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G-8-Staaten wollen Waffenhandel einschränken

Eine Initiative mit vielen Fragezeichen

"Waffenhandel Kampf angesagt", versprach lauthals eine Überschrift in der Frankfurter Rundschau vom 13. Juli 2000. Gegenstand des so vorgestellten Artikels war die Ankündigung einer Initiative der G-8-Staaten (G-7 plus Russland), künftig mehr zur Konfliktprävention tun zu wollen. Das jedenfalls haben die Außenminister der sieben führenden Industrienationen (G-7) und Russlands am 12. Juli auf einer den nächsten Gipfel vorbereitenden Sitzung in Miyazaki (Japan) beschlossen. Damit, so heißt es ferner in den diversen Pressemeldungen, habe man einen "Startschuss" für konkrete Maßnahmen geben wollen. Diese Maßnahmen sehen z.B. den "Kampf gegen den unkontrollierten Handel mit Kleinwaffen" sowie die gesellschaftliche Wiedereingliederung von "Kindersoldaten" vor. Konkrete Angaben, wie dieser Kampf zu führen sei, wurden indessen nicht gemacht. Es war lediglich die Rede davon, dass die G-8-Staaten ihre "politischen Strategien" besser aufeinander abstimmen wollen. Zu denken gibt auch die Formulierung vom "unkontrollierten" Handel mit Kleinwaffen. Sie lässt manche Interpretation offen, etwa die, dass den Großmächten ausschließlich daran gelegen sei, den von ihnen nicht kontrollierten Handel mit Kleinwaffen zu bekämpfen, um somit selbst die Kontrolle über den gesamten Waffenhandel ausüben zu können. Schon heute kontrollieren die G-8-Staaten, die hier so hehre Ziele formulieren, rund 90 Prozent des weltweiten Handels mit Großwaffen, da wäre es doch gelacht, wenn man sich nicht auch des Kleinwaffenhandels vollständig bemächtigen könnte.

Andere Statements und Verabredungen des Außenministertreffens betrafen die zügige Verwirklichung des russisch-US-amerikanischen START-II-Abrüstungsabkommens sowie den erhofften Abschluss des START-III-Abkommens aus. Obwohl darüber gesprochen wurde, fand die Kritik am geplanten nationalen Raketenabwehrsystem (NMD) der USA keinen Eingang in die Erklärung. Man hätte es tun sollen, denn von seiner Verwirklichung wird schließlich auch der weitere Fortgang der nuklearen Abrüstung abhängen. Putin hatte in der letzten Zeit verschiedentlich darauf aufmerksam gemacht, dass die amerikanischen Raketenabwehrpläne nicht nur den ABM-Vertrag aus den Angeln heben würden, sondern auch dazu führen werde, dass Russland seine Atomwaffenpolitik überdenken müsse.

Auf der Tagesordnung der Außenminister standen auch die Zerstörung von chemischen Waffen (entsprechend der gültigen Chemiewaffenkonvention) sowie die Erfüllung des Ottawa-Vertrags zur Ächtung der Antipersonenminen (so genannter Landminenvertrag). Da die USA diesen Vertrag seinerzeit nicht unterschrieben haben und sich bis heute schwer tun, den Verpflichtungen, die sich aus ihm ergeben, zu erfüllen (z.B. sollen bis zum Jahr 2003 alle Landminen zerstört werden), bleibt auch hier abzuwarten, auf welche konkreten Schritte die G-8-Staaten sich verständigt haben oder auf ihrem nächsten Gipfel in Okinawa verständigen werden. Der G-8-Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs tagt vom 21. bis 23. Juli 2000 auf der japanischen Insel Okinawa, einem der größten ausländischen Militärstützpunkte der USA. Ob der Tagungsort ein Hinweis darauf ist, dass der Gipfel vorwiegend militärisch wirksame Themen behandelt und Verabredungen trifft?

Weitere Einzelheiten

Über die Erklärung der Außenministerkonferenz der G-8 gab es am 14. Juli weitere Einzelheiten (z.B. ein Bericht in der NZZ). So hieß es etwa zur Bekämpfung des Kleinwaffenhandels einschränkend:
Kleinfeuerwaffen sollen dann nicht exportiert werden dürfen, wenn es ein eindeutiges Risiko gibt, dass sie zur Aggression gegen andere Länder verwendet werden. Noch weiter relativiert wird diese Maßnahme durch die Zulassung von Waffenverkäufen, sofern sie «den legitimen Verteidigungs- und Sicherheitsbedürfnissen des Empfängers» dienen.

Bezüglich der Atomwaffen betonten die Aussenminister der G-8 die Notwendigkeit, die internationalen Vorkehrungen gegen eine Weiterverbreitung von Kernwaffen zu verstärken. Die Minister bekannten sich vorbehaltlos zur universalen Verwirklichung des Nichtverbreitungsvertrags (NPT). Indien und Pakistan wurden zur Unterzeichnung des NPT aufgefordert.

Weiter hieß es in der NZZ:
Am Rande des Treffens der Aussenminister kam es zu einer Zusammenkunft mit Vertretern von Entwicklungsländern. Gemäss einer Erklärung des südafrikanischen Aussenministers, dessen Land derzeit die Präsidentschaft der 112 Nationen umfassenden blockfreien Bewegung innehat, stand die Frage, wie die modernen Informationstechnologien zur Verminderung des weltweiten Reichtumsgefälles genutzt werden können, im Mittelpunkt der Aussprache. Die Dritte Welt stand auch im Visier eines Aktionsplans, den die Aussenminister zur Eindämmung der Gewalttaten, die von allerlei Terror- und Verbrecherbanden vorwiegend in den ärmsten Ländern häufig ungestraft begangen werden, verabschiedeten. Dabei geht es, wie von der Aussenministerrunde richtig erkannt wurde, nicht um weitreichende Abrüstungsinitiativen, sondern um Aktionen, die eher polizeilichen Charakter haben.

In der Erklärung vereinbaren die G-8, dass Zugesichert wurde die enge Zusammenarbeit mit Regierungen von Ländern, die Diamanten produzieren, um den Schwarzhandel in Afrika zu unterbinden. Gemeinsam will man auch gegen den wachsenden Einsatz von Kindern in kriegerischen Aktionen vorgehen.

Nach einer Aussprache über die Krisenherde in Ostasien sicherten die Aussenminister dem innerkoreanischen Dialog, der Wahrung der territorialen Integrität Indonesiens und dem Wiederaufbau in Osttimor ihre Unterstützung zu. Ausdrücklich wurden die jüngsten Schritte Nordkoreas in Richtung eines Dialogs mit der internationalen Gemeinschaft willkommen geheissen. Anders als im Vorjahr verzichtete man auf eine Kritik am nordkoreanischen Raketenprogramm. Der amerikanische Vertreter, Strobe Talbott, nannte allerdings vor Medienvertretern die nordkoreanische Raketenentwicklung eine Realität. Kurz vor dem Aussenministertreffen waren in Malaysia bei bilateralen Gesprächen zwischen Nordkorea und den USA neue Hürden aufgetaucht, als der nordkoreanische Unterhändler die Einstellung des Raketenbaus von einer amerikanischen Barzahlung in Milliardenhöhe abhängig machte.

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