Bundeswehr soll die "Einhaltung internationaler Menschenrechtsnormen und des Humanitären Völkerrechts beobachten"
Terrorismusbekämpfung nicht als Krieg auffassen - Empfehlungen an die Bundesregierung
Am 24. August 2004 legte das Deutsche Institut für Menschenrechte eine neue Studie vor*, die sich mit internationalen Bundeswehreinsätzen und der Terrorismusbekämpfung befasst. In der Studie werden Empfehlungen an die Bundesregierung formuliert. Interessant ist hierbei die Feststellung, dass der Kampf gegen den internationalen Terrorismus nicht als "Krieg" begriffen werden solle.
Die Studie stellt wichtige kritische Fragen - etwa in Bezuug auf den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Z. B. heißt es auf Seite 33:-
"Wie steht es um die Rolle von Bundeswehr und
Krisenreaktionskräften bei der Gefangennahme von
Al-Qa’ida-Kämpfern und anderen Gegnern, wenn
diese an die USA überstellt werden? Zu berücksichtigen
sind hier sowohl die Verhängung der Todesstrafe
als auch die mit den Menschenrechten nicht
vereinbare Strafverfolgung durch sogenannte Militärkommissionen
und Haftzentren, die dem Zugriff
der US-Justiz planmäßig entzogen wurden.
-
Wieweit ist es Auftrag von Angehörigen der deutschen
Kräfte, über Menschenrechtsverletzungen und
Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu berichten?
Sind sie gegebenenfalls hierfür ausgebildet
und wer nimmt entsprechende Meldungen entgegen?
-
Wie weit reichen die Menschenrechtsverpflichtungen
eines Staates im Ausland, wer informiert,
trainiert die Soldaten, wie und von wem wird die
Einhaltung der Verpflichtungen beobachtet?
-
Inwieweit unterliegen militärische Maßnahmen
einer gerichtlichen Kontrolle? Welche Rolle spielen
die sich im Aufbau befindliche afghanische Justiz,
internationale Instanzen einschließlich des Internationalen
Strafgerichtshofes und die Justiz der Entsendeländer?
-
Wieweit ist die Kooperation legitim und legal mit
Staaten, die in der Praxis sogenannte präventive
Tötungen vornehmen oder routinemäßig foltern?"
Schlüssige Antworten auf diese Fragen ist die Bundesregierung bisher schuldig geblieben.
Im Folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung des Instituts anlässlich der Präsentation der Studie im Wortlaut.
24.08.2004
Deutsches Institut für Menschenrechte empfiehlt Berichtspflicht für deutsche Soldaten bei Auslandseinsätzen im Rahmen der Terrorismusbekämpfung
Berlin. Die Bundeswehr soll nach Überlegungen des Deutschen Instituts für Menschenrechte bei Einsätzen zur Terrorismusbekämpfung die Einhaltung internationaler Menschenrechtsnormen und des Humanitären Völkerrechts beobachten. Der Bundestag sollte in zukünftige Mandate eine Berichtspflicht für Bundeswehrangehörige zu Menschenrechtsverletzungen aufnehmen, erklärte Wolfgang Heinz, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts bei der Vorstellung der Studie Internationale Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte. Entwicklungen 2003/2004 am Mittwoch in Berlin.
Es müsse für die Soldaten auch klar sein, nach welchen Rechtsgrundsätzen Gefangene zu behandeln und an wen sie zu übergeben seien. Demokratische Regierungen müssten internationale Menschenrechtsnormen einhalten, um ihrem Selbstverständnis gerecht zu werden, so Heinz. Trotz der Verabschiedung der UN-Resolution 1456 im Januar 2003, die fordere, Terrorismusbekämpfung müsse mit den Menschenrechten in Einklang gebracht werden, gebe es dazu keine umfassende Beobachtung durch die Vereinten Nationen. Hier seien Impulse der Mitgliedstaaten wichtig.
„Die Bundesregierung sollte Initiativen zur systematischen Beobachtung der Terrorismusbekämpfung unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten unterstützen – bei der UN-Menschenrechtskommission, im Sicherheitsrat und besonders in dessen Komitee zur Terrorismusabwehr“, forderte der Menschenrechtsexperte. Terrorismusbekämpfung werde in sicherheitspolitischen Konzepten der USA, der NATO und der EU zunehmend als militärische Aufgabe betrachtet. „Terrorismusbekämpfung sollte aber nicht als Krieg, sondern als Ahndung von internationaler Kriminalität verstanden werden.“
Der Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Heiner Bielefeldt, beklagte, dass viele Regierungen die Anti-Terrorismus-Kampagnen nutzten, um die Arbeit von Menschenrechtlern zu diffamieren und diese mundtot zu machen. Es dürfe keinen „Terrorrabatt“ für solche Staaten geben.
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Folgepublikation der vom Institut im Juli 2003 veröffentlichten Studie „Internationale Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte“, die den Zeitraum Oktober 2001 bis April 2003 berücksichtigt hatte.
Wolfgang S. Heinz, Jan-Michael Arend: Internationale Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte. Entwicklungen 2003/2004. Berlin, Deutsches Institut für Menschenrechte, 2004, 112 Seiten.
Wolfgang S. Heinz, Stephanie Schlitt, Anna Würth: Internationale Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte. (Oktober 2001 - April 2003) 2. Auflage Mai 2004. Herausgeber: Deutsches Institut für Menschenrechte
(ISBN: 3-9808112-3-9), 67 Seiten.
Diese Studie beleuchtet einige wesentliche Maßnahmen und Trends der internationalen Terrorismusbekämpfung zwischen Oktober 2001 und April 2003 unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten. Sie beruht auf öffentlich zugänglichen Quellen, die auch dokumentiert werden. Die Auswahl der Länderbeispiele konzentriert sich auf demokratische Staaten, da deren Praxis für Deutschland eher Anregungen geben wird als die von Diktaturen oder autoritär geprägten Staaten. Vier Themen stehen im Vordergrund: Im ersten Kapitel wird die Frage der Definition von Terrorismus behandelt. Im zweiten Kapitel werden ausgewählte Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert und im dritten Kapitel das Thema der Beobachtung der Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Es folgt im vierten Kapitel eine kurze Darstellung der Kommentierung der Terrorismusbekämpfung durch das VN-Hochkommissariat für Menschenrechte und schließlich eine vorläufige Bilanz.
Quelle: Website des Deutschen Instituts für Menschenrechte
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