shangla zunächst niemand, Taliban-Sprecher Azam Tariq sagte aber unter Hinweis auf eine Serie von Anschlägen in den vergangenen Tagen in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP: "Wir können überall in Pakistan zuschlagen."
    Tariq spricht für die Bewegung der Taliban Pakistans (Tehreek-e-Taliban, TTP), die mutmaßlich dem internationalen Terrornetzwerk El Kaida angehört. Die TTP übernahm die Verantwortung für den Überfall auf das militärische Hauptquartier in Rawalpindi am Wochenende, bei dem nach jüngsten Angaben 22 Menschen getötet wurden - acht Angreifer, elf Soldaten und drei Geiseln.
    Die pakistanische Armee hatte im April eine Offensive gegen die Aufständischen im Swat-Tal begonnen. Sie traf in den vergangenen Tagen Vorbereitungen für eine Ausweitung der Offensive in den sogenannten Stammesgebieten an der afghanischen Grenze. Die Verstärkung der Offensive stehe "unmittelbar" bevor, erklärte das Innenministerium. Gerechnet wird vor allem mit einer Boden-Offensive gegen mutmaßliche Taliban-Stellungen in Süd-Waziristan und im Bezirk Bajaur. Die US-Luftwaffe flog dort in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche Angriffe, zum großen Teil mit unbemannten Drohnen.
    Bei rund 280 Anschlägen, die zumeist von Selbstmordattentätern der pakistanischen Taliban verübt wurden, wurden innerhalb von gut zwei Jahren mehr als 2200 Menschen getötet. Erst am Freitag (9. Okt.) riss ein Selbstmordattentäter in Peshawar 52 Zivilisten mit in den Tod.
  • Japan wird seine logistische Unterstützung für den NATO-Einsatz in Afghanistan mit Beginn des kommenden Jahres beenden. Die beiden Kriegsschiffe zur Treibstoffversorgung der NATO-Truppen würden im Januar aus dem Indischen Ozean abgezogen, erklärte Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa am 13. Okt. in Tokio. Nach dem Regierungswechsel im vergangenen Monat war mit einer solchen Entscheidung gerechnet worden.
    Der neue Ministerpräsident Yukio Hatoyama von der Demokratischen Partei hat sich stets gegen den Militäreinsatz ausgesprochen und stattdessen alternative Methoden zur Friedenssicherung in Afghanistan gefordert. Sein Kabinettschef Hirofumi Hirano erklärte, eine gezielte Unterstützung der Zivilgesellschaft und eine Neuordnung der Landwirtschaft seien besser geeignet, den Terroristen ihre Basis zu entziehen. Hierfür wolle man bis zum Tokio-Besuch von US-Präsident Barack Obama Mitte November ein umfassendes Programm vorlegen.
    Der japanische Marine-Einsatz zur Unterstützung des NATO-Einsatzes in Afghanistan begann während der US-Invasion im Herbst 2001. Im März vergangenen Jahres erklärte sich Japan bereit, sechs Monate lang die Gehälter von 80.000 afghanischen Polizisten zu bezahlen. Außerdem finanziert das Land eine Reihe von Projekten in den Bereichen Bildung, Landwirtschaft und Infrastruktur.
  • US-Präsident Barack Obama schickt nach Informationen der "Washington Post" deutlich mehr zusätzliche Truppen nach Afghanistan als bislang bekannt. Wie die Zeitung am 13. Okt. auf ihrer Internetseite unter Berufung auf Pentagonkreise berichtete, autorisierte Obama neben der im März angekündigten Aufstockung um 21.000 Soldaten die Entsendung von weiteren 13.000 Mann. Bei den zusätzlichen Truppen handelt es sich dem Bericht zufolge vor allem um unterstützende Einheiten wie Ingenieure, Geheimdienstexperten, Militärpolizisten und Sanitäter. Obama habe die Aufstockung auf insgesamt 34.000 Soldaten genehmigt, aber nur die 21.000 zusätzlichen Soldaten seien per Pressemitteilung angekündigt worden, schreibt die "Washington Post" unter Berufung auf einen mit dem Genehmigungsverfahren für die Truppenentsendung vertrauten Pentagon-Mitarbeiter.
    Das Weiße Haus und das Pentagon haben in der Vergangenheit häufig größere Truppenverlegungen verschwiegen. Obamas Vorgänger George W. Bush nannte bei einer Truppenaufstockung im Irak nur die 20.000 Soldaten der Kampftruppen und sparte die rund 8000 Soldaten unterstützender Einheiten aus.
    Obama arbeitet derzeit an einer neuen Afghanistan-Strategie. Der US-Oberbefehlshaber am Hindukusch, General Stanley McChrystal, forderte kürzlich die Entsendung von bis zu 40.000 zusätzlichen Soldaten. Derzeit sind laut "Washington Post" in Afghanistan rund 65.000, im Irak etwa 124.000 US-Soldaten stationiert.
  • Das Auftauchen deutscher Pistolen aus Bundeswehrbeständen auf dem Schwarzmarkt in Afghanistan löste in Deutschland weiter empörte Reaktionen aus. Der Unions-Sicherheitsexperte Hans-Peter Uhl (CSU) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am 13. Okt., es könne nicht sein, "dass wir in Afghanistan mit viel Geld Sicherheitskräfte ausbilden, deren Ausrüstung aber teilweise im gegnerischen Lager landet". Unter diesen Vorzeichen stelle sich die Frage, was in Afghanistan überhaupt zu erreichen sei. Beim Aufbau der Sicherheitsstrukturen seien "keine nennenswerten Erfolge sichtbar".
    Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte der Zeitung, der Außenminister der neuen schwarz-gelben Bundesregierung müsse der afghanischen Regierung ein Ultimatum stellen, bis wann Deutschland greifbare Ergebnisse erwarte. Notfalls müssten die deutschen Polizeiausbilder aus Afghanistan abgezogen werden.
  • Die radikalislamischen Taliban haben nach Erkenntnissen der USA mehr Geld als das Terrornetzwerk El Kaida zur Verfügung. Während sich die Taliban in Afghanistan "aus einer breiten Palette krimineller Aktivitäten" finanzierten, sei die Austrocknung der Ressourcen El Kaidas ein Erfolg des internationalen Kampfes gegen die Finanzierung terroristischer Aktivitäten, sagte der Leiter der für diese Fragen zuständigen Abteilung im US-Finanzministerium, David Cohen, am 13. Okt. Drogen- und Schutzgelder seien die Haupteinnahmequellen der Taliban für den Kampf gegen die multinationalen Truppen in Afghanistan.
    Cohen zufolge verschlechtert sich die finanzielle Lage El Kaidas seit mehreren Jahren, folglich schwinde der Einfluss der Terrornetzwerks. Cohen wertete das als "gutes Maß für den Erfolg der koordinierten Strategie" im Kampf gegen die Finanzierung des internationalen Terrorismus. Zugleich kündigte er an, dass die USA auch künftig "offensiv und innovativ" die Terror-Finanzierung bekämpfen würden.
  • US-Präsident Barack Obama will «in den kommenden Wochen» über eine mögliche Truppenaufstockung in Afghanistan entscheiden. Beschlüsse mit Blick auf den Militäreinsatz seien aber nur ein Aspekt bei notwendigen Verbesserungen der Strategie Washingtons am Hindukusch, erklärte Obama am 13. Okt. Wesentlich sei außerdem beispielsweise eine Unterstützung der Afghanen bei der Regierungsarbeit, Verbesserungen im Justizwesen und in der Landwirtschaft. Obama äußerte sich nach einem Treffen mit dem spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodriguez Zapatero im Weißen Haus vor Journalisten.
  • Der US-Kommandeur in Afghanistan, General Stanley McChrystal, hat sich besorgt gezeigt über Korruption innerhalb der afghanischen Regierung. Der Kampf gegen die Taliban und die Al Kaida sei dadurch gefährdet, hieß es in einem noch unveröffentlichten Bericht McChrystals, wie am 13. Okt. aus Regierungskreisen in Washington verlautete. Selbst wenn zehntausende weitere US-Soldaten in das Land geschickt würden, könne der Kampf gegen die Terroristen scheitern. McChrystal habe zu der geplanten Truppenaufstockung mehrere Optionen vorgeschlagen, die zwischen 10.000 und 80.000 zusätzliche Soldaten vorsehen. Empfohlen habe der General eine Aufstockung um 40.000 Soldaten.
  • Premierminister Gordon Brown gab in einer Rede vor dem Unterhaus am 14. Okt. in London eine Truppenaufstockung um zusätzliche 500 Mann bekannt. Zugleich forderte er die NATO-Partner auf, ebenfalls eine Verstärkung ihres Engagements zuzusichern. Die afghanische Regierung müsse sich verstärkt für die Ausbildung ihrer eigenen Soldaten einsetzen.
    Großbritannien verfügt mit mehr als 9000 Soldaten nach den USA über das zweitgrößte Kontingent am Hindukusch. Seit dem Einmarsch im Jahr 2001 starben insgesamt 221 britische Soldaten in Afghanistan. Allein zwischen Juli und September kamen 49 Briten ums Leben. Angesichts der steigenden Zahl getöteter Soldaten wächst in der Bevölkerung aber der Widerstand gegen den Einsatz. Einer in der Zeitung "The Times" veröffentlichten Umfrage zufolge fordert mehr als jeder Dritte der befragten Briten den Abzug der Truppen. Mitte September waren es noch 29 Prozent.
    Die NATO begrüßte die Ankündigung Großbritanniens und rief die Mitgliedstaaten zum Nachziehen auf. "Alle Mitgliedsländer der NATO müssen prüfen, wie sie ihren Beitrag steigern können", sagte ein Bündnissprecher in Brüssel. Die Bundesregierung hatte Medienberichte über eine mögliche Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents von derzeit 4500 auf 7000 Soldaten erst kürzlich als Spekulation bezeichnet.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat den Rücktritt eines Mitglieds der fünfköpfigen Wahlbeschwerdekommission abgelehnt. Maulawi Mustafa Baraksai hatte sein Amt am 12. Okt. mit der Begründung niedergelegt, die drei Ausländer in dem Gremium - ein Amerikaner, ein Kanadier und ein Niederländer - träfen alle Entscheidungen alleine. Baraksai ist einer der beiden einheimischen Mitglieder von den den UN unterstützten Kommission. Präsident Karsai erklärte am 14. Okt., Baraksai solle im Amt bleiben. Er schätze dessen Arbeit und redlichen Einsatz in dem Gremium. Zugleich rief Karsai die Beschwerdekommission dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den Vorbehalten Baraksais Rechnung zu tragen.
    Die Kommission wird voraussichtlich in dieser Woche darüber entscheiden, wie viele Stimmen der Präsidentenwahl für ungültig erklärt werden. Damit entscheidet sich, ob es zu einer Stichwahl zwischen Amtsinhaber Karsai und seinem wichtigsten Herausforderer Abdullah Abdullah kommt.
  • Der italienische Geheimdienst soll nach einem Zeitungsbericht die Taliban bestochen haben, um im Verantwortungsbereich der italienischen Truppen in Afghanistan für Ruhe zu sorgen. Die «Times» berichtete, Kommandeure der Miliz im Bezirk Surobi östlich von Kabul hätten mehrere zehntausend Dollar erhalten. Die französischen Truppen, die das Gebiet Mitte 2008 übernahmen, hätten die Gefahrenlage daher falsch eingeschätzt. In einem Hinterhalt kamen kurz darauf zehn Soldaten ums Leben. Die «Times» berief sich auf Quellen aus Militärkreisen, darunter hochrangige NATO-Offiziere. Die Regierung in Rom habe ihre Verbündeten nicht korrekt informiert. Die Franzosen hätten daher fälschlicherweise angenommen, dass die Region sicher sei, schrieb das Blatt.
    Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi wies den Bericht am 15. Okt. zurück. Berlusconi sagte, der Artikel entbehre jeder Grundlage. Seine Regierung habe weder Zahlungen an die Taliban autorisiert noch zugelassen, hieß es in einer Erklärung seines Büros. Über das Verhalten der Vorgängerregierung könne er aber nichts sagen. Das Verteidigungsministerium erklärte, die «Times» habe «Müll» geschrieben. In der ersten Jahreshälfte 2008 seien die italienischen Truppen mehreren Angriffen ausgesetzt gewesen, hieß es in der Erklärung weiter. Unter anderem sei im Februar 2008 ein italienischer Soldat in Surobi getötet worden. Italien hat rund 2.800 Soldaten in Herat und in der Hauptstadt Kabul stationiert.
  • In Pakistan haben die Aufständischen gezielt die Polizei ins Visier genommen und bei koordinierten Anschlägen am 15. Oktober mehr als 40 Menschen getötet. In der zweitgrößten Stadt Lahore starben bei zeitgleichen Angriffen auf drei Polizeiwachen mindestens 28 Menschen, zwölf weitere starben bei Anschlägen im Nordwesten des Landes.
    Die Angriffe in Lahore, der Hauptstadt der zentralpakistanischen Provinz Punjab, waren offenbar sorgfältig geplant: Bewaffnete mit Sprengstoff-Westen stürmten am Morgen den Sitz der Kriminalpolizei (FIA) sowie zwei Polizeischulen in den Vororten Manawan und Bedian. Die Angriffe auf die FIA und die Schule in Manawan konnten nach einer Stunde beendet werden, wie der Polizeichef von Lahore, Pervez Rathor, mitteilte. Mindestens 15 Polizisten und fünf Aufständische starben bei den Schusswechseln. Beide Einrichtungen waren bereits im März Ziel tödlicher Anschläge gewesen.
    In Bedian leisteten die Angreifer fast vier Stunden Widerstand. Nach Angaben des Armee-Oberbefehlshabers von Lahore, Shafqat Ahmad, drangen fünf Aufständische über eine Mauer in die Akademie für Führungskräfte ein. Einige Angreifer wurden von Scharfschützen erschossen, andere sprengten sich in die Luft. Unter den Erschossenen war nach Polizeiangaben auch ein mit einem Sprengstoffgürtel ausgerüsteter Teenager. Angesichts weiterer Anschlagsdrohungen durchsuchten die Sicherheitskräfte weitere Stadtviertel.
    In Kohat im Nordwesten des Landes wurden bei einem Autobombenanschlag mindestens elf Menschen getötet, darunter drei Polizisten. Die Stadt liegt in der Nähe der Stammesgebiete, den Hochburgen von Taliban-Kämpfern auch aus Afghanistan sowie von Anhängern des Terrornetzwerks El Kaida. Im ebenfalls im Nordwesten gelegenen Peshawar starb nach Ärzteangaben mindestens ein Kind bei einer Explosion in einem Wohnhaus für Regierungsangestellte.
    In den vergangenen elf Tagen wurde Pakistan fast täglich von schweren Anschlägen und Angriffen erschüttert, mehr als 160 Menschen wurden getötet. Die Angreifer nehmen vor allem Einrichtungen von Polizei und Militär ins Visier.
    Die radikalislamischen Taliban haben die Verantwortung für die meisten Explosionen übernommen und drohen den Streitkräften mit weiteren Gewalttaten, falls sie nach Süd-Waziristan vordringen. Dort fliegt die Regierung bereits seit Tagen Luftangriffe, rund 200.000 Menschen sind seit August aus der Region geflohen.
    Präsident Zardari sagte staatlichen Medien am 15. Okt., die Regierung halte an ihrem Vorgehen gegen die Extremisten fest. Die Islamisten hätten «einen Guerilla-Krieg begonnen», sagte Innenminister Rehman Malik.
  • Bei einem mutmaßlichen US-Raketenangriff im Nordwesten Pakistans wurden am 15. Okt. vier Menschen getötet. Die Opfer in Nord-Waziristan seien vermutlich militante Islamisten gewesen, teilten zwei Geheimdienstmitarbeiter mit. In letzter Zeit greifen die US-Streitkräfte häufig Ziele in Pakistan an, um so Kämpfer der Taliban und des Terrornetzes Al Kaida zu töten.
  • Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung und Oberbefehlshaber des NATO-Kommandobereichs Europa, Admiral James Stavridis, haben das gemeinsame Ziel einer selbsttragenden Sicherheit in Afghanistan bekräftigt. Jung nannte nach einem Besuch Stavridis' in Berlin am 15. Okt. zwar keine konkreten Zeiträume für einen Truppenabzug, sprach aber von «absehbarer Zeit», in der dieses Ziel erreicht werden solle. Stavridis betonte, die deutschen Soldaten leisteten in Afghanistan «sehr bedeutende Beiträge und ausgezeichnete Arbeit». Der Einsatz müsse auf diesem Niveau und mit dem umfassenden Sicherheitsbegriff des «comprehensive approach», der zivile und militärische Einsätze gleichermaßen und abgestimmt umfasst, weitergeführt werden, sagte er.
  • Der afghanische Botschafter in den USA sieht eine Stichwahl nach dem umstrittenen Wahlergebnis in Afghanistan als "wahrscheinlich" an. Ein möglicher zweiter Wahlgang müsse jedoch rasch stattfinden, sagte Said Tajeb Dschawad am 15. Okt. in Washington. Der Botschafter gilt als erster Vertrauter des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, der öffentlich von dieser Möglichkeit spricht. "Wenn dies der Fall ist, müssen alle hart arbeiten", sagte Dschawad.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind vier US-Soldaten ums Leben gekommen. Der Sprengsatz war auf einer Straße versteckt, wie die US-Streitkräfte am 16. Okt. mitteilten. Zwei Soldaten waren sofort tot, die beiden anderen erlagen ihren Verletzungen wenig später. Der genaue Ort des Anschlags wurde nicht mitgeteilt. Seit Beginn des Monats wurden damit in Afghanistan insgesamt 25 US-Soldaten getötet.
  • Einer Untersuchung der dänischen Streitkräfte zufolge haben Soldaten in Afghanistan ein kleines Mädchen getötet, wie das Militär am 16. Okt. in Kopenhagen mitteilte. Dänische Soldaten schossen demnach bei einem Zwischenfall in der südlichen Provinz Helmand bei der Stadt Gereshk am 12. Okt. drei Zivilpersonen an, darunter ein kleines Mädchen. Die Truppen waren in ein Gefecht mit Aufständischen verwickelt. Rund eine Stunde nach dem Gefecht sei ein verwundeter Afghane mit seinen zwei Töchtern zum dänischen Lager gekommen. Ein Mädchen war tot, der Vater und das zweite Kind waren verletzt und wurden in ein Krankenhaus geflogen.
  • Islamische Extremisten in Pakistan haben ihre seit Wochen andauernde Terrorserie am 16. Okt. mit einem Selbstmordanschlag auf eine Polizeikaserne in Peshawar fortgesetzt. 13 Menschen kamen ums Leben; nach Angaben der Polizei wäre die Zahl der Opfer höher gewesen, wenn eine Angreiferin nicht erschossen worden wäre, bevor sie ein Polizistenwohnheim erreichen konnte. Peshawar liegt in der Nordwestprovinz nahe der Grenze zu Afghanistan. Von dort aus verläuft die zentrale Fernverkehrsstraße über den Khyber-Pass nach Kabul.
  • US-Außenministerin Hillary Clinton geht davon aus, dass es in Afghanistan zu einer Stichwahl kommt. Zugleich rechnet sie aber damit, dass Präsident Hamid Karsai daraus als Sieger hervorgeht.«Die Wahrscheinlichkeit, dass er eine zweite Runde gewinnt, ist ziemlich hoch», sagte sie in einem Interview des TV-Senders CNN (dpa, 17. Okt.). Nur wenige Stunden zuvor berichteten die «New York Times» und die «Washington Post» übereinstimmend, dass Karsai bei der Abstimmung vor zwei Monaten nach Abzug gefälschter Stimmen die absolute Mehrheit verfehlt hatte. Damit wäre laut Verfassung eine Stichwahl zwischen ihm und Ex-Außenminister Abdullah Abdullah notwendig.
  • Die pakistanische Armee hat am 17. Okt. mit einer seit Monaten angekündigten Boden-Offensive gegen mutmaßliche Taliban-Stellungen im Nordwesten Pakistans begonnen. Die ersten Truppen würden in die Stammesgebiete in der Provinz Süd-Waziristan nahe der Grenze zu Afghanistan einrücken, sagte ein Armeeoffizier AFP. Die Truppenstärke solle noch vor Wintereinbruch auf 60.000 Soldaten anwachsen.
  • Im umkämpften Süden Afghanistans haben einheimische und internationale Soldaten nach Regierungsangaben 25 Kämpfer der radikalislamischen Taliban getötet. Wie ein Sprecher der Provinzregierung von Paktika am 17. Okt. mitteilte, kamen bei einem Luftangriff der US-geführten Koalitionstruppen im Bezirk Urgun am Freitagabend (16. Okt.) 20 Aufständische ums Leben. Sie sollen Anschläge auf Wachposten und internationale Soldaten geplant haben. Fünf weitere Aufständische wurden nach Regierungsangaben bei einem Einsatz der afghanischen Streitkräfte im Bezirk Gereschk in der Provinz Helmand getötet. Ein Soldat sei bei einem Angriff im Bezirk Sangin in Helmand gestorben.
  • Die militärische Führung der NATO unterstützt die Pläne für eine Truppenaufstockung in Afghanistan. Das teilte die Allianz am 17. Okt. nach einer Sitzung des Militärausschusses in Brüssel mit. Über die Zahl der zusätzlichen Soldaten sei allerdings noch nicht entschieden worden, sagte ein Sprecher des Militärausschusses, Oberst Massimo Panizzi. Darüber werden wohl die NATO-Verteidigungsminister bei einem Treffen am 22. und 23. Oktober in Bratislava beraten.
  • US-Senator John Kerry hat sich gegen eine Entsendung weiterer amerikanischer Soldaten nach Afghanistan zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen. Mit Blick auf den sich zuspitzenden Streit über das Ergebnis der Präsidentenwahl sagte der Vorsitzende des Senatsausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, ein solcher Schritt wäre derzeit falsch. Kerry, der sich am 17. Okt. zu Gesprächen in Afghanistan aufhielt, äußerte sich in einem Interview des Senders CNN, das am 18. Okt. ausgestrahlt werden sollte.
  • Nach Angriffen auf eine Nato-Versorgungsroute ist die Bundeswehr in Nordafghanistan nach SPIEGEL-Informationen gegen Aufständische vorgegangen. Vor zwei Wochen nahmen Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) südlich des Bundeswehrstandorts Kunduz 15 Verdächtige fest, heißt es bei Spiegel-Online am 17. Oktober. Die KSK-Kämpfer griffen danach gegen drei Uhr morgens zu, Kampfhubschrauber unterstützten die Aktion aus der Luft. Die Operation in einem Dorf bei Aliabad, gut 20 Kilometer südlich des Bundeswehrstandorts in Kunduz, wurde gemeinsam mit dem afghanischen Geheimdienst NDS durchgeführt, verletzt wurde niemand. Der afghanische Dienst vermutet, dass die Festgenommenen Teil der Gruppe sind, die Nato-Transporte ins Visier genommen hat, schreibt Spiegel-Online weiter.
    Bei Aliabad wurden am 3. September von Taliban auch die beiden Tanklaster entführt, die nur Stunden später auf Anforderung des deutschen Obersts Georg Klein aus der Luft bombardiert worden waren. (Siehe hierzu unsere Chronik vom 4. September.)
  • Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) bereitet sich auf eine mögliche Stichwahl bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl am Hindukusch vor. «Die Vorbereitungen für eine zweite Runde laufen», sagte UNAMA-Sprecher Aleem Siddique am 18. Okt. in Kabul. Nach der Verkündung eines Endergebnisses würden zwei bis drei Wochen benötigt, um eine Abstimmung zu organisieren. Spätester Wahltermin sei Anfang November. «Es gibt ein kleines Zeitfenster für eine zweite Runde.»
  • In den ersten 24 Stunden der Großoffensive der pakistanischen Bodentruppen in Süd-Waziristan hat die Armee nach eigenen Angaben 60 mutmaßliche Taliban-Kämpfer getötet. Wie die Armee am 18. Okt. mitteilte, wurden auch fünf Soldaten getötet und elf weitere Militärangehörige verletzt.
  • Aus Angst vor einem langen politischen Vakuum nach der Präsidentenwahl in Afghanistan dringt die internationale Gemeinschaft auf eine politische Einigung. Es gebe internationalen Druck, eine Einheitsregierung zu bilden, erklärte ein Vertreter von Präsident Hamid Karsai am 18. Okt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Außenministerin Hillary Clinton und der britische Premierminister Gordon Brown telefonierten mit Karsai und seinem Rivalen Abdullah Abdullah, um ihre Sorge über den politischen Stillstand zum Ausdruck zu bringen.
    Ein Vertreter von Karsais Wahlkampfteam, der Abgeordnete Mohin Murstal, bestätigte den internationalen Druck zur Bildung einer Einheitsregierung. «Sie wollen, dass wir eine starke Regierung bilden, eine Koalitionsregierung.» Murstal und ein Sprecher von Karsais Team, Wahid Omar, betonten jedoch, der Präsident werde sich vor der Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses auf keinerlei Handel einlassen. Nach den vorläufigen Ergebnissen kam Karsai bei der Wahl am 20. August auf 54,6 Prozent, Abdullah auf 28,0 Prozent. Nach Überprüfung aller zweifelhafter Ergebnisse könnte Karsais Stimmanteil nach Meinung internationaler Beobachter unter 50 Prozent fallen, womit eine Stichwahl nötig wäre. Diese müsste jedoch rasch durchgeführt werden, bevor der einsetzende Winter eine Abstimmung nahezu unmöglich macht und zu einem noch Monate langen Machtvakuum führen könnte.
Montag, 19. Oktober, bis Sonntag, 25. Oktober
  • Die innenpolitische Krise nach der Präsidentenwahl in Afghanistan spitzt sich zu. Die Unabhängige Wahlkommission, die von Anhängern des Amtsinhabers Hamid Karsai dominiert wird, weigert sich dem Vernehmen nach, die Ergebnisse der von den UN unterstützen Beschwerdekommission (ECC) anzuerkennen. Die ECC untersuchte Vorwürfe des Wahlbetrugs. Gewährsleuten zufolge kam sie zu dem Schluss, dass Karsai im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit erreicht hat. Damit wäre eine Stichwahl nötig.
    Die Erkenntnisse der Beschwerdekommission seien «unumstößlich», sagte ein internationaler Vertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte, weil die ECC ihren Bericht noch nicht veröffentlicht hat. Die Unabhängige Wahlkommission, der die Verkündung des amtlichen Endergebnisses obliegt, akzeptiere die Zahlen allerdings nicht, hieß es am 19. Okt. weiter. Karsais Sprecher Wahid Omar erklärte, der Präsident werde sich nicht verpflichten, das Ergebnis anzuerkennen, bevor es veröffentlicht sei.
  • Die pakistanischen Streitkräfte haben die Aufständischen in Süd-Waziristan an drei Fronten in die Zange zu nehmen versucht. Zugleich bombardierte die Luftwaffe am 19. Okt. mutmaßliche Stützpunkte der Taliban-Kämpfer. Augenzeugen zufolge leisteten die islamischen Extremisten jedoch heftigeren Widerstand als erwartet. Am 19. Okt. tobten die Kämpfe im Bereich dreier Garnisonsstädte. Dabei wurden nach Militärangaben acht weitere Aufständische getötet. Taliban-Sprecher Azam Tariq sagte der Nachrichtenagentur AP, das Land werde «bis zum letzten Blutstropfen verteidigt». Dieser Krieg werde mit der Niederlage der pakistanischen Streitkräfte enden.
    Infolge der Kämpfe wurden schon etwa 150.000 Menschen in die Flucht getrieben, weitere 200.000 dürften nach Behördenangaben in den nächsten Tagen folgen. Die Regierung hat die Großoffensive rechtzeitig angekündigt, dennoch saßen am 19. Okt. noch rund 350.000 Zivilpersonen zwischen den Fronten fest.
  • Die afghanische Wahlbeschwerdekommission (ECC) hat die Auszählungsergebnisse der Präsidentschaftswahl in 210 Wahllokalen für ungültig erklärt. Die Kommission legte am 19. Okt. in Kabul ihren mit Spannung erwarteten Bericht zu dem Wahlgang vom 20. August vor, dessen Ergebnis seither umstritten ist. Der Bericht ist richtungweisend dafür, ob Amtsinhaber Hamid Karsai doch noch in einer Stichwahl gegen seinen schärfsten Rivalen Abdullah Abdullah antreten muss. Die endgültige Entscheidung trifft allerdings die Unabhängige Wahlkommission, die als Karsai-freundlich gilt.
    Karsai hatte bei der Wahl nach vorläufigen Ergebnissen rund 55 Prozent der Stimmen erzielt, der frühere Außenminister Abdullah rund 28 Prozent. EU-Beobachter stuften jedoch jede vierte abgegebene Stimme wegen Betrugsvorwürfen als "verdächtig" ein. Die "Washington Post" hatte vergangene Woche unter Berufung auf Diplomatenkreise berichtet, die ECC werde den Stimmenanteil für Karsai auf 47 Prozent reduzieren. Auch ein Sprecher Abdullahs sagte, Karsai werde in dem korrigierten Ergebnis auf 47 oder 48 Prozent kommen. Insgesamt gab es 25.500 Wahllokale. Die Mitarbeiter der unabhängigen Wahlkommission (IEC) hatten mehr als 3000 Wahlurnen überprüft.
  • Der afghanische Präsidentschaftskandidat Abdullah Abdullah hat eine zweite Wahlrunde gefordert. Eine Stichwahl gegen Amtsinhaber Hamid Karsai würde "das Vertrauen des Volkes wiederherstellen", sagte Abdullah dem US-Radiosender NPR am 19. Okt. "Das Volk wird sehen: Ja, es hat Manipulationen gegeben, aber sie sind nun korrigiert worden", sagte er weiter. Die Demokratie in Afghanistan würde dadurch gestärkt. Bei der ersten Wahlrunde im August sei die Beteiligung auch deshalb so niedrig gewesen, "weil die Leute dem System misstraut haben", sagte Abdullah. Die Wahlbeschwerdekommission (ECC) hatte die Auszählungsergebnisse in 210 Wahllokalen wegen Betrugs für ungültig erklärt. Nach Angaben der US-Organisation Democracy International wurden insgesamt 1,3 Millionen Stimmen beanstandet.
    Wie der frühere stellvertretende UN-Sondergesandte für Afghanistan, Peter Galbraith, sagte, könnte das Ausmaß der Wahlmanipulationen sogar noch größer sein. Bei einer vollständigen Neuauszählung aller Stimmen hätten bis zu drei Millionen Stimmen für ungültig erklärt werden müssen, sagte Galbraith der Nachrichtenagentur AFP.
  • NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat seine Forderung nach einem Strategiewechsel in Afghanistan bekräftigt. Grundlage müssten die Vorschläge von General Stanley McChrystal sein, des Oberbefehlshabers der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, sagte Rasmussen am 19. Okt. Es müsse eine "allgemeine Übereinkunft" über die Strategie in Afghanistan getroffen werden. Über eine Truppenerhöhung könne aber erst dann gesprochen werden, wenn in Afghanistan Klarheit über die künftige Regierung herrsche. «Ich kann noch nicht sagen, was das in Zahlen bedeutet», sagte der NATO-Generalsekretär. Er betonte aber: «Alle Alliierten müssen sich anschauen, was sie zusätzlich leisten können.» Am Donnerstag und Freitag (22. und 23. Okt.) treffen sich die NATO-Verteidigungsminister zu Gesprächen in der slowakischen Hauptstadt Bratislava.
  • Angesichts der sinkenden Unterstützung für den Afghanistan-Einsatz in der britischen Bevölkerung warnte der britische Generalstabschef David Richards, die Sicherheitspolitik seines Landes von Meinungsumfragen diktiert zu lassen. Der Krieg könne gewonnen werden, auch wenn ein Sieg noch in weiter Ferne erscheine, schrieb Richards in einem Brief an die Zeitung "New Daily Telegraph" (19. Okt.). Es sei ein Irrtum zu glauben, ein möglichst schneller Truppenrückzug aus Afghanistan sei das beste für Großbritannien. Die Öffentlichkeit müsse aber davon besser überzeugt werden.
  • In Afghanistan kommt es am 7. November zur Stichwahl um die Präsidentschaft. Das sagte der Sprecher der Unabhängigen Wahlkommission (IEC), Noor Mohammed Noor, am 20. Okt. in Kabul. Präsident Hamid Karsai bestätigte, dass er am 7. November gegen den früheren Außenminister Abdullah Abdullah in die Stichwahl gehen werde. Dieser Schritt werde "einen Fortschritt für die Demokratie" in Afghanistan bringen, erklärte er auf einer Pressekonferenz.
    IEC-Sprecher Noor gab zunächst nicht die genauen Ergebnisse für Karsai und dessen schärfsten Rivalen Abdullah bei der ersten Runde vom 20. August bekannt. Die Wahlkommission werde am 21. Okt. eine Pressekonferenz abhalten, sagte Noor.
    Bis zuletzt war auch die Möglichkeit einer Machtteilung zwischen Karsai und Abdullah in Betracht gezogen worden. Noch kurz vor Verkündung der Stichwahl hieß es aus dem Lager der Karsai-Herausforderers allerdings, eine solche Einheitsregierung diene nicht dem politischen Fortschritt im Land. Abdullah halte eine Stichwahl für den besten Weg, sagte sein Sprecher Fasek Santscharaki.
    Die Zeit dafür ist allerdings knapp bemessen: Sobald der Winter am Hindukusch beginnt, ist eine landesweite Wahl nicht mehr durchführbar. Umgekehrt stellt die kurzfristige Organisation der Stichwahl in weniger als drei Wochen eine große logistische Herausforderung dar - nicht zuletzt, weil sichergestellt werden muss, dass es nicht erneut zum Wahlbetrug kommt.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Bereitschaft des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai für einen zweiten Wahlgang begrüßt. «Dieser wird einen entscheidenden Beitrag zur Legitimität des demokratischen Wahlprozesses in Afghanistan leisten können», erklärte das Bundespresseamt am 20. Okt. in Berlin. Merkel forderte die afghanischen Wähler auf, erneut zur Wahl zu gehen. Dies sei für die Zukunft des Landes von großer Bedeutung.
  • „Das Stichwahl-Dilemma in Afghanistan ist die Folge der jahrelangen Fixierung der NATO auf militärische Lösungen“, kommentiert Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Probleme und Unregelmäßigkeiten bei der afghanischen Präsidentschaftswahl. Schäfer erklärte am 20. Okt. weiter:
    „Mit militärischer Gewalt mögen sich Regierungen stürzen oder einsetzen lassen, zur Verbreitung von Frieden und Demokratie taugen Soldaten nicht. Die Versäumnisse bei der Herstellung von Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Wohlfahrt, die mangelnde Unterstützung der afghanischen Zivilgesellschaft und die Verweigerung von Verhandlungen zur Lösung der innerafghanischen Konflikte haben dem afghanischen Demokratisierungsprozess massiven Schaden zugefügt, der nicht mit einer fremdverordneten Wahl gutzumachen ist.
    Die afghanische Regierung, die aus diesen Wahlen hervorgeht, hat ihre demokratische Legitimität bereits verspielt, bevor sie angetreten ist; sie kann bestenfalls noch als Übergangslösung dienen. Umso dringender sind Verhandlungen mit den Aufständischen über einen Waffenstillstand und einen Prozess nationaler Aussöhnung geboten, die die Grundlage für Wiederaufbau und Demokratisierung schaffen. Voraussetzung für solche Verhandlungen ist indessen der Abzug der ausländischen Truppen.“
  • Im Norden Afghanistans sind am 20. Okt. erneut Soldaten der Bundeswehr angegriffen worden. Wie das Verteidigungsministerium in Berlin mitteilte, wurden die Soldaten am Vormittag nordwestlich von Kundus mit Handfeuer- und Panzerabwehrhandwaffen beschossen. Die Bundeswehrsoldaten hätten das Feuer erwidert. Nach bisherigen Erkenntnissen sei kein deutscher Soldat verletzt worden.
  • Nach der Entscheidung für eine Stichwahl in Afghanistan hat sich US-Verteidigungsminister Robert Gates skeptisch über die weitere politische Entwicklung geäußert. Es sei zwar wichtig, die Präsidentschaftswahl endlich abzuschließen, sagte Gates am 21. Okt. im Flugzeug nach Tokio. Man müsse die weiteren Aussichten aber realistisch einschätzen. «Die Fragen der Korruption und des Regierungsstils werden nicht einfach mit dem Ergebnis der Präsidentschaftswahl gelöst», sagte Gates. «Das wird ein offener Prozess bleiben.» Die US-Regierung müsse ihre eigene Afghanistan-Strategie entwickeln und dürfe nicht abwarten, bis sich die neue Regierung in Kabul etabliert habe. US-Präsident Barack Obama hatte die Entscheidung einer Stichwahl am 7. November am Dienstag begrüßt und von neuer Hoffnung auf eine glaubwürdige Regierung gesprochen.
  • Die EU sieht Probleme bei der Entsendung von Beobachtern zum zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Afghanistan. Der amtierende Ratspräsident und schwedische Außenminister Carl Bildt sagte am 21. Okt., es sei unmöglich, bis zum 7. November eine große Zahl von Wahlbeobachtern zu mobilisieren. Außerdem sei die Sicherheitslage in einigen Landesteilen «außerordentlich schwierig». Die EU hatte die Ansetzung des zweiten Wahlgangs wegen Berichten über massiven Wahlbetrug in der ersten Runde begrüßt.
  • Der ehemalige Industrie- und Handelsminister in Afghanistan, Amin Farhang, mahnt ein neues Konzept für Afghanistan an. Farhang äußerte sich am 21. Okt. im Deutschlandradio Kultur enttäuscht, dass es keine einheitliche Strategie der Weltgemeinschaft für das Land gebe. Angesichts der bevorstehenden Stichwahl sagte er, es sei dem Präsidenten Hamid Karsai damit gelungen, sein Ansehen im In- und Ausland wieder zu erhöhen. Dessen Glaubwürdigkeit sei dadurch größer geworden, und die meisten Afghanen rechneten nun mit einem Wahlsieg Karsais. «Ich glaube, es ist an der Zeit, dass man eine neue Afghanistan-Konferenz macht», sagte Farhang. Dort solle die Weltgemeinschaft mit den Afghanen zusammen ein neues Konzept entwerfen. Er äußerte sich zugleich kritisch über den politischen Druck der internationalen Gemeinschaft auf die afghanische Führung: «Das fand besonders das afghanische Volk sehr schlecht, weil das Land sich jetzt irgendwie wie eine Marionette fühlt, und das ist nicht gut für die Zukunft», sagte er.
  • Die Taliban haben in einer Internetbotschaft die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan als Lachnummer bezeichnet. Der Urnengang am 20. August sei "ein Witz, eine Schande und voller Peinlichkeiten für die Regierung in Kabul ganz allgemein" gewesen, hieß es nach Angaben des auf die Beobachtung islamistischer Websites spezialisierten US-Unternehmens SITE in einer Erklärung der Taliban, die am 21. Okt. im Internet veröffentlicht wurde. Nur wenige Wahlberechtigte hätten ihre Stimme abgegeben, einige hätten den Urnengang mit "Bestechungsgeldern, Betrug, Diebstahl und auch Gewalt" manipuliert, kritisierten die Taliban, die sich ausdrücklich nur auf die Wahl vom 20. August bezogen. "Was die Mehrheit insgesamt betrifft, so erklärte sie offen ihren Boykott und ihre Ablehnung" der Wahl, schrieben die Islamisten. Die Erklärung nahm nicht Bezug auf die angekündigte Stichwahl zwischen Präsident Hamid Karsai und seinem Herausforderer Abdullah Abdullah.
  • Abdullah Abdullah lehnte eine Machtteilung mit Karsai ohne zweiten Wahlgang, wie Beobachter sie erwogen hatten, ab. Sein Wunsch sei es, dass die Stichwahl sicher und transparent sei, fügte Abdullah hinzu. Er habe Karsai am Dienstagabend (20. Okt.) angerufen und ihm dafür gedankt, dass er einer zweiten Wahlrunde zugestimmt habe.
  • Trotz der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan will Australien seine Truppen so schnell wie möglich aus dem Land abziehen. Verteidigungsminister John Faulkner sagte am 21. Okt. dem Radiosender ABC, er lasse prüfen, wie die australische Armee ihren Afghanistan-Einsatz mit derzeit 1500 Soldaten "wirksam, aber in einem so kurzen Zeitrahmen wie möglich" zum Abschluss bringen könne. Faulkner räumte zugleich ein, dass dieser Vorstoß dem Vorhaben des Oberbefehlshabers der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, zuwiderlaufe, der eine deutliche Truppenverstärkung am Hindukusch fordert.
    In Afghanistan kamen bislang elf australische Soldaten ums Leben. Nach dem bislang letzten Todesfall im Juli hatte Premierminister Kevin Rudd beteuert, das Afghanistan-Engagement seines Landes sei "felsenfest". Zugleich räumte er ein, dass der Einsatz in seinem Land "unpopulär" sei. Noch im April hatte Australien 450 Soldaten zusätzlich an den Hindukusch entsandt.
  • Der Grünen-Politiker und ehemalige UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Tom Koenigs, dringt auf ein baldiges Ende des Militäreinsatzes in dem Land. Im Gespräch mit dem Onlineportal Spiegel Online sagte der neugewählte Bundestagsabgeordnete am 21. Okt., die zivile Hilfe müsse noch lange andauern. «Aber das militärische Engagement muss bald enden: Es kann nicht lange über diese afghanische Wahlperiode hinausgehen», wird Koenigs zitiert. Mit der neuen afghanischen Regierung müsse die internationale Gemeinschaft über «einen sehr konkreten Aufbau- und Abzugsplan verhandeln». Zugleich warf der Grünen-Politiker Deutschland schwere Versäumnisse in der Afghanistan-Politik vor. Diese beträfen vor allem den Aufbau der Polizei oder des Bildungssystems. Jetzt müsse Berlin Fehler in der Strategie eingestehen und Konsequenzen ziehen. Dazu gehöre auch eine kritische Bewertung des von der Bundeswehr angeordneten Luftangriffs bei Kundus vor einigen Wochen, den Koenigs als «katastrophalen Fehler» bezeichnete.
  • Die Bundesregierung hat für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan in den vergangenen beiden Jahren gut eine Milliarde Euro ausgegeben - mehr als dreimal so viel wie für zivilen Wiederaufbau und Entwicklung in dem Land. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Ausgabe vom 22. Okt.). Die Ausgaben für den Militäreinsatz betrugen 2007 515 Millionen Euro und 536 Millionen Euro 2008. Im selben Zeitraum wurden 125 Millionen und 210 Millionen Euro für den Wiederaufbau gezahlt. Das geht aus einer Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine parlamentarische Anfrage des Bundestagsabgeordneten Roland Claus (Linke) hervor. "Der vermeintliche Einsatz für den Frieden der Bundeswehr scheint vor allem ein Einsatz für die deutsche Rüstungswirtschaft zu sein", sagte Claus der Zeitung. "Dabei wäre es viel besser, wenn statt der militärischen Intervention der zivile Wiederaufbau gestärkt würde."
  • US-Präsident Barack Obama will offenbar zügiger als erwartet über eine etwaige Truppenaufstockung für Afghanistan entscheiden. Es sei «bestimmt möglich», dass Obama seine neue Strategie noch vor der zweiten Runde der afghanischen Präsidentschaftswahl am 7. November verkünde, sagte sein Sprecher Robert Gibbs am 21. Okt.
  • Mit der Auslieferung der Stimmzettel sind die Wahlvorbereitungen in Afghanistan am 22. Okt. in die heiße Phase getreten. UN-Flugzeuge transportierten die Wahlunterlagen aus Kabul in die Provinzhauptstädte, teilte UN-Sprecher Dan McNorton mit. Von dort sollten sie mit Hubschraubern, Lastwagen und Eseln in Tausende teils weit abgelegene Wahlbüros weiterbefördert werden.
  • US-Vizepräsident Joe Biden hat Rumänien für seinen Einsatz in Afghanistan gedankt. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem rumänischen Präsidenten Traian Basescu in Bukarest lobte Biden am 22. Okt. die Kompetenz der rumänischen Truppen. Bei Bidens Besuch ging es auch um das geplante Raketenabwehrsystem, das die USA in Polen und Tschechien installieren wollen. Biden sagte, er wisse die Unterstützung Rumäniens für den Raketenschild zu schätzen. US-Präsident Barack Obama hat die scharf kritisierten Pläne seines Vorgängers George W. Bush gestoppt und das Rüstungsprojekt abgeändert. Biden erklärte, es handle sich um «eine bessere Architektur». «Sie dient Ihrem Schutz und dem Schutz der USA.»
    Von Rumänien aus reist Biden weiter nach Tschechien.
  • Die NATO-Führung hat alle Mitglieder des Bündnisses zu einem verstärkten Engagement in Afghanistan aufgerufen. «Wir alle müssen verstärkt in die Ausbildung und Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte investieren», erklärte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am 22. Okt. vor einem Verteidigungsministertreffen in Bratislava. "Wenn wir Afghanistan im Stich lassen, würde sich das Land erneut zu einem Trainingsgebiet für El-Kaida entwickeln", sagte Rasmussen. Das Bündnis müsse deshalb mehr für die Ausbildung und Ausrüstung der afghanischen Armee und Polizei tun. "Die Rechnung ist sehr einfach: Wir müssen heute mehr tun, um morgen weniger tun zu können."
    Rasmussen hatte sich bereits zu Beginn der Woche hinter die Forderungen des Kommandeurs der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF gestellt, der mehr Ehrgeiz bei der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte anmahnt. Nach Angaben aus NATO-Kreisen hält ISAF-Kommandeur Stanley McChrystal die Ausbildung von 240.000 afghanischen Soldaten und 160.000 Polizisten für erforderlich. Die bisherigen Pläne der NATO sehen die Ausbildung von 134.000 Soldaten und rund 100.000 Polizisten vor. Diese Ziele sind noch nicht erfüllt: Gegenwärtig sind rund 75.000 afghanische Soldaten und 90.000 Polizisten einsatzbereit.
    Zudem müsse die Mobilisierungsfähigkeit der Truppen verbessert werden. Weniger als die Hälfte der rund 2,5 Millionen NATO-Soldaten seien für einen Auslandseinsatz gerüstet, erklärte Appathurai. Effektiv könnten maximal zehn Prozent eingesetzt werden, weil die Kapazitäten zur Versorgung der Truppen im Ausland nicht ausreichten.
    Der Afghanistan-Einsatz hat außerdem tiefe Löcher in den Haushalt der NATO gerissen. Im Budget für die laufenden Kosten der diversen Kommandozentralen des Bündnisses klafft eine Lücke von über 50 Millionen Euro. Im Haushalt für langfristige Investitionen fehlen sogar acht bis zehn Milliarden Euro. Der Hauptgrund für die Haushaltslücken ist nach Darstellung von NATO-Diplomaten, dass seit 2005 auch die Kosten laufender Einsätze aus dem Gemeinschaftshaushalt mitfinanziert werden. Die Ausgaben für die Truppen tragen zwar weiter die 28 NATO-Staaten. Gemeinsame Aufgaben wie Lufttransporte innerhalb Afghanistans, die Luftraumüberwachung oder Sanitätseinrichtungen werden aber aus dem Gemeinschaftshaushalt bezahlt, der dafür ursprünglich nicht ausgelegt war.
  • Der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Kai Eide, hat sich dem Ruf nach einer Verstärkung der internationalen Truppen am Hindukusch angeschlossen. «Ich glaube, dass mehr internationale Soldaten benötigt werden, besonders um die afghanischen Streitkräfte besser zu begleiten und zu beraten», erklärte Eide am 23. Okt. am Rande des NATO-Verteidigungsministertreffens in Bratislava. Neben zusätzlichen Ausbilder-Teams für die afghanischen Streitkräfte würden aber auch mehr NATO-Kampftruppen gebraucht, betonte der UN-Sondergesandte. «Einige zusätzliche Truppen werden benötigt, um die Phase zu überbrücken, bis die afghanischen Sicherheitskräfte selbstständig arbeiten können», sagte Eide. Wie viele Soldaten erforderlich seien, müsse die NATO entscheiden.
  • Trotz dringlicher Appelle der NATO-Führung lehnt Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung die Entsendung zusätzlicher Soldaten nach Afghanistan zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Die Obergrenze von 4.500 Soldaten solle bei der Erneuerung des Bundeswehr-Mandats Mitte Dezember unverändert bleiben, erklärte Jung am 23. Okt. beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Bratislava. Erst nach der geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz könne man «dann noch einmal neu diskutieren». Einen konkreten Termin für diese Konferenz, die auf eine deutsch-französisch-britische Initiative zurückgeht, gibt es bislang nicht. Sie sollte ursprünglich noch in diesem Jahr stattfinden. Da die neue afghanische Regierung noch nicht steht, dürfte dieser Zeitplan aber nicht zu halten sein.
    Jung signalisierte Bereitschaft, nach der Konferenz über die Entsendung zusätzlicher Militärausbilder für die afghanischen Streitkräfte nachzudenken. Bedingung dafür sei eine neue Gesamtstrategie für die Stabilisierung Afghanistans. Im Moment gehe er davon aus, dass es erst einmal «bei der derzeitigen Mandatsobergrenze» bleibe.
  • Die NATO hat eine Entscheidung über mehr Truppen für Afghanistan vertagt. Die Verteidigungsminister der Allianz einigten sich bei einem Treffen in der Slowakei am 23. Okt. lediglich auf einen neuen strategischen Ansatz, der eine verstärkte Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte vorsieht. Über eine Aufstockung der Kontingente müsse die Allianz später entscheiden, sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nach den zweitägigen informellen Beratungen der 28 Bündnisländer in der Hauptstadt Bratislava. "Die Strategie zuerst, Truppenzahlen später", betonte der Däne.
  • Ein dänischer Soldat ist im Süden von Afghanistan erschossen worden. Der Soldat befand sich zu Fuß auf Patrouille, wie das Einsatzkommando der Streitkräfte am 23. Okt. in Kopenhagen mitteilte. Seit Beginn ihres Einsatzes in Afghanistan im Jahr 2002 sind bislang 26 dänische Soldaten am Hindukusch ums Leben gekommen. Dänemark ist mit etwa 700 Soldaten an der NATO-Truppe in Afghanistan beteiligt. Die meisten von ihnen sind in der unruhigen Provinz Helmand stationiert.
  • Der Herausforderer des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, Abdullah Abdullah, will sich bei einem Sieg Karsais nicht an der Regierung beteiligen. Er habe Karsais Kabinett vor dreieinhalb Jahren verlassen und seither nicht das Bedürfnis verspürt, ihm wieder anzugehören, sagte der frühere Außenminister in einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN, das am 24. Okt. vorab in Auszügen veröffentlicht wurde. Sollte Karsai die Stichwahl am 7. November in einem "transparenten und glaubwürdigen Prozess" gewinnen, werde er aber der Erste sein, der ihm gratuliert, sagte Abdullah.
  • Die Taliban riefen zum Boykott der im November geplanten Stichwahl für das Präsidentenamt in Afghanistan auf. Niemand dürfe an diesem "amerikanischen Prozess" teilnehmen, hieß es am 24. Okt. in einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Mitteilung der islamischen Extremisten. Die Mudschaheddin seien darauf vorbereitet, die Wahl zu bekämpfen. Wer dennoch an dem Urnengang teilnehme und verletzt werde, sei für "seine Verluste" selbst verantwortlich.
  • Die pakistanische Armee hat nach Angaben aus Sicherheitskreisen das Heimatdorf des gesuchten Taliban-Führers Hakimullah Mehsud eingenommen. Das Dorf Kotkai in der Stammesregion Süd-Waziristan sei in der Nacht zum 24. Okt. besetzt worden und werde derzeit geräumt, sagte ein Armeemitglied der Nachrichtenagentur AFP. Er bezeichnete die Besetzung des Dorfes als "wichtigen Durchbruch". Nach Angaben eines weiteren Armeeangehörigen hatten die Sicherheitskräfte in den vergangenen drei Tagen das Dorf umstellt. Kampfflieger und Hubschrauber beschossen mutmaßliche Stellungen der Aufständischen in der Umgebung. Über zivile Opfer wurden keine Angaben gemacht.
  • Die Gewalt in Afghanistan ist auch am ersten Wahlkampftag für die neuerliche Abstimmung am 7. November weitergegangen. Bei Gefechten im Süden des Landes kamen drei Soldaten der Schutztruppe ISAF ums Leben, wie die NATO am 24. Okt. mitteilte. Demnach handelte es sich um zwei Amerikaner und einen Soldaten, dessen Nationalität zunächst nicht mitgeteilt wurde.
  • Die US-Truppen schossen auf einen Lieferwagen, der sich ihrem Konvoi auf der Hauptstraße von Kandahar mit hoher Geschwindigkeit näherte. Dabei wurden vier Zivilpersonen getötet, darunter zwei Frauen und ein Kind, wie der Gouverneur von Kandahar am 24. Okt. erklärte. Vier weitere Menschen wurden verletzt. Die US-Streitkräfte äußerten - wie üblich in solchen Fällen - Bedauern über den Zwischenfall und kündigten eine interne Untersuchung an. Die Provinzregierung sprach von vier Toten, darunter zwei Frauen und ein Kind, sowie drei Verletzten. Die Behörde kritisierte den Vorfall scharf.
  • Rund 5.000 Menschen haben nach Angaben der Nachrichtenagentur AP am 24. Okt. in London gegen den Krieg in Afghanistan demonstriert und den Abzug der britischen Truppen verlangt. Unter den Demonstranten war auch der 27-jährige Gefreite Joe Glenton, der sich geweigert hat, ins Kampfgebiet zurückzukehren und deshalb vor ein Militärgericht gestellt werden soll. Der Mann sagte zu der Menge, als Soldat habe er damit gerechnet, in einen Krieg geschickt zu werden. Aber er habe auch erwartet, dass «die Notwendigkeit, die Interessen seines Landes zu verteidigen, legal und berechtigt sein würden». Er glaube nicht, dass dies in Afghanistan der Fall sei.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans ist ein US-Soldat getötet worden. Der Angriff ereignete sich bereits am 24. Okt., wie die US-Streitkräfte am 25. Okt. mitteilten. Nähere Einzelheiten wurden nicht genannt.
  • Die Grünen fordern, mit dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan spätestens 2013 zu beginnen. Bereits 2010 müsse ein konkreter Plan für den Truppenabzug vorgelegt werden, heißt es in einem Antrag, der vom Bundesparteitag in Rostock am 25. Okt. mit großer Mehrheit angenommen wurde. Dabei müsse der zivile Aufbau Priorität haben. Die Forderung, die Bundeswehr spätestens im Frühjahr 2010 aus Afghanistan zurückzuholen, lehnten die Grünen ab.
    Trotz aller Kritik an der deutschen Afghanistan-Politik der vergangenen Jahre berge ein sofortiger Abzug die Gefahr "einer weiteren Eskalation bis zum Bürgerkrieg" und sei von den Grünen nicht verantwortbar, sagte die Bundesvorsitzende Claudia Roth. Nach Ansicht der Befürworter des sofortigen Abzugs sind die internationalen Truppen nicht Lösung, sondern Teil des Problems in Afghanistan. (Hier geht es zu dem beschlossenen Afghanistan-Antrag und dem unterlegenen Antrag der GRÜNEN Friedensinitiative: "Partei bleibt mit Bundeswehr in Afghanistan".)
Montag, 26. Oktober, bis Samstag, 31. Oktober
  • Bei zwei Unglücken mit US-Hubschraubern sind am 26. Okt. in Afghanistan 14 Amerikaner ums Leben gekommen. Nach Angaben der US-Streitkräfte in Kabul kamen beim Absturz eines Transporthubschraubers im Westen des Landes sieben Soldaten und drei US-Regierungsbedienstete ums Leben. Zwölf weitere Amerikaner und 14 Afghanen wurden verletzt. Beim Zusammenstoß zweier US-Hubschrauber im Süden Afghanistans kamen vier Soldaten ums Leben. Ein Abschuss durch feindliches Feuer wurde von US-Behörden ausgeschlossen.
  • Der designierte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) schließt eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan aus. In einem PHOENIX-Interview am Randes des CSU-Sonderparteitages sagte er am 26. Okt.: "Wir haben ja gerade erste einen entsprechenden Beschluss in Bratislava gehabt, wo wir noch einmal deutlich gemacht haben - auch von unserer Seite -, dass es bei dem Angebot bleibt, das wir gegeben haben. Und dass wir immer natürlich auch an den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort einen Optimierungsbedarf haben ist klar - aber das muss nicht immer nur zwingend mit (einer) Aufstockung verbunden sein."
  • US-Präsident Barack Obama will seine Entscheidung über eine mögliche Truppenaufstockung in Afghanistan erst nach reiflicher Überlegung treffen. Er werde sich nicht übereilt festlegen, sagte Obama am 26. Okt. vor Soldaten auf dem Stützpunkt Jacksonville in Florida: «Ich werde Ihr Leben nicht riskieren, sofern es nicht absolut notwendig ist.» Den Streitkräften sagte er einen «eindeutige Einsatz» mit klaren Zielen und der nötigen Ausrüstung zu.
    Zugleich sprach er den Angehörigen der 14 Amerikaner, die am selben Tag bei Hubschrauber-Abstürzen in Afghanistan ums Leben gekommen waren, sein Beileid aus.
  • Mit einem Aktionsplan für Afghanistan und Pakistan will die EU ein Aufbruchssignal in die Krisenregion am Hindukusch senden. In dem am 27. Okt. in Luxemburg verabschiedeten Konzept plädierte die Gemeinschaft für einen neuen Anlauf zur Stabilisierung der Region. «Es muss einen Neuanfang in Afghanistan geben», sagte der schwedische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt. Von der afghanischen Regierung forderte die EU ein klares Bekenntnis zu politischen Reformen. Nach der Stichwahl zwischen Präsident Hamid Karsai und seinem Herausforderer Abdullah Abdullah am 7. November müsse die neue Regierung in Kabul «eine Reihe politischer Zusagen als Vertrag mit ihrem Volk» beschließen, heißt es in dem Aktionsplan. Auf der geplanten Afghanistan-Konferenz solle auch die Zusammenarbeit zwischen der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft neu definiert werden.
    Vertreter der deutschen Delegation äußerten die Hoffnung, dass die Konferenz bis Ende Januar auf die Beine gestellt werden könne. «Dann wird man auch noch mal über deutsche Beiträge nachdenken müssen», sagte ein Regierungsbeamter.
    Die EU hatte im Mai 2008 zugesagt, ihre EUPOL-Mission zur Ausbildung afghanischer Polizisten auf 400 Ausbilder aufzustocken. Derzeit sind nach Angaben von Diplomaten erst 270 vor Ort. «Das ist ziemlich schwach», räumte der finnische Außenminister Alexander Stubb ein. Scharfe Kritik kam auch aus der deutschen Delegation: «Es ist doch eigentlich lächerlich, dass eine EU mit 500 Millionen Einwohnern nicht in der Lage ist, eine Polizeimission mit 400 Mitarbeitern auf die Beine zu stellen», sagte ein Regierungsbeamter. Obwohl Deutschland bis zu 120 Polizeiausbilder für EUPOL angeboten habe, seien bislang nur 50 abgerufen worden. Die Bundesregierung wolle sich als Konsequenz daraus verstärkt auf das rein deutsche Ausbildungsprojekt im Norden Afghanistans konzentrieren. Dort sind gegenwärtig mehr als 80 deutsche Polizeiausbilder im Einsatz, ihre Zahl soll bis zum Jahresende auf 120 erhöht werden.
    EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner kündigte an, sie wolle die Hilfszahlungen an Afghanistan «deutlich» aufstocken. Erwogen werden nach Angaben aus Kommissionskreisen 200 Millionen Euro zusätzlich für die Jahre 2011 bis 2013. EU-Kommission und Mitgliedstaaten unterstützen Afghanistan heute schon mit rund einer Milliarde Euro jährlich.
    Der Aktionsplan soll einen effizienteren Einsatz dieser Mittel gewährleisten. Er listet die künftigen Prioritäten der EU auf: Verstärkt werden sollen vor allem die finanzielle und technische Unterstützung für den Aufbau einer funktionierenden Verwaltung und Justiz. Mit der pakistanischen Regierung will die EU regelmäßige Beratungen über den Kampf gegen den Terrorismus aufnehmen. Zudem sollen das Justiz- und Innenministerium von europäischen Experten unterstützt werden.
  • Bei einer Anschlagserie im Süden Afghanistans sind acht US-Soldaten getötet worden. Nach Angaben der Internationalen Schutztruppe ISAF vom 27. Okt. kam auch ein ziviler afghanischer ISAF-Mitarbeiter ums Leben. Bei den Anschlägen habe es sich um «mehrere komplexe Angriffe» mit selbstgebauten Sprengsätzen gehandelt. Mehrere Soldaten seien verletzt worden. Nähere Angaben machte die ISAF nicht. Erst einen Tag zuvor (26. Okt.) waren bei Hubschrauberabstürzen in Afghanistan mindestens 14 Amerikaner getötet worden.
    Für die US-Streitkräfte in Afghanistan ist der Oktober der bisher verlustreichste Monat seit Beginn des Krieges im Herbst 2001. Mit den Anschlägen vom 27. Okt. stieg die Zahl der in diesem Monat ums Leben gekommenen Soldaten auf 55. Im August, dem Monat der Präsidentschaftswahl in Afghanistan, wurden 51 US-Soldaten getötet.
  • Der Bruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, Ahmed Wali Karsai, hat laut einem Bericht der Zeitung «The New York Times» (vom 27. Okt.) seit acht Jahren regelmäßig Zahlungen vom US-Geheimdienst CIA erhalten. Der Geheimdienst zahle Karsai für verschiedene Dienste, darunter Hilfe beim Aufbau einer paramilitärischen Truppe, die auf Anweisung der CIA im Großraum Kandahar agiere. Die Verbindungen der CIA zu Karsai, der in den Opiumhandel in Afghanistan verstrickt sein soll, haben laut «New York Times» innerhalb der Regierung von US-Präsident Barack Obama zu tiefen Meinungsverschiedenheiten geführt. «Wenn es so aussieht, als stützten wir Verbrecher, dann untergraben wir uns selbst», zitierte das Blatt Generalmajor Michael Flynn, den ranghöchsten US-Geheimdienstvertreter in Afghanistan. Karsai sagte der Zeitung, er arbeite mit US-Stellen zusammen, sei aber nicht am Drogenhandel beteiligt und erhalte kein Geld von der CIA. Das Blatt berief sich auf gegenwärtige und frühere Regierungsbeamte. (AP, 28. Okt.)
  • Bei einem Taliban-Angriff in der Hauptstadt Kabul sind am 28. Okt. mindestens sechs ausländische UN-Mitarbeiter getötet worden. Der Sprecher der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA), Aleem Siddique, sagte, weitere UN-Mitarbeiter seien bei dem Sturm auf ein UN-Gästehaus verletzt worden. Angaben zur Nationalität der Opfer machte er zunächst nicht. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte, der Angriff auf das Gästehaus sei der Auftakt der Kampagne der Aufständischen gegen die Stichwahl am 7. November gewesen.
    Der Chefermittler der Kabuler Polizei, Abdul Ghafar Sayedsada, sagte, neben den sechs UN-Mitarbeitern seien bei den Gefechten an dem Gästehaus die drei Angreifer, zwei afghanische Sicherheitskräfte und ein Zivilist getötet worden. Zwei ausländische UN-Mitarbeiter seien verwundet worden.
  • Nach Angaben der Polizei beschossen die Taliban am selben Tag das einzige Fünf- Sterne Hotel des Landes, das Serena-Hotel in Kabul, mit Raketen. Dabei gab es aber keine Toten. Eine Rakete sei im Hotel eingeschlagen, eine weitere davor.
    Im Januar 2008 hatte ein Selbstmordkommando der Taliban das Luxushotel angegriffen und mehrere Menschen getötet. Die Sicherheitsmaßnahmen waren danach dramatisch verschärft worden.
  • Nur kurz nach der Ankunft von US-Außenministerin Hillary Clinton ist Pakistan am 28. Okt. vom schwersten Terroranschlag seit zwei Jahren erschüttert worden. Mindestens 105 Menschen starben bei der Explosion einer Autobombe in der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar. Das berichtete der Sender Geo TV am Abend unter Berufung auf Rettungskräfte. Mehr als 150 Menschen seien bei dem Anschlag in einer belebten Geschäftsstraße verletzt worden, viele davon lebensgefährlich. Weitere Tote und Verletzte würden noch unter den Trümmern eines durch die Wucht der Detonation eingestürzten Hauses vermutet. Die meisten Opfer seien Kinder oder Frauen gewesen. Nach Polizeiangaben hatten die Attentäter ein Auto mit 150 Kilogramm Sprengstoff in die Luft gesprengt. Mehrere Läden fingen Feuer.
  • Einen Tag nach dem schweren Anschlag mit mehr als 100 Toten hat US-Außenministerin Hillary Clinton Pakistan Rückendeckung für den Kampf gegen Aufständische zugesagt. "Sie stehen an der Front, aber wir stehen an Ihrer Seite", sagte Clinton am 29. Okt. am zweiten Tag ihres Pakistan-Besuchs. Zugleich verlangte sie von der pakistanischen Regierung mehr Einsatz im Kampf gegen das Terrornetzwerk El Kaida. Der "entsetzliche Anschlag" in Peshawar im Nordwesten des Landes lasse keinen Zweifel daran, dass sich Pakistan derzeit mitten in einem Kampf gegen Extremisten befinde, sagte Clinton im ostpakistanischen Lahore. "Das ist aber nicht allein Ihr Kampf", ergänzte sie. Ihr Besuch in der zweitgrößten Stadt des Landes wurde von hohen Sicherheitsvorkehrungen begleitet.
  • Der NATO-Bericht über den von einem deutschen Oberst angeordneten Luftangriff in Afghanistan liegt jetzt dem Bundesverteidigungsministerium vor. Darin werden die Umstände des Angriffs vom 4. September beleuchtet, bei dem nach afghanischen Angaben fast 100 Menschen ums Leben kamen. Nach dpa-Informationen wurde der Untersuchungsbericht am 29. Okt. per Flugzeug nach Deutschland gebracht. Ohne den Bericht zu erwähnen, setzte sich der scheidennde Verteidigungsminister Franz Josef Jung für den Oberst ein.
    Der verheerende Luftangriff auf zwei Tanklastzüge nahe Kundus in Afghanistan ist aus Sicht der Bundeswehr-Führung militärisch angemessen gewesen. Diesen Schluss zog der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wolfgang Schneiderhan, am 29. Okt. nach Vorlage des ISAF-Untersuchungsberichts. Der bei dem Vorfall am 4. September zuständige Oberst Georg Klein habe die Lage richtig beurteilt und sogar davon ausgehen können, dass keine Unbeteiligten durch den Luftschlag zu Schaden kommen würden. Schneiderhan berichtete aus dem als geheim eingestuften Dokument, dass die Zahl der Toten und Verletzten nicht genau beziffert werden könne; die Angaben schwankten zwischen 17 und 142 Toten und Verletzten. (Siehe hierzu: Bundeswehr fühlt sich entlastet ....)
    Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, schließt nicht aus, dass es bei dem von der Bundeswehr angeordneten Luftangriff im September im nordafghanischen Kundus auch zivile Opfer gab. Dennoch solle es gegen den verantwortlichen Oberst, Georg Klein, der den Luftschlag angeordnet hatte, keine staatsanwaltschaftliche Ermittlungen geben, sagte Kirsch am 29. Okt. im ARD-Morgenmagazin. Kirsch regte an, über den Status deutscher Soldaten in Afghanistan nachzudenken. Derzeit werde in dieser Frage das deutsche Rechtssystem zugrunde gelegt. "Anders wäre es, wenn wir völkerrechtlich anerkennen würden, dass es sich hier um einen Nicht-Internationalen-Konflikt handelt. Dann würden wir dem Kriegsvölkerrecht unterliegen", sagte der Verbandschef. Dies würde bedeuten, dass in Afghanistan Kriegszustand herrsche. Kirsch sagte dazu, in manchen afghanischen Regionen gebe es gar keine Aufständischen und dort herrsche auch kein Krieg. "Aber in Kundus, da wo wir jeden Tag Kampf und Gefechte erleben, wo Tod und Verwundung dazugehört, wo unsere Kameraden töten müssen, da ist Krieg." Kirsch forderte, über Alternativen zu Luftangriffen nachzudenken. "Wir müssen uns ja wehren können", sagte er. Eine Möglichkeit sei die Panzerhaubitze, die - in einem Feldlager eingesetzt - "durchaus in der Lage wäre, erst einmal einen Schuss daneben zu setzen". Zivilisten hätten dann die Gelegenheit zu fliehen.
  • Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat Konsequenzen aus dem Luftangriff auf zwei Tanklastzüge in Afghanistan nicht ausgeschlossen. Er habe den Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn gebeten, den NATO- Untersuchungsbericht auszuwerten «und da, wo es nötig ist, Konsequenzen zu ziehen», sagte Guttenberg am 29. Okt. im rheinischen Nörvenich. Guttenberg sagte: «Sollte es zivile Opfer gegeben haben - und es hat möglicherweise zivile Opfer gegeben - bedauere ich das sehr.» Ein Zwischenfall wie dieser müsse unter allen Umständen in Zukunft verhindert werden. «Unsere Anstrengungen haben dorthin zu gehen, dass das unter allen Umständen verhindert wird», sagte Guttenberg nach der Einführung des neuen Inspekteurs der Luftwaffe Aarne Kreuzinger-Janik.
  • Nach dem Anschlag auf ein Gästehaus der Vereinten Nationen in Kabul fordert UN-Generalsekretär Ban Ki Moon mehr Sicherheitskräfte für Afghanistan. Bei einem Treffen mit dem Weltsicherheitsrat in New York am 29. Okt. drängte Ban die internationale Gemeinschaft zu mehr Unterstützung bei der Absicherung der Stichwahl für das afghanische Präsidentenamt. Dabei geht es seinen Worten zufolge nicht um Soldaten, sondern um Sicherheitskräfte. Dies könne auch private Dienste mit einbeziehen, sagte er.

    Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats

    Auf der 6211. Sitzung des Sicherheitsrats am 29. Oktober 2009 gab der Präsident des Sicherheitsrats im Zusammenhang mit der Behandlung des Punktes „Die Situation in Afghanistan“ im Namen des Rates die folgende Erklärung ab:

    „Der Sicherheitsrat verurteilt mit allem Nachdruck den am 28. Oktober 2009 in Kabul verübten Terroranschlag und spricht dem Generalsekretär und den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus.

    Der Sicherheitsrat verurteilt auf das Entschiedenste die Taliban, die die Verantwortung für den Anschlag übernommen haben und nach wie vor versuchen, das Land zu destabilisieren.

    Der Sicherheitsrat bekundet seine nachdrückliche Unterstützung für den Generalsekretär, seinen Sonderbeauftragten und das gesamte Personal der Vereinten Nationen bei der Erfüllung ihrer schweren, aber wichtigen Aufgaben, bekundet ferner seine Solidarität mit dem Personal der Vereinten Nationen am Boden und würdigt die Entschlossenheit der Vereinten Nationen, sich von dem tragischen Vorfall nicht abschrecken zu lassen und ihre Mission in Afghanistan fortzuführen.

    Der Sicherheitsrat unterstreicht die Notwendigkeit, die Sicherheit des Personals der Vereinten Nationen zu gewährleisten, und betont seine Unterstützung zu diesem Zweck. Der Sicherheitsrat bekundet seine Unterstützung für die Maßnahmen, die der Generalsekretär in dieser Hinsicht bereits ergriffen hat, und sieht seinen weiteren ausführlichen Vorschlägen mit Interesse entgegen.

    Der Sicherheitsrat bekundet seine Solidarität mit dem Volk Afghanistans und seine Unterstützung für die bevorstehende zweite Runde der Präsidentschaftswahlen, die planmäßig und mit der anhaltenden Unterstützung der Vereinten Nationen durchgeführt werden soll.

    Der Sicherheitsrat bringt erneut seine Entschlossenheit zum Ausdruck, Afghanistan auf seinem Weg zu Frieden, Demokratie und Wiederaufbau behilflich zu sein.“

    Quelle: Deutschsprachige Website der Vereinten Nationen; www.un.org/Depts/german


  • US-Außenminister Hillary Clinton hat während ihres Besuchs in Pakistan der dortigen Führung mit ungewöhnlich deutlichen Worten Versagen in der Jagd nach Al-Kaida-Terroristen im eigenen Land vorgeworfen. In einem Interview mit pakistanischen Journalisten sagte sie am 29. Okt. in Lahore: «Ich finde es schwer zu glauben, dass niemand in Ihrer Regierung weiß, wo sie sind, und dass man sie nicht kriegen kann, wenn man es wirklich will.»
  • Bei einem Bombenanschlag im Osten Afghanistans sind am 30. Okt. neun Zivilpersonen getötet worden, darunter eine Mutter und ihr Kind. Der auf einer Straße versteckte Sprengsatz habe ein Taxi getroffen, erklärte die Polizei. Die neun Insassen waren demnach auf dem Weg zu einem Markt im Bezirk Khogyani in der Provinz Nangahar.
  • US-Präsident Barack Obama will am 30. Okt. bei einem Treffen mit der Spitze der Streitkräfte über den künftigen Kurs in Afghanistan beraten. Ein Präsidentensprecher wertete das Treffen im Vorfeld als Anzeichen dafür, dass die Strategieberatungen "bald ihr Ende erreicht haben". Zu den Fragen, die Obama in nächster Zeit entscheiden muss, zählt die künftige Stärke der US-Truppen in Afghanistan.
  • US-Außenministerin Hillary Clinton ist zum Abschluss ihres Besuchs in Pakistan mit dem Zorn der Bevölkerung wegen der amerikanischen Luftangriffe im Grenzgebiet zu Afghanistan konfrontiert worden. Bei mehreren öffentlichen Auftritten stellte sich Clinton am 30. Okt. den Fragen von Pakistanern, die ihre Wut über die Angriffe mit unbemannten Drohnen und die Opfer unter der Zivilbevölkerung äußerten. Die Außenministerin lehnte es jedoch ab, sich konkret zu den Angriffen zu äußern.
    Clinton verwies auf den Kampf gegen den Terror und erklärte, der Krieg dauere an. Die US-Regierung sei entschlossen, Pakistan dabei zu helfen, die Aufständischen und Terroristen zu besiegen, die die Stabilität eines Staates bedrohten, der über Atomwaffen verfüge. Sie könne sich aber nicht zur Strategie oder Technik äußern, die im Kampf gegen den Terror eingesetzt werden, sagte Clinton.
  • Nach dem Taliban-Anschlag auf ein UN-Gästehaus in Kabul (am 28. Okt.) haben die Vereinten Nationen der afghanischen Polizei und den NATO-Truppen vorgeworfen, zu spät auf den Angriff reagiert zu haben. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte am 30. Okt. Aufklärung darüber, weshalb es eine Stunde gedauert habe, bis Hilfe gekommen sei. Zwei afghanische Sicherheitsleute vor dem Gebäude seien offenbar von den drei Attentätern sofort getötet worden, sagte Ban bei einer Versammlung am UN-Sitz in New York. Sicherheitspersonal der Vereinten Nationen habe die Angreifer dann etwa eine Stunde ohne Hilfe von außen aufgehalten und dabei viele, viele Menschenleben gerettet.
  • Die in einer Woche geplante Stichwahl um das Präsidentenamt in Afghanistan könnte nach Angaben eines Gewährsmannes platzen. Der Herausforderer von Amtsinhaber Hamid Karsai, Abdullah Abdullah, will sich aus der Abstimmung möglicherweise zurückziehen, wie am 30. Okt. in New York verlautete. Grund sei das Scheitern von Gesprächen beider Kandidaten, bei denen Exaußenminister Abdullah verschiedene Bedingungen für einen glaubwürdigen Ablauf der für 7. November geplanten Wahl vorgeschlagen habe.
  • Bei einem Bombenanschlag im Nordwesten Pakistans sind am 31. Okt. sieben Soldaten getötet worden. Nach Regierungsangaben traf die Bombe das Fahrzeug auf einer Straße in der Khyberregion. In dem Gebiet verläuft die Hauptnachschubroute für die US- und NATO-Truppen in Afghanistan.
  • Die Bundesregierung hat nach Informationen des "Spiegel" die NATO zu einer zurückhaltenden Beurteilung des Luftangriffs auf zwei Tanklaster in Afghanistan gedrängt. Trotz Fehler des deutschen Oberst Georg Klein habe Berlin sich gegen eine deutliche Verurteilung gewandt, berichtet das Magazin vorab am 31. Okt. Unterdessen drohte der afghanische Präsidentschaftskandidat Abdullah Abdullah mit einem Boykott der Stichwahl. Laut "Spiegel" setzten sich Vertreter der Bundesregierung bei der NATO für eine zurückhaltende Beurteilung des deutschen Oberst Klein in dem Untersuchungsbericht zur Bombardierung der Tanklaster in Kundus ein. Sie gaben dem NATO-Oberkommandierenden in Europa, Admiral James G. Stavridis, demnach Mitte Oktober bei seinem Besuch in Berlin zu verstehen, dass eine deutliche Verurteilung von Klein in Deutschland zu juristischen Problemen führen könnte. Klein hatte am 4. September den Einsatz befohlen, bei dem auch Zivilisten ums Leben gekommen sein sollen. Laut NATO-Untersuchungsbericht habe Klein sich nicht an das sogenannte Standard-Einsatzverfahren gehalten, schreibt der "Spiegel". So habe er die Luftunterstützung mit der Begründung angefordert, seine Truppen hätten "Feindberührung", obwohl sich keine ISAF-Soldaten in der Nähe der Tanker aufhielten. Klein habe es zudem abgelehnt, die Jagdbomber zur Abschreckung zunächst nur im Tiefflug über die Tanker fliegen zu lassen.
    Das Bundesverteidigungsministerium erklärte, Gespräche wie das mit Stavridis seien vertraulich. Da der NATO-Bericht derzeit ausgewertet werde, verbiete sich dazu eine weitere Stellungnahme, sagte ein Ministeriumssprecher.
  • Drei Tage nach dem Anschlag auf ein UN-Gästehaus in Kabul haben die afghanischen Behörden die Festnahme von acht Tatverdächtigen vermeldet. Darunter befinde sich auch ein Imam, der den Attentätern Unterschlupf geboten habe, teilte Geheimdienstchef Amrullah Saleh am 31. Okt. mit. Die Verhafteten hätten angegeben, dass die Täter aus dem pakistanischen Swat-Tal gekommen seien. Dort haben die Taliban ihre Hochburg außerhalb Afghanistans. Bei dem Anschlag wurden am 28. Okt. acht Menschen getötet - fünf internationale Mitarbeiter der Vereinten Nationen sowie zwei afghanische Wachleute und eine Zivilperson.


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