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Manöver und Sprotten-Symmetrie

Ukrainischer Präsident beschwört "große Gefahr" eines russischen Einmarsches

Von Klaus Joachim Herrmann *

Jede Minute werde alles für die Rückkehr der Krim zur Ukraine getan, versicherte deren Präsident Petro Poroschenko am Freitag vor Journalisten. Dies aber sei die »allerschwierigste Aufgabe« und nicht innerhalb eines Jahres zu lösen. Ein Jahr aber war jener Zeitrahmen, den seine Botschaft an die Nation vom Vortag für die Bewältigung erstrangiger Probleme gesetzt hatte. Zur Bekräftigung der russischen Zugehörigkeit der Halbinsel paradierten vormittags Kosaken durch die Krim-Hauptstadt Simferopol.

Vor nicht weniger als der »beispiellos großen Gefahr eines russischen Einmarsches« warnte Poroschenko. Deshalb seien im Kriegsgebiet mehr als 50 000 ukrainische Soldaten stationiert und würden die Rüstungsbetriebe der Ukraine im Dreischichtsystem arbeiten. Der Präsident bekräftigte seine Forderungen nach UN-Friedenstruppen. Noch während der Pressekonferenz in Kiew wies Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau den Vorwurf einer russischen Gefahr zurück.

Einen militärischen Teilerfolg konnte Oberbefehlshaber Poroschenko aber melden. So sei die seit Mittwoch im Donezker Gebiet umkämpfte Siedlung Marjinka wieder in der Hand der ukrainischen Streitkräfte und »vollständig von Diversanten gesäubert«. Die Ortschaft sei von »500 bis 1000 Kämpfern« angegriffen worden. Die Agentur UNIAN bestätigte, dass »angesichts der Bedrohung des Lebens ukrainischer Militärangehöriger und der friedlichen Bevölkerung Artillerie eingesetzt wurde, die gemäß der Minsker Vereinbarung abgezogen worden war«. Insgesamt seien 80 Aufständische und am Mittwoch fünf Kämpfer der Armee getötet worden. Angesichts dieses seit Monaten blutigsten Waffenganges im Krisengebiet war der Sicherheitsrat für Freitag zu einer Sondersitzung einberufen worden.

Wie die Aufständischen ihrerseits die ukrainischen Einheiten der ersten Angriffe mit schweren Waffen beschuldigten, so wies Moskau auch Angaben über einen angeblichen Truppenaufmarsch zurück. Das Verteidigungsministerium in Moskau erinnerte Washington und Brüssel süffisant daran, »dass die Übungsgelände Aschuluk und Kapustin Jar fast 800 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt sind. Und Pemboi liegt sogar im Hohen Norden Russlands, knapp 3000 Kilometer von Donezk entfernt.« NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte zuvor im Washingtoner Zentrum für strategische und internationale Studien gewarnt: »Die Russen nutzen ihre Übungen, um ihre Truppen zur ukrainischen Grenze massiv zu verlegen, um sie dann zur Unterstützung der Separatisten in die Ukraine einzuschleusen.«

Duma-Vorsitzender Sergej Naryschkin verwies unmittelbar vor der G7-Tagung gegenüber der Moskauer Zeitung »Iswestija« auf eine weitere Informations- und Propaganda-Kampagne gegen sein Land. Die sei auf Verhängung weiterer Sanktionen gezielt. Es werde der Eindruck erweckt, die Russen seien »gleichzeitig Hegemonisten, Barbaren und Imperialisten«. Das liberale Internetportal Gaseta.ru, erwartet jedenfalls kein Milderung der Sanktionen. Es erinnerte an die Warnung des russischen Premiers Dmitri Medwedjew, auf eine Verschärfung werde es eine »symmetrische Antwort« geben.

Es werde aber befürchtet, so das Portal, diese Antwort könne die eigenen Verbraucher treffen. So habe die russische Lebensmittelaufsicht am Donnerstag die Einfuhr von Fischkonserven aus Lettland und Estland verfügt, einschließlich der bei den Russen höchst beliebten Sprotten - »Symbol der sowjetischen Festtafel, dann Symbol der Abspaltung des Baltikums von der Union«.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 6. Juni 2015


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