Grüne Friedensinitiative konnte sich nicht durchsetzen: Partei bleibt mit Bundeswehr in Afghanistan
Dokumentiert: Der Abzugsantrag der GRÜNEN Friedensinitiative (Cremer u.a.) und der beschlossene Antrag des Parteivorstands
Am 25. Oktober 2009 entschied der Parteitag der GRÜNEN in Rostock über den künftigen Kurs der Partei in der Afghanistanfrage. Es standen sich im wesentlichen zwei Positionen gegenüber: Ein Antrag von Uli Cremer u.a. für die Grüne Friedensinitiative, worin der "kurzfristige" Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert wird. Durchsetzen konnte sich indessen ein Antrag der Parteiführung, in dem zwar von Abzug die Rede ist, bis es so weit sein soll, aber Jahre ins Land gehen können. Wir dokumentieren beide Anträge, zuerst den unterlegenen der Friedensinitiative und weiter unten den beschlossenen Antrag.
GRÜNE FRIEDENSINITIATIVE: Antrag an die BDK in Rostock 24./25.Oktober 2009
„Für einen friedenspolitischen Aufbruch:
Abzug der NATO aus Afghanistan.“
Egal wie Einzelne von uns in den letzten Jahren zum Afghanistan-Krieg standen, heute sind wir uns
einig, dass dieser Krieg so schnell wie möglich beendet werden muss. Das ist unsere Verantwortung für
Afghanistan. Der kurzfristige Abzug der NATO sowie der anderen westlichen Truppen aus Afghanistan
ist friedenspolitisch alternativlos. Im Herbst 2009 wäre darum die richtige politische Entscheidung, die
deutschen Truppen bis Ende des 1.Halbjahres 2010 abzuziehen. Nur ein solch kurzfristiges Abzugsdatum
gewährleistet, dass die Bundeswehr an den Kriegshandlungen 2010, die vermutlich wie in den letzten 30
Jahren nach der Schneeschmelze einsetzen, nicht mehr teilnimmt. Dieses Signal soll die anderen NATO-Staaten,
in denen wie in Deutschland die Mehrheit der Bevölkerung den Krieg ablehnt, bewegen, ihre
Truppen ebenfalls abzuziehen.
Für einen neuen Aufbruch der Friedensbewegung!
Wir wissen, dass ein Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zwar auf eine Mehrheit in der Bevölkerung
zählen kann, es aber erheblichen politischen Drucks bedarf, diese Mehrheit der Bevölkerung politisch
wirksam werden zu lassen.
Das ist in der Friedenspolitik nicht anders, als in der Atompolitik. Aber die Anti-AKW Bewegung hat
uns am 5.9.2009 mit der seit vielen Jahren größten Anti-Atom-Demonstration in Berlin vorgemacht, wie
es möglich ist, Zehntausende für politische Ziele zu mobilisieren. In diesem Sinne machen wir uns in den
kommenden Wochen und Monaten parlamentarisch und außerparlamentarisch stark für einen neuen
Aufbruch der Friedensbewegung!
Mehr Truppen – mehr zivile Opfer
Viele GRÜNE Mitglieder haben 2001 unter dem Schock des 11.9. den Afghanistan-Krieg unterstützt und
den Sturz des Taliban-Regimes begrüßt. Sie hofften, dass der Regime-Change dem geschundenen Land
nach 22 Jahren Bürgerkrieg die Achtung der Menschenrechte, eine demokratische Ordnung und wirtschaftlichen
Fortschritt bringen würde. Stattdessen blüht die Korruption, der Drogenhandel, und die
Warlords behalten die Macht. Jahr für Jahr ließ man sich mit der Hoffnung und Forderung auf einen
Strategiewechsel vertrösten, der dem zivilen Aufbau einen größeren Stellenwert geben sollte. Jedes Jahr
entsandten die westlichen Staaten jedoch mehr Truppen: 2002 waren es gerade 12.000 SoldatInnen, 2009
sind es über 100.000 – so viele, wie in den 80er Jahre die Sowjetunion in Afghanistan stationiert hatte.
2010 beabsichtigen die USA weitere bis zu 45.000 schicken. Auch die anderen NATO-Staaten wollen
ihre Kontingente verstärken. Auch in Deutschland lugt nach den Bundestagswahlen die Katze schon aus
dem Sack: Es wird eine entsprechende Truppenverstärkung auf bis zu 7.000 Soldaten beabsichtigt.
Indem die militärische Dosis erhöht wurde, erhöhte sich die Zahl der Opfer. Mehr als 1.400 westliche
Soldaten sind in Afghanistan schon gefallen. Nach dem am 31.7.2009 veröffentlichen Halbjahresbericht
der UN Mission für Afghanistan sind in den ersten sechs Monaten des Jahres 1013 Zivilisten getötet worden,
24 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Verantwortlich dafür, dass immer mehr
Menschen in Afghanistan im Krieg sterben, sind aus Sicht der UN Mission sowohl die NATO als auch
die Aufständischen. Heute sind wir immer noch geschockt und trauern um die zivilen Opfer der Bombardierung
zweier Tanklastwagen am 4.September 2009, die durch die Bundeswehr initiiert wurde.
Bereits 2001: Warnungen und Skepsis in der GRÜNEN Partei
Die Unterstützung des Krieges war in unserer Partei jedoch von Anfang an nicht unumstritten: Viele
GRÜNE hatten bereits 2001 gegen den Krieg Stellung bezogen und nie an eine militärische Lösung geglaubt.
Ein Antrag an die 2001er BDK in Rostock warnte:
„Auch wenn die Taliban aus den meisten Städten vertrieben sind und man den Sturz des Taliban-Regimes
verkünden mag: Der Afghanistan-Krieg wird vermutlich nicht zuende sein. Die Sowjetunion bzw.
die mit ihr verbündete Karmal-Regierung, quasi die damalige „Nordallianz“, kontrollierte in den 80er
Jahren ebenfalls die afghanischen Städte. Auf dem Lande herrschte Guerilla-Krieg, die sowjetischen
Truppen wurden überfallen, wenn sie sich über die afghanischen Landstraßen bewegten. Die Besatzungstruppen
aus den NATO-Ländern, zu denen sich in den nächsten Wochen auch die Bundeswehr gesellen
könnte, droht ebenfalls in einen Guerilla-Krieg verwickelt zu werden.“
„Die Angriffe auf Afghanistan führen zu einer zunehmenden Solidarisierung großer Bevölkerungsteile in
den islamischen Ländern mit dem mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11.9., Bin Laden.
Jede abgeworfene Bombe treibt Al Qaida neue Unterstützer zu, nicht nur in Afghanistan selbst. Wer die
mutmaßliche Terrororganisation Al Qaida bekämpfen will, muss sie isolieren. Der Militäreinsatz bewirkt
genau das Gegenteil.“
Sogar der damalige Beschluss, der den Afghanistan-Krieg prinzipiell unterstützte, griff die von vielen
Grünen geäußerten Sorgen um die Entwicklung in Afghanistan auf, die diese Teile unserer Partei bereits
damals zu einer Ablehnung des Kriegseinsatzes veranlassten:
“Wir haben kritisiert, dass im Krieg eine große Zahl unbeteiligter Zivilisten und zivile Einrichtungen von
Bomben und Raketen getroffen wurden. Nicht nur viel zusätzliches Leid, Tod und Zerstörung sind die
Folge, sondern auch neuer Hass und Bereitschaft zu Gewalt, die neue politische Probleme schaffen. Eine
wirksame Eindämmung terroristischer Gewalt wird dadurch schwieriger. Ein großer Teil der Grüne Partei,
Kreis- und Landesverbände, halten dies für falsch und haben dagegen votiert.”
Dennoch dominierte bis 2005 noch die Linie “Ohne Enduring Freedom keine ISAF”. Nach dem Ende der
Regierungsbeteiligung rückte die GRÜNE Partei insgesamt langsam von dem Militäreinsatz ab: Auf der
BDK 2006 in Köln diskutierten wir erstmals über eine damals noch in der Öffentlichkeit tabuisierte
“Exitstrategie”. Das immer weiter wachsende Engagement der Bundeswehr auch im Rahmen von ISAF
traf auf zunehmende Kritik, die in einem Sonderparteitag am 15.9.2007 in Göttingen mündete. Erstmalig
empfahl eine BDK den Bundestagsabgeordneten, dem Bundestagsmandat für ISAF nicht zuzustimmen.
2001: Der afghanische Bürgerkrieg geht weiter
Der Bürgerkrieg in Afghanistan war 2001 keineswegs beendet, sondern wird seitdem mit internationaler
Beteiligung fortgesetzt. Dabei unterstützen die NATO und ihre Verbündeten heute den Karsai-Block, in
den auch viele Warlords einbezogen und mit wichtigen Posten betraut sind. NATO-Militärschläge gegen
die Aufständischen, wie der am 4.9.2009 durchgeführte Bombenangriff in Kunduz, werden entsprechend
von der mit der NATO verbündeten Bürgerkriegspartei unterstützt. Der Vorsitzende des Provinzrates
Kunduz, Ahmadullah Wardak, kommentierte nach dem Angriff: “Wenn wir noch drei Operationen wie
gestern durchführen, dann ist die Situation in Kunduz friedlich und stabil.”
Andererseits verschwimmen die inhaltlichen Unterschiede zwischen Karsai-Block und den Aufständischen
zusehends. Von demokratischen Verhältnissen entfernt sich Afghanistan weiter: Die Präsidenten-
Wahlen 2009 wurden noch dreister gefälscht als die im Jahre 2005, so dass diesmal auch die westlichen
Regierungen unzufrieden sind.
Intensivierung des Krieges
Einerseits sind in den letzten Jahren immer mehr westliche Soldaten nach Afghanistan geschickt worden.
Neues Kriegsgerät wurde stationiert und eingesetzt; Deutschland leistete dazu z.B. mit der Entsendung
der Tornados seinen Beitrag. Die Obergrenze für Bundeswehr-Personal wurde über die Jahre auf 4.500
Soldaten gesteigert. Das militärisch motivierte AWACS-Mandat aus dem Juli 2009, das auch von der
Mehrheit der GRÜNEN Abgeordneten unterstützt wurde, schuf die Grundlage für die Entsendung weiterer
300 Soldaten. Im Dezember 2009 soll die Obergrenze auf bis zu 7.000 Soldaten angehoben werden.
Das bedeutet analog zu den US-amerikanischen Plänen eine Steigerung um fast 50%!
Gleichzeitig ist der Krieg auch stärker auf pakistanisches Gebiet ausgeweitet worden. Dabei werden zwar
die meisten Angriffe von US-Drohnen ausgeführt, aber auch die ISAF hat gelegentlich Operationen auf
pakistanisches Gebiet ausgeweitet. Ein Hintergrund sind die militärischen Nachschubwege durch Pakistan,
die von den Aufständischen attackiert werden. Eine zweite Nachschubroute führt über Russland nach
Nordafghanistan, wo die Bundeswehr stationiert ist. Auch dort intensiviert sich der Krieg: Die Bundeswehr
wird zunehmend in Gefechte verwickelt und führt Militäroffensiven gegen die Aufständischen
durch. Dabei bedient sich die Bundeswehr genau wie die Truppen anderer NATO-Länder der US-amerikanischen
Luftwaffe. Insbesondere solche Angriffe fordern immer wieder Opfer unter der Zivilbevölkerung,
wie zuletzt am 4.September 2009, als zwei Tanklastwagen bombardiert wurden.
So entwickelt sich der Afghanistan-Krieg immer mehr zum „Vietnam unserer Tage“ (Antje Vollmer).
Neuer Realismus in Washington: Der Krieg ist nicht zu gewinnen
Andererseits gab im März 2009 sogar der US-Präsident Obama zu, dass der Krieg nicht zu gewinnen sei.
Auch der militärische Kommandeur der ISAF-Truppe McChrystal sieht es so. Im Herbst 2009 hat sich
die militärische Situation für die NATO noch verschlimmert. Laut Icos, einem internationalen Forschungsinstitut
Icos, das jedes Jahr Informationen über die Ausbreitung der afghanischen Aufständischen
veröffentlicht, kontrollieren die Aufständischen inzwischen 80% der Provinzen.
Zivil-militärische Zusammenarbeit beeinträchtigt Entwicklungshilfe
Auch die Hilfsorganisationen sind zunehmend weniger in der Lage, Projekte in den Kriegsgebieten
durchzuführen. Durch die so genannte zivil-militärische Zusammenarbeit, bei der sie unter militärischer
Kontrolle arbeiten, geht die Neutralität immer mehr verloren. Immer häufiger werden EntwicklungshelferInnen
entführt oder Opfer von Anschlägen. Die ersten NGOs haben ihre Arbeit in Afghanistan eingestellt.
Abzug oder die nächsten Jahre „Weiter so“?
Ziel der NATO ist es, den Krieg zu den eigenen Bedingungen zu beenden: Im Wesentlichen soll die vom
Westen unterstützte Bürgerkriegspartei sich durchsetzen und möglichst in die Lage versetzt werden, die
Gegner ohne internationale Unterstützung niederzuhalten. „Mitläufern der Taliban“ wird dabei „eine
Rückkehr in die Gesellschaft“ in Aussicht gestellt. ISAF-Kommandeur McChrystal erläuterte Ende Juli
2009 die “neue Strategie”: US- und NATO Truppen seien dabei, die erste Reihe der Taliban Führer “abzuräumen” (also: zu töten), um mit der “zweiten Reihe” ins Geschäft zu kommen, örtlichen Stammesführern,
die nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus Gründen der Stammesloyalität oder des Geldes
am Aufstand beteiligt sind.
Vor diesem Hintergrund will sich niemand auf ein konkretes Abzugsdatum festlegen. Der im September
2009 unterbreitete Vorschlag des damaligen Außenministers Steinmeier für einen 5-Jahres-Plan mit Zwischenzielen
bedeutet zunächst einmal ein Plazet für weitere 5 Jahre Afghanistan-Krieg. Werden die Ziele
verfehlt, dürften die Truppen vermutlich länger bleiben. Die Diskussionen um Abzugsdaten in zwei, fünf,
zehn oder zwanzig Jahren sind weniger als Ankündigungen eines Abzugs, denn als Unterstützung des
weiteren Kriegseinsatzes zu verstehen.
Vielfach wird als Aufgabe formuliert, dass die Politik der Bevölkerung den Militäreinsatz besser „erklären“
müsste, um ihn zu legitimieren. Für uns kommt es darauf an, die innenpolitische Ablehnung des
Krieges zu vertiefen und politisch wirksam werden zu lassen.
JA! zum Abzug der NATO aus Afghanistan
Gerade weil wir GRÜNEN mehrheitlich in der rot-grünen Regierungszeit den Krieg unterstützt und sogar
seine Ausweitung betrieben haben, müssen wir mit dieser politischen Linie brechen. Die Internationalisierung
des Bürgerkrieges hat in Afghanistan keine Probleme gelöst, sondern sie verschärft. Der Abzug
der westlichen Truppen, die Teil des Problems und nicht der Lösung sind, könnte ein Fenster für eine
politische Lösung öffnen. Die unter saudi-arabischer Vermittlung stattfindenden Gespräche könnten Dynamik
erhalten.
Gegen deutsche Vermittlung spricht, dass Deutschland in dem Afghanistan-Krieg nicht neutral, sondern
Kriegspartei ist, auf der Seite einer Bürgerkriegspartei steht, also kein „ehrlicher Makler“ sein kann. Deswegen
laufen Lösungsvorschläge aus Deutschland ins Leere – trotz bester Absichten.
Wir sagen JA! zum Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan,
NEIN! zu einer Fortsetzung des Krieges,
NEIN! zu einer Planung immer neuer Militäroffensiven,
NEIN! zu weiteren Truppenaufstockungen.
Wir wollen gegenüber den Menschen in Afghanistan keinen Zweifel daran lassen, dass mit diesem
NEIN! zum Krieg ein klares JA! zu einer weiteren Unterstützung der Zivilbevölkerung verbunden ist,
dass damit ein JA! zur Umwidmung aller bislang für das Militär aufgewandten Mittel in zivile Projekte
verbunden ist, dass das JA! zum Abzug der Bundeswehr kein NEIN! zur Hilfe bedeutet.
Wir unterstützen alle Soldatinnen und Soldaten, die von ihrem Grundrecht auf Verweigerung des Kriegsdienstes
Gebrauch machen.
Wir erwarten, dass alle GRÜNEN Bundestagsabgeordneten die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes
in Afghanistan sowie seine personellen Aufstockung ablehnen und einen Antrag zum Abzug der Bundeswehr
als Beitrag zum Abzug aller westlichen Truppen im Sinne dieses BDK-Beschlusses im Bundestag
einbringen.
Die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen fordern wir auf: beteiligt Euch an den Aktionen der Friedensbewegung
gegen den Afghanistan-Krieg!
Begründung: mündlich.
AntragstellerInnen:
BDK Rostock 24./25.Oktober 2009 - Antrag Uli Cremer u.A. – Seite 5
Uli Cremer, (KV Hamburg-Eimsbüttel), Wilhelm Achelpöhler (KV Münster), Irmgard Pehle (KV Herford),
Cornelia Mertens (KV Hamburg-Eimsbüttel), Marian Husmann (KV Warendorf/OV Telgte),Gerd
Baumer (Fraktionsvorsitzender im Kreistag der Ortenau), Karsten Finke (KV Bochum), Christoph Rinneberg
(KV Darmstadt), Horst Hennig (KV Kaiserslautern Land), Achim Joest (KV Bonn), Pejo Boeck
(KV Bielefeld), Kordula Leites (KV Hamburg-Eimsbüttel), Kalle Kreß (KV Bad Dürkheim), Jessica
Kallhoff (KV Münster), Hans-Jürgen Lutz (KV Südliche Weinstraße, OV Herxheim), Frank Schellenberger
(Sprecher KV Odenwald), Rainer Nölken (KV Wittmund), Andrea Schwarz, (KV Karlsruhe
Land), Stefan Kubel (KV Münster), Ulli Maus ( KV Wittmund), Dr. Michael Graefe, (KV Mönchengladbach),
Dora Pfeifer-Suger, (KV Breisgau-Hochschwarzwald), Meinolf Sellerberg ( KV Münster), Sonja
Rothweiler (KV Karlsruhe-Land), Oliver Hajunga (KV Darmstadt-Dieburg), Michael Kösters-Kraft
Fraktionsvorsitzender Greven (KV Steinfurt), Peter Baumeister, Ratsmitglied Peine (KV Peine), Jürgen
Öhrlein Fraktionsvorsitzender der Grünen Offenen Liste Kreistag Kulmbach, Herbert Julius Schlosser,
(KV Gießen),Rolf Bräuer KV Peine Bundestagsdirektkandidat im Wahlkreis 46 Gifhorn-Peine, Susanne
Hoffmann-Maier Mitglied im Kreisvorstand (KV Darmstadt-Dieburg), Annunciata Foresti
Mitglied des Kreisvorstandes (KV Landsberg am Lech), Andreas Leps, (KV Weimar), Rainer Prinz
(KV Steinfurt),Gerhard Weiherer, Kreisvorsitzender und Kreisrat, (KV Cham), Miro Akkermann, Kreisvorstand
(KV Aurich-Norden) Sprecher OV Aurich, Joachim Marx Kreisschatzmeister (KV Bremerhaven),
Dietmar Scholz Kreisvorstandsmitglied (KV Giessen)
*****
31. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz
Rostock, 24.-25. Oktober 2009
Beschluss (vorläufig)
Für eine verantwortliche Afghanistanpolitik:
Zivilen Aufbau ausbauen – afghanische Eigenverantwortung stärken – militärischen Abzug einleiten
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen zu ihrer Verantwortung für Afghanistan. Deshalb treten wir
für einen zivilen Aufbauplan und eine militärische Abzugsperspektive ein. Im Rahmen einer zivilen
Aufbauoffensive muss aber auch der schrittweise Abzug der internationalen Truppen in die
Wege geleitet werden. Dies wollen wir in der jetzt beginnenden Legislaturperiode 2009 bis
2013 tun. Unser Ziel ist es, dass im Jahr 2010 zügig ein verbindlicher und gemeinsamer internationaler
Plan zur Übergabe der vollständigen Verantwortung an die afghanischen Partner mit
konkreten Zwischenzielen entwickelt wird. Dieser soll dazu beitragen, ein stabileres und friedlicheres
Afghanistan zu erreichen.
Es gibt in Afghanistan Aufbauerfolge – aber es gibt auch Rückschläge. Stabilisierungserfolgen in
einzelnen Regionen stehen Verschlechterungen in der Sicherheitslage vieler anderer Regionen
gegenüber. Die Gewalteskalation auch im Einsatzbereich der Bundeswehr, die massiven Wahlfälschungen
bei den Präsidentschaftswahlen oder die grassierende Korruption sind nicht weiter
mit einer Politik des Durchwurstelns zu bewältigen. Ein „weiter-so“ führt zum Desaster. Die internationale
und die deutsche Afghanistanpolitik bedürfen eines beherzten Kurswechsels, wie
ihn wir GRÜNE seit langem fordern. Dass in den USA inzwischen offener über diesen notwendigen
Kurswechsel diskutiert wird als in Deutschland, ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung
im Hinblick auf die Afghanistan versprochene Hilfe. Es ist zudem unverantwortlich gegenüber
den internationalen zivilen HelferInnen wie SoldatInnen in Afghanistan. Deshalb fordern
wir die Bundesregierung auf, schnellstmöglich eine unabhängige Experten-Kommission
einzuberufen, die zügig das deutsche Engagement in Afghanistan analysiert, Misserfolge
und Erfolge klar benennt und ihrerseits Konsequenzen für den zivilen Aufbauplan
und die Abzugsperspektive der Bundeswehr vorschlägt.
Vier Jahre große Koalition waren auch für die deutsche Afghanistanpolitik verlorene Jahre. Union
und SPD haben es versäumt, den Aufbau- und Stabilisierungsprozess zur außenpolitischen
Priorität zu machen und eine verantwortliche Strategie zu entwickeln. Und wer sich wie die
Linkspartei jeglichem internationalem Engagement per se verweigert, dem fällt auch für Afghanistan
außer populistischen Parolen nicht viel ein.
Für die künftige schwarz-gelbe Regierung hat die FDP sich in den vergangenen Monaten bereits
zur Wortführerin eines offensiveren militärischen Vorgehens der Bundeswehr gemacht. Wer
aber in der Sackgasse Vollgas gibt, fährt nur schneller an die Wand. Der Schutz der Zivilbevölkerung
muss absolute Priorität haben. Diese Anforderung wurde bisher nicht ausreichend erfüllt.
Daher ist Kanzlerin Merkel im Unrecht, wenn sie jegliche Kritik daran zurückweist.
Ohne enorme Kraftanstrengungen für einen innerafghanischen politischen Verhandlungsprozess,
ohne eine Änderung des militärischen Vorgehens und ohne einen massiven Aufbauprozess
mit klaren Zielen und zeitlichen Vorgaben schließt sich das Zeitfenster für eine Stabilisierung Afghanistans
endgültig. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan und der Militärfixierung
der bisherigen Bundesregierung stehen wir GRÜNE für eine neue Afghanistanpolitik.
Kundus: Die Bundeswehr konterkariert den Kurswechsel
Die Bundeswehr ist, basierend auf einem Mandat der Vereinten Nationen, in Afghanistan, um
die afghanische Regierung beim Aufbau des Landes und der Gewährleistung von Sicherheit zu
unterstützen. Sie soll mit den afghanischen Partnern dazu beitragen, ein sicheres Umfeld für zivile
HelferInnen zu schaffen und den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.
Wir begrüßen, dass die US-amerikanische Regierung sich ernsthaft um eine andere Politik in Afghanistan
bemüht. Nicht mehr die Gegnerbekämpfung, sondern Schutz und Respekt der Bevölkerung
sollen im Mittelpunkt des Afghanistanengagements stehen. Ausgerechnet zu einem
Zeitpunkt, an dem die Vereinigten Staaten unter Präsident Obama den längst überfälligen Strategiewechsel
einleiten und der Schutz der Bevölkerung höchste Priorität erhält, werden im Auftrag
der Bundeswehr zwei von Taliban entführte und im Flussbett festsitzende Tanklastzüge
bombardiert. Die schreckliche Folge waren über 90 Tote, darunter vermutlich 30 Zivilisten. Das
Leben eines afghanischen Zivilisten zählt soviel wie das eines deutschen Soldaten. Mit diesem
Anspruch ist es unvereinbar, den Tod von Zivilisten leichtfertig in Kauf zu nehmen, insbesondere,
wenn keineswegs eine unmittelbare Bedrohung für andere Menschen vorliegt. Auch wenn
die genauen Umstände noch immer ungeklärt sind, ist der Angriff nach bisherigen Erkenntnissen
nicht zu rechtfertigen. Der Luftangriff war eine menschliche und politische Katastrophe. Wir
kritisieren diese unverantwortliche Eskalation der Gewalt, die Rechtfertigung durch den Verteidigungsminister
war und ist völlig unakzeptabel. Es ist ein Skandal, wie Franz-Josef Jung angesichts
des tragischen Vorfalls taktierte, vertuschte und leugnete.
-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern eine vollständige Aufklärung des Vorfalls, die veränderten
Einsatzregeln von ISAF müssen strikt befolgt werden. Eine solche Katastrophe
darf sich nicht wiederholen.
Lage in Afghanistan nach den Präsidentschaftswahlen
Nicht nur die deutsche Afghanistanpolitik ist durch verpasste Chancen, Halbherzigkeit und Fehler
gekennzeichnet – auch die Situation in Afghanistan ist davon gezeichnet. Zudem hemmen
Korruption, mangelnde Staatlichkeit, schlechte Infrastruktur und Misswirtschaft die Aufbauarbeit.
Der politische Prozess in Afghanistan ist von Rückschlägen begleitet. Die afghanischen Präsidentschaftswahlen
waren eine Farce. Mindestens ein Viertel der Stimmen sind vermutlich gefälscht
und die meisten davon für Hamid Karsai. Durch die massiven Fälschungen werden die
Afghaninnen und Afghanen um ihre demokratischen Rechte betrogen und die Legitimation des
internationalen Einsatzes geschwächt.
-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßen daher die Entscheidung über eine Stichwahl zwischen
Hamid Karsai und Abdullah Abdullah. Sie ist ein notwendiger erster Schritt auf
den Weg zu einer legitimen afghanischen Regierung. Wir fordern einen freien und fairen
zweiten Wahlgang. Klar ist: Eine verantwortliche Exitstrategie und neue Afghanistanpolitik
brauchen legitime afghanische Partner, dazu gehört eine legitime Regierung und ein
erfolgreich und demokratisch neugewähltes Parlament. Deshalb sind politische Verhandlungen der verschiedenen afghanischen Akteure, auch unter Einbeziehung von dialogbereiten
Taliban oder anderen oppositionellen Kräften, ohne Alternative.
Kernpunkte für einen zivilen Aufbau und militärischen Abzugsplan
Wir wollen, dass 2010 ein ziviler Aufbau- und militärischer Abzugsplan mit realistischen und
verbindlichen Aufbauzielen für Afghanistan entwickelt wird, der die Übergabe der Verantwortung
an die Afghanen und Afghaninnen verantwortlich gestaltet. Um diese Übergabe- und Abzugsperspektive
zu erreichen, müssen wir jetzt die Weichen zügig stellen.
Wir GRÜNE kritisieren schon seit langem die Bundesregierung für ihre halbherzige und beschönigende
Afghanistanpolitik – für das langjährige Versagen beim Polizeiaufbau, für das unzureichende
zivile Engagement und die mangelhafte Koordinierung dieser Arbeit sowie für eine desaströse
Informationspolitik.
Solche Forderungen sind Teil der einseitig militärfixierten Debatte, gerade auch in der Öffentlichkeit,
unterstützt durch eine einseitige Informations- und Medienpolitik. Die zivile Seite
braucht eine lautere Stimme. Sie ist der Maßstab, an dem sich der Abzug orientieren muss. Was
kann und soll für die Afghaninnen und Afghanen erreicht werden; was kann nicht erreicht werden;
woran erkennen wir, ob der Einsatz gescheitert ist? Diese Fragen lassen sich nur im Rahmen
einer Strategie mit erreichbaren Zwischenzielen beantworten. Nur so lassen sich Fortschritte
bilanzieren und vermitteln; nur so kann aber auch eine verantwortliche Entscheidung für
einen Abzug getroffen werden, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Auch der notwendige
Druck zum Erreichen der Ziele kann nur aufgebaut werden, wenn klar ist, was wann erreicht
werden soll. Das ist die Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Rückzug, der sich nicht
über das Militär definiert, sondern am Bedarf der Menschen in Afghanistan.
Doch wäre es falsch, aus dieser Kritik heraus für einen Sofortabzug einzutreten. Ein verantwortlicher
Abzug braucht Zeit und eine gründliche Vorbereitung. Das geht nicht in wenigen Monaten.
Ein Sofortabzug würde die noch schwache afghanische Zivilgesellschaft einem Bürgerkrieg
zwischen Taliban und Warlords überlassen. Er hätte eine Eskalation von Gewalt und Krieg zur
Folge und würde viele Früchte des jahrelangen Aufbaus zunichte machen. Wie zu Zeiten des afghanischen
Bürgerkrieges müsste die Masse der Helfer abziehen und Hunderttausende von
Rückkehrern nach Afghanistan würden wieder ins Exil in die Nachbarstaaten getrieben. Er wäre
ein Brandbeschleuniger sondergleichen – und zudem ein Destabilisierungsprogramm für die instabile
Atommacht Pakistan. Eine solche Position halten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für falsch.
Ebenso unverantwortlich ist aber eine auf Eskalation setzende Militärstrategie, die keinerlei Begrenzung
des Zeithorizonts für den Einsatz vorsieht, der afghanischen Regierung keine Ziele
vorgibt und sich so immer tiefer im „Weiter-so“ verstrickt.
Dagegen setzen wir auf eine verantwortliche Übergabe- und Abzugsperspektive und einen konkreten
Abzugsplan, der folgende Kernpunkte enthalten muss.
1. Schluss mit kontraproduktiven Militäraktionen!-
Afghanische und internationale Sicherheitskräfte müssen Opfer unter der Zivilbevölkerung
unter allen Umständen vermeiden. Der Schutz der Bevölkerung muss absolute
Priorität haben. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Regeln des Humanitären
Völkerrechts müssen eingehalten werden. Angriffe, wie der auf die Tanklaster, dürfen
sich nicht wiederholen, dafür bedarf es einer politischen Führung, die eben nicht ein solches
Vorgehen rechtfertigt.
-
Außerhalb von ISAF darf es keine parallelen oder geheimen Militäroperationen geben.
-
Im Rahmen des bisherigen "Weiter-so" ist eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents
nicht verantwortbar.
2. Primat des Zivilen – Zivil vor Militär!-
Die Förderung von Staatlichkeit und zivilgesellschaftlicher Entwicklung auf den verschiedensten
Ebenen ist Dreh- und Angelpunkt. Die Unterstützung beim zivilen und entwicklungspolitisch
orientierten Aufbau, insbesondere in den Bereichen Justiz, Bildung, Infrastruktur
und Landwirtschaft, muss sofort massiv ausgebaut werden. Mehr zivile Hilfe ist
möglich und nötig. Dafür braucht es vor allem auch Erwerbsmöglichkeiten in der Landwirtschaft,
um dem Drogenanbau den Boden zu entziehen. Die Ausgabe von Saatgut
und die Vergabe von Mikrokrediten sind dabei zwei erfolgreiche Maßnahmen, die ausgeweitet
werden müssen, während wir die ineffiziente und ökologisch verantwortungslose
Vernichtung der Mohnfelder von Kleinbauern ablehnen.
-
Die Vereinten Nationen müssen eine stärkere Rolle in Afghanistan übernehmen. Dafür
brauchen sie ausreichende Ressourcen und Kräfte und die deutsche Regierung sollte sich
dafür in New York entschieden einsetzen.
3. Mehr Polizei!
Die afghanische Polizei und die afghanische Armee müssen mittelfristig in der Lage sein, die Sicherheit
der afghanischen Bevölkerung zu garantieren. Die aktuell 111 deutschen Polizisten in
Afghanistan sind viel zu wenig. Daher fordern wir, die Ausbildung von Polizei und Armee massiv
zu verstärken.
-
Europa muss hierfür kurzfristig 2000, Deutschland dabei mindestens 500 Polizeikräfte
zur Verfügung stellen, damit der Aufbau der afghanischen Polizei zügig vorangeht.
- Um eine Trendwende bei der sich verschlechternden Sicherheitsentwicklung zu erreichen,
fordern wir, dass die Bundesregierung nicht nur die Ausbildung von Polizei und
Armee unterstützt, sondern die Bezahlung z.B. für. 2500 zusätzliche afghanische Polizisten
in der Provinz Kunduz, langfristig gewährleistet.
- Konkret wollen wir erreichen, dass schrittweise die gesamte Sicherheitsverantwortung in
afghanische Hände übertragen wird. Die besten Bedingungen, um mit einer Übergabe
der Verantwortung zu beginnen, finden sich in den nördlichen Provinzen Balkh und Badakhshan.
Hier sollte zügig ein solcher Prozess eingeleitet werden.
4. Menschenrechte verteidigen
Menschenrechte sind universell und unteilbar. Auch und gerade bei internationalen Militärmissionen
darf es davon keine Abstriche geben.
-
Wir fordern daher, Geheimgefängnisse wie in Bagram schnellstens zu schließen. Menschenrechtsorganisationen
und die Vereinten Nationen müssen Zugang zu den Gefangenen
haben.
- Der Flughafen Termez, von dem der Afghanistan-Einsatz logistisch unterstützt wird, darf
nicht als Begründung für die Aufhebung von Sanktionen gegen das usbekische Regime
herangezogen werden. Die Menschenrechtslage in Usbekistan hat sich nur unwesentlich
verbessert. Auch die mit Sanktionen verbundenen Forderungen der EU wurden von der
usbekischen Regierung bis heute nicht erfüllt. Daher darf das EU-Waffenembargo gegen
Usbekistan nicht aufgehoben werden.
5. Mehr afghanische Eigenverantwortung – Korruption bekämpfen – lokale Strukturen stärken
Wir wissen, dass die Konflikte in Afghanistan militärisch nicht zu lösen sind. Militär kann im besten
Fall nur ein Zeitfenster für eine politische Lösung schaffen. Die Afghanen müssen in Schlüsselbereichen
mehr Eigenverantwortung übernehmen. Die Entwicklung einer Abzugsperspektive
wird politischen Druck erzeugen, der dabei hilft, einen solchen Prozess zu verstärken. Wir setzen
auf verbindliche Standards , auf welche die afghanische Regierung festgelegt werden muss. Korruption und Vetternwirtschaft müssen bekämpft, die Zusammenarbeit mit friedensbereiten
oppositionellen Kräften gesucht werden. Dabei muss zwischen den verschiedenen aufständischen
Gruppen unterschieden werden, ein einfaches Freund-Feind-Schema hilft nicht weiter. Ein
politischer Verhandlungsprozess unter Einbeziehung aller wichtigen Akteure ist unerlässlich. Dieser
Verhandlungsprozess sollte, wo immer möglich, von der internationalen Gemeinschaft eng
begleitet und unterstützt werden.
-
Dazu gehört auch, dass lokale und regionale Strukturen verstärkt gefördert werden und
Versöhnungsinitiativen unterstützt werden. Eine falsche zentralistische Orientierung hat
zu einer Vernachlässigung der Provinzen geführt. Dies muss im Rahmen des weiteren
Aufbaus geändert werden.
Afghanische Eigenverantwortung kann nur funktionieren, wenn es legitime Ansprechpartner
gibt. Wenn es nicht gelingt, einen legitimen Präsidenten als afghanischen Partner zu haben und
eine faire und freie Parlamentswahl 2010 durchzuführen, entstehen für die Legitimität des internationalen
Einsatzes große Probleme. Wir wollen daher einen weiteren Prozess, an dessen Ende
ein legitimierter Präsident steht, sowie einefaire und freie afghanische Parlamentswahl 2010 unterstützen.
6. Regionales Friedens- und Stabilitätsabkommen
Die Stabilisierung in Afghanistan kann ohne eine Stabilisierung Pakistans und eine Einbindung
der Nachbarn nicht gelingen. Islamische Staaten müssen mehr Verantwortung für eine konstruktive
Konfliktlösung übernehmen.
-
Die internationalen Gespräche und Verhandlungen mit allen Nachbarstaaten (auch Iran)
über ein Friedens- und Stabilitätsabkommen in der Region müssen fortgesetzt werden,
damit Afghanistan nach einem Truppenabzug nicht zum Spielball seiner Nachbarn wird.
Wir fordern dabei die Bundesregierung auf, die vielfältigen Initiativen des amerikanischen
Präsidenten Obama gegenüber islamischen Staaten und der islamischen Welt aus
voller Kraft zu unterstützen.
7. Eine konkrete Abzugsperspektive
Wenn der Einsatz in Afghanistan nicht in einem Trümmerhaufen enden soll, müssen die internationale
Gemeinschaft und ihre afghanischen Bündnispartner jetzt gemeinsam den Aufbau verstärken,
eine Abzugsperspektive mit einem konkreten Abzugsplan entwickeln und die internationalen
Truppen schrittweise abziehen. Um überhaupt eine sich selbst tragende Entwicklung zu
erreichen, sind ein intensiver Aufbauprozess und ein innerafghanischer Versöhnungsprozess
notwendig. Dabei hat der amerikanische Oberbefehlshaber in Afghanistan, McChrystal, Recht,
wenn er von einem letzten Zeitfenster für einen Kurswechsel spricht. Wird diese Chance versäumt,
dann wird die Afghanistan-Politik der internationalen Gemeinschaft scheitern.
-
Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Punkte in Brüssel bei EU und der NATO sowie
bei den Vereinten Nationen in New York einzubringen. Zudem bitten wir die Bundestagsfraktion gemeinsam mit der Partei auf Basis dieser Kernpunkte an ihrer weiteren
Ausgestaltung dieser Punkte zu arbeiten.
Anstehende Verlängerung Afghanistan-Mandate im Deutschen Bundestag
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen zu ihrer Verantwortung für die Menschen in Afghanistan
und zu ihrer Verantwortung gegenüber den zivilen Helferinnen und Helfern sowie gegenüber
den Soldatinnen und Soldaten. Aus dieser Verantwortung erwächst für uns die Verpflichtung,
keine falsche Politik der Bundesregierung zu unterstützen. Wir erwarten von der neuen Bundesregierung,
dass sie die bisherige, halbherzige Afghanistanpolitik der großen Koalition beendet
und neue Anstrengungen unternimmt, um glaubhaft und erkennbar Fortschritte beim Aufbau
zu erreichen.
-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben klare Kriterien an ein Mandat für eine Beteiligung an
der International Security Assistance Force (ISAF). Das Mandat muss in einen zivilen
Aufbauplan und einer militärischen Abzugsperspektive eingebunden sein, mit einem effektiven
Aufwuchs im Bereich der zivilen Hilfe und des Polizeiaufbaus einhergehen und
dem Schutz und dem Leben der afghanischen Bevölkerung absolute Priorität einräumen.
Wir respektieren ausdrücklich, dass unsere Abgeordneten in dieser Entscheidung, die
Gewissensfragen genau so berührt wie politische Grundsatzfragen, zu unterschiedlichen
Ergebnissen kommen. Sollten diese Bedingungen nicht erfüllt werden, dann empfehlen
wir der Fraktion, zukünftigen Mandatsverlängerungen nicht zuzustimmen.
- Wir empfehlen der Bundestagfraktion, eine Verlängerung des Mandats für die Operation
Enduring Freedom (OEF) auch weiterhin abzulehnen.
Quelle: www.gruene-partei.de
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