Gebirgsjäger ohne Wanderführer
Umstrittener Militärsachverständiger Klaus Hammel tritt "aus Altersgründen" ab
Von Stephan Stracke *
Die Bundeswehr muss für ihre »militärhistorischen Wanderungen« ab sofort
auf den 69-jährigen Oberst a. D. Klaus Hammel verzichten. Das teilte in
der vergangenen Woche das Bundesverteidigungsministerium auf eine Kleine
Anfrage von Ulla Jelpke (DIE LINKE) mit.
Hammel leitet seit mehreren Jahren eine »militärhistorische
Geländebesprechung«, bei der Bundeswehrsoldaten auf den Spuren des
Ersten Weltkrieges durch die Dolomiten wandern. Doch damit ist jetzt
Schluss. Der Grund für den Verzicht auf Klaus Hammel sind aber nicht
seine geschichtsrevisionistische Aktivitäten, sondern, so das
Ministerium, angeblich sein Alter. »Der angesprochene militärhistorische
Begleiter wird nach derzeitigem Kenntnisstand in Zukunft an dieser
Weiterbildung für Zeit- und Berufssoldaten aus Altersgründen nicht mehr
teilnehmen können.«
Inhaltlich weist die Bundesregierung die Vorwürfe gegen Hammel lapidar
zurück. Ein »konservativ-rechtsextremes Netzwerk« sei ihr nicht bekannt
und die privaten Ansichten von pensionierten Bundeswehroffizieren
kommentiere man nicht.
Wie ND berichtete, verharmlost Hammel in seinen »wissenschaftlichen«
Veröffentlichungen die Kriegsverbrechen der Wehrmacht. Bis zu seinem
Ausscheiden 1997 war er Stabschef der 1. Gebirgsdivision. Seitdem ist
Hammel als freier Publizist sowohl in der Zeitschrift »Gebirgstruppe«
wie auch in anderen rechten Blättern wie in der »Jungen Freiheit«, bei
der »Sezession« und im Veteranenblatt »Alte Kameraden« ein gern
gesehener Autor. Hammel kämpft für den Mythos der »sauberen Wehrmacht«
an allen Fronten.
In einem Buchbeitrag versuchte er nachzuweisen, dass erst die grausame
Kriegführung der sowjetischen Partisanen zu Übergriffen der Wehrmacht
geführt hätte. Im gleichen Aufsatz verteidigt er die deutschen Soldaten
als »Kinder ihrer Zeit«. Die »Gleichgültigkeit und Unmenschlichkeit«, so
seine Umschreibung von Holocaust und Vernichtungskrieg, wären auch durch
den »Erfahrungshorizont« des russischen Bürgerkriegs, der
Nachkriegskämpfe in Deutschland, im Baltikum und im Spanischen
Bürgerkrieg beeinflusst worden. Gleichfalls habe, so Hammel, die
angebliche »herausragende Rolle der jüdischen Intellektuellen« in den
»bolschewistischen Führungskadern« dazu beigetragen »Hemmschwellen«
herabzusetzen.
Auch die einschlägigen Befehle der Wehrmachtsführung, die »Hungerwaffe«
gegen die ukrainische Zivilbevölkerung einzusetzen, die zusätzlich die
Halbierung der Lebensmittelrationen für Juden einschlossen, verharmlost
er zu einer ausdrücklich nicht antisemitisch begründeten »schmerzlichen
Prioritätenentscheidung« der Wehrmachtsführung.
So ist es nicht verwunderlich, dass Hammel 2005 zu den Mitunterzeichnern
des in der »Jungen Freiheit« abgedruckten Aufrufs »Gegen das Vergessen«
gehört, der den 8. Mai 1945 als »Niederlage« der Deutschen Wehrmacht
interpretiert. Weiter verteidigt Hammel den revisionistischen General
a.D. Gerd Schultze-Rhonhof, der die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg
abstreitet. Als Reaktion auf die Ausladung von Schultze-Rhonhof von
einer Veranstaltung der Clausewitzgesellschaft protestierte Hammel
öffentlich mit den Worten: »Schultze-Rhonhof ist nicht irgendein 'Rechtsradikaler', sondern ein von allen fachlich wie menschlich
hochgeschätzter ehemaliger Truppenführer unserer Armee, der sich für
alle, die ihn kennen, durch besonders sorgfältiges Analysieren und
tiefergehendes Nachdenken auszeichnet.«
Damit unterstützt Hammel Aussagen von Schultze-Rhonhof, der u.a.
verbreitet, Hitler sei es beim Kriegsausbruch 1939 »ursprünglich nur um
die Menschenrechte der deutschen Minderheit in Polen und um die Heimkehr
der Danziger Bevölkerung in ihr Mutterland« gegangen. Der Krieg habe
sich gegen Hitlers Willen ausgedehnt.
Solche Behauptungen gehören übrigens nach Ansicht von seriösen
Historikern zum klassischen Repertoire rechtsextremer
Geschichtsrevisionisten und in der Bundeswehr wohl nicht zum Rüstzeug
für militärgeschichtliche Wanderungen.
Klaus Hammel muss sich jetzt wohl auf seine Flachlandexkursionen mit dem
»Freundeskreis Offiziere Panzertruppe« in Verdun und Flandern
konzentrieren. Zuletzt hat man ihn auf der Geburtstagsparty des
geschichtsrevisionistischen Militärhistorikers Franz W. Seidler in
München gesehen.
Die interessierte Öffentlichkeit kann das angeblich nicht existierende
rechte Netzwerk spätestens zur Brendtenfeier der Gebirgsjägerveteranen
am 17. Mai 2009 in Mittenwald besichtigen, wenn der Staatssekretär im
Verteidigungsministerium Christian Schmidt (CSU) ganz einträchtig neben
rüstigen NS-Kriegsverbrechern der Soldatenmesse lauscht. Auch der
Wanderführer außer Dienst Klaus Hammel wird dann vermutlich wieder zu
Fuß den Berg zur Soldatenfeier erklimmen.
* Aus: Neues Deutschland, 24. Dezember 2008
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