Werben um Syriens Partnerschaft
Ausgrenzung Assads hat sich nicht ausgezahlt
Von Karin Leukefeld *
»Vertrauen aufbauen, Fortschritte belohnen und Rückschritte sanktionieren«. So lautet kurzgefasst
der Code, mit dem Syrien für die westliche Diplomatie entschlüsselt werden soll.
»Dialog statt Angriff« heißt die Zauberformel, mit der nun auch die USA-Regierung ihre Ziele
erreichen will, die da grob lauten: Neutralisierung Irans, der Hisbollah und der Hamas. Als Hebel der
neuen Strategie soll Syrien dienen, dem »Partnerschaft statt Feindschaft« angeboten wird. So
geraten nicht nur die westlich-syrischen Beziehungen, sondern auch die Verhältnisse in der
arabischen Welt in Bewegung. Saudi-Arabien und Ägypten, eingeschworene Partner der USA,
haben Syrien nach Jahren der Ausgrenzung wieder als Gesprächspartner entdeckt und arbeiten an
Phase I des Entschlüsselungscodes: »Vertrauen aufbauen«.
Eben das war Ziel und Zweck eines ungewöhnlichen Spitzentreffens, das am vergangenen Mittwoch
den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und den saudischen König Abdullah auf einer
Luftwaffenbasis bei Riad zusammenführte. Ohne Zustimmung oder gar Aufforderung aus dem
Westen hätte die Region vermutlich noch lange auf dieses »Versöhnungstreffen«, wie es von
saudischer Seite hieß, warten müssen.
Während des Gaza-Krieges war die Spaltung der arabischen Staaten offensichtlich geworden.
Während sich die Außenminister der Arabischen Liga im Januar auf einen Wirtschaftsgipfel in
Kuwait vorbereiteten, traf sich rund die Hälfte der Mitgliedstaaten auf Einladung Katars zu einem
Notfallgipfel, um über den Krieg in Gaza zu sprechen. Der im syrischen Exil lebende Hamas-Führer
Khalid Mashaal sprach vor den Versammelten und Syriens Präsident Assad rief dazu auf, alle
politischen und wirtschaftlichen Kontakte zu Israel einzufrieren. Syrien selbst werde seine indirekten
Verhandlungen mit Israel (vermittelt durch die Türkei) einstellen.
Katar und Syrien, Befürworter einer friedlichen Koexistenz mit Iran und einer Einbeziehung von
Hamas und Hisbollah in den arabischen Diskurs, waren freilich klug genug, das offizielle Treffen der
Arabischen Liga in Kuwait nicht zu ignorieren. Dort brachten sie die Forderungen des Krisengipfels
in Doha ein und erreichten nicht nur eine ausführliche Debatte, sondern auch finanzielle Zusagen für
die Palästinenser.
Die in der Folgezeit intensivierte Diplomatie führte schließlich am Mittwoch zum syrischsaudiarabischen
Dialog. Anschließend zeigten sich Assad und Abdullah mit dem ägyptischen
Präsidenten Hosni Mubarak und dem Emir von Kuwait, Scheich Sabah al-Ahmad al-Sabah, den
Journalisten. Die Rede war vom »Beginn einer neuen Phase der Beziehungen, in der die vier
Staaten im Interesse der Araber zusammenarbeiten werden, um den arabischen Interessen zu
dienen«. Zum »Nutzen der arabischen Staaten« werde man »ernsthafte und anhaltende Initiativen
einleiten« und die gleiche Richtung hinsichtlich wichtiger Themen einschlagen, allen voran die
»palästinensische Frage«.
Deren Lösung liegt nicht nur im Interesse der Palästinenser und aller Araber, sie entspräche auch
westlichem Interesse, wie der Krieg im Gaza-Streifen zeigte. Man ist nicht mehr gewillt zu bezahlen,
was Israel zerstört. Doch weil der Westen und seine arabischen Verbündeten Israel öffentlich nicht
kritisieren, verlagert sich der Druck auf die Palästinenser. Die sollen ihre Streitigkeiten beilegen, sich
politisch einigen, dann werde auch das Geld für den Wiederaufbau des Gaza-Streifens freigegeben,
das man der Hamas nicht überlassen will. Der neuen israelischen Regierung unter Benjamin
Netanjahu soll eine palästinensische Regierung der nationalen Einheit gegenüberstehen, unterstützt
von allen arabischen Staaten. Das ist der Plan, an dem Hamas und Fatah derzeit in Kairo arbeiten.
Bis Ende März sollen die Pfeiler der neuen palästinensischen Regierung stehen, die rechtzeitig zum
Arabischen Gipfel am 29. und 30. März in Katar präsentiert werden könnte. Die Zeit drängt, doch
wenn es in der arabischen Welt eine feste Größe gibt, dann lautet sie: »Nichts ist sicher und nichts
ist unmöglich.«
* Aus: Neues Deutschland, 14. März 2009
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