Tote bei Protesten in Syrien
Rotes Kreuz durfte erstmals in die von Gewalteskalation betroffene Stadt Daraa *
Bei Protesten am gestrigen Tag des Trotzes (6. Mai) in Syrien wurden nach Angaben von Menschenrechtlern 13 Menschen getötet. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) schickte zusammen mit Schwesterorganisationen ein Team in die Stadt Daraa.
In den syrischen Städten Homs und Hama sind nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mindestens 13 Demonstranten erschossen worden. Acht Menschen seien getötet und mehrere schwer verletzt worden, als Sicherheitskräfte das Feuer auf einen Protestmarsch eröffnet hätten, berichteten Beobachter. In der Stadt Hama wurden nach Angaben von Aktivisten fünf Menschen von den Sicherheitskräften getötet. Die Behörden erklärten dagegen, eine bewaffnete Gruppe habe in Homs einen Offizier und vier Polizisten getötet.
In der im Süden Syriens gelegene Stadt Daraa, die zuletzt von schweren Gewaltausbrüchen betroffen war, traf ein Konvoi mit Ärzten, Medizinpersonal sowie Hilfskräften ein. Sie brachten vier Lastwagen mit Trinkwasser, Lebensmittelpaketen, Milch für Kleinkinder und medizinische Ausrüstung mit. Dem Roten Kreuz war bisher der Zugang verweigert worden. Es kündigte weitere Lieferungen an.
Unterdessen haben Tausende Syrer trotz Gewaltandrohung des Regimes erneut für demokratische Reformen und den Abgang von Präsident Baschar al-Assad demonstriert. In der westlichen Stadt Homs schossen die Sicherheitskräfte auf die Demonstranten, mindestens fünf von ihnen wurden getötet, berichteten Aktivisten.
Die Opposition hatte für Freitag (6. Mai) zu Massenkundgebungen aufgerufen. Tausende demonstrierten auch in der nordwestlichen Provinz Idlib und in der Stadt Banias. Aus Dschabla im Norden Syriens, wo Frauen demonstrierten, wurde Gewehrfeuer gemeldet. In der Hauptstadt Damaskus sperrten die Sicherheitskräfte das Zentrum ab, um ein Übergreifen der Kundgebungen aus den Vorstädten zu verhindern. Dennoch waren Tausende auf den Beinen, so ein Augenzeuge am Telefon.
Die EU-Länder haben sich auf ein Sanktionspaket gegen Syrien geeinigt. Dazu gehören Strafmaßnahmen gegen 13 Vertreter der Regierung in Damaskus, nicht jedoch gegen Präsident Assad. Weitere Schritte gegen Assad sollen in der kommenden Woche gesondert diskutiert werden. Die nun auf einer Sitzung der EU-Botschafter bereits gelisteten Führungsvertreter werden mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt.
* Aus: Neues Deutschland, 7. Mai 2011
Armee stürmt Küstenstadt Banias
Der Wiener "Standard" meldete am 7. Mai in seiner online-Ausgabe, die syrische Armee habe nach Angaben eines Menschenrechtlers die Küstenstadt Banias gestürmt. Die Soldaten seien in der Nacht zum 7. Mai mit Panzern in sunnitische Bezirke vorgedrungen, in denen die Bevölkerung gegen Präsident Baschar al-Assad protestiert habe, sagte der Aktivist. Die Stadtteile mit alawitischer Bevölkerung - die mächtige Minderheit in dem arabischen Land - seien nicht betroffen gewesen. Laut dem Menschenrechtler schossen syrische Streitkräfte auf einen Protestzug von Frauen von Markab nach Banias und töteten dabei vier Frauen. Bei den Demonstrationen nach den Freitagsgebeten waren 27 Demonstranten ums Leben gekommen. Seit Ausbruch der Unruhen vor sieben Wochen sind laut der syrischen Organisation Sawasiah mindestens 800 Zivilisten getötet worden.
Das Militär sei aus drei Richtungen in die 50.000 Einwohner zählende Stadt Banias eingedrungen, sagte der Menschenrechtler. "Einwohner berichten, sie könnten heftige Schießereien hören und syrische Kriegsschiffe vor der Küste von Banias sehen", sagte der Aktivist. Die Kommunikationsverbindungen im Großteil des Landes sind unterbrochen. Es befinden sich keine ausländischen Journalisten mehr in dem Land. Der Menschenrechtler sagte, er habe jedoch einige Einwohner erreichen können. Der Chef einer in London ansässigen Menschenrechtsgruppe, Rami Abdul Rahman, bestätigte Reuters, dass die Streitkräfte im Zentrum von Banias präsent sind.
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