Foltern auf Biegen und Brechen
Neueste Enthüllungen über die Praxis des CIA und privater Sicherheitsfirmen im "Krieg gegen den Terror". Artikel und Kommentare
CIA-Verhöre mit Bohrmaschine
Söldner-Firma Blackwater transportierte Terrorverdächtige in geheime Gefangenenlager
Von Olaf Standke *
Am Wochenende wurden neue Einzelheiten der CIA-Folterpraxis und der verdeckten Kooperation des Geheimdienstes mit der Söldner-Firma Blackwater bekannt. Heute muss aufgrund einer Klage der Bürgerrechtsorganisation ACLU ein – allerdings redigierter – Geheimbericht zu den Vorgängen veröffentlicht werden.
Kaum ein Tag ohne neue Enthüllungen über die rechtswidrige und menschenverachtende Praxis im sogenannten Anti-Terrorkrieg der Bush-Regierung. Wie die »Washington Post« am Sonnabend berichtete, habe die CIA nicht nur mit dem international geächteten »Waterbording«, dem simulierten Ertränken, gefoltert. Geheimdienstler hätten den mutmaßlichen Al-Qaida-Kommandeur Abdel Rahim el Nashiri auch mit einer elektrischen Bohrmaschine bedroht. Sie täuschten zudem die Hinrichtung eines Mitgefangenen vor, um Geständnisse zu erpressen. Schon 2004 hat der damalige Generalinspekteur des Dienstes in einem Geheimreport Zweifel an der »Effektivität« dieser Methoden geäußert. Trotzdem wurden sie im Rahmen eines von der Bush-Regierung erlaubten »Programms« bis 2006 fortgeführt.
Auch die Zusammenarbeit mit der inzwischen in Xe umbenannten Söldnertruppe Blackwater war intensiver als bisher bekannt. So beauftragte die CIA die Firma mit dem Transport von Terrorverdächtigen aus Guantanamo zu Verhören in geheime Gefangenenlager in Pakistan, Afghanistan und Usbekistan. Sie sollte Auftragskiller rekrutieren, um Attentate in Afghanistan zu verüben. Auf Anweisung von Vizepräsident Cheney wurde diese Operation vor dem USA-Kongress verheimlicht.
Der Aufbau der Spezialkommandos lag in der Hand des damaligen Executive Director der CIA, Alvin Bernard Krongard. Er wechselte nach seinem Ausscheiden in den Beraterstab der größten privaten Sicherheits- und Militärfirma der USA, die bisher über eine Milliarde Dollar aus Steuergeldern erhielt. Blackwater-Angehörige sind der Tötung von Zivilisten in Irak angeklagt. Sie haben im September 2007 auf dem Nissur-Platz in Bagdad ohne Grund mindestens 14 Unbewaffnete erschossen und weitere 22 verletzt.
Ex-Angestellte beschuldigten jetzt zudem Erik Prince – Milliardärssohn, christlicher Fundamentalist, ehemaliger Navy Seal und Blackwater-Gründer –, in Irak wiederholt tödliche Übergriffe von Wachmännern vertuscht und persönlich Morde angeordnet zu haben, um missliebige Zeugen zu beseitigen. In dieser Woche wird ein Bundesgericht in Alexandria (US-Bundesstaat Virginia) darüber entscheiden, ob es eine Zivilklage annimmt, die von Blackwater-Opfern angestrengt wurde.
Das Pentagon gab derweil erstmals die Namen von Häftlingen aus zwei Spezialgefängnissen in Irak und in Afghanistan an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz weiter. IKRK-Vertreter hatten bisher keinen Zugang zum USA-Stützpunkt in Balad und zum berüchtigten Bagram-Gefängnis nördlich von Kabul. Man bemühe sich nun, dem Roten Kreuz die Namen der Gefangenen »so schnell wie möglich« zu nennen, sagte am Wochenende ein Pentagon-Sprecher der »New York Times«. Aus militärischen Gründen sei dies jedoch nicht in jedem Fall möglich.
* Aus: Neues Deutschland, 24. August 2009
CIA-Gefängnis in Litauen?
Baltisches Land bestreitet Medienbericht / Neues von Blackwater **
Der US-Geheimdienst CIA soll einem Medienbericht zufolge in Litauen ein Geheimgefängnis für mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks Al Qaida betrieben haben.
Unter Berufung auf einen »ehemaligen Verantwortlichen der CIA« berichtete der
Fernsehsender ABC News, eines von weltweit insgesamt acht nach den Terroranschlägen vom 11.
September 2001 eingerichteten geheimen CIA-Gefängnissen habe sich in dem baltischen Staat
befunden. Das litauische Außenministerium wies den Bericht umgehend zurück. Die »Gerüchte« um
ein geheimes US-Gefängnis auf litauischem Territorium seien falsch, sagte am Freitag (21. Aug.) ein Ministeriumssprecher.
Dem Bericht zufolge befand sich das Gefängnis nahe der Hauptstadt Vilnius und wurde im Jahr
2005 geschlossen. In ihm wurden demnach acht Verdächtige festgehalten. Litauen habe mit der
Einwilligung für das Gefängnis die Beziehungen zu den USA verbessern wollen, berichtete ABC
News. Der Europarat hatte 2007 Polen und Rumänien vorgeworfen, zwischen 2003 und 2005 CIAGeheimgefängnisse
für Al-Qaida-Verdächtige auf ihren Gebieten zugelassen zu haben. Die
Regierungen beider Länder bestritten die Existenz derartiger Gefängnisse.
Wie jetzt bekannt wurde, lässt der Geheimdienst CIA laut einem Bericht der »New York Times«
(NYT) vom Freitag (21. Aug.) Drohnen von der umstrittenen privaten Sicherheitsfirma Blackwater mit Bomben
bestücken. Diese unbemannten ferngesteuerten Flugzeuge werden im Kampf gegen Al Qaida
eingesetzt. Die Drohnen würden auf verborgenen Basen in Pakistan und Afghanistan mit Raketen
und Hellfire-Raketen ausgerüstet, hieß es unter Berufung auf US-Regierungsbeamte sowie
ehemalige und derzeitige Firmenmitarbeiter.
Bei einem mutmaßlichen US-Raketenangriff sind im Nordwesten Pakistans in der Nacht zum Freitag (21. Aug.) mindestens 13 Menschen ums Leben gekommen. Alle Getöteten seien islamistische Kämpfer
gewesen, sagte ein Vertreter der Sicherheitsbehörden. Unter ihnen habe sich aber kein
»hochrangiges Ziel« befunden. Eine Drohne habe kurz vor 4 Uhr Ortszeit ein Haus im Bezirk Nord-
Waziristan schwer beschädigt, sagte ein weiterer Vertreter der Sicherheitsbehörden. Bei den
Bergungsarbeiten seien bislang 13 Leichen gefunden worden.
Bereits am Donnerstag (20. Aug.) hatte die NYT berichtet, dass die CIA 2004 im Rahmen eines geheimen
Programms Blackwater-Angehörige zur Jagd auf Terroristen der Al Qaida angeheuert habe.
Leitende Angestellte hätten dem Geheimdienst bei Planung, Training und Überwachung des
Programms geholfen, das jedoch trotz Ausgaben in Millionenhöhe nicht zur Festnahme oder Tötung
eines Terroristen geführt habe.
Unter dem Obama-Vorgänger Präsident George W. Bush waren von den Geheimdiensten vermehrt
Aufgaben an private Firmen vergeben worden, darunter auch die Verhöre von Gefangenen.
Blackwater, das sich inzwischen in Xe Services umbenannt hat, war für die Bush-Regierung
hauptsächlich in Irak im Personenschutz tätig. Die Firma kam unter anderem wegen einer
Schießerei im September 2007 ins Kreuzfeuer der Kritik. Dabei sollen Firmen-Angestellte wahllos
auf irakische Zivilisten gefeuert haben.
** Aus: Neues Deutschland, 22. August 2009
Drohnenangriff Nummer 52
CIA schlägt erneut in Pakistan zu. Mindestens 13 Tote. Blackwater-Söldner beteiligt ***
Bei einem US-Raketenangriff sind im Nordwesten Pakistans in der Nacht zum Freitag mindestens 13 Menschen ums Leben gekommen. Ein Vertreter pakistanischer Sicherheitsbehörden behauptete, daß alle Getöteten »islamistische Kämpfer« gewesen seien, unter denen sich allerdings kein »hochrangiges Ziel« befunden habe. Bestätigt wurde die Identität der Toten nicht. Der Angriff erfolgte kurz vor vier Uhr am Freitag morgen nahe der pakistanischen Bezirkshauptstadt Miran Shah an der Grenze zum von der NATO besetzten Afghanistan.
Die USA geben zu Drohnenangriffen auf Pakistan keine Stellungnahme ab, allein der US-Geheimdienst CIA verfügt aber in der Region über derartige Waffen. Die pakistanische Regierung kritisierte die US-Angriffe wiederholt als Mißachtung der »Souveränität des Landes«. Viele Beobachter gehen jedoch davon aus, daß Islamabad diese in den umkämpften südwestlichen Grenzgebieten zu Afghanistan hinter vorgehaltener Hand akzeptiert. Seit Anfang 2008 wurden bei bislang 52 Drohnenangriffen etwa 480 Menschen getötet.
Einem Bericht der New York Times (Donnerstagausgabe) zufolge wurden vom US-Geheimdienst CIA beauftragte Mitarbeiter des Söldnerunternehmens »Blackwater« unter anderem auch zur Installation von Laser-ferngesteuerten Hellfire-Raketen auf unbemannten Drohnen des Typs General Atomics MQ-1B »Predator« eingesetzt. Die Auswahl der Ziele und konkrete Befehle seien immer durch Mitarbeiter der CIA erfolgt, erfuhr die New York Times von ehemaligen und noch immer beschäftigten Angestellten.
Die Söldner der größten Privatarmee der Welt bereiteten jedoch den Start der Drohnen von der Basis im pakistanischen Shamsi oder einer Station im afghanischen Dschalalabad vor. Dann hätten CIA-Mitarbeiter im mehr als 11000 Kilometer entfernten Hauptquartier in Langley, Virginia, per Fernsteuerung den Angriff ausgelöst. Nur eine Handvoll CIA-Leute sei überhaupt in der jeweiligen Basis gewesen, die Hauptarbeit sei von Blackwater-Söldnern ausgeführt worden.
*** Aus: junge Welt, 22. August 2009
Obama-Helfer des Tages: Blackwater ****
Die berüchtigte US-Söldnerfirma Blackwater, von der Bush-Regierung im Rahmen des Irak-Krieges mit Milliardenaufträgen versehen, steht auch im Dienst von Präsident Barack Obama. Obwohl der Demokrat im Wahlkampf die brutalen Rambomethoden der Privatmilitärs anprangerte, arbeitet die US-Regierung weiter mit ihnen zusammen – im besetzten Irak wie im umkämpften Afghanistan. Auch die Drohnangriffe in Pakistan werden laut New York Times von Blackwater-Mitarbeitern geleitet. Erst am Donnerstag war bekanntgeworden, daß die CIA in der Bush-Ära ein Programm zur Erschießung mutmaßlicher Terrorverdächtiger an Blackwater ausgelagert hatte.
Der Publizist James Scahill (»Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt«) berichtete im kritischen US-Radioprogramm »Democray Now« über die für den Dienstleister lukrativen Verträge. Obwohl die von Washington abhängige irakische Regierung zu Jahresbeginn Blackwater die Arbeitsgenehmigung entzogen habe, seien weiter schwerbewaffnete Söldner des Unternehmens im Zweistromland unterwegs. Laut US-Außenministerium zum Schutz von amerikanischen Diplomaten und Geschäftsleuten. Bei so einem »Sicherungseinsatz« hatten Blackwater-Bedienstete im September 2007 in Bagdad wahllos 17 Zivilisten erschossen. Der neue Vertrag mit der Obama-Regierung beläuft sich den Angaben zufolge auf zwei Jahre. Auch am Hindukusch mischt Blackwater kräftig mit. Laut Scahill trainieren die Söldner im US-Regierungsauftrag unter anderem die afghanische Armee im Kampf gegen Besatzungsgegner.
Weil der Konzern unter Imageproblemen leidet, operiert er unter ständig anderen, harmlos klingenden Namen: »Xe Services«, »Paravant« oder »U. S. Training Center« etwa. ARD-Hörfunkkorrespondent Ralph Sina urteilte am Freitag: »Blackwater bleibt unter Obama, was sie bereits unter Bush wurde: die mächtigste Söldnerarmee der Welt.«
(rg)
**** Aus: junge Welt, 22. August 2009
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