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Syrische Sender abgeschaltet

Arabische Satellitenanbieter stoppen Übertragung von vier Fernsehkanälen

Von Karin Leukefeld *

Zwei große Satellitenanbieter der arabischen Welt, Nilesat und Arabsat, haben die Übertragung syrischer Satellitensender gestoppt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters sei die Ausstrahlung der syrischen Satellitensender Syria, Syria News, Al-Ikhbariya und Al-Dounia am Mittwoch um 17 Uhr Kairoer Ortszeit unmittelbar nach einer Rede des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi gestoppt worden. Mursi hatte anläßlich einer Sitzung der Außenminister der Arabischen Liga in Kairo seinen Ruf nach einer Übergangsregierung für Syrien erneuert, kurz darauf hätten Nilesat und Arabsat die syrischen Sender abgeschaltet. Dem Treffen der arabischen Außenminister lag ein Resolutionsentwurf vor, wonach die Übertragung aller offiziellen und inoffiziellen syrischen Sender über die beiden arabischen Satelliten gestoppt werden soll.

Die Stationen hätten gegen die Vertragsbedingungen verstoßen, zitiert Reuters eine namentlich nicht genannte Quelle bei Nilesat. Die angeblichen Verstöße wurden nicht benannt. Der Satellitenanbieter gehört zu 40 Prozent dem ägyptischen Staatsfernsehen, die restlichen Anteile gehören anderen Regierungsinstitutionen des Landes. Der 1976 gegründete Anbieter Arabsat wird zu 100 Prozent von den Staaten der von Katar und Saudi-Arabien dominierten Arabischen Liga finanziert. Am Donnerstag erhielt Mursi vom katarischen Ministerpräsidenten Scheich Hamad bin Jassem Al-Thani die Zusage, daß Katar in den kommenden fünf Jahren 18 Milliarden US-Dollar in die ägyptische Wirtschaft investieren werde.

Der syrische Informationsminister Omran Al-Zoubi kritisierte die Satellitenanbieter scharf. Ein Ausstrahlungsverbot für die Sender trage »nicht zu einer Lösung oder einem nationalen Dialog unter den Syrern« bei. Es verstärke »die Stimme der Verschwörung« und bringe »die Stimme des Volkes zum Schweigen«, sagte Al-Zoubi dem libanesischen Sender Al-Manar, der der Hisbollah nahesteht. Die Syrische Journalistenunion verurteilte die Entscheidung als Zensur und Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit. Der neu gegründete Syrische Nationale Medienrat erklärte, man prüfe rechtliche Schritte gegen die beiden Anbieter.

In Syrien sind Hunderte Sender über Satelliten zu empfangen. Neben den einheimischen Kanälen informiert sich die Bevölkerung bei Al-Dschasira, Al-Arabiya, BBC Arabisch, France 24, Russia Al-Youm, Al-Alam aus Iran und verschiedenen libanesischen Sendern. Viel Beachtung findet der neue Sender Al-Mayadeen, der seit Mitte Juni auf Sendung ist. Dieser wird von Ghassan Bin Jiddo geleitet, der 2011 Al-Dschasira aus Protest gegen die einseitige Berichterstattung verlassen hatte. Die Ausstrahlung privater religiöser Programme aus Saudi-Arabien, über die radikale Prediger täglich haßerfüllte Reden halten und zum »Heiligen Krieg gegen Ungläubige in Syrien« aufrufen, wurden weder von Arabsat noch von Nilesat verboten.

Frankreich hat derweil weitreichende Hilfen an die bewaffneten Gruppen in Syrien geliefert. Nach Auskunft eines namentlich nicht genannten Diplomaten berichtete die Nachrichtenagentur AP, daß Frankreich »Wiederaufbauhilfe« in drei syrischen Provinzen leiste, die »nicht mehr unter Kontrolle des Regimes« seien. Es gebe Hilfe für Bäckereien, für die Wasserversorgung und für Schulen. Nach einem Treffen zwischen dem französischen Präsidenten François Hollande und dem britischen Regierungschef David Cameron erklärten beide Politiker, der Sturz von Präsident Assad müsse beschleunigt werden. Großbritannien unterstützt die Aufständischen in Syrien mit zehn Millionen US-Dollar. Das US-Außenministerium hat 25 Millionen Dollar für die Anschaffung von Kameras, verschlüsselten Funkgeräten, Satellitentelefonen, Laptops und Software zur Verfügung gestellt. Osama Monajed vom Syrischen Nationalrat bezeichnete die bisherige Hilfe des Westens als »lächerlich«. Die Organisation fordert eine ausländische Militärintervention in Syrien.

* Aus: junge Welt, Samstag, 08. September 2012


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