Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Tagung zum Tschetschenien-Krieg

Am Freitag/Samstag, den 7. und 8. April veranstaltet die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative "Verantwortung für Friedens- und Zukunftsfähigkeit" eine Tagung unter dem Titel
"Russland, Tschetschenien - der Krieg"
Beginn: Freitag, 7. April, 19 Uhr
Prof. Dr. Wolfgang Leonhard referiert über "Russland nach der Präsidentenwahl". Geplant ist auch eine Videoeinblendung mit dem langjährigen Moskau-Korrespondenten Gerd Ruge

Das weitere Programm, Samstag, den 8. April, ab 10 Uhr:
Claudia Wagner (Uni Mannheim): Krieg um Tschetschenien - Hintergründe und aktuelle Informationen
Dr. Eckhard Maass (Dt.-kaukas. Gesellschaft Berlin): Die Kaukasusregion, Kriege, Interventionen und global strategische Interessen
Dr. Anne Hartmann (Bochum): Kosovo, Tschetschenien und die Folgen für das Verhältnis zwischen Ost und West
Dr. Peter Lock (Hamburg): Interessiertheit an den Kriegshandlungen und die sozial-ökonomischen Ursachen des Konflikts
Dr. Heinz Timmermann (Köln): Konsequenzen des Krieges in Tschetschenien und der weiteren Kaukasuskonflikte für die Politik..."
Bernd Clasen (Heinrich-Böll-Stiftung): Initiativen in Russland gegen den Krieg
Reiner Braun (Nat-wiss. Initiative): Wie kann die Friedesnbewegung zu einer friedlichen Lösung beitragen?

Tagungsort:
Universität Dortmund, Otto-Hahn-Str. 4, Hörsaalgebäude 2, Hörsaal 7

Teilnahmegebühr: 10 DM (ermäßigt: 5 DM)

Aus dem Einladungstext der Veranstalter:
"Seit Wochen und Monaten beschäftigen wir uns gedanklich, psychisch und physisch mit dem Krieg Russlands gegen Tschetschenien. Unabsehbar sind die Konsequenzen und Auswirkungen dieses Krieges, der sowohl ein Regionalkrieg als auch ein Hegemonialkrieg ist..."
"Die Friedensbewegung scheint in dieser Frage weitestgehend gelähmt. Wurde gegen den Krieg der NATO gegen Jugoslawien noch protestiert, werden die in Tschetschenien stattfindenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit ohne hörbare Proteste hingenommen. Dieses möchten wir gerne aufbrechen und eine Diskussion anstoßen."

Hierzu eine Anmerkung:
"Der" Friedensbewegung vorzuwerfen, sie wäre in der Tschetschenien-Frage "weitestgehend gelähmt" gewesen und hätte den Krieg "ohne hörbare Proteste hingenommen", zeugt von geringer Kenntnis der "Szene". Seit Oktober letzten Jahres beschäftigen sich zahllose Friedensinitiativen mit dem Thema Tschetschenien, organisieren Diskussionsveranstaltungen, gehen mit Mahnwachen auf die Straße und versuchen, so gut es eben geht, die Öffentlichkeit zu informieren. Wenn diese Proteste der Friedensbewegung von unten nicht "hörbar" sind, so liegt das in erster Linie wohl am Desinteresse der Medien, sie hörbar (bzw. lesbar) zu machen. Es liegen viele Berichte von lokalen Friedensinitiativen vor, die gegen den Krieg aktiv geworden sind, deren Aktivitäten sich aber kaum bis gar nicht in den lokalen/regionalen Medien wiederfanden. Überregional ist ähnliches festzustellen. Unseres Wissens haben Erklärungen bundesweiter Organisationen zum Tschetschenien-Krieg kaum Eingang in die Medienlandschaft gefunden (vgl. z.B. Presseerklärung "Mahnwachen gegen den Krieg in Tschetschenien". Vielleicht mit Ausnahme der "Gesellschaft für bedrohte Völker", die in ihrer Erklärung die NATO gemahnte, sich ihres positiven Einsatzes im Kosovo zu erinnern.

Es ist klar, dass sich die Friedensbewegung, die diesen Namen auch verdient, sich zu solchen militärischen "Lösungen" nicht hergeben wollte. Differenzierte Stellungnahmen, die den russischen Feldzug gegen Tschetschenien verurteilen, gleichzeitig aber ausschließlich zivile, nicht-militärische Instrumente und Mittel zur Beendigung des Krieges (der übrigens von zwei Seiten geführt wurde) anmahnte, waren für die Medien offenbar nicht so interessant.

Ein interessantes Thema für die Konferenz wäre also auch die Behandlung des Krieges durch die Medien. Noch interessanter wäre eine Diskussion über die verhaltene moralische Entrüstung westlicher Regierungen (was hätten sie auch sagen können nach ihrem eigenen verheerenden Luftkrieg gegen die jugoslawische Zivilbevölkrung?), die im Übrigen im Umgang mit Russland business as usual praktizierte: siehe z.B. die großzügige Kreditgewährung an Russland durch den IWF, siehe auch das Verständnis, das Bundesaußenminister Fischer bei dessen Besuch in Moskau der russischen Haltung entgegengebracht hat.

Doch wir wollen das Gemeckere der Veranstalter über die angebliche Untätigkeit der Friedensbewegung nicht nur mit einem Gemeckere über die Lücken der Konferenz beantworten. Vielmehr soll zum Besuch der insgesamt sehr wertvollen und bestimmt hochinteressanten Tagung aufgerufen werden.

Eine Analyse der Situation im Kaukasus befindet sich seit Dezember auf unserer homepage. Es handelt sich um einen Vortrag (Konfliktregion Kaspisches Meer), den Detlef Bimboes beim letzten Friedensratschlag in Kassel gehalten hat


Mahnwachen gegen den Krieg in Tschetschenien

Konfliktregion Kaspisches Meer.

Zurück zur Seite "Aktuelles"

Zurück zur Homepage