"Alle Waffen müssen von den Straßen verschwinden"
Gespräch mit Dschihad As-Saad Mohamad. Über Kommunisten in der syrischen Protestbewegung, Voraussetzungen für einen Dialog mit der Regierung und die Gegner der Opposition im In- und Ausland
Dschihad As-Saad Mohamad ist seit 2001 Chefredakteur der Wochenzeitung Kassioun in Damaskus. Die Zeitung versteht sich als Sprachrohr der Union der Kommunisten in Syrien, einer Sammlungspartei, die die verschiedenen kommunistischen Organisationen vereinen will.
Zählen Sie sich und Ihre Partei zur syrischen Opposition?
Ja, wir verstehen uns als Teil der Opposition. Wir halten es allerdings für wichtig, zunächst eine Analyse vorzunehmen, aus der heraus wir unsere Position entwickeln. Wenn man gegen etwas ist, muß man zunächst die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge und ihre Hintergründe verstehen.
Ist die Union der Kommunisten eine legale Partei in Syrien?
Es gibt in Syrien kein Gesetz, das die Gründung oder Arbeit von Parteien regelt. Sogar die Baath-Partei ist illegal.
Die Baath-Partei bezieht ihre Macht aus Artikel acht der Verfassung. Und es gibt die Nationale Fortschrittsfront von Parteien, darunter ist auch eine kommunistische.
Wir haben hier nicht nur ein Problem mit Artikel acht der Verfassung, wir haben ein Problem mit allen Gesetzen. Sie sind alt, überholt, und sie galten nie für alle Teile der syrischen Gesellschaft. Die Regierung hat uns signalisiert, daß wir offiziell und damit Teil des Systems werden könnten. Aber wir haben unsere eigene Vorstellung. Es gibt eine riesige Kluft zwischen uns und dem politischen Regime. Wir arbeiten außerhalb des festgelegten Systems. Wir sind dem Regime nicht nah oder fern, wir sind ganz weit außerhalb von ihm und nur einer Ordnung verpflichtet – der Ordnung von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Ja, die Baath-Partei hat die Macht, aber es fehlt ihr die Aufrichtigkeit. Das kommt jetzt ans Licht, und mit den Aufständen werden alle Probleme der überholten Gesetzgebung sichtbar. Ebenso ist es mit den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen. Wir sind gegen dieses ganze System und suchen eine umfassende Lösung, keine vereinzelten Änderungen.
Jetzt ist alles in Frage gestellt. Wie schätzt Ihre Partei die aktuellen Ereignisse ein?
Diese Bewegung wird von der arabischen Straße getragen. Niemand kontrolliert sie, niemand führt sie. Sie hat ihre eigenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gründe. Da es eine Volksbewegung ist, unterstützen wir sie. Sie ist vollkommen unabhängig von Personen oder Strukturen, die mit dem aktuellen politischen System zu tun haben. Sie ist vollkommen unabhängig von inneren oder äußeren Einflüssen. Es ist eine Bewegung, die auf der Straße kundtut, was das Volk wirklich will. So sehen wir sie. Wir stehen ihr sehr nah, sowohl politisch als auch mit unserer Zeitung.
Ist Ihre Partei aktiver Teil dieser Bewegung?
Unsere Genossen nehmen an einigen der Proteste teil, aber nicht überall. An manchen Orten haben wir den Eindruck, daß es richtig ist teilzunehmen, andere Orte sind sehr sensibel, und so halten wir uns lieber zurück. Dort, wo wir schon eine Basis haben, wo wir über Kontakte verfügen, beteiligen wir uns an den Protesten. Wir haben bereits Genossen verloren, sie sind Märtyrer. Einige wurden inhaftiert, andere werden gesucht. Es gibt enormen staatlichen Druck auf unsere Partei, aber wir werden unsere Einstellung nicht ändern.
Wenn Sie nicht an allen Protesten teilnehmen: Was ist das Kriterium?
Dort, wo wir schon lange vor Beginn der Proteste Kontakte hatten und wo unsere Parolen bekannt und akzeptiert sind, beteiligen wir uns. Aber es gibt Orte, wo die Religion eine große Rolle spielt, dort halten wir uns zurück und versuchen lediglich, dafür zu sorgen, daß der religiöse Einfluß nicht überhand nimmt und die Bewegung nicht instrumentalisiert wird.
Was sind die wichtigsten Gründe für die Proteste?
Der wichtigste Grund ist die wirtschaftliche Situation. Die neoliberale Politik hat die Gesellschaft in Armut gestürzt. Junge Leute sind arbeitslos, viele sind sozial abgestiegen, die Kriminalität hat zugenommen, auch die Prostitution. Die Regierung hat Geld von der Weltbank genommen und sich zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet, die die Lage der Bevölkerung verschlechtern. Und erstmals hat sie um Hilfe des Welternährungsprogramms gebeten. Syrien hatte immer genügend Saatvorräte für vier, fünf Jahre. Davon ist nichts übrig- geblieben. Der Staat muß Saatgut und Weizen aus dem Ausland ankaufen.
Dann gibt es die politischen Gründe: Die Syrer haben 50 Jahre lang im Ausnahmezustand gelebt, es gab keine politischen Freiheiten, es gab auch keine Freiheit im privaten Leben. Die Sicherheitspolizei, der Geheimdienst mischen sich in alles ein. Sie gehen rüde und abfällig mit den Menschen um, zeigen keinerlei Respekt. Selbst der Antrag für einen Ausweis oder Paß muß vom Geheimdienst genehmigt werden. Diese Bewegung will Würde und Essen. Essen und Würde, anstatt zu beten und zu gehorchen.
Offenbar versucht das Regime, den Forderungen entgegenzukommen. Es gibt ein Komitee, das ein neues Wahlgesetz ausarbeitet. Der Entwurf eines Parteiengesetzes wurde für die Diskussion veröffentlicht, und ein neues Mediengesetz ist in Arbeit. Das alles soll beim nationalen Dialog am 10. und 11. Juli auf der Tagesordnung stehen. Wie konnten Sie unter den bisherigen Regelungen arbeiten?
Bislang gibt es ein sehr einfaches, geradezu primitives Gesetz für Zeitungen. Kassioun erscheint jetzt mit seiner 507. Ausgabe, wir wurden bisher geduldet. Die Regierung hatte uns ein legales Publizieren angeboten, aber wir haben das abgelehnt. Würden wir legal erscheinen, unterlägen wir der Kontrolle und würden zensiert. Nach den vielen Jahren, die wir schon existieren, brauchen wir keine Genehmigung mehr, wir erscheinen sowieso. Unsere Zeitung wurde vom Volk, von den Lesern angenommen und damit genehmigt.
Es gibt etliche Gruppen außerhalb Syriens, die in ausländischen Medien Gehör finden. Haben diese Gruppen Einfluß, und für wen sprechen sie?
Syrien gehört allen Syrern, egal ob sie im Land leben oder im Ausland. Alle haben das Recht, zur Zukunft Syriens ihre Meinung zu sagen. Es ist ihr Recht, mitzureden, mitzuarbeiten, mitzugestalten. Egal wie und wo es ist, egal wer, Unterschiede zu machen ist unzulässig. Ich habe kein Recht, irgend jemanden auszuschließen, egal, welche Meinung er hat. Sie können alles benutzen: Fernsehen, Zeitungen, Internet, Facebook, egal. Alles ist wichtig, um uns zu unterstützen. Ich habe nicht das Recht zu sagen, die einen sind o.k., weil sie links oder Kommunisten sind, und die anderen sind nicht o.k., weil sie Muslime oder eine islamische Partei sind.
Das hört sich aber sehr liberal an.
Syrien gehört niemandem. Niemand hat das Recht, das Land zu kontrollieren oder in seinem Name zu sprechen. Ich kann nur noch einmal wiederholen, daß ich alle respektiere, ob links, national orientiert oder religiös. Nur zwei Dinge lehne ich ab: Das eine ist der Gebrauch von Waffen, egal, ob das Regime sie einsetzt oder jemand auf seiten der Demonstranten. Und zweitens lehne ich es ab, einen Alleinvertretungsanspruch zu formulieren. Man muß sich gegenseitig akzeptieren, egal, welche Meinung man vertritt. Als Teil der Gesellschaft hat jeder seine Rechte.
Wer setzt Waffen ein? Die Armee, die Sicherheitskräfte oder beide?
Die ersten Kugeln kamen von den Sicherheitskräften. Das hat den Einsatz weiterer Waffen provoziert, jede Aktion zieht eine Reaktion nach sich. Einige Leute haben auf die Sicherheitskräfte geschossen. Ich bezweifle, daß es bewaffnete Banden gibt, vermutlich sind sie eine Erfindung oder gehören auch zu den Sicherheitskräften, also zum Geheimdienst.
Zur Armee möchte ich folgendes sagen: Die syrische Armee hat einen guten Ruf, es gibt keine Spannungen zwischen ihr und dem Volk. In der Geschichte des Landes hat sie sich nie gegen das eigene Volk gestellt. Die Syrer sind der Meinung, daß die Streitkräfte dazu da sind, das Land gegen Feinde zu verteidigen, vor allem gegen Israel. Heute aber gibt es Kräfte im Regime, die die Armee in einen Krieg mit dem Volk verwickeln wollen.
Wer ist das?
Lassen Sie es mich so sagen: Es gibt Kräfte innerhalb und außerhalb des Regimes, die seit 50 Jahren das Volk bestohlen, belogen und betrogen haben und die sich ihre eigenen Imperien aufgebaut haben. Da spielen wirtschaftliche Verflechtungen eine Rolle. Diese Kräfte wollen ihre Privilegien nicht aufgeben, sie wollen keine Veränderungen, keine Reformen. Um ihre Position zu sichern, treiben sie die Armee in einen Krieg mit dem Volk. Sie sind bereit, alles zu tun, um ihre Sonderrrechte zu erhalten.
Haben sie Erfolg?
Bis heute sind sie erfolgreich, weil die Ehrlichen innerhalb und außerhalb des Regimes zu schwach sind. Ihnen ist es bisher nicht gelungen, sich zusammenzuschließen und eine Gegenkraft aufzubauen.
Es gibt sehr unterschiedliche Berichte über das, was in Dschisr Al-Schugur geschehen ist. Oppositionskräfte behaupten, die Armee habe die Bevölkerung angegriffen und wegen Befehlsverweigerung 120 Soldaten hingerichtet. Die syrische Armee und Augenzeugen in der Stadt im Nordwesten des Landes berichten von bewaffneten Gruppen, die Mitte Mai versucht hätten, die Stadt zu übernehmen. Nachdem sie öffentliche Gebäude zerstörten und 120 Soldaten und Sicherheitskräfte getötet hatten, intervenierte die Armee. Tausende flohen in die umliegenden Dörfer, nach Aleppo, Idlib und in die Türkei. Was wissen Sie darüber?
Syrien hat eine schwierige Geschichte, besonders in dieser Region um Dschisr Al-Schugur. Dort gibt es seit 1982 eine extreme Ablehnung des Regimes, richtige Feindseligkeit. Die Regierung hat diese Region wirtschaftlich und sozial vernachlässigt. Unsere Partei hat aus der Stadt gute und gesicherte Informationen, daß gerade dort Kräfte aus dem Ausland die Situation angeheizt haben. Anfangs gab es friedliche Demonstrationen, aber dann tauchten Bewaffnete auf, die die Proteste für ihre Zwecke genutzt haben. Sie wurden von der Türkei, Israel und den Amerikanern unterstützt. Ich würde das nicht sagen, wenn unsere Informationen darüber nicht gesichert wären. Unsere Genossen berichten uns von dort täglich. Diese Kräfte und das Regime lieferten sich dort so etwas wie einen Showdown. Die einzigen, die darunter zu leiden hatten, waren die normalen Einwohner.
Westliche Medien und Diplomaten sprachen von einer Politik der verbrannten Erde, die das Regime und die Armee in Dschisr Al-Schugur betreiben würden. Zünden die Soldaten die Felder der Bauern an?
Wir haben gehört, daß die Armee in einigen Gebieten Fehler gemacht und sich falsch verhalten hat. Aber wir ordnen das so ein, wie ich vorhin sagte: Es gibt Kräfte, die zwischen Armee und Volk einen Keil treiben wollen. Sie bringen die Soldaten in eine Situation, die nicht ihrem Auftrag entspricht. Vermutlich sind es Angehörige der Sicherheitskräfte, die in Uniformen der Armee Untaten verübt haben.
Fällt darunter auch die Brandstiftung in einer Bäckerei in dem Dorf Bdama, über die westliche Medien berichteten? Angeblich habe sie Flüchtlinge auf dem Weg in die Türkei mit Brot versorgt.
Ich habe das gleiche gehört, aber nur aus den Medien. Wir haben dort keine Genossen, die uns berichten könnten. Ich weiß also nicht, ob es stimmt, weil ich keine zuverlässige Quelle habe. Damit sage ich aber nicht, daß es nicht passiert sein könnte. Denn die gleichen Leute, die die Felder angezündet haben, können auch eine Bäckerei abbrennen. Ich glaube, es ging bei dieser Sache vor allem darum, das internationale Medieninteresse auf das Grenzgebiet zu lenken. Denn dort gibt es kein Problem für Ausländer, sich einzumischen. Das Ganze ist noch komplizierter: Die von mir genannten Sicherheitskräfte – die mit aller Gewalt, im wahrsten Sinne des Wortes, Reformen und Veränderungen in Syrien verhindern wollen – haben sogar das gleiche Interesse wie bestimmte Leute aus dem Ausland, die Syrien destabilisieren wollen.
Die Regierung hat der Opposition einen nationalen Dialog angeboten. Den wollte früher die Opposition – und die Regierung lehnte ab. Heute will die Regierung, und die Opposition sagt nein. Wie kann es weitergehen?
Die Beschreibung ist richtig und es ist wirklich eine komplizierte Lage. Die Opposition war und ist noch immer grundsätzlich der Ansicht, daß ein nationaler Dialog der einzige Weg ist, um die Probleme in Syrien zu lösen. Am Anfang hat sich das Regime um diese Forderung nicht gekümmert und hat statt dessen die Sicherheitskräfte gegen das Volk eingesetzt. Also hat die Opposition ihre Forderung hochgeschraubt. Heute sagt sie, daß es mit diesem Regime keine Lösung gibt, sondern daß es gestürzt werden muß. Nun lädt die Regierung ein, doch viele Menschen wurden getötet, verletzt, gedemütigt und verhaftet – das macht einen Dialog schwierig. 15000 junge Männer sind im Gefängnis, und der Präsident selbst hat gesagt, daß 65000 weitere gesucht werden.
Wer soll Gespräche führen und mit welchem Ziel?
Ein Dialog muß zwischen der Opposition und dem Regime in Syrien gestartet werden. Die Regierung muß mit den Menschen auf der Straße sprechen, gleichberechtigt. Voraussetzung ist, daß alle Waffen, wirklich alle Waffen, von den Straßen verschwinden. Die Armee, die Sicherheitskräfte, auch bewaffnete Oppositionelle - alle müssen ihre Waffen verschwinden lassen. Dann kann es einen Dialog geben. Und dessen einziges Ziel muß sein, wie das Regime friedlich überwunden werden kann. Nur so kann Syrien vor einem religiös und ethnisch motivierten Krieg gerettet werden.
Niemand wird seine Waffen freiwillig abgeben.
Das ist aber die einfachste Lösung und außerdem die einzige. Die Leute auf den Straßen wollen das Regime stürzen. Entweder gibt es daher den Dialog, oder das Regime wird sein militärisches Vorgehen fortsetzen. Das bedeutet Bürgerkrieg. Das ist seit der Rede des Präsidenten am 20. Juni meine persönliche Meinung. Meine Partei war bisher der Ansicht, daß das Regime einige der Forderungen leicht erfüllen kann. So weiß man z.B. in Syrien, daß bestimmte Personen sich am Geld des Volkes bereichert haben, die Rede ist von 40 Milliarden US-Dollar. Man erwartete, daß sich der Präsident dazu äußert und verlangt, dieses Geld an den Staat zurückzuzahlen. Aber er hat dazu nichts gesagt. Man erwartete außerdem, daß er den Rückzug der Sicherheitskräfte von der Straße befiehlt und Verantwortliche für das bestraft, was sie den Menschen angetan haben. Man erwartete, daß dem Volk das Recht auf Demonstrationen zugestanden wird, solange die friedlich bleiben. Aber er hat nichts zu diesen Fragen gesagt. Es sieht so aus, als ob das Regime nicht einlenken und auch keinen echten Dialog mit den Menschen führen will. Wie soll man da eine Lösung finden?
Kann man die Situation in Syrien mit der in Ägypten vergleichen, bevor Präsident Hosni Mubarak zurücktrat?
Nein, es existiert ein großer Unterschied zwischen beiden Ländern. In Ägypten gab es damals schon mehr Freiheit und Demokratie als in Syrien. Die Opposition war organisiert, hatte ihre Zeitungen, es arbeiteten Gewerkschaften, die Studenten hatten ihre Organisationen. Sie haben viele Streiks organisiert und verfügten über politische Erfahrungen. Alles das findet man in Syrien nicht. Ägypten hat zwei andere große Probleme. Das eine ist die Frage, wie die Regierung mit Israel umgeht. Da gab es einen Konflikt zwischen dem alten Kabinett und dem Volk. Das andere Problem ist die Wirtschaft, die in einem bedeutend schlechteren Zustand ist als hier bei uns. In Syrien entspricht die Haltung des Regimes gegenüber Israel der Auffassung des Volkes. Aber in Fragen der wirtschaftlichen Gerechtigkeit und bei bürgerlichen Freiheiten gibt es einen Konflikt, der vielleicht mit dem in Ägypten vergleichbar ist. Die Bewegung hier entstand plötzlich, nach 50Jahren Schweigen, das ist anders als dort. Wir werden wohl noch Monate brauchen, bis wir eine politische Lösung gefunden haben.
Wenn das Ausland Syrien diese Zeit läßt. Die Türkei scheint die Aufgabe übernommen zu haben, im Auftrag des Westens Druck auszuüben, obwohl beide Länder in den letzten Jahren enge politische und wirtschaftliche Partner wurden.
Ich glaube, die Türkei sucht nach einer Möglichkeit, in der islamischen Welt zu punkten. Dafür gibt es drei Gründe: Erstens will sie ihre Art des modernen, liberalen Islam, wie ihn die Partei von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan praktiziert, in die gesamte islamische Welt exportieren. Zweitens hat die Türkei Angst, daß andere Kräfte in Syrien intervenieren, wenn sie es nicht tut. Dabei dürfen wir nicht vergessen, daß Ankara ein Problem mit seiner kurdischen Bevölkerung hat. Eine wie auch immer veränderte Situation für Kurden in Syrien soll sich dort nicht auswirken. Drittens: Die Türkei unterhält enge Beziehungen mit den USA, der EU und der NATO und könnte deswegen meinen, sie sei diejenige, die im Namen der internationalen Gemeinschaft Syrien sagt, wo es langgeht.
So manche Staaten haben Interesse daran, daß das syrische Regime stürzt, weil es zu Israel keine dem Westen genehme Position vertritt. Deren Regierungen unterstützen offen die syrische Opposition. Freuen Sie sich darüber?
Kürzlich hat RussiaToday mir die gleiche Frage gestellt. Ich habe ihnen gesagt, daß alle die Reden von Hillary Clinton und Barack Obama, von englischen oder französischen Politikern nur ein Ziel haben: Sie wollen der Freiheitsbewegung den Weg abschneiden. Das syrische Regime schert sich nicht sehr viel um die Meinung Deutschlands, aber was Frankreich oder England sagen, bereitet ihm Kopfschmerzen. Wir freuen uns, wenn uns die Völker der Welt unterstützen, aber wir brauchen und wir wollen mit Sicherheit keine ausländische Einmischung.
Interview: Karin Leukefeld, Damaskus
* Aus: junge Welt, 9. Juli 2011
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