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Jeder zehnte Euro geht fürs Militär drauf

Deutschland bezahlt teuer für seine globalen Interessen und die "Armee im Einsatz"

Von René Heilig *

Der Etat eines Landes belegt, wer welche Prioritäten setzt. Nach den Ausgaben im Bereich Arbeit und Soziales folgen die Aufwendungen für Rüstung und Militär.

29,45 Milliarden Euro hat der Haushaltsausschuss des Bundestages dem Bereich des Bundesministeriums für Verteidigung zugeordnet. Offiziell. Rechnet man ehrlicherweise die Ausgaben für das Militär, die in anderen Haushaltstiteln schlummern, hinzu, landet man bei knapp 32 Milliarden Euro und einem guten Zehntel der Gesamtausgaben des Bundes. Die »Armee im Einsatz« ist eben nicht für »einen Appel und ein Ei« zu haben. Beispiele:

Anfang November erst haben die Haushälter den Weg frei gemacht zur Beschaffung des neuen Schützenpanzers »Puma«. 405 davon hat das Heer bei Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann bestellt. Die Gesamtkosten liegen bei rund dreieinhalb Milliarden Euro. 125 Millionen davon werden bereits im kommenden Jahr fällig. Doch wie kommen die »Pumas« in den letzten Winkel der Welt? Dazu und für diverse andere Soldatenexport-Varianten will Airbus das Transportflugzeug A400M bauen. Man ist zwar kräftig im Verzug beim Bau der Maschine, doch laut Vertrag muss Deutschland 2008 bereits 170 Millionen der insgesamt (bislang geplanten) 8,8 Milliarden Euro »abdrücken«.

Doch damit ist die Luftwaffe noch nicht am Ende ihrer Erneuerung. Nach wie vor verschlingt der »Eurofighter« Unsummen – 1,015 Milliarden sind für 2008 bilanziert. Natürlich steht die Marine den Kameraden nicht nach. Nachdem alle fünf Korvetten vom Stapel gelaufen sind, macht man sich an die Modernisierung der Fregatten. Der Typ 125 ist aufgerufen. Kosten im kommenden Jahr: 70 Millionen. Rest über die Jahre: 2,6 Milliarden.

Ein Thema ist die Steigerung der Attraktivität des Soldatenberufes. Beförderungsmöglichkeiten sollen locken. Beispielsweise zum Kommando Spezialkräfte. Der Elite will man 391 Planstellen für »Kommandofeldwebel« gönnen.

Ein großer Brocken sind auch die diversen Verpflichtungen, die Deutschland im NATO-Verbund zu erfüllen hat. Angefangen bei der Mitarbeit in Stäben bis hin zur Modernisierung des AWACS-Systems. Die steht auf dem Plan, obwohl man nach dem Ende des Kalten Krieges für die im Grundgesetz vermerkte Landesverteidigung kein Frühwarnsystem mehr braucht. Doch derartige Betrachtungen sind der Regierung fremd. Gesine Lötzsch, Haushaltsexpertin der LINKEN, hat nachgefragt, wie viele Rüstungsprojekte, die mehr als 25 Millionen Euro teuer sind, nach dem Wegfall der Blockkonfrontation gestoppt wurden. Antwort: keines.

Umso mehr sehen sich die Linken in der Verantwortung, Einsparmöglichkeiten vorzuschlagen. Die schrieben sie in einen Antrag, versehen mit zahlreichen Abrüstungs- und damit vertrauensbildenden Ideen. Man stellte neben der Wehrpflicht vor allem diverse Forschungs- und Entwicklungsvorhaben infrage. Und dabei steht man bisweilen gar nicht allein auf weiter Flur. Beim Thema MEADS beispielsweise. Auch die FDP will die Beteiligung an dem US-geführten Raktenabwehrsystem sofort beenden. Die Kosten stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen des Systems für Soldaten wie Bevölkerung. Dem kann man sicher folgen – auch wenn niemand so recht sagen kann, was MEADS unterm Strich überhaupt kosten soll. Die Schätzungen reichen von 3,84 bis zu 12 Milliarden Euro.

KPSF und weiteres

Angesichts geringer Finanzspielräume müssen Abgeordnete den Finger auf jede Position legen. Auch auf die, die als KPSF benannt ist. Die vier Buchstaben tauchen in der Rubrik Ersatzbeschaffung des Bundeskriminalamtes auf.
KPSF ist vermutlich etwas Fahrbares. Eine Blitzumfrage unter Abgeordneten, was wohl ein (eine?) KPSF ist, endete nur im allgemeinen Schulterzucken. Da aber das BKA und unsere innere Sicherheit wichtig sind, ist es der-die-das KPSF sicher auch. Übrigens: Obwohl der Bund insgesamt Stellen einspart, liest man: »Ausgenommen ... sind Organe der Rechtspflege, die Planstellen der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten bei der Bundespolizei, beim Bundeskriminalamt ... im Grenzzolldienst, im Zollfahndungsdienst, beim Zollkriminalamt ...« hei.



* Aus: Neues Deutschland, 29. November 2007


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