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Ankaras Manöver mit geteiltem Echo

Militärische Kooperation mit Israel belastet

Von Jan Keetman, Istanbul *

Die syrische Regierung zeigt sich über die jüngsten Unstimmigkeiten zwischen der Türkei und Israel hocherfreut. »Wir begrüßen, dass die gemeinsamen Manöver abgesagt worden sind«, erklärte Außenminister Walid al-Muallim am Montagabend vor Journalisten. Dagegen sei die militärische Kooperation zwischen Damaskus und Ankara auf einem guten Weg.

Nach den politischen Verstimmungen wegen des israelischen Gaza-Feldzuges im Januar und der harten Kritik des türkischen Premiers Tayyip Erdogan auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos gibt es nun auch Probleme bei der bis jetzt reibungslosen bilateralen militärischen Zusammenarbeit. Ankara habe die israelische Luftwaffe von dem seit 2001 jährlich stattfindenden Manöver »Anatolische Adler« ausgeladen. In einer kurzen Erklärung der israelischen Armee hieß es, die Türkei habe auf der Liste der Länder, die am internationalen Teil des Manövers teilnehmen sollen, kurzfristig Israel ausgeschlossen. Daraufhin hätten sich auch die anderen Teilnehmerländer USA, Italien und Holland aus Protest zurückgezogen. Deshalb habe die Türkei das Manöver, das am Montag beginnen sollte, auf unbestimmte Zeit verschoben.

Nach Informationen der israelischen Zeitung »Haaretz« wurden die israelischen Piloten auf persönliche Weisung von Erdogan ausgeladen. Der Präsident wolle die Jets, die den Gaza-Streifen bombardiert hätten, nicht am türkischen Himmel sehen. Dabei gibt es seit Jahren eine enge militärische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern, die Türkei ist ein wichtiger Markt für israelische Militärtechnologie. Auch die zivilen wirtschaftlichen Beziehungen sind für beide Seiten nicht unerheblich. Nach dem Streit von Davos ist allerdings die Zahl israelischer Touristen in der Türkei im Frühjahr um etwa 100 000 zurückgegangen.

Die Ausladung der Militärs könnte sehr wohl eine Retourkutsche dafür sein, dass dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu Anfang September ein Besuch in Gaza verweigert wurde, worauf Davutoglu seine ganze Israel-Reise absagte. Zudem strebt Ankara eine enge strategische Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn an. Vor wenigen Tagen wurde bereits eine gemeinsame Kommission Syriens und der Türkei einberufen, an der auch Irak und Iran teilnehmen sollen. Wobei es dabei vor allem um den Umgang mit Dissidenten bzw. der PKK und ganz sicher nicht um eine Abkehr von der NATO gehen dürfte. Trotzdem ist die Ausladung der Israelis eine Geste, die in Damaskus und Teheran gut ankommt.

* Aus: Neues Deutschland, 14. Oktober 2009


Syrien fordert von Israel Rückgabe der Golan-Höhen **

Rund 5000 Teilnehmer aus aller Welt haben in der syrischen Hauptstadt Damaskus am vergangenen Wochenende am ersten »Arabischen Golan-Forum« teilgenommen. Redner aus China über Indien, Spanien bis Argentinien erklärten bei der Eröffnungsfeier in Quneitra ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Forderung nach vollständiger Rückgabe der von Israel besetzten Golan-Höhen. Die Vereinten Nationen, der UN-Sicherheitsrat und die »internationale Gemeinschaft« müßten mehr Druck auf Israel entwickeln, damit es sich endlich aus dem 1967 besetzten und 1982 annektierten Gebiet zurückzieht.

Mohammad Said Bkheitan von der in Syrien regierenden Baath-Partei und offizieller Vertreter von Präsident Bashar Al-Assad auf dem Golan-Forum erinnerte daran, daß israelische Truppen bei der Besetzung am 4. Juni 1967 die Stadt Quneitra in Schutt und Asche legten, 300 Dörfer zerstörten und die Einwohner vertrieben. Seitdem versuche Israel, Struktur und Charakter des Golan zu verändern, so Bkheitan. Kulturgüter würden mißachtet, neue Siedlungen und weitläufige Plantagen seien Ausdruck »der übelsten Art von Kolonialismus«. Unbestätigten Berichten zufolge soll Israel dort auch illegal Atommüll lagern. Der syrische Kampf um die Golan-Rückgabe stehe auf einer Stufe mit dem palästinensischen und libanesischen Kampf, um alle von Israel besetzten Gebiete zurückzubekommen, sagte Bkheitan. Syrien wisse das Völkerrecht und UN-Resolutionen auf seiner Seite. Den legitimen Widerstand gegen die israelische Besatzung dürfe man nicht mit »Terrorismus« gleichsetzen, meinte Bkheitan und prangerte das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser als »Staatsterrorismus« an.

Ein arabisch-internationales Netzwerk soll zukünftig »der gerechten Sache der Golan-Höhen« weltweit mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Ein Vertreter der libanesischen Hisbollah betonte die Unterstützung seiner Organisation für das gerechte Anliegen Syriens, die Golan-Höhen zurückzuerhalten. »Jedes Sandkorn des Golan ist arabisch und syrisch und wird es immer bleiben«, sagte das Politbüromitglied Hassan Hadraj. Die Verbrechen der israelischen Besatzung und ihre anhaltende Aggression »werden den Willen der Menschen vom Golan nicht brechen«.

** Aus: junge Welt, 14. Oktober 2009


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