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"Syriens Chemiewaffen werden zerstört"

Vizeaußenminister Faisal Mekdad weist Verzögerungsvorwürfe aus Frankreich im nd-Gespräch zurück

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

Die Zerstörung der syrischen Chemiewaffen geht voran. Nun sollen die gefährlichsten Kampfstoffe bis Mitte April außer Landes geschafft werden, erklärt Vizeminister Mekdad im nd-Gespräch.

Die Bestände an Senfgas, über die Syrien verfügt habe, seien am vergangenen Mittwoch über den Hafen Latakia abtransportiert worden. Sie begrüße diesen »wichtigen Schritt zur Vernichtung des syrischen Chemiewaffenprogramms«, sagte die Sonderkoordinatorin der Organisation zum Schutz vor Chemiewaffen (OPCW), Sigrid Kaag. Man ermutige die syrische Regierung, das Tempo beizubehalten, mit dem die Chemiewaffen aus dem Land geschafft würden. Der UN-Sicherheitsrat hatte mit der Resolution 2118 (2013) dem Land eine Frist bis Juni 2014 gesetzt.

Im nd-Gespräch in Damaskus bekräftigte Syriens Vizeaußenminister Faisal Mekdad, dass es sich bei der Aufgabe des Chemiewaffenprogramms um eine »strategische Entscheidung« gehandelt habe, von der man nicht abweichen werde. Man komme voran, derzeit werde »das gefährlichste Material abtransportiert«. Dafür verdiene Syrien Anerkennung.

Als Vorsitzender der zuständigen Regierungskommission habe er mit der OPCW kürzlich einen Plan zur Verkürzung der eingeräumten Frist bis Ende April ausgehandelt, sagte Mekdad. Die technische Sekretärin der OPCW habe das begrüßt, und »sogar der US-Botschafter bei der OPCW hat zum ersten Mal gesagt, dass es sich um einen wirklichen Fortschritt handelt«. Mekdad, der auch der Regierungsdelegation bei den Genfer Gesprächen angehört, wies Kritik wegen angeblicher Verzögerung des Chemiewaffenabbaus zurück. Besonders Frankreich attackiere Syrien, obwohl Paris »absolut nichts dazu beigetragen hat, dass der Plan erfüllt werden kann«. Staaten, die Syrien eine Verzögerung des Abtransports vorwerfen, würden damit den bewaffneten Gruppen helfen, »die Syrien und seine Souveränität zerstören wollen«, kritisierte Mekdad. Der Westen wolle Druck auf Damaskus ausüben, wisse aber nicht, »was hier geschieht«. Einige Staaten hätten »bewaffnete Gruppen ermuntert, die Lagerstätten der chemischen Waffen anzugreifen. Zwei, drei Mal ist das geschehen, und syrisches Wachpersonal wurde getötet.«

Das Chemiewaffenprogramm sei für Syrien beendet. »Die Waffen werden zerstört.« Mit dem Abtransport habe man die Regierung jedoch zunächst allein gelassen, denn die Spezialgeräte, die dafür gebraucht würden, gebe es nicht im Land. Erst vor Tagen sei ein Spezialgabelstapler eingetroffen, mit dem das Material für den Transport verstaut werden könne. Die Beförderung bis zur Küste müsse wiederum gegen Angriffe gesichert werden.

Mekdad, langjähriger Botschafter Syriens bei den Vereinten Nationen, ist auch für die Koordinierung der humanitären Hilfe in Syrien verantwortlich. Die Regierung arbeite mit den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen gut zusammen, sagte er. Neben den UN hätten 15 internationale Hilfsorganisationen Büros in Damaskus und anderen Städten. Dazu gebe »es Dutzende syrischer Organisationen der Zivilgesellschaft«. Die deutsche Organisation HELP ist in Damaskus und Kuneitra, unweit der von Israel besetzten Golanhöhen aktiv. Von der Arbeit des Deutschen Roten Kreuzes überzeugte sich Ende Februar DRK-Präsident Rudolf Seiters in Damaskus.

Kritik übte Mekdad dagegen an Hilfsorganisationen, die illegal über die türkische Grenze kämen: »Wir haben wiederholt klar gemacht, dass wir so ein illegales Arbeiten im Grenzgebiet nicht zulassen können. Zumal dort, mit Unterstützung der Türkei, viele terroristische Gruppen aktiv sind.« Die UN und internationale Organisationen »haben alle Freiheit, Hilfsgüter aus Jordanien oder Libanon zu bringen«, beteuerte Mekdad. Intensive Lufttransporte des Welternährungsprogramms gebe es zwischen Erbil im Norden Iraks und der Stadt Kamischli. Der Vizeaußenminister warnte jedoch davor, humanitäre Hilfe für politische Zwecke zu instrumentalisieren. »Man muss wissen, was hier geschieht«, sagte er. »Der syrischen Regierung vorzuwerfen, sie verhindere humanitäre Hilfe, ist eine Kampagne von Staaten, die der anderen Seite helfen wollen.«

* Aus: neues deutschland, Montag, 3. März 2914


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