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Heftige Vorwürfe gegen Syrien

Berichte aus London über neue "furchtbare Massaker"

Von Karin Leukefeld *

In Syrien sollen heute (22. Dez.) die ersten internationalen Beobachter eintreffen. Deutschland und andere westliche Staaten prangern derweil neue Massaker an.

Mehr als 200 Zivilisten vor allem im Norden Syriens sollen am Dienstag und Mittwoch von staatlichen Sicherheitskräften getötet worden sein. Dies wird von Nachrichtenagenturen gemeldet. Der im Ausland agierende Syrische Nationalrat (SNR) forderte angesichts der »furchtbaren Massaker« an »unbewaffneten Zivilisten« Dringlichkeitssitzungen des UN-Sicherheitsrats. Die UNO müsse die betroffenen Städte zu »Sicherheitszonen« erklären und unter internationalen Schutz stellen. Es handele sich um »Völkermord im großen Umfang« hieß es in einer SNR-Erklärung. Seit Monaten fordert die syrische Auslandsopposition ein Eingreifen in Syrien. Die Rede ist von einem militärisch geschützten »humanitären Korridor« oder von einer »Pufferzone«, die im Norden des Landes von türkischen Truppen besetzt werden könnte. Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, verurteilte die »Massenexekutionen von syrischen Deserteuren«. Bis Redaktionsschluss lag eine Erklärung aus Damaskus nicht vor.

Die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) hatte bereits am Wochenende die Bundesregierung aufgefordert, sich im UN-Sicherheitsrat für »deeskalierende Maßnahmen« und für einen »Dialog zwischen der Assad-Regierung und syrischen Oppositionellen« einzusetzen. Sowohl die Protestbewegung als auch die Regierung müssten auf Gewalt verzichten, so IPPNW. »Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in die Region sind sofort zu stoppen.«

Quelle der Todesmeldungen von Dienstag und Mittwoch (20. und 21. Dez.) ist die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die vom US-Außenministerium mit finanziert wird. Deren Quelle wiederum war offenbar eine Nachricht des ebenfalls in London ansässigen Zentrums für Strategische Studien und Kommunikation (SRCC) vom späten Dienstagabend. Ohne Angaben von Quellen hieß es darin, dass staatliche Sicherheitskräfte am Dienstag mindestens 120 Personen, darunter 72 Zivilisten, getötet hätten. Die Personen hätten sich bewaffnet und ein 300 Mann starkes Regiment von »Überläufern« gebildet. Am Mittwochmorgen meldete SRCC, erneut ohne Quellenangaben, »Baschar al-Assads Truppen« hätten mindestens 82 weitere Personen getötet, zusätzlich zu den 120 vom Vortag.

Am heutigen Donnerstag (22. Dez.) wird die erste Gruppe arabischer Beobachter in Syrien erwartet, um die Umsetzung eines arabischen Friedensplanes für Syrien zu kontrollieren. Syrien hatte am Montag ein entsprechendes Protokoll mit der Arabischen Liga unterzeichnet.

* Aus: neues deutschland, 22. Dezember 2011


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