Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Opposition Syriens stellt Bedingungen

Teilnahme an Genfer Friedenskonferenz unklar *

Die oppositionelle Syrische Nationale Allianz stellt weiterhin Bedingungen für eine Teilnahme an der geplanten internationalen Friedenskonferenz in Genf. So müsse Hilfsorganisationen der Zugang zu den von der Armee belagerten Gebieten der Rebellen garantiert werden. Das sagte Luai Mekdad, Sprecher des wichtigsten Bündnisses der syrischen Exilanten, am Montag nach einem zweitägigen Treffen in Istanbul. Ferner müssten die politischen Häftlinge freigelassen werden. Der syrische Präsident Baschar al-Assad dürfe keine politische Rolle mehr spielen.

Das offizielle Damaskus hat bereits die Entsendung von Vertretern zu der Konferenz angekündigt. Die Delegierten des Oppositionsbündnisses stimmten in der Nacht zum Montag nach teilweise stürmischen Debatten der bedingten Teilnahme an der zweiten Genfer Konferenz.

Wie Augenzeugen berichteten, verlor der Allianzvorsitzende Ahmed al-Dscharba während einer Diskussion die Selbstkontrolle und ohrfeigte Mekdad, der in dem Bündnis auch die ursprünglich aus Deserteuren gebildete Freie Syrische Armee vertritt. Andere Delegierte warfen sich den Angaben zufolge darauf zwischen die beiden Männer, um weitere Handgreiflichkeiten zu verhindern.

Die Teilnahme an der Genfer Konferenz ist in Oppositionskreisen vor allem deshalb umstritten, weil sie aus Sicht des Widerstands in Syrien eine Anerkennung der Gewaltherrschaft Assads bedeuten würde. Opposition und bewaffnete Aufständische verlangen den Rückzug Assads von der Macht, weil angeblich nur so wieder Frieden im Land hergestellt werden könne. »Wir können nur hoffen, dass diese Gespräche mit dem Abgang von Assad enden«, sagte der Delegierte Adib Schischakli dem katarischen Sender Al-Dschasira. Aussagen wie diese legen den Schluss nahe, dass sich die Teilnehmer der Istanbuler Exilkonferenz sehr wohl im klaren darüber waren, dass die Entmachtung Assads nicht Vorbedingung von Genf II, sondern höchstens dessen Ergebnis sein kann.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 12. November 2013


Opposition stellt Bedingungen

Syrische Nationale Koalition will an Genfer Friedensgesprächen teilnehmen **

Die größte syrische Oppositionsgruppe hat ihre Teilnahme an einer Friedenskonferenz im schweizerischen Genf zugesagt, dafür aber weitreichende Bedingungen gestellt. Unter anderem forderte die Syrische Nationale Koalition (SNC) am Montag in einer Erklärung erneut den Rückzug des Präsidenten Baschar Al-Assad von der Macht. Die SNC wolle »an der Konferenz teilnehmen auf der Grundlage einer vollständigen Machtübergabe und unter der Voraussetzung, daß Baschar Al-Assad und diejenigen, die syrisches Blut an den Händen haben, keine Rolle in der Übergangsphase und in der Zukunft Syriens spielen«, hieß es in der Mitteilung. Diese Linie beschloß die Vollversammlung der Koalition nach zweitägiger Debatte im türkischen Istanbul. Als weitere Bedingung für »Genf II« nannte die SNC die Einrichtung von Korridoren, um die Bewohner belagerter Orte versorgen und Zivilisten in Sicherheit bringen zu können. Auch die »Befreiung von Gefangenen, vor allem Frauen und Kindern«, sei eine Voraussetzung für eine Teilnahme an der Konferenz in Genf.

Am Sonntag hatte ein SNC-Sprecher gesagt, das Bündnis werde nur teilnehmen, wenn die syrischen Rebellen dem zustimmten. »Wenn wir nach Genf gehen, werden sie Teil dieser Delegation sein«, versicherte er und gab an, die SNC wolle zwei Delegationen nach Syrien schicken, um sich mit der Führung der Freien Syrischen Armee und zivilen Gruppen zu beraten. Einige Rebellengruppen haben unterdessen Teilnehmern an der Konferenz mit Verfolgung wegen Hochverrats gedroht.

Trotz der umfassenden Bedingungen begrüßte US-Außenminister John Kerry den Beschluß. Jede Entscheidung der Opposition, an der Konferenz teilzunehmen, wäre ein »großer Schritt«, sagte Kerry während eines Besuchs in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Konferenz in Genf soll möglichst noch im laufenden Jahr stattfinden. Die Führung in Damaskus erklärte sich zur Teilnahme bereit, lehnt einen Machtverzicht Assads jedoch ab.

** Aus: junge welt, Dienstag, 12. November 2013


Den Schachzug missverstanden

Roland Etzel zum Zustand der syrischen Exilopposition ***

Für die syrische Opposition wird die Zeit knapp. Noch mehr die Argumente gegen eine Konferenz in Genf. Trotzdem erwartet man von ihr, dass sie sich dazu erklärt. Um Syrien Frieden und Versöhnung zu bringen, wie der UNO-Generalsekretär es formulierte. Dafür haben die Widersacher Assads über ihn gelacht in Doha, wo ihre nie versiegende katarische Geldquelle sitzt, und in Istanbul, wo die Waffentransporte über die türkische Grenze koordiniert werden. Und jetzt sollen sie verhandeln und auch noch mit Assad?

Die Politik nahm eine jähe und für die Assad-Gegner üble Wendung. Noch immer fällt denen die Einsicht schwer, dass sie für die Groß- und Mittelmächte auf dem nahöstlichen Schachbrett nur eine Figur darstellen, vielleicht eine wichtige, aber eben nur eine. Für sie eine unangenehme Erkenntnis, nachdem Bombenkrieg und folgender Regimewechsel nach irakisch-libyschem Vorbild im Sommer schon zum Greifen nahe schienen ... Manche sehen das wohl, andere verweigern sich. Man ohrfeigt sich im Konferenzsaal. Es ist schwer vorstellbar, dass mit den jetzigen »Repräsentanten« des syrischen Widerstandes anderes als eine Fortschreibung der Konfrontation zu erwarten ist, wer immer auch aus Damaskus Partner sein wird.

*** Aus: neues deutschland, Dienstag, 12. November 2013 (Kommentar)


Zurück zur Syrien-Seite

Zurück zur Homepage