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USA halten an "Krieg-der-Sterne"-Konzept fest

Raketenabwehr hebelt ABM-Vertrag aus

Ein Bericht von Wolfgang Schlupp-Hauck (Mutlangen)

Obwohl wir direkt vor einer Neuauflage des Kriegs der Sterne stehen, wird die Militarisierung des Weltraums völlig ungenügend diskutiert. Das SDI-Programm, in den achtziger Jahren von US-Präsident Ronald Reagan gestartet, wird unter dem Namen BMD fortgeführt (Ballistic-Missile-Defense). Milliarden von Dollars flossen unvermindert weiter in die Forschung und Entwicklung für den Wunsch nach Unverwundbarkeit. Jetzt steht in den USA unmittelbar die Entscheidung bevor, ob erste Abfangraketen NMD (National Missile Defense) in Alaska stationiert werden. Kontroversen von Politkern und Diplomaten gibt es zwar, doch sie erreichen nur unzureichend die Öffentlichkeit. Auch innerhalb der Friedensbewegung wird die Tragweise dieser Entscheidung, die Auslöser für einen neuen Rüstungswettlauf werden kann noch zu wenig gesehen. Doch die Gegenbewegung beginnt zu wachsen.

Der US-amerikanische Kongreß hat beschlossen, daß mit der Stationierung der BMD-Systeme, dann begonnen wer-den soll, wenn sie technisch machbar sind. Das BMD-Programm sieht zwei Komponenten vor Waffen der National Missile Defense, "NMD" (Nationale Raketen Abwehr) und Theater Missile Defense "TMD" (Raketen Abwehr im Gefechtsfeld. Für den 26. Juni ist ein NMD-Raketentest geplant. Nach dessen Auswertung soll die Entscheidung des US-Präsidenten fallen. Bill Clinton hat immer wieder verlauten lassen, daß er seine Entscheidung von folgenden vier Faktoren abhängig macht: Einschätzung der Bedrohung, Technische Machbarkeit, Kosten der Stationierung, Einfluß auf die Rüstungskontrolle. Die Diskussion wird mit dem Herannahmen der Entscheidung heftiger geführt. Die kriti-schen Stimmen werden lauter.

Bedrohung

Schurkennationen
Als Begründung für die Neuauflage der Sternenkriegspläne werde die "Schurkennationen" aufgeführt und ihre Fähigkeit Interkontinentalraketen zu entwickeln. Im Pentagon werden Nordkorea und China als die gefährlichsten Schurkennatio-nen ausgemacht. Um die Bedrohung höher erscheinen zu lassen wurden die Auswertungskritereien herabgesetzt und folglich festgestellt, daß die Entwicklungsländer 5 Jahre früher als bisher vorausgesagt ihre Raketen stationieren könnten.

Verteidigungsminister William Cohen:
"Ich habe es sehr deutlich gemacht, daß ich denke die Bedrohung ist da. Ich verlege die Bedrohung nicht in die Zukunft. Wenn sie noch nicht gleich jetzt da ist, so wird sie es aber morgen sein."

Technische Machbarkeit

Zahl der Tests wurde reduziert:
Ursprünglich waren 19 Tests für das NMD-System vorgese-hen bevor über die Stationierung entscheiden werden sollte. Bisher haben zwei Tests stattgefunden. Das Pentagon hat die Zahl der Tests auf drei reduziert. Beim ersten Test am 2. Oktober 99 traf die Abfangrakete die Atomsprengkopfat-trappe. Beim zweiten Test am 18.1. verfehlte sie ihr Ziel. Nach inzwischen bekannt gewordenen Informationen , war der erste Test so ausgelegt, daß er gelingen mußte.

Wissenschaftler sagen, NMD kann nicht funktionieren Elf bekannte US-Wissenschaftler kritisieren die geplante NMD-Stationierung. Sie biete der USA wenig oder keinen Schutz. "Jedes Land, das Langstreckenraketen entwickeln kann auch Gegenmaßnahmen entwickeln, die das NMD-System ausschalten." In einer Studie weisen sie auf ver-schiedenste Möglichkeiten Atomsprengköpfe vor den Infra-rotsensoren zu schützen oder durch Attrappen irrezuleiten.

Kosten
Das Pentagon schätzt die Kosten für das geplante NMD-System auf 30, 2 Milliarden Dollar. Dies schließt ein, die Stationierung von 100 Abfangraketen, den Bau der Raketen-basis und die Nachrüstung der Radaranlagen. Diese Zahl ist wesentlich höher als die früher genannten 12,7 Milliarden Dollar. Einfluß auf die Rüstungskontrolle Die geplante Stationierung der NMD-Raketen verstößt ge-gen den ABM-Vertrag. Sie macht eine Veränderung des Vertrages notwendig., der als Eckpfeiler der Rüstungskontrolle angesehen wird. Rußland soll beruhigt werden, daß sich NMD nur gegen Schurkennationen richte.

US-Atomwissenschaftler warnen:
Die Kosten dieser Verteidigung werden nicht einfach nur in Dollar zu messen sein. Sie kann ein Ende des weiteren Kernwaffenabbaus von Rußland auslösen, wie veranlassen daß China als Antwort auf diese Art der Verteidigung stei-gende Anstrengungen zum Ausbau seiner Atomwaffen unternimmt, negative Reaktionen von US-Verbündeten in Europa und Ost-Asien hervorrufen - die wissen, daß ihre Sicherheit unter der schlecht durchdachten amerikanischen Initiative leidet und zu einem möglichen Zusammenbruch der weltweiten Rüstungskontrolle und Nichtverbreitungs Anstrengungen führen. ..... Die Russen und Chinesen begreifen die "begrenzte " Vertei-digung in Wirklichkeit als ein System, das auf sie ausgerichtet ist. Die volle technische Bedeutung der vorgeschlagenen Nachrüstungen für die Frühwarnsysteme in Fylingdales Moor, Groß Britannien, Thule Grönland, Grand Forks Norddakota und Clear, Alaska, verstehen sie richtig. Diese Nachrüstungen sind genau diese, welche für eine NMD-Verteidigungssystem gebraucht werden, das auf sie zielt.

Senator Joseph Biden kritisiert die NMD:
"Ein seegestützes Abwehrsystem, das vor der Küste Nordkoreas stationiert wäre, würde die USA in die Lage versetzen Koreanische Raketen im Aufstieg abzufangen und ein solches System würde nicht die Rüstungskontrolle gefährden, wie dies die NMD-Pläne tun."

Die ökonomische Krise Rußlands nutzen
Während die Clinton-Verwaltung überlegt schrittweise den ABM-Vertrag zu ergänzen, fordert der republikanische Senator Kent Konrad von "wir müssen das verlangen, was wir brauchen". Rußlands ökonomische Probleme schaffen eine gute Basis, um in den Verhandlungen zu bekommen was "wir brauchen".

Präsidentschaftskandidaten für NMD-Stationierung
Beide Kandidaten bejahen höhere Militärausgaben. Bush befürwortet eine NMD Stationierung, auch wenn Rußland eine Änderung des ABM-Vertrages ablehnt. "Wir können dann nicht im Vertrag bleiben". Al Gore bevorzugt ein langsames Herangehen.

USA halten an Raketenabwehrsystem fest - Tagesschau vom 25.04.2000

Der amerikanische und russische Standpunkt zum ABM-Vertrag

Eine Erklärung der Naturwissenschaftler-Initiative zum ABM-Vertrag

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