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Deutschland stellt mehr Blauhelme in Aussicht

Ministerin von der Leyen erörtert bei stellvertretendem UNO-Generalsekretär stärkere Beteiligung an UN-Friedensmissionen *

Verteidigungsministerin von der Leyen will »darüber nachdenken«, wie die Bundeswehr sich verstärkt »bei der Leitung von Missionen« einbringen könne. Das erklärte sie am Dienstag gegenüber der UNO.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat der UNO eine stärkere Beteiligung der Bundeswehr an Friedensmissionen in Aussicht gestellt. Nach einem Gespräch mit dem stellvertretenden UN-Generalsekretär Jan Eliasson am Dienstag in New York sagte sie, dass ein deutscher Beitrag bei »technologischen Fähigkeiten« und »bei der Leitung von Missionen« gefragt sei. Das Verteidigungsministerium werde »darüber nachdenken«.

Über konkrete Missionen sei in New York noch nicht gesprochen worden, sagte von der Leyen am Mittwoch der ARD. Was Deutschland anbieten könne, seien insbesondere Fähigkeiten beim Lufttransport. Die UNO bitte aber auch darum, dass deutsches Führungspersonal »in die Stäbe kommt« und »dass Deutschland eines Tages auch eine militärische Friedensmission der Vereinten Nationen führt«. Die Bundeswehr ist derzeit mit etwa 250 Soldaten an sechs UN-Missionen beteiligt. Insgesamt sind rund 4600 Bundeswehrsoldaten bei Einsätzen von EU, NATO und UNO im Ausland stationiert.

Ein Engagement in der aufgeflammten Irak-Krise schloss von der Leyen aus: »Da sehe ich keinerlei Szenario« unter dem Dach der UNO. In der angespannten Lage sei vor allem die irakische Regierung selbst gefragt, die die Sunniten lange ausgegrenzt habe. Aber auch die Türkei, die Arabische Liga, Iran und die USA müssten gemeinsam eine konstruktive Lösung finden.

Die linke Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz erklärte, bei dem Gespräch von der Leyens mit Eliasson handle es sich »um nichts anderes als um eine weitere PR-Aktion für mehr Auslandseinsätze«. Die Ministerin sei derzeit »die Scharfmacherin im Waffenexport-Kabinett Merkel«. Von der Leyen war am Montag zu einem viertägigen Antrittsbesuch in den USA eingetroffen. Auf ihrem Programm standen am Mittwoch Gespräche mit Kongressabgeordneten und am Donnerstag mit ihrem US-Kollegen Chuck Hagel. Gesprächsthemen dürften vor allem die Krise in der Ukraine und die Vorbereitung des NATO-Gipfels Anfang September in Großbritannien sein. Auch das künftige militärische Engagement in Afghanistan nach Abschluss des NATO-Kampfeinsatzes Ende des Jahres wird wohl zur Sprache kommen.

US-Präsident Barack Obama hatte Ende Mai erklärt, dass ab 2015 9800 US-Soldaten für eine Ausbildungsmission am Hindukusch verbleiben sollen. Bis Ende 2016 wollen sich die Vereinigten Staaten vollständig zurückziehen. Deutschland hat eine weitere Beteiligung mit 600 bis 800 Soldaten in Aussicht gestellt.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 19. Juni 2014


Selbstüberschätzerin des Tages: Ursula von der Leyen **

Muß das ein wunderbarer Tag gewesen sein! Die Stadt, die niemals schläft, und mittendrin Ursula von der Leyen. Chauffiert, hofiert, fotografiert – der Helm sitzt. Beim deutsch-amerikanischen Gala­dinner am Dienstag abend ist sie der strahlende Mittelpunkt. Da stinkt selbst der alte Kriegslustgreis Henry Kissinger ab und kann laut dpa nur noch ein »Deutschland ist in gewisser Weise verdammt, eine immer wichtigere Rolle zu spielen« hervorbringen.

»If I can make it there, I’ll make it anywhere« – Sinatra wurmt nach der Party von der Leyens Ohr, sie pflanzt sich vor die Fernsehkamera. Mit stolz geschwellter Brust verkündet die Verteidigungsministerin am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin, die UN bitte darum, daß Deutschland »auch eine militärische Friedensmission der Vereinten Nationen führt«. Welche das sein soll, ließ sie offen. Dann ist ihr etwas kalt um die Füße als sie auf den Irak angesprochen wird. Aber was soll’s, es ist an ihr, Gaucks »Zu-den-Waffen«-Ruf endlich zu untermauern: »Wir haben Schlüsselkapazitäten und Fähigkeiten, die andere Nationen nicht haben.«

Doch was meint sie nur damit? Etwa die überschäumende Begeisterung der Bevölkerung an deutschen Kriegseinsätzen? Oder die Bundeswehr-Rekrutierungsbüros, die sich vor dem Ansturm hochqualifizierter Bewerber kaum retten können?

Der Wehrbeauftragte machte kürzlich in seinem diesjährigen Bericht bezüglich der Fähigkeiten und Kapazitäten der Streitkräfte ganz andere Aussagen. Aber mit Hellmut Königshaus zu plaudern, das ist für von der Leyen natürlich weit weniger erbaulich. »It’s up to you, New York, New York.« Ähnlich empfänglich für den Glamour der Stadt war schon Leyen-Vorgänger Guttenberg, der gönnerhaft seine Arme auf dem Times Square ausbreitete. (mme)

** Aus: junge Welt, Donnerstag, 19. Juni 2014


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