Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Waffenlieferungen statt Militär-Intervention? Syrischer Bürgerkrieg vor Eskalation

Ein Beitrag aus der NDR-Sendereihe "Streitkräfte und Strategien"


Andreas Flocken (Moderator):

Zunächst .. zum Bürgerkrieg in Syrien. Inzwischen herrscht in Washing-ton Gewissheit: In Syrien sind chemische Kampfstoffe eingesetzt worden, in kleinen Mengen. Ob dafür die syrische Regierung verantwortlich ist, das wird zurzeit von der US-Regierung genau untersucht. Präsident Obama:

O-Ton Obama
„What we now have is evidence that chemical weapons have been used inside of Syria, but we don't know how they were used, when they were used, who used them.”

Droht nun eine weitere Eskalation des Konfliktes? Vor einiger Zeit hatte Präsi-dent Obama den Einsatz von chemischen Waffen als rote Linie bezeichnet und Damaskus mit einer Intervention gedroht. Eigentlich hat Obama an einer US-Militäraktion in Syrien jedoch kein Interesse. Schließlich haben sich die USA gerade aus dem Irak zurückgezogen, und auch in Afghanistan soll der mehr als zehn Jahre dauernde Kampfeinsatz beendet werden.

Die Aufständischen, aber auch Israel und die Türkei drängen Washington jedoch, dem inzwischen zwei Jahre andauernden blutigen Konflikt nicht länger tatenlos zuzusehen. Inzwischen geht es auch um die Glaubwürdigkeit der US-Regierung. Das weiß Obama. Der Einsatz von C-Waffen durch Damaskus hätte für ihn daher eine neue Qualität. Der US-Präsident spricht von einem „Game-Changer“:

O-Ton Obama
„By game-changer I mean that we would have to rethink the range of options that are available to us.”

Die USA würden also alle verfügbaren Optionen prüfen. Eine direkte Intervention mit Streitkräften möchte Obama aber möglichst vermeiden. Er ist auch kein Befürworter der immer wieder geforderten Flugverbotszone in Nord-Syrien. Generalstabschef Dempsey machte in dieser Woche deutlich, dass die Durchsetzung einer solchen Zone riskant sein könnte:

O-Ton Dempsey
„No-fly zones are – actually, any military operation tends to be a little more complicated.”

Denn Voraussetzung für eine Flugverbotszone sei u.a. die Ausschaltung der gegnerischen Luftverteidigung.

Washington setzt offenbar auf eine andere Option. Zu hören ist, die US-Regierung erwäge demnächst Waffen an die Aufständischen zu liefern. Offiziell hat man sich auf diesem Gebiet bisher zurückgehalten, obwohl die USA bereits logistische Hilfe leisten und zudem Aufständische in Schnellkursen in Jordanien zu Kämpfern ausbilden.

Absehbar ist, dass es mit dieser Selbstbeschränkung schon bald vorbei sein wird. Waffenlieferungen sind aber ein Schritt zur weiteren Eskalation des Syrien-Krieges. Ob der Konflikt dadurch jedoch schneller beendet werden kann und den angestrebten Sturz von Machthaber Assad beschleunigen wird, das darf bezweifelt werden.

* Aus: NDR-Sendereihe "Streitkräfte und Strategien", 4. Mai 2013; www.ndr.de

Logik à la "Welt"

"Will der Westen die Ausbreitung des Krieges auf die ganze Region verhindern, muß er endlich eingreifen."
("Die Welt" vom 7. Mai 2013)




Zurück zur Syrien-Seite

Zurück zur Homepage