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Einmischung zurückgewiesen

Arabische Liga stärkt syrischem Präsidenten Assad den Rücken. Auftakt zum nationalen Dialog

Von Karin Leukefeld *

Syriens Präsident Baschar Al-Assad ist am Mittwoch (13. Juli) in Damaskus erstmals mit dem neuen Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Al-Arabi, zusammengetroffen. Man habe über die notwendigen politischen Veränderungen in Syrien sowie über die Lage in Libyen gesprochen, hieß es in einer anschließenden Erklärung. Ohne die US-Außenministerin beim Namen zu nennen, wies Al-Arabi dabei auch Äußerungen von Hillary Clinton zurück und sagte, niemand habe »das Recht zu entscheiden, ob ein Präsident seine Legitimation verloren« habe, »nur das eigene Volk«. Er betonte zudem, daß die Arabische Liga jede ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten Syriens ablehne. Vizepräsident Faruk Al-Schara informierte den Repräsentanten der Arabischen Liga auch über die Ergebnisse des ersten Treffens des von der Regierung einberufenen nationalen Dialogs am vergangenen Sonntag und Montag.

Auch wenn etliche Vertreter der Opposition dem zweitägigen Dialog ferngeblieben waren, ist mit dem Treffen zum Wochenbeginn ein Auftakt gemacht worden. Einige hatten nur teilnehmen wollen, wenn Präsident Assad selber kommen würde, andere hatten den Rückzug von Armee und Sicherheitskräften aus den Städten als Voraussetzung für Gespräche gefordert. Eingeladen worden waren Persönlichkeiten der regierenden Baath-Partei und anderer politischer Organisationen, der Nationalen Progressiven Front – einem Bündnis von mit der Regierung verbündeten Parteien –, Unabhängige, Intellektuelle, Vertreter der Jugendbewegung und Oppositionelle »aus allen Spektren der syrischen Gesellschaft«.

Die Versammlung war von Vizepräsident Faruk Al-Schara eröffnet worden, dem Vorsitzenden der von Präsident Assad eingerichteten Kommission für den Nationalen Dialog. Al-Schara räumte ein, das Treffen fände sowohl innen- als auch außenpolitisch in einer »unangenehmen Atmosphäre« statt. Dennoch hoffe er, daß eine nachhaltige »Veränderung Syriens in einen pluralistischen, demokratischen Staat« gelinge, in dem »alle Bürger gleichberechtigt an der Bildung einer neuen Zukunft für ihre Heimat« beteiligt werden könnten. Die syrische Gesellschaft werde »ohne ein demokratisches, pluralistisches politisches System (…) keine Freiheit und keinen zivilen Frieden« erlangen. Der nationale Dialog solle auf allen gesellschaftlichen Ebenen fortgeführt werden, um eine neue Seite in der Geschichte Syriens aufzuschlagen.

In einer von den syrischen Medien veröffentlichten Abschlußerklärung wurde betont, daß der Dialog der einzige Weg sei, um die Krise im Land zu beenden. Voraussetzung für tiefgreifende Reformen seien »Stabilität im Land« und »Toleranz«, ohne die nichts erreicht werden könne. Die »sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen« habe Priorität, auch derjenigen, die inhaftiert worden seien, weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hatten. Die Meinungsfreiheit müsse geschützt werden, sowohl vom Staat als auch von der Verfassung, ebenso wie alle Bürgerrechte.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Al-Arabi erklärte der syrische Außenminister Walid Al-Muallim außerdem, die gewaltsamen Proteste gegen die Botschaften der USA und Frankreichs am 11. Juli seien »ein Fehler« gewesen. Syrien sei verantwortlich für den Schutz der ausländischen Vertretungen und des Botschaftspersonals. Erneut rief er die Diplomaten auf, die syrischen Regeln zu respektieren und Besuche von Orten, die weiter als 25 Kilometer von Damaskus entfernt lägen, vorher beim Außenministerium anzumelden, damit der Besuch vorbereitet werden könne. Die Botschafter Frankreichs und der USA, deren Besuch in der Protesthochburg Hama die Krise ausgelöst hatte, sind mittlerweile mit dem stellvertretenden Außenminister Faysal Mekdad zusammengetroffen. Einzelheiten des Gesprächs wurden nicht bekannt.

Das syrische Ölministerium hat inzwischen bestätigt, daß im Nordosten des Landes eine Ölleitung durch einen Brand beschädigt wurde. Unbestätigten Quellen zufolge sollen zwei Ölleitungen explodiert sein. Unklar ist, ob es sich um einen Unfall oder einen Anschlag handelte

* Aus: junge Welt, 16. Juli 2011


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