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Nach der Katastrophe Streit um die Schuld

Bergungsarbeiten nach Absturz des malaysischen Flugzeuges / Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates einberufen

Von Klaus Joachim Herrmann *

Der Absturz der Boeing 777 der Malaysia Airlines auf ihrem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur über der Ukraine löste weltweit Entsetzen, Spekulationen und sofortige Schuldzuweisungen aus.

Die Bergungsarbeiten wurden am Freitag im ostukrainischen Gebiet Donezk fortgesetzt. Die Linienmaschine war hier am Vorabend auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur in einem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet bei Donezk aus zehn Kilometern Höhe abgestürzt.

Nach Angaben der Fluggesellschaft waren 298 Menschen an Bord von Flug MH17, darunter 154 Niederländer, 43 Malaysier, 27 Australier 23 Malaysier, 11 Indonesier, 9 Briten, 5 Belgier, 3 Philippiner und ein Kanadier. Von anderen Passagieren stand die Nationalität noch nicht fest. Bestätigt wurde, dass auch vier Deutsche unter den Opfern seien.

Nach dem Absturz kamen die Politiker. Dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko war die russische Schuld sofort klar: »Die ganze Welt hat das wahre Gesicht des Aggressors gesehen.« Sein Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sekundierte: »Die Russen sind zu weit gegangen.« In New York sollte der UN-Sicherheitsrat zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Washington sah eine Mitverantwortung Russlands für die Tragödie: »Der Vorfall ereignete sich im Kontext einer Krise in der Ukraine, die von russischer Unterstützung für die Separatisten mit Waffen, Material und Ausbildung angeheizt wird«, erklärte das Weiße Haus. Zitiert wurden aber auch Stimmen, dass man »keinen russisch autorisierten Abschuss« vermute.

Doch wurden umgehend Forderungen laut, die Sanktionsschraube stärker anzuziehen. Der republikanische Senator John McCain forderte, Russland und die Separatisten müssten dafür bezahlen, sollte die Spur zu ihnen führen. Präsident Barack Obama sagte aber auch zu, eine »glaubwürdige und ungehinderte« Untersuchung zu unterstützen. Dafür trat ebenso Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. Sie nannte eine Debatte über Sanktionen »vielleicht etwas voreilig«.

Eine Waffenruhe lehnte der Chef der »Volksrepublik Donezk«, Alexander Borodaj, zwar ab, versprach aber Zugang zur Absturzstelle für unabhängige Experten. »Wir fassen dort nichts an«, sagte er. Die Separatisten hätten »sicheren Zugang und Sicherheitsgarantien für die nationale Untersuchung sowie für internationale Ermittler« zugesagt, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach einer Videokonferenz der Ukraine-Kontaktgruppe mit, der auch Kiew, Moskau und die Aufständischen angehören.

Malaysia kündigte an, die Bergungsarbeiten in der Ostukraine mit 62 Helfern zu unterstützen. Ein Team britischer Polizisten soll bei der Bergung von Leichen aus dem Wrack des Passagierjets helfen. Auch Spezialisten zur Untersuchung von Luftfahrt-Unglücken halten sich bereit.

Als Reaktion auf die Katastrophe wurde der Luftraum über der Ostukraine für Linienmaschinen gesperrt. Bis Donnerstagabend war unter anderem noch die Lufthansa über das Gebiet geflogen. Die Bundeswehr sagte ihre Flüge über die Ukraine ab sofort ab. Das führt zu Verzögerungen bei der Ablösung von deutschen Soldaten in Afghanistan.

Ukrainische Rettungskräfte hätten zwei Flugschreiber sichergestellt, hieß es unterdessen am frühen Freitagnachmittag. Die ukrainische Führung hatte zuvor den Verdacht geäußert, diese könnten nach Moskau gelangen.

»Wir haben nicht vor, die Flugschreiber entgegenzunehmen und damit gegen internationale Regeln zu verstoßen«, erwiderte der russische Außenminister Sergej Lawrow.

Von den wegen des Konflikts in der Ukraine über den NATO-Staaten Polen und Rumänien patrouillierenden AWACS-Aufklärungsflugzeugen befanden sich nach Angaben des NATO-Vertreters zum Zeitpunkt des Absturzes zwei Maschinen in der Luft. Die Aufzeichnungen der beiden Flugzeuge werde nun ausgewertet.

Auch nach der Katastrophe lieferten sich Regierungstruppen und prorussische Separatisten heftige Gefechte. Bei Kämpfen in Lugansk seien allein am Freitag mehr als 20 Zivilisten getötet worden, hieß es. Nahe der Stadt brannte nach Artilleriebeschuss eine Raffinerie.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 19. Juli 2014


Kosaken mit Fla-Raketen?

Zum Abschuss von MH 17 gibt es mehr Gerüchte und Lügen als gesicherte Fakten

Von René Heilig **


Sicher ist: Die Maschine liegt in relativ kleine Teile zerlegt auf ostukrainischem Boden. Niemand überlebte. Alle anderen Informationen stützen sich bestenfalls auf Vermutungen, Ahnungen, logische Verknüpfungen und viele zum Teil dümmliche Propagandalügen. Man kennt das ansatzweise von der Berichterstattung über Flug MH 370. Eine baugleiche Boeing 777 derselben Malaysia Airlines verschwand am 8. März 2014 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking. Warum? Der Stand der Aufklärung kann erfolgloser nicht sein.

Doch anders als auf den relativ unbeobachteten nächtlichen Ozean schauen derzeit viele technisch hochgerüstete Mächte auf das ukrainisch-russische Grenzgebiet, von dessen Taghimmel Flug MH 17 geholt wurde. Die elektronische Aufklärung ist dort so dicht und vielgestaltig wie in kaum einem anderen Gebiet der Erde – bodengestützt, durch AWACS- und andere Frühwarnflugzeuge gestützt, DEL-Satelliten der USA und die anderer Nationen können punktgenau Startorte ermitteln. Flugschreiber und Stimmenrekorder geben Auskunft. Man muss schauen, ob die kleinen Löcher in der Boeing-Beplankung von Raketenschrapnells stammen.

Erstaunlich schnell kamen nämlich Meldungen auf, dass die Boeing von der Rakete eines Flugabwehr-Komplexes »Buk« (Buche) getroffen worden sein könnte. Die NATO führt ihn unter der Bezeichnung SA-11 »Gadfly«. Die mit Feststofftriebwerken ausgestatteten radargesteuerten Raketen dienen zur Abwehr von Hubschraubern, Flugzeugen, Raketen und Marschflugkörpern.

Der Buk-Komplex wurde in den frühen 80er Jahren in die Bewaffnung der Sowjetarmee eingeführt. Moskau hat sie im Bestand, Kiew soll über rund 60 Systeme verfügen. Seit dem Frühjahr kursieren im Internet Videos, die auf »Kiewer« Seite unweit der Grenze zu Russland aufgenommen worden sein sollen. Darin sind mehrere Buk-Batterien samt Tross zu sehen. Deren Stationierung im grenznahen Raum ergibt Sinn; die mobilen Systeme schrecken ab. Während des Fünf-Tage-Krieges zwischen Russland und Georgien war so ein russischer Kampfjet abgeschossen worden.

Die Buk-Rampen sind im Komplex oder autonom einsetzbar. Im letzten Fall ist die Möglichkeit zur Aufklärung eines Ziels zwar beschnitten, doch die (von Kiew angedeutete) Verwechslung einer Boeing in 10 000 Metern Reiseflughöhe mit einem Transportflugzeug der ukrainischen Luftwaffe setzt schon extreme Unfähigkeit voraus. Doch scheint es zu weit hergeholt, dass – wie in einem vom Kiewer Geheimdienst SBU angeblich abgehörten Gespräch – eine Kosakeneinheit aus der Nähe des Dorfes Tschornuchin, rund 80 Kilometer nordwestlich von Donezk, die Rakete gegen die malaysische Boeing gestartet haben sollen.

** Aus: neues deutschland, Samstag, 19. Juli 2014




»Dummes Zeug« und lauter Spekulationen

Russland weist alle Verantwortung für den Absturz von MH17 weit von sich / Unabhängige internationale Kommission soll ermitteln

Von Irina Wolkowa, Moskau ***


Als »dummes Zeug« tadelte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin westliche Vorwürfe, Russland trage die Verantwortung für den Absturz der malaysischen Passagiermaschine in der Ostukraine.

Die USA betrieben in letzter Zeit eine »extrem unkonstruktive Politik«, kritisierte Putins Sprecher Dmitri Peskow in einem Interview für den britischen »Guardian«, ihr Vorgehen sei unberechenbar. Weitere Erklärungen des Kreml-Pressedienstes zu diesem Thema werde es daher nicht geben.

Die Katastrophe, hatte Putin selbst zuvor gesagt, beweise aufs Neue die Notwendigkeit einer schnellen Friedenslösung. Der Präsident hatte seinen USA-Kollegen Barack Obama Donnerstagabend, unmittelbar nachdem er über das Drama informiert worden war, angerufen. Er fordert eine »peinlich genaue und objektive Untersuchung«.

Das »Zwischenstaatliche Luftfahrtkomitee« MAK, das in Russland alle Flugzeugkatastrophen mit Beteiligung anderer Staaten untersucht, will den Fall an eine unabhängige internationale Kommission abgeben, die unter Federführung des internationalen Dachverbandes der Fluggesellschaften IATA tätig werden soll.

Staatsnahe russische Experten sehen das ukrainische Militär als Verursacher der Tragödie. Die Boeing 777 verschwand etwa zehn Flugminuten von der russischen Grenze entfernt vom Radar. Das wären bei einer Reisegeschwindigkeit von 900 Kilometern pro Stunde gute 150 Kilometer. Die Frontlinie indes verläuft derzeit maximal 50 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Dass die Trümmer der Unglücksmaschine dennoch über dem von den Separatisten kontrollierten grenznahen Gebiet niedergingen, wäre mit der Trägheit der Masse zu erklären.

Mangelnde Professionalität der ukrainischen Luftabwehr, glaubt daher der Chefredakteur des Fachmagazins »Nazionalnaja Oborona« (Nationale Verteidigung), Igor Korotschenko, habe bei einer Überprüfung der Gefechtsbereitschaft zum Fehlstart einer Boden-Luft-Rakete des Typs Buk geführt, und die habe den Passagierjet getroffen. Buk sei »das einzige System, das für die Zerstörung von Zielen in solchen Höhen geeignet ist«.

Die ukrainischen Militärs hätten in großer Höhe ein Objekt geortet, es für ein russisches Spionageflugzeug gehalten und abgeschossen, mutmaßte dagegen ein Vertreter der »Donezker Volksrepublik« im russischen Nachrichtenkanal Rossija 24.

Kiew hatte bereits vor Tagen für die umkämpften Gebiete ein Flugverbot verhängt, die IACO hatte den Flug der MH17 über das Kriegsgebiet dennoch genehmigt. Die russische Aeroflot fliegt seit Donnerstagabend Ziele in der Ukraine nicht mehr an und meidet auch deren Luftraum. Mehrere andere russische Airlines schlossen sich dem inzwischen an.

Nach Erkenntnissen des Moskauer Verteidigungsministeriums hat die ukrainische Armee im Raum Donezk insgesamt 27 Raketensysteme vom Typ Buk in Stellung gebracht. Zwar hatten die Separatisten diese Woche ein ukrainisches Militärdepot erobert, nach eigenen Angaben dabei jedoch keine Buk-Raketen erbeutet. Das bestätigte auch die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft. Sie vermutet jedoch, Moskau habe die Milizen mit entsprechendem Gerät beliefert.

Die alleinige Verantwortung liege bei den Separatisten, sagte Politikwissenschaftler Igor Bunin vom Moskauer Zentrum für politische Technologien bei Radio »Echo Moskwy«. Wie sich die Lage weiter entwickelt, hänge dennoch vor allem von der Position der russischen Führung ab.

*** Aus: neues deutschland, Samstag, 19. Juli 2014


Sorge um Frieden

Mutmaßlicher Abschuß einer Passagiermaschine über der Ostukraine löst weltweit Unruhe aus. Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats

Von Arnold Schölzel ****


Die Eskalation im Ukraine-Konflikt nach dem mutmaßlichen Abschuß einer malaysischen Passagiermaschine löste am Freitag weltweit Besorgnis aus. Der UN-Sicherheitsrat trat in New York zu einer Sondersitzung zusammen und forderte eine umfassende und unabhängige internationale Untersuchung des Absturzes. Etwa 30 Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) trafen nach deren Angaben per Hubschrauber am Ort des Absturzes ein.

Alle 298 Menschen an Bord der Malaysia-Airlines-Boeing waren am Donnerstag ums Leben gekommen. Unter ihnen waren 173 Niederländer und vier Deutsche.

Die am Krieg in der Ukraine beteiligten Seiten, insbesondere die USA und Kiew, verstärkten ihre antirussische Propaganda. Washington ließ über den Sender CNN verlauten, US-Geheimdienste gingen nach Auswertung von Satellitenaufnahmen davon aus, daß »prorussische Separatisten« eine Boden-Luft-Rakete abgefeuert hätten. US-Vizepräsident Joseph Biden hatte bereits wenige Stunden nach der Katastrophe in Detroit öffentlich erklärt, der Absturz sei »kein Unfall«, die Maschine sei »vom Himmel geholt worden«. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sprach von einem »terroristischen Akt« und rief die internationale Gemeinschaft zum Schutz vor dem »Aggressor« Rußland auf. Die prowestliche Führung der Ukraine teilte zudem mit, die Separatisten hätten keine Raketenflugabwehrsysteme vom Typ »Buk« für den Abschuß von Flugzeugen in ihrem Besitz. Aus Sicht der Ukraine führt die Spur deshalb nach Rußland. Poroschenko hatte den Aufständischen in der Ostukraine zunächst vorgeworfen, die Boeing mit einer Rakete getroffen zu haben. Das in den 80er Jahren von der sowjetischen Militärindustrie entwickelte Lenkwaffensystem »Buk« (Buche) kann Ziele in Höhen bis zu 25000 Metern treffen. Die Rebellen dementierten, für den Absturz der Boeing verantwortlich zu sein. Sie kündigten eine zwei- bis viertägige Waffenruhe zur Untersuchung der Ursache an. Die Feuerpause sollte bei Konsultationen der internationalen Kontaktgruppe Freitag mittag vereinbart werden. Zu diesem Gremium gehören Vertreter der Ukraine, Rußlands und der OSZE.

Russische und westliche Radar- und Satellitensysteme dürften nach Expertenansicht relativ genau feststellen können, von wo in der Konfliktregion eine Boden-Luft-Rakete abgefeuert wurde. Nach Meinung von US-Fachleuten wurde die Passagiermaschine von einer hochkomplexen Waffe abgeschossen. Das berichtete die Zeitung Wall Street Journal am Freitag. Tragbare Raketen, die von der Schulter abgefeuert werden, reichten nicht aus, um ein Verkehrsflugzeug in 10000 Metern Höhe zu treffen. Das russische Verteidigungsministerium hat nach einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA zum Zeitpunkt des Absturzes Radaraktivitäten einer ukrainischen Raketenstellung registriert. Dabei habe es sich um ein Raketensystem vom Typ »Buk« gehandelt.

Die zwei Flugschreiber wurden gefunden, einer davon befindet sich nach Angaben der Aufständischen in deren Händen. Die andere »Blackbox« entdeckten Rettungskräfte. Der russische Außenminister Sergej Lawrow widersprach Berichten, wonach Rußland die Flugschreiber in Moskau auswerten wolle. Experten der EU sagten in Brüssel, das Aufzeichnungsgerät sei kaum zu manipulieren.

Die Fluggesellschaft Malaysia Airlines war nicht die einzige, die den oberen Luftraum über der Ostukraine genutzt hat. »Es gab in großer Höhe eine ganze Menge Verkehr in dieser Gegend«, sagte der Manager des Routennetzwerks bei Eurocontrol, Brian Flynn, am Freitag gegenüber dpa. Die Ukraine hatte am 1. Juli den Luftraum bis zu einer Höhe von 32000 Fuß (gut 9750 Meter) gesperrt. Der Flug MH017 befand sich auf 33000 Fuß, also 305 Meter höher. Etwa 75 Prozent aller normalerweise über die Ostukraine führenden Flüge fanden auch nach der Sperrung des Luftraums in größerer Höhe statt.

US-Präsident Barack Obama forderte eine internationale Untersuchung der Ursache für den Absturz über der von Rebellen kontrollierten Region in der Ostukraine. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), die EU und die NATO verlangten, daß internationale Experten hinzugezogen werden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht das Verhältnis der Bundesrepublik zu Rußland derzeit als belastet an. »In dieser Partnerschaft gibt es im Augenblick schwerste unterschiedliche Meinungen«, erklärte sie in Berlin auf einer Pressekonferenz. Rußlands Präsident Wladimir Putin gab der Ukraine indirekt die Schuld. Die schreckliche Tragödie wäre nicht passiert, wenn es in der Ostukraine keinen Krieg gebe. Er hatte bereits kurz nach Bekanntwerden des Absturzes mit Obama telefoniert. Am Freitag rief Putin zu einer allgemeinen Waffenruhe in der Ukraine auf.

**** Aus: junge Welt, Samstag, 19. Juli 2014


Wendepunkt

Klaus Joachim Herrmann über Frieden für die Ukraine *****

Hunderte Menschen haben im Kampfgebiet eines Konfliktes, mit dem sie aber auch gar nichts zu tun hatten, in einem abstürzenden Flugzeug den Tod gefunden. Diese brutale Vernichtung von Leben bringt einen niemals zu bemessenden Schmerz. Das könnte der traurigste und ein vielleicht letzter Anstoß sein, mit dem Morden in der Ukraine endlich innezuhalten.

Dies sollte in jedem Falle gelten, unabhängig davon, was, wer und welche Umstände auch immer die Katastrophe verursacht haben. Schon aus einfachstem menschlichen Anstand muss alles zur Aufklärung getan werden. Die Waffen müssen schweigen, damit dies ungehindert und unabhängig geschehen kann.

Schweigen sollten auch gewissenlose Scharfmacher. Die benennen Schuldige nach eigenen schwarzen Listen. Das begann, kaum dass das Flugzeug am Boden zerschellt war. Derart eilige Zuweisungen fügen dem Entsetzen über den Tod von 298 Menschen die Abscheu hinzu, dass noch die Opfer in zynischem Triumph für eigene Ziele missbraucht werden. Geklärt werden muss unparteiisch, ungehindert und professionell, wie und aus wessen Verschulden Malaysia in kurzer Zeit eine zweite zivile Maschine verlor: technisches Versagen, Zufall, Versehen oder gezielter Abschuss, Provokation, Terrorismus?

Der ukrainische Krieg ist am Wendepunkt. Entsetzen, Betroffenheit und immer mehr Menschen, die »Genug!« sagen, müssen alle Beteiligten in Verhandlungen zwingen. Es wäre menschenverachtend und tödlich, sie einfach weitermachen zu lassen.

***** Aus: neues deutschland, Samstag, 19. Juli 2014 (Kommentar)


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