Fox blieb auf der Strecke
Der britische Verteidigungsminister stolperte über seinen Freund Werritty
Von Ian King, London *
Mit dem Rücktritt des britischen Verteidigungsministers
Liam Fox wird
die Regierung von Premier Cameron
von einer Affäre entlastet. Fox' Nachfolger
ist der bisherige Verkehrsminister
Philip Hammond.
Britanniens Konservative lieben
die Fuchsjagd zu Pferd, über Stock
und Stein, mit Hundemeute und
Halali-Blasen; Labour verbot ihnen
das Vergnügen, aber der Sport
wird unter fadenscheinigen Vorwänden
weitergeführt. Wenn der
Fuchs jedoch Dr. Liam Fox heißt
und das Verteidigungsministerium
leitet, werden Tories nicht von
Mordlust befallen. Premier David
Cameron hielt zwei Wochen lang
an seinem rechten Flügelmann
fest, der ihm 2005 die Parteiführung
streitig gemacht hatte, fand
sogar nach dem Rücktritt versöhnliche
Worte für den Gestrauchelten.
In welche Falle begab sich
der Fuchs? Was jetzt?
Der schottische Medikus scheiterte
nicht an seinen Freunden,
sondern an einem bestimmten
Freund, seinem Trauzeugen und
Geschäftspartner Adam Werritty.
Der Gefährte war so lange im Gesundheitssektor
aktiv, wie Fox im
Schattenkabinett diesen Bereich
abdeckte; als Fox ins Verteidigungsministerium
einzog, verlegte
sich Werritty aufs Waffengeschäft.
Zusammen gründeten sie die proamerikanische
und proisraelische
Propaganda-Organisation Atlantic
Bridge sowie eine ominöse Firma
namens Pargav, der Werritty mit
Luxusflügen und 5-Sterne-Hotelzimmern
versorgte. Was sich die
Rüstungsfabrikanten und rechten
Meinungsmacher versprochen
haben? Ein Schelm, wer Böses dabei
denkt.
Denn Adam Werritty hatte kein
offizielles Amt inne, als er und Fox
Treffen mit dem Präsidenten von
Sri Lanka, Gespräche mit Geschäftsleuten
in Dubai führten
oder rechte Bush-Freunde in Washington
ohne Beamte trafen. Weder
war er offizieller Berater des
Ministers, wie monatelang auf seiner
Visitenkarte prangte, noch
stand er in Diensten der konservativen
Partei. Also ein wandelnder
Verlegenheitsgrund, der Einfluss
und möglicherweise Aufträge
verkaufte. Ein vom Chef-Ministerialbeamten
Sir Gus O’Donnell
verfasster Untersuchungsbericht
soll erst in dieser Woche veröffentlicht
werden. Also noch kein
»rauchender Colt« – oder eine plagiierte
Doktorarbeit. Aber der
Korruptionsgeruch, der vom Minister
ausging, stank schon zum
Himmel. Nach zwei entnervenden
Wochen mit immer ominöseren
Nachrichten wurden die Generale
und Admirale ihren Chef los, rechte
Tory-Abgeordnete wie Peter
Bone beklagen in Fernsehinterviews
den Verlust eines Bündnisgenossen.
Bei drohenden Rücktritten sieht
ein Premier meistens nicht gut aus.
Entweder hält er seine kompromittierten
Günstlinge zu lange im
Kabinett wie seinerzeit John Major,
oder er lässt sie wie heiße Kartoffeln
fallen, so beispielsweise
Tony Blair mit seinem Freund Peter
Mandelson. Cameron war klüger,
erinnerte an die Unschuldsvermutung,
behielt den früheren
Rivalen so lange im Amt, bis Fox
selber als völlig Diskreditierter zurücktreten
musste. Statt als Hinterbänkler
enttäuschte Anti-Europäer
um sich scharen zu können,
dürfte Fox seine politische Zukunft
schon hinter sich haben wie die
von ihm organisierten Kriege in
Libyen und Afghanistan. Diese
Probleme hat jetzt sein Nachfolger,
der bisherige Verkehrsminister
Philip Hammond, zu verantworten.
Nur gelegentlich werden
Großbritanniens Steuerzahler
noch an den gefallenen Fox denken:
So, wenn sie dank seiner tätigen
Mithilfe zwei neue Flugzeugträger
bezahlen dürfen, aber
für die Flugzeuge, die von den
Schiffen starten sollen, auf Jahre
das Geld fehlt.
* Aus: neues deutschland, 17. Oktober 2011
Zurück zur Großbritannien-Seite
Zurück zur Homepage