Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten schuldig

Urteil des Internationalen (inoffiziellen) Tribunals über den NATO-Krieg

Während Präsident Clinton bei der Entgegennahme des Karlspreises in Aachen den Krieg gegen Jugoslawien als positiven Höhepunkt der Geschichte der NATO preist, tagte in Berlin das inoffizielle "Internationale Tribunal", um zu einer völkerrechtlichen Würdigung des Krieges zu kommen. Am Samstag, den 3. Juni wurde das Urteil gesprochen. Am selben Tag verlautet aus Den Haag, dass die Chefanklägerin des offiziellen Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien, Carla del Ponte, kein förmliches Ermittlungsverfahren gegen die NATO einleiten werde. Ihr Büro sei zum Schluss gekommen, dass es bei den Bombenangriffen keine "gezielten Angriffe auf Zivilisten" durch die NATO gegeben habe. NATO-Generalsekretär George Robertson gab sich zufrieden und nicht überrascht, denn die NATO habe während des Krieges Sorge getragen, dass sie "ständig in Übereinstimmung mit internationalem Recht handelte".
Wir dokumentieren im Folgenden die Presseerklärung des Berliner "Tribunals" zum Abschluss der Veranstaltung.


Pressemitteilung;
Berlin: Europäisches Tribunal verurteilte angeklagte Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten wegen Krieg gegen Jugoslawien

3. Juni 2000

Das Europäische Tribunal über den NATO-Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien in Berlin hat nach zweitägiger Verhandlung am Samstag abend sein Urteil verkündet. Die angeklagten Staats- und Regierungschefs der 19 NATO-Staaten, darunter Bundeskanzler Gerhard Schröder, Außenminister Joseph Fischer und Verteidigungsminister Rudolf Scharping, sind der schweren Völkerrechtsver-letzung schuldig gesprochen worden. Das Urteil wurde von einer zehnköpfigen Spruchkammer, die unter Vorsitz des international renomierten Völkerrechtlers Prof. Norman Paech stand, einstimmig gefällt.

Dem Urteil zufolge haben sich die Angeklagten der schweren Völkerrechtsverletzung schuldig gemacht. Beim Krieg der NATO gegen Jugoslawien im vergangenen Jahr handelte es sich Norman Paech zufolge um eine Aggression gegen einen souveränen Staat. Diese Aggressionshandlung habe gegen internationales Recht und Normen verstoßen und sei zu keinem Zeitpunkt gerechtfertigt gewesen. Keinesfalls habe es sich um einen Akt der Nothilfe gehandelt.

Der Konflikt in der südserbischen Provinz wurde von dem Gericht als Bürgerkrieg bewertet. Die Situation im Kosovo sei in den hiesigen Medien und von verantwortlichen Politikern übertrieben dramatisiert und verfälscht worden. Letztendlich aber habe die NATO-Intervention zu einer Verschlimmerung geführt.

Das westliche Militärbündnis habe bei ihrem Krieg gegen Jugoslawien zudem gegen den NATO-Vertrag verstoßen. Zudem habe die Bundesregierung sowie diejenigen Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die für eine Beteiligung der Bundeswehr gestimmt hatten, gegen den 2+4-Vertrag, das Grundgesetz sowie Normen des Strafgesetzbuches verstoßen, heißt es in dem Urteil.

Zwar könne den angeklagten Bundestagsabgeordneten keine direkte Schuld nachgewiesen werden in Bezug auf die Kriegsführung der NATO und insbesondere die Angriffe auf zivile Ziele und gegen die Bevölkerung Jugoslawiens. Erschwerend sei allerdings, daß sie nichts gegen die Rechtsverstöße unternommen hätten, nachdem das Ausmaß des Krieges und seine Folgen bekannt geworden sind.

Verurteilt wurde insbesondere auch der Einsatz international geächteter Waffen (Cluster- bzw. Splitterbomben) sowie mit abgereichertem Uran versehene Munition. Der Angriff auf das Sendegebäude des serbischen Staatsfernsehens RTS sei ebenfalls zu verurteilen. Letztendlich handele es sich um einen Eingriff in die Informationsfreiheit.

Die von den Teilnehmern des Tribunals mit anhaltendem Applaus aufgenommene Urteilsbegründung schloß mit den Worten: "Krieg darf nicht das Modell für eine neue Weltordnung abgeben. Krieg darf nicht wieder Mittel der Politik sein."

Pressestimmen zum Tribunal

Das Urteil vom 03. Juni 2000

Weitere Beiträge zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien

Zurück zur Presse-Seite

Zur Seite "Aktuelles"

Zurück zur Homepage