Syrien-Konferenz blieb ohne Ergebnis
Eine Fortsetzung der Verhandlungen in Genf ist ungewiss
Von Karin Leukefeld, Damaskus *
Eine zweite syrisch-syrische Gesprächsrunde in Genf ist am Wochenende ohne Ergebnisse zu Ende gegangen. Auch in Damaskus sieht man die Gespräche mit Skepsis.
Der UN-Sondervermittler für Syrien, Lakhdar Brahimi, entschuldigte sich bei den Syrern dafür, dass man nicht weiter gekommen sei. Beide Parteien brauchen offenbar Zeit, ihre Positionen zu überdenken und zu entscheiden, ob sie den in Genf begonnen Prozess überhaupt wollten, sagte er am Sonnabend vor Journalisten. Man habe sich zwar auf die Themen der Gespräche geeinigt, allerdings nicht darauf, wie man sie behandeln solle. Auch Syriens Vize-Außenminister Faisal Mekdad bedauerte, dass man nichts erreicht habe. Die Regierungsdelegation aus Damaskus will das Genfer Abkommen Punkt für Punkt abarbeiten, wobei für sie das Ende der terroristischen Aktivitäten in Syrien und die Herstellung von Sicherheit und Stabilität an erster Stelle stehen. Die Delegation der Nationalen Koalition (Etilaf), die in Genf den Platz der Opposition eingenommen hatte, beharrt hingegen auf dem Rücktritt von Präsident Bashar al-Assad und seiner Regierung als Voraussetzung für alles weitere.
Da stimmt sie mit ihren Sponsoren von den »Freunden Syriens« überein, einer Staatengruppe, die von den USA im Herbst 2011 ins Leben gerufen wurde und der auch Deutschland angehört. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier machte denn auch »Assad und seine Leute« für den vorläufigen Ausgang der Gespräche verantwortlich. Sie seien »nicht ernsthaft an Verhandlungen interessiert« und »wollen nur ihre Macht sichern«. Er fordert eine UN-Sicherheitsratsresolution, »die dem humanitären Kriegsverbrechen ein Ende setzt«. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wiederum warf den USA und deren verbündeten »Freunden Syriens« vor, mit dem Ruf nach einem Rücktritt von Assad die Gespräche zu benutzen, um einen Regimewechsel in Damaskus zu forcieren.
In Syriens Hauptstadt werden die Gespräche mit Skepsis verfolgt. Er akzeptiere nicht, dass ausländische Akteure über das Schicksal der Syrer entscheiden wollten, erklärte etwa Bischof Luka El-Khoury von der Griechisch-Orthodoxen Gemeinde an der Mariamieh Kirche in Damaskus. Gegenüber dem schweizerischen Nationalrat Geri Müller, der sich mit einer Delegation für einige Tage in Damaskus aufhielt, versicherte El-Khoury, dass die Christen in Syrien voll integriert und »ein fester Bestandteil der syrischen Gesellschaft« seien. Das Patriarchat hatte sich vor den Genfer Gesprächen mit einem Appell für die Freilassung entführter Nonnen und Bischöfe an die Weltöffentlichkeit gewandt.
Müller bezeichnete es gegenüber »nd« als »unabdingbar, dass mit allen Parteien in Syrien auf Augenhöhe und vorurteilsfrei gesprochen werde«. Bei seinen Treffen mit Vertretern aus Regierung und Parlament, von Kirchen, Moscheen und aus der Zivilgesellschaft sei deutlich geworden, dass die internationale Einmischung als »Demütigung empfunden« werde. Müller, der sich auf Einladung des Auswärtigen Ausschusses im syrischen Parlament in Damaskus aufhielt, wies die Einreisesperre für syrische Abgeordnete in Europa als »nicht angebracht« zurück. Es sei internationales Recht, dass Parlamentarier ihre Kollegen in anderen Staaten besuchen könnten, deshalb habe er zu einem Gegenbesuch in die Schweiz eingeladen.
Wenig Vertrauen in die Genfer Konferenz zeigt auch Anmar, ein Vater von drei Kindern, der mit seiner Familie vor über einem Jahr aus dem Damaszener Vorort Douma fliehen musste. »Jetzt hat die Welt hoffentlich gesehen, dass man mit diesem Regime nicht verhandeln kann«, lautete das Fazit des jungen Mannes, der die Nationale Koalition unterstützt. Er sei überzeugt, dass die politische Führung um Assad »niemals bereit ist, ihre Macht zu teilen«. In der Delegation der Nationalen Koalition hofft man laut Medienberichten auf eine »stärkere internationale Reaktion«. Der Stillstand in Genf zeige, dass man militärische Hilfe brauche, eine robuste Resolution des UN-Sicherheitsrates oder eine Flugverbotszone.
Das »Wall Street Journal« berichtete, dass Saudi-Arabien aus Enttäuschung über den Gesprächsverlauf in Genf die Freigabe von stärkeren Waffensystemen an die Brigaden im Süden beschlossen habe, die bereits seit längerem in Jordanien lagerten. Die »Südbrigaden« arbeiten demnach eng mit Geheimdiensten aus den elf Staaten der Führungsgruppe der »Freunde Syriens« zusammen, die von Amman aus operierten.
* Aus: neues deutschland, Montag, 17. Februar 2014
Keine Alternative
Olaf Standke über die bisher erfolglose Genfer Syrien-Konferenz **
Kaum 30 Minuten dauerte am Wochenende das letzte Treffen zwischen den Delegierten von Opposition und Regierung. Der zweite Anlauf der Syrien-Verhandlungen in Genf endete schließlich sang- und klanglos in einer politischen Sackgasse; Hauptstreitpunkt bleibt die von der Opposition geforderte Übergangsregierung in Damaskus. Dabei hatte die Friedenskonferenz im Januar noch mit einem Großaufgebot von Außenministern so fulminant begonnen. Am Sonnabend konnte UNO-Sondervermittler Lakhdar Brahimi nicht einmal große Hoffnung für eine weitere Gesprächsrunde machen.
Und doch gibt es keinen anderen vernünftigen Weg zur Beendigung des blutigen Konflikts, in dem bisher über 130 000 Menschen gestorben und Millionen Syrer vor der Gewalt ins Ausland geflohen sind. Die jetzt verkündete Absicht der Regierung Saudi-Arabiens, die Opposition mit schweren Waffen auszurüsten, ist jedenfalls keine Alternative. Wobei sich nicht nur – wie Brahimi zurecht fordert – Opposition und Regierung klar werden sollten, ob sie überhaupt eine Fortsetzung der Gespräche wollen. Mehr denn je müssen sich die Schutzmächte USA und Russland einigen, damit eine dritte Runde zum offenen, konstruktiven Dialog und zu einem tragfähigen Kompromiss findet.
** Aus: neues deutschland, Montag, 17. Februar 2014 (Kommentar)
UN-Arab League envoy apologizes to Syrian people over stalemate in peace talks ***
15 February 2014 – Calling an end to the latest round of United Nations-backed talks in Geneva on Syria's civil war, Lakhdar Brahimi apologized to the Syrian people on Saturday for the lack of progress on halting the bloodshed in their country, and urged Government and opposition negotiators to go back to their bases and reflect on their responsibility and “on whether they want this process to continue or not.”
“I am very, very sorry, and I apologize to the Syrian people that…we haven't helped them very much,” said Mr. Brahimi, the United Nations/Arab League Joint Special Representative, telling a press conference that while no date was set to resume the talks, he presented both sides with an agenda for the next round, “so that we don't lose another week or 10 days as we have this time.”
This is the second round of UN-sponsored direct talks between Government and opposition representatives – the first set of discussions took place in late January – to end a war which has killed well over 100,000 people and driven nearly 9 million others from their homes since the conflict erupted between President Bashar al-Assad and various groups seeking his ouster nearly three years ago.
“People are dying, the country is being destroyed. If this track aims at helping the Syrian people, then of course, the faster we achieve tangible results, the better,” Mr. Brahimi said in response to a question, but added he has made it clear that “everybody needs to go back to their base and we will contact each other to determine the date [of the next round].
The talks have so far yielded only modest cooperation between the sides on allowing UN and Syrian Red Crescent relief workers access to thousands of people trapped in the long-besieged Old City of Homs, and Mr. Brahimi said today he felt “the little that has been achieved in Homs gave [the Syrian people] even more hope that maybe this is the beginning of the coming out of this horrible crisis – I apologize to them.”
As for next steps, Mr. Brahimi said the parties agreed to his proposal that a new round of talks would focus on violence and terrorism, a transitional governing body, national institutions and national reconciliation. But he acknowledged that the main sticking point persisted: the Government side considers that the most important issue to be combatting terrorism; the opposition considers that the most important issue is forming a transitional governing authority.
“We suggested that the first day will be set for discussion on…ending violence and combating terrorism and the second day would be reserved for a discussion on the TGB [transitional governing body],” he explained, but while he had made clear that one day would not give enough time to conclude discussions on either issue, “unfortunately, the Government has refused [this approach], which raises the suspicion of the opposition that in fact the Government doesn't' want to discuss the TGB at all.”
“I very, very much hope that the two sides will reflect and think a little bit better and come back ready to engage seriously on how to implement the Geneva Communiqué,” he said, referring to the 2012 action plan adopted at the first international meeting in Switzerland on the conflict and the full implementations of which is the basis of the current talks. “The Communiqué helps the two sides, and us sitting between them, to start the long road towards ending this crisis.”
Of the fact that the two sides remain at odds over how to tackle his four-point proposal, Mr. Brahimi underscored that while they had “at least” agreed on an agenda: “It is not good for Syria that we come back for another round and fall in the same trap that we have been struggling with this week and most of the first round.”
“I think it is better that every side goes back and reflect and take their responsibility: do they want this process to take place or not? I will do the same,” he said, adding that will head to New York to meet with UN Secretary General Ban Ki-moon, as well as United States Secretary of State John Kerry and Russian Foreign Minister Sergey Lavrov, the initiators of the Geneva talks.
He also plans to brief the other permanent five members of the Security Council – China, France and the United Kingdom – as well as the body's 10 non-permanent members.
“So I hope that this time of reflection will lead the Government side in particular to reassure the [opposition] that when they speak of implementing the Geneva Communiqué they do mean that a TGB exercising full executive powers will be the main objective to follow,” said Mr. Brahimi, adding that ending violence and combating terrorism “is extremely important, indispensable.”
Asked if he had a specific message for President Assad as the talks wrapped up, Mr. Brahimi said: “My message to everybody involved in this terrible crisis is to think of the Syrian people, to think of the immense suffering that has been imposed on [them], the destruction that has taken place in Syria, and to think of what anyone can contribute to pull Syria out of the ditch in which it has fallen.”
To a question about the ongoing commitment of Russia and the US, he said he continued to believe the two countries are important partners with the United Nations. “There is no doubt - and I have said repeatedly- that the United Nations, the Russian Federation and the United States; none of them can turn a blind eye to this huge crisis in Syria.”
*** UN News Centre, 15 February 2014; http://www.un.org
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