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BUNDESWEHR IM AUSLAND: Sehr robust

Von Michael Roeder *

In diesen Septembertagen war Afghanistan wieder ein wichtiges Thema in Deutschland (Stichworte: Tanklasterbombardierung, Al- Qaida-Drohungen). Es war eine rot-grüne Regierung, die im Dezember 2001 die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt hat, um – wie es hieß – »Deutschlands Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen«. Acht Jahre später – am 4. September 2009 – führen deutsche Soldaten den Tod einer Vielzahl von afghanischen Zivilisten herbei, um »erheblichen Gefahren für die eigene Sicherheit zuvorzukommen«. Und kurz darauf – am 19. September – bedroht Al Qaida die Sicherheit in Deutschland, falls die Bundeswehr nicht nach den Bundestagswahlen abgezogen wird. Natürlich verlangen jetzt verschiedene Politiker, Militärs und Journalisten eine Aufstockung der Bundeswehr in Afghanistan, um mehr Sicherheit zu schaffen, wie sie sagen.

Dieses aktuelle Beispiel, in dem es um die Schaffung von »Sicherheit« mit militärischen Mitteln geht, wirft natürlich eine Menge von Fragen auf. Eric Chauvistré konzentriert sich in seinem Buch dabei auf die folgende: Kann die Bundeswehr die ihr politisch gesetzten Ziele überhaupt erreichen? Alle anderen Gesichtspunkte, also die Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes oder die dabei verfolgten globalstrategischen Ziele, lässt er zu Gunsten der Konzentration auf diese Frage beiseite. Er untersucht die jeweiligen Aufträge des Bundestags und die Ergebnisse der deutschen Militäreinsätze im Kosovo (schon seit zehn Jahren), in Afghanistan (seit fast acht Jahren) und im Kongo (Frühjahr 2006) und schaut dabei auch auf das große Vorbild USA (vom Golfkrieg 1991 bis heute). Sein Ergebnis: Die Bilanz ist durch die Bank verheerend. Jedes Mal klafft eine gewaltige Lücke zwischen öffentlich geäußertem Ziel und Resultat. Anhand der USA zeigt er die wirtschaftlichen, menschlichen und psychischen Folgen auf. Was die BRD betrifft, so wird jetzt in den Medien auf die rasch wachsende Anzahl von traumatisierten Bundeswehrsoldaten aus dem Afghanistaneinsatz aufmerksam gemacht.

Eric Chauvistré geht jedoch weit über eine bloße Bilanzierung hinaus, indem er veranschaulicht, wie die Bundesrepublik seit 1999 mehr und mehr zu einem Staat umgebaut wird, für den es eine Selbstverständlichkeit ist, weltweit Kriege zu führen. Dazu einige wenige Beispiele aus dem Buch: Die »Verteidigungspolitischen Richtlinien« von 2003 fixieren die Umwandlung der Bundeswehr vom Instrument der Landesverteidigung zu einer Interventionsarmee.

Das »Weißbuch 2006« (also die offizielle Beschreibung der deutschen Militärpolitik) stellt einen umfassenden Katalog von globalen Sicherheitsrisiken an den Anfang, darunter u. a. Seuchen, Energiesicherheit und Globalisierung, die Anlass für weltweites militärisches Eingreifen sein können. Die dazu notwendigen »Fähigkeiten« der Bundeswehr werden derweil durch Ausweitung der Lufttransportkapazitäten und Aufrüstung der Bundesmarine hergestellt. Schon das »Europäische Weißbuch 2004« des Instituts für Sicherheitsstudien der EU in Paris entwickelte Szenarien z. B. für einen Militäreinsatz gegen einen Ölstaat im Indischen Ozean.

Des Weiteren befasst sich Eric Chauvistré mit der Gewöhnung der Deutschen an Krieg durch angeblich menschenfreundliche Gründe (Kosovo), die schleichende Ausweitung des Einsatzgebiets (Afghanistan), die Anzahl der eingesetzten Soldaten (Afghanistan), die Dauer (Kosovo und Afghanistan) und durch die Wortwahl: z. B. »friedenserzwingende Maßnahmen« oder »robuste Einsätze«, wo doch deutlich von Krieg zu sprechen ist.

Wenn man dieses Buch liest, das im Grunde genommen nur die eigentlich öffentlich zugänglichen Fakten zusammenträgt, könnte man sich beunruhigt fragen: Wieso hört man von all dem so wenig in den deutschen Medien? Ganz zu schweigen von den allermeisten Politikern?

Eric Chauvistré: Wir Gutkrieger. Warum die Bundeswehr im Ausland scheitern wird. Campus. Frankfurt am Main. 188 S., geb., 17,90 EUR

* Aus: Neues Deutschland - Beilage zur Frankfurter Buchmesse, 14. bis 18. Oktober 2009


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