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Verrohung durch Kampfeinsätze? Die Bundeswehr und das Konzept der Inneren Führung

Eine Beitrag von Andreas Dawidzinski in der NDR-Sendereihe "Streitkräfte und Strategien" *


Andreas Flocken (Moderation):
Wir bleiben bei Bundeswehr-Auslandseinsätzen. Die Links-Partei ist gegen solche Missi¬onen. Das hat den verteidigungspolitischen Sprecher der Linken, Paul Schäfer, aber nicht davon abgehalten, hierzu in diesem Monat eine Fachtagung zu organisieren. Das Thema: Armee im Einsatz und „Staatsbürger in Uniform“. Zu der Veranstaltung gekommen waren viele Kenner der Bundeswehr. Und es gab interessante Erkenntnisse. Hören Sie Andreas Dawidzinski:


Manuskript Andreas Dawidzinski

Befehl und Gehorsam – das ist das Grundprinzip in allen Streitkräften. In der Bundeswehr versucht die sogenannte Innere Führung die militärischen Pflichten der Soldaten mit den staatsbürgerlichen Rechten in Einklang zu bringen. Dieses Konzept und sein Leitbild vom Staatsbürger in Uniform beschränken sich dabei nicht allein auf Vorschriften und gesetzliche Regelungen. Es soll die ganze Einstellung und Grundhaltung des Soldaten erfassen. Das Idealbild ist ein Soldat, der sich bei seinem Tun den demokratischen Werten der Verfassung verpflichtet fühlt.

Seit mehreren Jahren gehören Auslandseinsätze zum Alltag der Bundeswehr. Dabei handelt es sich nicht immer um Stabilisierungsmissionen. In Afghanistan stehen die deutschen Streitkräfte in einem Kampfeinsatz. Für die Bundeswehr ist das Neuland. Die Streitkräfte befinden sich im Umbruch. Das hat auch Folgen für die Innere Führung. Der Bundeswehr-Kenner, Klaus Naumann vom Hamburger Institut für Sozialforschung:

O-Ton Naumann
„Die Bundeswehr entwickelt sich von einer Verteidigungsarmee zu einer Interventionsarmee. Damit hat sie einen grundsätzlich anderen Auftrag. Die Wehrform verändert sich auch und damit verändert sich natürlich auch das innere Gefüge der Streitkräfte. Die Bundeswehr muss neu überlegen, wie sie Motivation, Sinn und Kohärenz in ihren eigenen Reihen erzeugt. Das ist die Grundherausforderung an die Innere Führung.“

Für den Begründer des Konzepts, Wolf Graf von Baudissin, spielt das Gewissen des Soldaten eine zentrale Rolle. Dabei muss es auch bleiben, sagt Roland Kaestner vom Institut für Strategische Zukunftsanalyse. Für den Oberst a.D. gehört die Innere Führung trotzdem auf den Prüfstand:

O-Ton Kaestner
„Die ganzen Fragen von internationalem System, Kriegsbild, Staatswesen und Gesellschaft haben sich grundlegend gewandelt. Sie müssen neu analysiert werden und deswegen glaube ich, dass die Innere Führung der fünfziger Jahre passé ist, dieser zeitgebundene Teil, und dass wir heute eigentlich eine neue Analyse brauchen.“

Der Wehrbeauftragte des Bundestages widerspricht. Hellmut Königshaus hält Äußerungen von Offizieren, bei Auslands- und Kampfeinsätzen habe die Innere Führung keine Bedeutung, für Einzelmeinungen ohne jede Relevanz. Nach Ansicht des Wehrbeauftragten gehört die Innere Führung auch nicht auf den Prüfstand:

O-Ton Königshaus
„Nein. Sondern sie muss angewandt werden, auch weiterhin. Die Innere Führung hat natürlich gerade jetzt ihre Bewährungsprobe im Einsatz, aber sie hat natürlich überhaupt nicht an Bedeutung verloren.“

Doch die Umsetzung des Konzepts ist heute schwieriger als noch zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation. Auslandseinsätze können für Bundeswehrsoldaten zu einem Problem werden, trotz eines Bundestagsmandats. Der ehemalige Bundeswehr-Offizier Roland Kaestner:

O-Ton Kaestner
„Die Frage des Sich-Vorbereitens, gedanklich, wird natürlich sehr viel schwieriger als in einer Verteidigungssituation. In der Verteidigung kann ich ziemlich klar sagen, was auf meinem eigenen Territorium passieren wird. Bei internationalen Einsätzen ist das sehr viel schwieriger. Wenn ich beispielsweise mit einer politischen Argumentation für einen Einsatz nicht einverstanden bin, bedeutet das, dass ich trotzdem Leute dafür töten müsste, obwohl ich es für politisch falsch halte. Das ist natürlich für das Gewissen schon ein dicker Brocken. Dafür muss eine Lösung in der Inneren Führung gesucht werden. Wie gehe ich damit um?“

Den Soldaten muss sich die Sinnhaftigkeit der Einsätze klar erschließen. Sie müssen hinter der Mission stehen, von ihr überzeugt sein. Insbesondere für die militärische Führung ist das eine nicht immer einfache Aufgabe, wie Hans-Günther Fröhling auf der Fachtagung feststellte. Der Oberstleutnant a.D. war in seiner aktiven Zeit am Zentrum Innere Führung in Koblenz tätig:

O-Ton Fröhling
„Die erfolgreiche Umsetzung dieser Vorgabe durch Vorgesetzte hängt in hohem Maße von der Überzeugungskraft der Politik ab. Was Afghanistan anbelangt, gelingt es derzeit der Politik nicht, die deutsche Bevölkerung von der Sinnhaftigkeit des Einsatzes zu überzeugen. Da der eine oder andere Soldat doch noch ein bisschen integraler Bestandteil der Bevölkerung ist, überzeugen ihn die Argumente der Politik mitunter ebenso wenig.“

Hinzu kommt, dass die Soldaten vor Ort die Wirklichkeit erleben. Und die steht oftmals im Gegensatz zur Schönfärberei der Politik. Soldaten, die am Hindukusch im Einsatz sind, wundern sich manchmal über Afghanistan-Debatten im Bundestag. Weil sie nicht immer der Realität und den Erfahrungen der Soldaten im Einsatz gerecht werden. Der Wehrbeauftragte erinnerte auf der Fachtagung zur Inneren Führung an eine umstrittene Äußerung des früheren Heeresinspekteurs Hans-Otto Budde. Der hatte vor einigen Jahren für die Bundeswehr einen ganz neuen Soldaten-Typus gefordert. Gebraucht werde der archaische Kämpfer und der, der den High-Tech-Krieg führen könne. Für Hellmut Königshaus ist dieser Ausspruch nur auf den ersten Blick befremdlich:

O-Ton Königshaus
„Tatsache ist, dass beides heute in Afghanistan zu beobachten ist. Wir haben dort eben vielfach eine Situation, in der es wirklich – und zwar nicht etwa deswegen, weil unsere eigenen Streitkräfte so aggressiv oder archaisch auftreten würden, sondern weil sie eben auch in einer solchen Weise bekämpft werden und zwar ohne Rückgriff auf irgendwelche humanitären Regelungen und Vereinbarungen angegriffen werden und sich demzufolge gegen solche Angriffe auch wehren müssen.“

Innere Führung und Soldaten, die effektiv kämpfen können, um ihren Auftrag durchzusetzen – für den Wehrbeauftragten kein Widerspruch.

Das sieht Anja Seiffert vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr SOWI ähnlich. Sie hat im vergangenen Jahr für eine Studie mehrere Wochen Soldaten in Afghanistan begleitet. Auch Soldaten, die am Karfreitag vergangenen Jahres in schwere Gefechte mit Aufständischen verwickelt waren. Die Sozialwissenschaftlerin Seiffert:

O-Ton Seiffert
„Ich warne wirklich davor zu glauben, dass die Kampferfahrenen die ‚Anti-Staatsbürger in Uniform‘ sind. Das ist genau das Gegenteil. Jemand, der sich in riskante Situationen – und das ist die Anforderung – der sich in diese Situationen bringt und als Feldwebel, als Berufssoldat, mit einer Perspektive [verpflichtet], häufiger auch in diese Einsätze zu gehen, der hat auch bestimmte Ansprüche. Der hat auch den Anspruch, dass das sinnhaft ist, was ich da mache.“

Für die Projektleiterin am Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr setzen die Soldaten im Kampfeinsatz in der Regel geradezu vorbildlich die Prinzipien der Inneren Führung um.

O-Ton Seiffert
„Gefordert ist vielmehr Flexibilität, korrekte Lagebeurteilung – auch unter Zeitdruck – und Verhaltenssicherheit in unübersichtlichen Konfliktkonstellationen. In riskanten Situationen die Nerven zu behalten und nicht gleich mit Waffengewalt zu reagieren, weil man nämlich einfach nicht weiß, woher die Gefahr kommt, und von wem sie ausgeht, ist keine leichte Angelegenheit.“

Trotzdem besteht die Gefahr, dass in Kampfeinsätzen Grundsätze, denen man sich offiziell verpflichtet fühlt, schnell über Bord geworfen werden. Diesen Trend gibt es in Afghanistan, sagt der katholische Militärdekan Joachim Simon. Er beruft sich dabei auf Beobachtungen von Militärgeistlichen.

O-Ton Simon
„Meine Pfarrer haben mir das ausdrücklich so gesagt: Sie beobachten diese Tendenz zu einer Verrohung und Abstumpfung. Also, dass das immer wieder kommt.“

Verrohungstendenzen bei der Bundeswehr in Afghanistan? Der Militärdekan nennt hierfür Beispiele. Manche Soldaten wünschten sich wirkungsvollere Waffen, um die Taliban regelrecht „wegzupusten“. Andere wollten bestimmte Dinge nicht lange hinterfragen, forderten so schnell wie möglich „Feuer frei auf erkanntes Ziel“. Ein weiteres Beispiel:

O-Ton Simon
„Es wird berichtet von einem Kompaniefeldwebel, der - in guter Absicht - regelmäßig bevor die Patrouille wieder startet aus dem Feldlager, aufpeitschende Musik, so richtig zum Scharfmachen, den Soldaten vorspielt. Da werden die Boxen aufgebaut und dann richtig aufgedreht, damit die Leute so richtig angetörnt werden: ‚So, jetzt geht’s also raus auf Feindfahrt‘.“

Militärdekan Simon berichtet weiter, in den Feldlagern hätten abends auf den von zu Hause mitgebrachten Laptops sogenannte Ballerspiele Hochkonjunktur.

O-Ton Simon
„Wo man also den Verdacht hat, wenn man hier schaut, was in Deutschland diese Schul-Amokläufer getan haben, wo es heißt, die haben davor auch rege davon Gebrauch gemacht,- dass das also auch so eine abstumpfende, enthemmende Wirkung haben könnte. Es wird berichtet von Totenkopf-Badges, die an die Uniformen geheftet werden, um sich als besonders cooler Fighter darzustellen.“

Die Innere Führung - bei Auslandseinsätzen Makulatur? Bundeswehr- Soldaten mit Kampferfahrung also Rambos, die mit zunehmender Dauer des Einsatzes immer mehr abstumpfen und verrohen? Anja Seiffert vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr kann dem so nicht zustimmen. Mit ihrem Forschungsteam hat sie rund 160 Soldaten aller Dienstgrade in Afghanistan für eine Studie ausführlich interviewt. Die Auswertung ist noch nicht abgeschlossen. Aber für die Projektleiterin lässt sich bereits jetzt folgendes sagen:

O-Ton Seiffert
„Sowohl in unseren Ergebnissen als auch das, was ich vor Ort erlebt habe, konnte ich Verrohung nicht feststellen. Einsätze - das sind Grenzerfahrungen. Und das kennt man auch in anderen Situationen. Sie können bei dem einen oder anderen sowohl positive als auch negative Folgen haben.“

Grenzerfahrungen - das heißt: Operieren unter ständiger Lebensgefahr, Gefechte führen, erleben wie Kameraden verwundet oder getötet werden. Aber auch, dass man selbst zurückschießt und dabei tötet. Das Team des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr hat Soldaten der Task Force Kundus und Mazar-i-Scharif begleitet, also Kampftruppen. In Deutschland werden die beiden Verbände von der Bundeswehr offiziell als Ausbildungs- und Schutzbataillone, ASB, bezeichnet. Eine Beschönigung.

Grenzerfahrungen verändern die jungen Soldaten, die in der Regel gerade mal etwas mehr als 20 Jahre alt sind. Das konnte Anja Seiffert selbst beobachten, denn sie hat die Soldaten vor und nach ihrem Afghanistan-Einsatz erlebt.

O-Ton Seiffert
„Auf den Übungsplätzen, in der Vorausbildung, hat man in Jungengesichter gesehen. Unser Team hat das insgesamt erstaunt. Als wir im Einsatz waren, haben wir sie natürlich wiedergetroffen und wir haben noch keine große Veränderung beobachtet. Nach dem Einsatz habe ich aber sehr ernsthafte Gesichter gesehen. Man hatte fast den Eindruck, die sind – das klingt jetzt ein bisschen merkwürdig, aber ich kann es nicht anders formulieren – erwachsener geworden. Und sie beschreiben es im Übrigen selber genauso.“

Allerdings geht nur ein kleiner Teil der in Afghanistan eingesetzten rund 5000 Bundeswehr-Soldaten auf Patrouille und wird in Kämpfe verwickelt. Die meisten bleiben während des in der Regel viermonatigen Einsatzes im Feldlager. Es wird unterschieden zwischen Kämpfern und Nichtkämpfern, zwischen Soldaten die nach „draußen“ gehen, und solchen die „drinnen“ bleiben. Das kann zu Spannungen führen. Zugleich gibt es aber auch Probleme auf höherer Ebene:

O-Ton Seiffert
„Es gibt nämlich einen Konflikt, beziehungsweise eine Auseinanderentwicklung der Erfahrungswelten, zwischen militärischer Führung auf der einen Seite und Einsatzsoldaten auf der anderen Seite. Soldatinnen und Soldaten, die nämlich in Hinterhalten und Gefechten standen, die Tod und Verwundung erlebt haben, selber getötet und verwundet haben, haben im Einsatz Erfahrungen gemacht, die es in der Bundeswehr in diesem Umfang so noch nicht gegeben hat. Hinzu kommt, und das ist wichtig, dass diese Erfahrungen von der höheren Führung der Bundeswehr nur selten geteilt werden. Über Kampferfahrungen verfügen nämlich eher niedrige Dienstgrade bis hin zur Ebene Kompaniechef und weniger höhere Dienstgrade.“

Nicht nur Anja Seiffert spricht von kalten Kriegern und jungen Kriegern in der Bundeswehr. Durch die unterschiedlichen Erfahrungen fühlen sich die Einsatzsoldaten so manches Mal von ihren Vorgesetzten in Deutschland – gelegentlich aber auch im Feldlager selbst - nicht richtig verstanden und gegängelt. Vorgesetzte verweisen auf Vorschriften, führen die Truppe an der kurzen Leine, nicht zuletzt aufgrund politischer Vorgaben. Die Truppe bekommt nicht immer das Gerät, das sie für erforderlich hält. Die Innere Führung, insbesondere die von der Bundeswehr immer wieder hochgelobte Auftragstaktik, die den Soldaten vor Ort große Freiräume geben soll, droht auf der Strecke zu bleiben. Es kommt zu Spannungen. Eine bedrohliche Entwicklung. Es entsteht eine Kluft in der Bundeswehr, die zu einem Riss führen könnte.

O-Ton Seiffert
„Es gibt unterschiedliche Erfahrungswelten und wenn es der Bundeswehr nicht gelingt, diese unterschiedlichen Erfahrungswelten auch miteinander zu harmonisieren - ich formuliere es einmal so – oder einen Ort anzubieten, wo diejenigen auch zuhause sind, die bestimmte Erlebnisse in den Einsätzen gesammelt haben, ohne es nur zu psychologisieren, sondern tatsächlich einen Ort, wo Erfahrungen weiter transportiert werden können, dann besteht durchaus die Gefahr, dass ein Riss durch die Truppe geht. Nämlich zwischen diejenigen, die die Erfahrungen haben, und denjenigen, die diese Erfahrungen nicht haben.“

Schon jetzt gibt es oftmals Frust und Unzufriedenheit bei den Soldaten im Einsatz. Manche Regelungen werden vor Ort als nicht angemessen wahrgenommen. Auf diese Weise können sich latente Konflikte schnell aufschaukeln. Demotivation ist die Folge. Militärdekan Simon:

O-Ton Simon
„Strenge Regeln führen bisweilen zum Widerspruch und zum Unterlaufen derselben und zur Uneinsichtigkeit: Wenn die mir hier nur zwei Dosen Bier am Tag geben, dann lass ich mir meinen Sprit eben von daheim per Feldpost schicken. Und so gibt es in den Feldlagern überall auch einen Wildwuchs an unkontrollierten und unkontrollierbaren Nischen.“

Nicht nur für den Militärgeistlichen ist klar: Die Soldaten können nur im Heimatland auf ihre Auslandsmission im Sinne der Inneren Führung vorbereitet werden. Doch die hierfür wichtige Selbstreflexion komme manchmal zu kurz. Militärdekan Simon über einen Besuch der Ausbildungseinrichtung für deutsche Kampfhubschrauber-Piloten in Südfrankreich:

O-Ton Simon
„Dort sprach ich mit dem Kommandeur und fragte ihn, ob denn die Piloten auch so etwas wie Ethik-Unterricht bekommen würden, wenn sie hier ausgebildet werden, um mit dem Kampfhubschrauber etwas abzuschießen und zu bekämpfen. Die Antwort war: Meine vordringliche Aufgabe ist es eigentlich den Piloten das Zaudern abzugewöhnen. Sonst ist der Gegner nämlich schneller und mein Pilot ist tot. Und das kann auch nicht Sinn der Übung sein.“

Die Vorstellungen, wie Innere Führung umzusetzen ist, sind also höchst unterschiedlich. Die Militärseelsorge sieht sich als eine Ergänzung der Inneren Führung. Man will auf Probleme aufmerksam machen. Der Militärgeistliche sieht sich bei Auslandsmissionen als erster ethischer Berater der militärischen Führer vor Ort. Doch aus Sicht von Militärdekan Simon finden die Militärpfarrer immer weniger Gehör – aus den verschiedensten Gründen:

O-Ton Simon
„Hier gibt es die Erfahrung, dass sehr oft der Nasenfaktor in Bezug auf das Verhältnis zwischen Seelsorger und Kommandeur [dafür] entscheidend ist, ob solche Beiträge erwünscht sind oder nicht. Und das hat dann zur Konsequenz, dass die Einbindung der Seelsorger in diverse informative Runden, zum Beispiel Dienststellenleiterrunde, XO-Runde, also Executive Officer – ein wichtiges Amt in den Einsatzgebieten - PSN-Runde, psychosoziales Netzwerk ist damit gemeint, oder Kommandeursrunde, wichtige Lagebesprechungen, dass eine Beteiligung der Militärgeistlichen an diesen Runden durchaus nicht mehr selbstverständlich ist. Früher war das so. Aber wir merken, dass unsere Pfarrer nicht mehr automatisch dazu eingeladen werden.“

Die Umsetzung der Inneren Führung bei Auslandseinsätzen bleibt daher weiterhin eine große Herausforderung. Möglicherweise könnte der Wehrbeauftragte des Bundestages eine stärkere Rolle spielen. Klaus Naumann vom Hamburger Institut für Sozialforschung:

O-Ton Naumann
„Ich würde mir erhoffen, dass der Wehrbeauftragte über seine notwendigen Berichte hinaus sozusagen auch diagnostische Fähigkeiten entwickelt und sagt: Die Lage ist folgendermaßen. Die Anforderungen an die Soldaten sind folgendermaßen, und wir sehen vorher, dass diese und jene Aufgaben in der Inneren Führung auf die Truppe zukommen werden. Ich würde mir erhoffen, dass das Amt nicht nur – höflich gesagt - Kummerkasten der Armee bleibt.“

Hellmut Königshaus aber ist mit der gegenwärtigen Reichweite und Wirkungsweise seines Amtes sehr zufrieden.

* Aus: NDR-Sendereihe Streitkräfte und Strategien, 23. April 2011; www.ndrinfo.de


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