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Helden der Lüfte

Bundeswehr bleibt "größter Einzelaussteller" bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung. Auch die deutsch-türkische Waffenbrüderschaft wird großgeschrieben

Von Peer Heinelt *

Deutsche Militärs geben gerne mal ein wenig an. Aktuell brüstet sich die Bundeswehr damit, bei der diesjährigen Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA), die vom 20. bis zum 25. Mai in Berlin zu sehen sein wird, erneut als »größter Einzelaussteller« aufzutreten. Wie die Streitkräfte mitteilen, wollen sie die der Veranstaltung entgegengebrachte »mediale Aufmerksamkeit« und das hohe Besucheraufkommen von voraussichtlich mehr als 200000 Menschen dazu nutzen, sich als »moderne Armee im Einsatz« und als »attraktiver Arbeitgeber« zu präsentieren. Waffenfetischisten jeden Alters werden denn auch einiges geboten bekommen: Auf einem mehr als 10000 Quadratmeter großen Freigelände will man eigenen Angaben zufolge Kampfjets, Helikopter und Aufklärungsdrohnen zeigen – sowie das Flugabwehrsystem »Patriot«, das die Bundeswehr an der türkisch-syrischen Grenze stationiert hat, um dem NATO-Partner Türkei für den Fall eines direkten Eingreifens in den syrischen Bürgerkrieg Rückendeckung zu geben.

Höhepunkt des ILA-Auftritts der deutschen Streitkräfte ist jedoch die als »Fähigkeitsdarstellung« titulierte Kriegsshow »Willfire 2014«, die gleich an mehreren Ausstellungstagen stattfinden wird. Dabei sollen vier Tornado-Kampfjets, zwei Eurofighter, zwei Kampfhubschrauber »Tiger«, ein Transall-Transportflugzeug und ein Tankflieger vom Typ Airbus »am Himmel das Zusammenspiel militärischer Kräfte demonstrieren«. Ziel sei es, »das Zusammenwirken von Waffensystemen im Verbund« einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, erklärt die Bundeswehr.

Auch die Veranstalter der ILA, der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) und die Messegesellschaft Berlin, ergehen sich in Superlativen. Vollmundig bezeichnen sie die Ausstellung als ›internationales Gipfeltreffen‹ für Sicherheit und Verteidigung« respektive als »eine der bedeutenden Wehrtechnik-Messen Europas«. In der Tat weist das offizielle Ausstellerverzeichnis rund 90 Rüstungsunternehmen aus, die bei der ILA Mordinstrumente präsentieren werden. Zahlreiche deutsch-europäische Waffenschmieden finden sich hier, darunter EADS/Airbus und weitere Branchengrößen wie Diehl, Rheinmetall oder Krauss-Maffei Wegmann. Für die Hersteller von Kampfdrohnen, sogenannten Unmanned Aerial Systems (UAS), haben die ILA-Betreiber sogar einen eigenen Ausstellungsbereich vorgesehen, die »UAS-Plaza«. Zur Begründung heißt es, bei unbemannten Fluggeräten handle es sich um den »global am schnellsten und stärksten wachsende (n) Bereich in der Luft- und Raumfahrt«: »Einer aktuellen Studie zufolge haben militärische UAS allein bei den NATO-Mitgliedsstaaten bis 2021 ein Marktpotential von 130 Milliarden US-Dollar.«

»Partnerland« der diesjährigen ILA ist die Türkei. Seiner Freude darüber verlieh der Vorstandsvorsitzende der Airbus Defence Space und Präsident des BDLI, Bernhard Gerwert, unlängst in einer Pressemitteilung Ausdruck. Er bezeichnete den NATO-Staat nicht nur als einen der »großen Wachstumsmärkte für den Luftverkehr«, sondern zudem als »strategische (n) Partner« der deutschen Wirtschaft: »In der zivilen und der militärischen Luftfahrtindustrie bestehen zwischen türkischen und deutschen sowie europäischen Unternehmen bereits seit geraumer Zeit erfolgreiche Kooperationsprojekte.« Von zivilen Projekten ist in der besagten Presseerklärung indes kaum die Rede. Ausführlich vorgestellt werden vielmehr türkische Rüstungsfirmen, die sich als Hersteller von Drohnen, Kampfhubschraubern und Raketen oder als Zulieferer deutsch-europäischer Waffenschmieden einen Namen gemacht haben.

Auch den »Dialog« zwischen Militärs, Rüstungsindustriellen und Parlamentariern wollen die ILA-Veranstalter nach eigenen Angaben beflügeln. Zu einem entsprechenden Symposium unter der Obhut des »Kommandos Luftwaffe« der Bundeswehr ist auch die friedenspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Christine Buchholz, geladen. Das Thema lautet: »Operationelle Fähigkeiten und ethische Implikationen beim Einsatz von ferngesteuerten Luftfahrzeugen«.

* Aus: junge Welt, Freitag 25. April 2014


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