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UNO ruft Notstand in Somalia aus

Elf Millionen hungern am Horn von Afrika *

Die Vereinten Nationen haben am Mittwoch (20. Juli) für Teile Südsomalias offiziell den Hunger-Notstand ausgerufen. Landesweit sei fast die Hälfte der Somalier, 3,7 Millionen Menschen, akut bedroht, erklärte das UN-Büro zur Koordination der humanitären Hilfe in Nairobi. Der Notstand wurde für die Gebiete Süd Bakool und Lower Schabelle infolge mehrerer Dürreperioden erklärt. Der Bürgerkrieg habe die humanitäre Hilfe erschwert, hieß es.

Der UN-Nothilfe-Koordinator für Somalia, Mark Bowden, drängte die internationale Gemeinschaft, rasch umfassende Hilfe zu finanzieren. »Jeder Tag Verzögerung bei der Hilfe ist buchstäblich eine Frage von Leben und Tod für die Kinder und ihre Familien in den betroffenen Regionen«, sagte er. Nach Angaben des Hilfswerks Oxfam werden eine Milliarde US-Dollar benötigt, bereitgestellt wurden bislang aber nur rund 200 Millionen. Die bisherigen Zusagen der internationalen Gemeinschaft reichen laut UN bei weitem nicht aus.

Deren Kinderhilfswerk UNICEF sprach von der schlimmsten Ernährungskrise in Afrika seit 20 Jahren. Am gesamten Horn von Afrika sind rund elf Millionen Menschen betroffen.

Die Organisation »Save the Children« warnte, dass eine Million Kinder als Folge der Krise sterben könnten.

* Aus: Neues Deutschland, 21. Juli 2011

Hunger-Krise: "Wir dürfen die Menschen in Kenia und Äthiopien nicht vergessen"

Bündnis Entwicklung Hilft ruft zu Spenden für Ostafrika auf

Pressemitteilung 14.07.2011


Das Bündnis Entwicklung Hilft ruft zu Spenden für die Dürre-Opfer in Ostafrika auf – und warnt vor einer einseitigen Betrachtungsweise. „Nicht nur Somalia, die ganze Region am Horn von Afrika ist von großer Dürre betroffen. Wir dürfen die Menschen in Kenia und Äthiopien nicht vergessen“, sagt Michael Kleine, Vorsitzender des Bündnis-Vorstands. „Unser Bündnis verstärkt deshalb in allen drei Ländern Projekte zur Unterstützung der notleidenden Bevölkerung.“

In Kenia wird Bündnis-Mitglied Welthungerhilfe in den kommenden Wochen in den Gebieten Tana River und Marsabit an zentralen Stellen Wassertanks und Reservoirs durch Tanklastwagen auffüllen. In diesen Gebieten finden die Menschen und Tiere kein Wasser mehr – wie in vielen kenianischen Dürregebieten, wo die Wassertanks leer sind, nachdem die Regenzeit im Frühjahr ausgefallen ist. Entlang der Weiderouten liegen Tierkadaver und viele Familien müssen ihre Ziegen und Kühe schlachten.

Bündnis-Mitglied Misereor fördert im Nordosten Kenias in der Diözese Marsabit ein Projekt, in dem die besonders arme und benachteiligte Bevölkerung Zugang zu sicherer und qualitativ unbedenklicher Versorgung mit Trinkwasser erhält. Misereor berät aktuell mit lokalen Partnerorganisationen die Möglichkeiten für kurzfristige Nothilfe-Projekte.

In Äthiopien plant die Welthungerhilfe, ihre bisherigen Maßnahmen auszuweiten. Gemeinsam mit den örtlichen Gemeinden und der Partnerorganisation ORDA unterstützt das Hilfswerk in fünf Landkreisen der Amhara-Region den Bau von Brunnen, Quelleinfassungen, Sanitäranlagen, kleinen Bewässerungssystemen und Wiederaufforstungsflächen. In Somalia wird Bündnis-Mitglied Brot für die Welt über seine Schwesterorganisation Diakonie Katastrophenhilfe aktiv, eine der wenigen ausländischen Organisationen, die noch in Somalia tätig sind. Das Hilfswerk hat bereits eine halbe Million Euro Nothilfe für die Dürre-Opfer bereitgestellt, um die Menschen mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Latrinen und Notunterkünften zu versorgen. In Anbetracht des bekannt hohen Dürre-Risikos in der Region richtet Brot für die Welt seine Entwicklungsarbeit in Kenia und Äthiopien darauf aus, durch Wassermanagement, Bewässerung und trockenheitsresistentes Pflanzgut die Ernährung der Menschen zu sichern. Die Welthungerhilfe wird in Somalia gemeinsam mit ihrem irischen Alliance2015-Partner Concern knapp 300.000 Menschen unterstützen, die sich in die Hauptstadt Mogadischu geflüchtet haben. Dort werden sie in Lagern mit Nahrungsmitteln und Wasser versorgt. Nach Angaben der lokalen Mitarbeiter in Mogadischu sind 30 Prozent aller Kinder in Somalia unterernährt und benötigen spezielle Aufbaunahrung, die zusätzlich verteilt wird.

Auslöser der Hungerkrise in Ostafrika ist eine extreme Dürre, laut den Vereinten Nationen die schwerste seit 60 Jahren. In Somalia, Kenia und Äthiopien leiden etwa 12 Millionen Menschen Hunger. „Diese Katastrophe kommt nicht aus dem Nichts. Unser im Juni veröffentlichter WeltRisikoBericht 2011 hat für Kenia und Äthiopien ein ‚hohes‘ Katastrophenrisiko ausgewiesen. Für Somalia gab es keine Daten. Die internationale Staatengemeinschaft muss diesen Ländern helfen, mehr als bisher in die Katastrophenvorsorge zu investieren“, sagt Bündnis-Vorsitzender Michael Kleine und erklärt: „Jeder in die Prävention investierte Euro kann bis zu sieben Euro bei der Katastrophenbewältigung einsparen.“

Brot für die Welt, medico international, Misereor, terre des hommes und Welthungerhilfe leisten als Bündnis Entwicklung Hilft akute und langfristige Hilfe bei Katastrophen und in Krisengebieten. Für die Linderung der Not der Menschen in Ostafrika bittet das Bündnis Entwicklung Hilft die Bevölkerung um Spenden auf das

Spendenkonto 51 51
Bank für Sozialwirtschaft; BLZ 370 205 00
Stichwort: Ostafrika


Quelle: Website von medico international; www.medico.de



So wird Hunger nicht Geschichte

Von Martin Ling **

Die Lage ist zweifellos dramatisch: In Südsomalia sind mehr als 30 Prozent der Kinder unterernährt und täglich verhungern dort mindestens zwei von 10 000 Menschen. Eine solche Faktenlage zwingt die UNO, offiziell den Hunger-Notstand auszurufen, was für Südsomalia am Mittwoch geschah. Und Südsomalia ist nur die am schlimmsten betroffene Region der Katastrophe am Horn von Afrika!

So dramatisch die Situation, so beschämend die bisherige Reaktion vieler Geberländer. Deutschland kleckert, statt zu klotzen: Lumpige sechs Millionen Euro Nothilfe stellt Berlin bisher zur Verfügung – ein Zehntel der Summe aus Großbritannien. Dabei neigt Berlin in Sachen Somalia nicht prinzipiell zur Sparsamkeit: Ohne viel Federlesens wurden im Dezember 2010 erneut 50 Millionen Euro für den Einsatz der zwei Bundeswehrschiffe vor der Küste Somalias bereitgestellt. Zur Piratenbekämpfung und in glatter Verleugnung der Tatsache, dass es sich bei vielen Piraten um ehemalige Fischer handelt, deren Fischgründe von EU-Trawlern leergefischt wurden.

Ob Piraten- oder Hungerbekämpfung: Es ist eine Frage des politischen Willens. 2009 wurde beim G8-Gipfel in L'Aquila zugesagt, im Süden bis 2013 insgesamt 22 Milliarden US-Dollar in Landwirtschaft und Ernährungssicherung zu investieren – auch um ihn gegen Dürren robuster zu machen. Geflossen sind erst 20 Prozent. So bleibt Hunger Gegenwart und Zukunft.

** Aus: Neues Deutschland, 21. Juli 2011 (Kommentar)


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