Staatsanwaltschaft droht Söldnerfirma
Die dubiose Firma "Asgaard" gerät ins Kreuzfeuer von Justiz und Friedensaktivisten
Von Michael Schulze von Glaßer *
Der Protest von Friedensaktivisten gegen eine deutsche Söldnerfirma, die in Somalia tätig werden will, nimmt zu. Aber auch die Justiz prüft Schritte gegen die
deutsche Söldnerfirma »Asgaard«.
Schon auf der Homepage der Söldnerfirma »Asgaard – German Security Group« geht es martialisch zu. In einem Animationsfilmchen schwebt das Logo der Firma – das Bild eines Wikingerlangschiffes eingerahmt von den Worten »Treue, Loyalität, Disziplin, Ehre, Tapferkeit, Pflicht« in Runenschrift – zu den Klängen von Wagners Walkürenritt über eine Weltkarte.
Protest auf mehreren Ebenen
»Söldnerfirma schließen – Telgte bleibt friedlich«: Mit Schildern, Transparenten und Trillerpfeifen zogen am Montag rund 20 Friedensaktivisten vor den »Asgaard«Geschäftssitz in einem Wohngebiet in Telgte bei Münster. Die Firma aus der nordrhein-westfälischen Kleinstadt mit 19 000 Einwohnern ist am Wochenende in die Schlagzeilen geraten, da sie beabsichtigt, mehr als 100 deutsche Söldner in den somalischen Bürgerkrieg zu schicken. Dort sollen sie den Politiker Galadid Abdinur Ahmad Darman, der sich selbst als gewählten Präsidenten des Landes bezeichnet und zugleich der international anerkannten Übergangsregierung jegliche Legitimation abspricht, im bewaffneten Kampf gegen andere Gruppen unterstützen.
Experten warnen vor dem deutschen Söldnereinsatz: »Wenn ein neuer bewaffneter Akteur mit in das Spiel kommt, hat das sicherlich keine friedlichen Auswirkungen«, sagte Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik dem NDR, der den Fall aufdeckte. Politiker von Linkspartei, Grünen, SPD und FDP warnten vor einer weiteren Eskalation des Konflikts. »Dass sich nun dort ausgerechnet ehemalige Zeitsoldaten wiederfinden, finden wir überhaupt nicht gut«, zeigte sich auch der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands Ulrich Kirsch schockiert. Er sieht das staatliche Gewaltmonopol angegriffen. Der Reservistenverband der Bundeswehr distanzierte sich am Dienstag von »Asgaard«.
Der Geschäftsführer der Firma ist im Reservistenverband tätig und unter anderem Leiter des Arbeitskreises Reserveunteroffiziere in Münster. Gerd Höfer, Präsident des Bundesverbands der Reservisten, kritisierte die Söldnerfirma: »Das geschäftsmäßige Anwerben für einen privaten, militärischen Sicherheitsdienst ist gleichzusetzen mit dem Anwerben von Personen für fremde Streitkräfte.« Dies sieht die Staatsanwaltschaft Münster ähnlich und prüft aktuell, ob der Straftatbestand »Anwerben für einen fremden Wehrdienst« nach Paragraf 109h Strafgesetzbuch erfüllt ist. Nach dem Gesetz droht demjenigen eine Freiheitsstrafe, der »zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt«. Bereits der Versuch ist strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren geahndet werden.
Unbeanwortete Fragen und ein stiller Chef
Auf lokaler Ebene wollen Friedensaktivisten weiter Druck auf das Söldnerunternehmen ausüben. »Allein die Tatsache, dass Krieg privatisiert wird, ist unsäglich«, so Andreas Hellgermann vom Telgter Friedensratschlag. Die Jugendgruppe »Telgte – links ab!« forderte auf der Demonstration am Montag die sofortige Geschäftsaufgabe des Unternehmens. Ein Gespräch mit dem Chef kam am Montag allerdings nicht zu Stande – die Haustür blieb geschlossen. In der nächsten Woche soll es nach Willen der Friedensaktivisten aber eine Gesprächsrunde mit dem »Asgaard«-Geschäftsführer, Thomas Kaltegärtner, geben. Auch weitere Protestaktionen wurden nicht ausgeschlossen.
Viele Fragen sind indes noch offen: So ist unklar, mit welchen Waffen die Söldner ausgestattet sind. Auch wo die Militärs für ihren Einsatz ausgebildet werden, ist noch unbekannt. Ebenfalls fraglich ist, wie der Söldnereinsatz mit dem für Somalia bestehenden Waffenembargo der Vereinten Nationen zu vereinbaren ist. Nicht zuletzt muss die Frage gestellt werden, wie seriös die deutsche Söldnerfirma und der somalische Politiker Darman sind:
»Asgaard« befindet sich nach eigenen Aussagen noch im Ausbau, wer auf der Website auf »Referenzen« klickt, wird auf ein persönliches Gespräch verwiesen. Darman kann bis auf eine Website ebenfalls nichts vorweisen – Experten rechnen ihm nur einen sehr geringen politischen Einfluss in Somalia zu. So könnten sowohl die Söldnerfirma als auch Darman Hochstapler sein, die darauf abzielten, ihren Bekanntheitsgrad durch den Presserummel zu vergrößern. Zumindest für »Asgaard« wird das kriegerische Spiel aber immer unangenehmer.
Auf mehrere Anfragen dieser Zeitung reagierte die Firma in Telgte bis Redaktionsschluss nicht.
* Aus: Neues Deutschland, 27. Mai 2010
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