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Reederei heuert Söldner an

Weltgrößte Containerlinie A.P. Møller-Maersk rüstet gegen professionelle Seeräuber auf

Von Hermannus Pfeiffer *

Um die eigenen Schiffe gegen Piratenüberfälle vor der afrikanischen Küste zu verteidigen, heuert der Reederei-Riese Maersk ehemalige Soldaten und ein Kampfschiff an.

Die weltgrößte Reedereigruppe A.P.Møller-Maersk hat Söldner angeheuert, um ihre Flotte am Horn von Afrika vor Seeräubern zu schützen. Damit setzt erstmals ein führendes internationales Schifffahrtsunternehmen private Militärs ein. Außerdem mietete der dänische Konzern ein Kriegsschiff im ostafrikanischen Tansania.

Maersk geht es vorrangig um den Schutz seiner Tankerflotte. Schiffe mit Erdöl und Flüssiggas sind stark gefährdet, da ihre Ladung besonders wertvoll ist. Entsprechend hoch fallen bei einer Entführung die Lösegeldforderungen der professionellen Piraten aus. Maersk reagiert nun auf die Gefahr mit eigener militärischer Besatzung, die von der dänischen Militärfirma Guardian Global Business Security angemietet wird. Bei den Söldnern soll es sich um ehemalige Soldaten von Spezialkräften handeln, berichteten dänische Medien.

»Das Meer östlich von Afrika ist eine Grauzone, weil die Entwicklungsländer keine Ressourcen haben, um Piraten zu bekämpfen«, sagte Jan Fritz Hansen vom Dänischen Reedereiverband der »Copenhagen Post«. »Es ist eine zeitweilige Lösung, ein Kriegsschiff von einem anderen Land anzuheuern, aber es gibt keine Alternative.« Für den Technischen Direktor von Maersk, Steffen Jacobsen, ist die militärische Aufrüstung nicht nur notwendig, sondern auch legal.

In Dänemark stößt Maersks Privatarmee auf Kritik auch unter Fachleuten. »Kurzfristig mag es eine gute Lösung für Maersk sein. Aber langfristig ist es eine gefährliche Entwicklung, weil es arme Länder in Afrika abhängig vom Geld privater Firmen macht, um ihr Militär flott zu kriegen«, meint Lars Bangert Struwe vom Dänischen Institut für Militärische Studien (DIfMS) in Kopenhagen. Die DIfMS-Forscher warnen vor einer Privatisierung des Anti-Piraten-Einsatzes und fordern stattdessen, die benachbarten Küstenstaaten von Ägypten im Norden bis Tansania im Süden in die Patrouillen am Horn von Afrika zu integrieren.

Piraten operieren vornehmlich vor den Küsten Somalias und Nigerias, doch ihr mafiöses Netzwerk reicht bis London und in andere Finanzmetropolen, wahrscheinlich auch nach Deutschland. »Es sind keinesfalls arme Fischer, die zur Gefahr für eine der wichtigsten Handelsrouten der Meere werden, sondern es handelt sich um groß angelegte organisierte Verbrechen«, weist der Hamburger Piraterie-Experte Eigel Wiese in seinem neuen Buch (»Piraterie - Neue Dimensionen eines alten Phänomens«) nach.

In Deutschland lehnt die maritime Wirtschaft den Einsatz privater Soldaten bislang überwiegend ab. Lieber übt die Branche Druck auf die Politik aus. Erpresste Schifffahrtsunternehmen hätten in den vergangenen Jahren 100 Millionen Dollar an Lösegeld gezahlt. Es sei Aufgabe der Politik, für die Sicherheit der Seewege zu sorgen, mahnt der Vorstandsvorsitzende von Hapag-Lloyd, Michael Behrendt.

Dagegen sieht die maritime Expertin der SPD, Margrit Wetzel, vor allem die Unternehmen in der Pflicht: »Ein verantwortungsvoller Reeder kann viel tun.« Das fange mit einer ausreichenden Ausbildung der Mannschaft an und reiche bis zu dem Einbau einer sogenannten Zitadelle: eines von innen abschottbaren Raums, in den die Besatzung sich im Notfall zurückziehen kann. Dies freilich erfordert kostspielige Investitionen. Söldner oder der Einsatz regulärer Marinestreitkräfte erscheinen da manchem Unternehmer als die günstigere Variante.

* Aus: Neues Deutschland, 13. Januar 2010


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