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Saudische Demokratie

Neue UN-Syrien-Resolution geplant

Von Werner Pirker *

Der Operation »Vulkan in Damaskus – Erdbeben in Syrien« war offenkundig nicht der Erfolg beschieden, den sich ihre westlichen und wahhabitischen Hintermänner erhofft hatten. Die von der NATO, den Golfdiktaturen und der Türkei aufgestellte Söldnerarmee, die man schon als Fast-Sieger im Kampf um Syrien gefeiert hatte, hat deshalb wieder die Rolle der verfolgten Unschuld zu spielen. Alle Gewalt gehe von der Regierungsarmee aus, von Assad, der skrupellos »sein eigenes Volk« niedermetzle, will es die kriegsbesessene Meinungsmache wissen.

Und schon meldet sich auch der am US-Gängelband zappelnde UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu Wort und fordert weltweite Einigkeit zur Beendigung des »Abschlachtens« in Syrien. »Schiebt es nicht länger auf! Schließt euch zusammen! Handelt!« sagte der Südkoreaner ausgerechnet vor dem Parlament im NATO-Protektorat Bosnien. Man geht kaum fehl in der Annahme, daß Ban, der stets als His Master’s Voice in Erscheinung getreten ist, keine friedliche Lösung des Konflikts im Sinn hat, wenn er zum Handeln auffordert, sondern einen von den falschen »Freunden Syriens« erzwungenen Regimewechsel.

Den Gipfel an Heuchelei aber leisten sich die arabischen Staaten, die in der UN-Vollversammlung eine unter der Federführung Saudi-Arabiens und Katars verfaßte Resolution einbringen wollen, in der sie den »Aufbau einer demokratischen Regierung« in Syrien fordern. Man glaubt es nicht: Riad ist für die Einführung der Demokratie. Nicht in Saudi-Arabien, sondern in Syrien. Das Land, das nach seiner herrschenden Dynastie benannt ist und nun demokratische Verhältnisse in Syrien fordert, gehört zu den letzten sechs absolutistischen Monarchien auf der Welt. Es herrscht totales Versammlungsverbot. Die Scharia ist das einzig geltende Gesetz. Für Männer gibt es bei geringfügigen Vergehen die Prügelstrafe. Dieben wird die Hand abgehackt. Wahlen zu Vertretungskörperschaften gibt es nur auf kommunaler Ebene, und das erst seit ein paar Jahren. Frauen haben lediglich ein passives Wahlrecht. Für sie herrscht Verschleierungspflicht.

Die Demokratiebestrebungen in Bahrain wurden von saudischen Panzern niedergewalzt. Das war Riads erste konterrevolutionäre Antwort auf die arabischen Aufstände. Geht es indessen um den Sturz (bedingt) antiimperialistischer Regierungen, wie das in Libyen der Fall war und für Syrien geplant ist, betätigen sich die arabischen Feudalregime als Revolutionssponsoren. Was einiges über die »Umwälzungen« in diesen beiden Ländern aussagt – und über die Demokratie, die die Ölscheichs nun in Syrien einzuführen gedenken. Die syrischen Rebellentruppen setzen sich neben Deserteuren aus der Regierungsarmee überwiegend aus von den Saudis rekrutierten Söldnern zusammen, klassischen Contras, Halsabschneidern, die zu jedem Verbrechen bereit sind. So sieht es aus, das saudiarabische Demokratieexperiment für Syrien.

* Aus: junge Welt, Freitag, 27. Juli 2012

Auszug aus der Rede Ban Ki-moons in Srebrenica (Bosnien und Herzegowina), 26. Juli 2012

(...)
The leaders of the world in 2005 finally came [up] with the principle of the “Responsibilty to Protect” civilians. In some places, like in Libya, in Cote d’Ivoire, we were able to apply this, but in many other places we are not still able to fully protect civilians.

We have to do all [that we can] to protect civilians, to prevent and to stop bloodshed, particularly in Syria now.

When we learn from the lessons of Srebrenica, we have to do all that we can. The international community must be united not to see any further bloodshed in Syria because I do not want to see any of my successors, after 20 years, visiting Syria, apologizing for what we could have done now to protect the civilians in Syria – which we are not doing now. (...)

Antwort des UN-Generalsekretärs auf die anschließende Frage, welche Arten von Aktionen er denn vorschlagen würde.

These actions taken by the United Nations, particularly establishing and deploying the supervision mission [United Nations Supervision Mission in Syria] has not been able to implement its mandate smoothly because of the non-compliance of the parties – the Government parties and also opposition forces.

At this time again I am urging all the parties: they must stop fighting and killing people now. They have to begin political dialogue for a political resolution of this crisis.

The Joint Special Envoy, Kofi Annan, has proposed a six-point peace plan, and an action group in Geneva adopted a very strong message. All of these messages, together with Security Council resolutions, must be fully implemented without further delay.

We have taken actions, but these actions and recommendations have not been heard and implemented by, first of all, the Syrian authorities and I urge again the opposition forces [to] fully cooperate with the United Nations.

I’m continuing to work with the Arab League and the international community. (...)

Quelle: UN News Centre, 26 July 2012; http://www.un.org




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