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Mangel an sauberem Wasser

Welthungerhilfe stellte Jahresbericht 2010 vor

Von Antje Stiebitz *

Die Welthungerhilfe warnte am Dienstag (21. Juni) in Berlin vor der weltweit zunehmenden Wasserknappheit. 900 Millionen Menschen mangelt es jetzt bereits an sauberem Wasser.

Das Thema Wasserknappheit müsse »einen Spitzenplatz« auf der politischen Agenda bekommen, forderte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, gestern bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin. Die Zahlen der Hilfsorganisation sind alarmierend: Mehr als 30 Länder leben mit der ständigen Bedrohung, dass das Wasser knapp wird. 900 Millionen Menschen mangelt es an sauberem Wasser. In den betroffenen Gegenden gehen 80 Prozent aller Krankheiten auf verunreinigtes Trinkwasser zurück.

Als Ursachen für die Wasserknappheit nannte die Präsidentin der Hilfsorganisation die ansteigende Weltbevölkerung und den Wandel der Lebensgewohnheiten. »Im vergangenen Jahrhundert hat sich die Weltbevölkerung verdreifacht, der Wasserverbrauch jedoch versechsfacht«, so Dieckmann. Nach Angaben der UN sei zu befürchten, dass bis 2025 drei Milliarden der bis dahin 8,5 Milliarden Menschen unter einem Mangel an Wasser leiden werden. Die Resolution der UNO über das Recht aller Menschen auf Zugang zu sauberem Wasser müsse sich endlich in den Rechtsordungen der einzelnen Staaten wiederfinden, forderte sie.

An einem Beispiel aus Kenia demonstriert Dieckmann, wie bereits kleine Projekte die Wasserversorgung der Bevölkerung sichern können. In einer kleinen Gemeinde mit 834 Massai-Nomaden wurde ein Felsregenfang gebaut. Der nur im Mai und Dezember fallende Regen wird durch eine Staumauer aufgefangen und in Tanks weitergeleitet. Gegen ein kleines Entgelt – mit dem die Anlage in Stand gehalten wird – erhalten die Menschen das lebensnotwendige Wasser. 30 solcher Felsregenfänge habe die Welthungerhilfe in Kenia gebaut. »Oft handelt es sich noch um viel kleinere Projekte, wenn etwa Regenwasser des Schuldachs in Tonnen gesammelt wird«, erklärte Dieckmann. In Kenia profitierten davon 578 000 Menschen. Weltweit führe die Hilfsorganisation 21 Projekte im Wassersektor durch.

* Aus: Neues Deutschland, 22. Juni 2011

Weitere Informationen

Zum Jahresbericht der Welthungerhilfe geht es hier:
www.welthungerhilfe.de [pdf-Datei, externer Link!].

Informationen zum Thema Wasser

Stadt, Land, Fluss: Ein verantwortungsvoller Umgang mit Wasserressourcen ist nötig **

Ob in der Stadt oder auf dem Land: In Deutschland kommt immer sauberes Wasser aus dem Wasserhahn - frei von Bakterien und kontrolliert nach der staatlich verordneten Trinkwassernorm. Den Luxus hat nicht jeder: 900 Millionen Menschen weltweit haben noch immer keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Mehr als 30 Länder sind laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) vom Wassermangel bedroht, 80 Prozent der Krankheiten dort gehen auf verschmutztes Trinkwasser zurück.

Einen rascher Ausweg aus dieser Situation ist nicht in Sicht: Die Wasserinfrastruktur in Entwicklungs- und Schwellenländern ist – wenn überhaupt – nur rudimentär vorhanden. Zudem verfügen viele Haushalte nicht über sanitäre Einrichtungen. Gerade in den Metropolen der Entwicklungsländer könnte sich die Wasserbilanz weiter verschlechtern: Die Industrialisierung, eine Zunahme der Stadtbevölkerung und der Klimawandel lassen den Bedarf an sauberem Trinkwasser steigen, gleichzeitig vervielfacht sich die Abwassermenge. Bei einer stetig wachsenden Bevölkerung kommen Regierungen und internationale Organisationen mit der Installation von Wasser- und Toilettenanschlüssen nicht nach.

Das Problem der Städte beginnt auf dem Land

Unter dem Motto "Wasser für Städte: Antworten auf urbane Herausforderungen" macht der Weltwassertag deshalb auf den Missstand in Städten aufmerksam. Dabei geht es sowohl um Wasserknappheit als auch um Wasserverschwendung.

Auch die Welthungerhilfe ruft am Weltwassertag zum bewussten Umgang mit der Ressource auf. Allerdings lenkt sie den Blick auf die ländlichen Regionen, in denen die Wasserversorgung noch schlechter ist als in den Metropolen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation leben weltweit acht von zehn Menschen auf dem Land – das sind rund 780 Millionen – ohne Zugang zu Trinkwasser. In der Hoffnung auf ein besseres Leben fliehen viele in die Städte.

Der Ansturm wiederum führt dazu, dass sich die ohnehin schlechte Wasserversorgung dort weiter verschlechtert. Um dieses Problem einzudämmen, muss also zunächst im ländlichen Raum investiert werden. Denn nur bessere Lebensbedingungen für die Landbevölkerung können die Landflucht eindämmen. Ohne den Bevölkerungszustrom vom Land werden die Belastungen für die Städte sinken – und damit wäre die Voraussetzung für ein effizientes Wassermanagement gegeben.


Wasserknappheit: Mancher Schatz bleibt verloren **

Experten prophezeien, dass bis zum Jahr 2050 60 Länder unter Wasserknappheit leiden werden. Bereits heute lebt fast jeder Fünfte weltweit in einer Region ohne ausreichend Wasser - das heißt, ihm stehen kaum drei Liter Wasser pro Tag zur Verfügung. Dies muss für alle Belange des täglichen Lebens wie Trinken, Körperpflege, Kochen oder die Feldbewässerung reichen. Ein Vollbad, für das mit einem Mal 100 bis 140 Liter Wasser verbraucht werden, ist unter diesen Umständen undenkbar.

Warum sind Entwicklungs- und Schwellenländer besonders betroffen?

Entwicklungs- und Schwellenländer sind am häufigsten von Wasserknappheit betroffen - oft schon aufgrund ihrer geografischen Lage. Verschmutzung, Verschwendung und Missmanagement der Wasserressourcen verschärfen das Problem noch. Über 75 Prozent der weltweiten Ressourcen werden in der Landwirtschaft gebraucht. In Entwicklungs- und Schwellenländern, die einen hohen Anteil landwirtschaftlicher Produktion leisten, sind es sogar bis zu 90 Prozent. Die schnell wachsende Weltbevölkerung erhöht zunehmend den Druck auf die knappen Ressourcen, weil mehr Trinkwasser, mehr landwirtschaftlich produzierte Nahrungsmittel und mehr Energie gebraucht werden.

Nur etwa drei Prozent des Wassers auf der Erde sind genießbares Süßwasser. Davon sind wiederum etwa 70 Prozent in Eis gefangen, knapp 30 Prozent als Grundwasser gespeichert und nur ein verschwindend geringer Teil als Oberflächenwasser wie Flüsse und Seen vorhanden. Dieser kleine Teil des Oberflächenwassers ist jedoch das Wasser, das am meisten zum täglichen Bedarf genutzt wird. Verknappung des Oberflächenwassers z.B. durch Dürren oder dessen Verschmutzung bedroht demnach die Menschen, die es zum täglichen Überleben brauchen.

Was hat das mit uns zu tun?

Betrachtet man die gesamten Resourcen der Welt, ist ausreichend Wasser vorhanden. Die Verteilung des lebensnotwendigen Nass ist jedoch äußerst ungleich. Die Industriestaaten haben größtenteils ausreichend Wasser zur Verfügung und können dank vorhandener Speicherkapazität auch trockene Phasen überbrücken. Trotzdem nehmen auch sie gehörigen Einfluss auf die Wassersituation anderer Länder. Zum einen führen veränderte Ernährungsgewohnheiten dazu, dass mehr Wasser für die Produktion von Nahrungsmitteln verwendet wird. So verbraucht die Produktion von Fleisch bis zu zehnmal mehr Wasser als die Produktion von Getreide, beispielsweise bis zu 15.000 Liter für die Produktion eines Kilogramm Rindfleischs bei Getreidefütterung.

Leere Grundwasserspeicher bleiben verloren

Nach wie vor gelten die jährlichen Niederschläge als die wesentlichen Speicherfüller der Trinkwasservorräte – trotz steigender Bevölkerung und wachsendem Nahrungsmittelbedarf. Regenwasser kann jedoch nur dort Grundwasserspeicher auffüllen, wo es versickern kann. In vielen Städten ist dies nicht der Fall. Manche tief liegenden Grundwasserflüsse können gar nicht durch Regenwasser aufgefüllt werden. Man nennt sie fossiles Grundwasser. Sind diese Bodenschätze ausgepumpt, bleiben sie verloren.

Fallende Grundwasserspiegel und Verschmutzung von Oberflächen- und Grundwasser sind auch in den mit Wasser gesegneten Gebieten keine Seltenheit. So sind beispielsweise die einst riesigen Bestände des Ogallala-Speichers, unterhalb der Great Plains, bereits bedrohlich geschrumpft. Dieser größte fossile Grundwasservorrat der USA dient ein paar tausend Farmern zum Anbau von Futtermittel-Getreide.

** Quelle: Website der Welthungerhilfe, Themenspezial Wasser; www.welthungerhilfe.de




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