Krumme Geschäfte bringen Blair in Not
Bestechungsvorwürfe gefährden Waffenhandel zwischen London und Riad
Von Mona Hülsen *
Der britische Regierungschef Tony Blair gerät in seinen letzten Wochen im Amt wegen einer
angeblichen Schmiergeld-Affäre unter Druck: Der britische Waffenkonzern BAE soll mit dem Wissen
des britischen Verteidigungsministeriums bis zu 1,5 Milliarden Euro an einen saudischen Prinzen
gezahlt haben.
Sollten die unlängst erhobenen Vorwürfe britischer Medien von Schmiergeldzahlungen in
Milliardenhöhe gegen den größten europäischen Waffenhersteller BAE Systems zutreffen, steht ein
gewaltiger Rüstungsdeal auf der Kippe. Für Rüstungskritiker des Inselstaates ist es bereits jetzt eine
ausgemachte Tatsache, dass das größte Exportgeschäft in der britischen Wirtschaftsgeschichte
dank der Unterstützung seitens der Regierung ein ebenso gewaltiges Maß an Korruption mit sich
gezogen hat. Das Jahrzehnte währende Tauschgeschäft BAE-Waffen gegen saudisches Öl wurde
1985 von der Thatcher-Regierung eingefädelt und besaß seit Anbeginn den üblen Beigeschmack
korrupter Praktiken.
Geht es nach Tony Blair, soll ein neuer Deal noch vor seiner Amtsübergabe Ende Juni mit der
Lieferung von 72 Typhoon-Eurofightern abgeschlossen werden. Wie aus Diplomatenkreisen bekannt
wurde, ging es bei dem Geheimbesuch des britischen Verteidigungsminister Des Browne in Riad am
vorletzten Wochenende im wesentlichen um den neuen 30 Milliarden Euro schweren Waffenhandel.
Neue Presseveröffentlichungen über verdeckte jahrelange Kommissionszahlungen in Gesamthöhe
von 1,5 Milliarden Euro an den saudischen Prinzen Bandar bin Sultan brachten Ende letzter Woche
das Vorläufergeschäft erneut in Verruf und lösten eine Welle heftiger Dementis und
Teileingeständnisse aus. Britischen Journalisten gegenüber erwies sich Blair in Heiligendamm als
zugeknöpft und verteidigte nochmals seine Entscheidung vom Dezember, Untersuchungen der
Antikorruptionsbehörde wegen des Rüstungsgeschäftes aus »nationalen Sicherheitserwägungen«
einzustellen.
Der mutmaßliche Hauptnutznießer der verdeckten Zahlungen Prinz Bandar bin Sultan war über 20
Jahre saudischer Botschafter in Washington DC und ist derzeit Leiter des saudischen Nationalen
Sicherheitsrates. Er gilt als enger Freund des US-Präsidenten George Bush und ist seit Jahren für
eher unkonventionelle Geldtransaktionen bekannt. Am Freitag ließ Prinz Bandar nach anfänglicher
Verweigerung einer Stellungnahme über eine Londoner Anwaltskanzlei mitteilen, er habe über
Botschaftskonten bei der Riggs Bank in Washington weder »Bestechungsgelder« noch jemals
andere unsaubere Zahlungen erhalten. Nach weiteren Beschuldigungen in den britischen Medien,
Bandar habe mit den Zahlungen unter anderem seinen Prinzenpalast in Riad aufwendig renovieren
lassen, mussten die Anwälte des Potentaten in der Nacht nachlegen. Es habe sich dabei um den
Ausbau einer offiziellen Residenz gehandelt. Bandars außergewöhnlich hohe Reisekosten
erläuterten seine Rechtsvertreter mit dienstlichen Verpflichtungen, die ausgedehnte und oft
unerwartete Reisen erforderlich gemacht hätten.
Was damit gemeint sein könnte, erklärt sich aus einer von Prinz Bandar autorisierten Biographie, in
der er freimütig seine kreativen Methoden bestätigt. Nach seinen Angaben ist er 1983 nach Rom
geflogen, um einem Priester der Vatikanbank 10 Millionen Dollar zur Unterstützung der italienischen
Christdemokraten gegen die Kommunisten zu übergeben. Dazu sei er vom Papst, Lady Thatcher
und dem damaligen CIA-Direktor Bill Casey aufgefordert worden. Bandars frühere Konten bei der
Riggs Bank sind aufgelöst. Die Bank selber ist 2005 mit einer anderen Geschäftsbank
verschmolzen, nachdem sie in heftige Kritik wegen zahlreicher Skandale geraten war. Sie hatte
unter anderem Geheimkonten für Diktatoren wie Augusto Pinochet und Teodoro Obiang aus
Äquatorial Guinea unterhalten.
* Aus: Neues Deutschland, 11. Juni 2007
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