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Pariser Partner: Druck für UN-Resolution

Syrische Exilopposition hat in Frankreich eifrige Unterstützer gefunden. Druck für UN-Resolution

Von Karin Leukefeld *

Professor George Jabbour zeigt auf eine halbseitige Anzeige in der Pariser Tageszeitung Le Monde, die vor ihm in Damaskus auf dem Tisch liegt. »Solche Leute erweisen der syrischen Opposition den schlechtesten Dienst«, kritisiert er. »Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.« Die Großanzeige lud für den vergangenen Montag abend zu einer Konferenz im Pariser Kino St. Germain ein, »mit Filmen, Liedern und Vorträgen« sollte es um »Freiheit für Syrien« gehen. Unter dem Schutz privater Sicherheitsdienste handelte es sich nach Einschätzung der libanesischen Tageszeitung As Safir vor allem um ein Treffen von »Freunden Israels«. Die Anwesenden, darunter auch ein ehemaliger Knesset-Abgeordneter und Berater Benjamin Netanjahus, hätten eine selektive Wahrnehmung der Menschenrechte im Mittleren Osten. Weder hätten sie sich gegen den Irak-Krieg noch die Blockade des Gazastreifens, die Besatzung des Golan oder gegen den israelischen Siedlungsbau ausgesprochen. Nun aber forderten sie vom UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen Syrien, mit allen Konsequenzen, kommentiert das Blatt.

Die syrische Exilopposition hat in Frankreich mächtige Freunde gefunden. Neben Bernard-Henri Lévy, der sich bereits als Präsidentenberater in Sachen »Frieden und Freiheit für Libyen« in Szene gesetzt hat, sind es der Philosoph André Glucksmann und der frühere humanitäre Helfer und französische Außenminister Bernard Kouchner, die nun dem syrischen Volk »Freiheit und Demokratie« bringen wollen. Lévy, ein millionenschwerer Gelegenheitsphilosoph mit journalistischen Neigungen, die er als Autor in und Teilhaber von französischen Medien auslebt, gehört zu der einflußreichen israelfreundlichen Lobby in Frankreich. Er kündigte an, in dem von ihm herausgegebenen Magazin La Règle du Jeu (Die Spielregel) der syrischen Opposition mehr Platz einzuräumen und auf der Webseite des Magazins »Videofilme aus ganz Syrien« zu veröffentlichen. Der UN-Sicherheitsrat müsse das arabische Land verurteilen, forderte er, das Regime gehöre vor den Internationalen Strafgerichtshof. Kouchner seinerseits machte in einer Stellungnahme klar, daß es wichtig sei, den Iran, Syrien und die libanesische Hisbollah zu schwächen und »die Christen in Syrien zu schützen, weil diese besonders getötet« würden. Die öffentliche Meinung gegenüber Damaskus müsse sich ändern, so Kouchner, der ein militärisches Eingreifen in Syrien »derzeit leider« nicht für möglich hält. Zu den Rednern der Konferenz in Paris gehörte auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im französischen Parlament, Axel Poniatowski, der wie alle anderen Teilnehmer eine UN-Sicherheitsratsresolution gegen Syrien verlangte. Die Arabische Liga forderte er auf, das syrische Regime zu verurteilen. Der Abgeordnete Laurent Fabius von der Sozialistischen Partei sagte der Zeitung As Safir, Frankreich werde versuchen, Sanktionen gegen Syrien auf alle Geschäftsleute auszuweiten, die mit Syrien Handel trieben, egal welcher Nationalität.

Die syrische Opposition war in Paris vor allem durch Teilnehmer der Anfang Juni im türkischen Antalya veranstalteten Konferenz vertreten, darunter auch der Delegierte der in Syrien verbotenen Muslimbruderschaft, Mulham Al-Droubi. Dieser ist in der Organisation für internationale Beziehungen zuständig. Ende Juni gehörte er zu einer US-Delegation von Exil­oppositionellen, die in Moskau ein Umdenken der Regierung in Sachen UN-Sicherheitsratsresolution gegen Syrien verlangte. Deutschland, das im Juli den Vorsitz in dem Gre­mium ausübt, will eine solche Resolution forcieren. Die Vetomächte Rußland und China lehnen eine solche Resolution ab.

* Aus: junge Welt, 7. Juli 2011


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