Gescheiterter Kuhhandel mit Moskau
Diplomatischer Bericht offenbart Aggressionspolitik Saudi-Arabiens gegenüber Syrien und Iran
Von Karin Leukefeld *
Um zu verstehen, was in Syrien derzeit geschieht, ist der Blick auf regionale und internationale Interessen wichtig. Aufschlußreich ist ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem saudischen Geheimdienstchef Prinz Bandar bin Sultan, das Anfang August in Moskau stattfand. Beide Seiten hatten Stillschweigen über das Treffen vereinbart.
Nun ist jedoch ein diplomatischer Bericht bekanntgeworden, über den die libanesische Tageszeitung As Safir (am 21. August) berichtet hat. Die Themen des vierstündigen Treffens reichten demnach von den bilateralen Beziehungen zwischen beiden Staaten, über die wirtschaftliche Zusammenarbeit, insbesondere im Ölsektor, bis hin zu den politischen Ereignissen in Nordafrika. Es ging um die Rolle der Türkei, die Lage in Syrien und um den Iran.
Zunächst werden in dem Bericht die Umstände des Treffens beschrieben. Prinz Bandar habe sich mit den Amerikanern und einigen europäischen Partnern abgestimmt, bevor er dem saudischen König Abdullah den Vorschlag machte, der Führung in Moskau politische, wirtschaftliche und militärische Angebote zu unterbreiten, Sicherheitsfragen inklusive. Im Gegenzug sollte Moskau hinsichtlich Syriens und des Irans Zugeständnisse machen. Gleich zu Beginn habe Bandar erklärt, daß König Abdullah es begrüßen würde, »besonders wenn wir uns hinsichtlich des Umgangs mit der syrischen Frage einigen«. Jede Vereinbarung sei nicht nur »eine saudisch-russische Vereinbarung, sondern wird auch eine amerikanisch-russische Vereinbarung sein«, so der saudische Geheimdienstchef.
Bandar betonte zunächst, Rußland und die Saudis sollten sich umfassend in Fragen des Ölgeschäfts und der Zusammenarbeit bei Investitionen absprechen. Man solle sich auf den Preis und die Produktionsmengen einigen, »um den Ölpreis auf dem Weltmarkt stabil zu halten«. Man wisse, daß Rußland an den Öl- und Gasvorkommen im Mittelmeer (zwischen Israel, Libanon, Syrien und Zypern) interessiert sei, die Saudis »konkurrieren nicht darum«. Man sei zur Zusammenarbeit bereit und könne »Milliardeninvestitionen im russischen Markt tätigen«, so das Angebot. Voraussetzung sei allerdings, daß man sich »in Fragen Syrien und Iran« einige.
Der Schlüssel zu guten russisch-saudischen Beziehungen sei, »daß Sie unsere Herangehensweise an die syrische Frage verstehen müssen. Sie müssen Ihre politische Unterstützung einstellen, besonders im UN-Sicherheitsrat und ebenso ihre militärische und wirtschaftliche Unterstützung. Dann garantieren wir, daß die russischen Interessen in Syrien und an der Mittelmeerküste in keiner Weise beeinträchtigt werden«. Syrien solle zukünftig von einem »moderaten und demokratischen Regime« regiert werden, »das direkt von uns gesponsert wird und das die russischen Interessen und die Rolle Rußlands in der Region verstehen« werde. Man hoffe, daß Moskau einsehe, daß die Interessen Rußlands und der Golfstaaten die gleichen seien gegenüber »der Gier des und der nuklearen Bedrohung durch den Iran«.
Putin seinerseits machte klar, daß Rußland und Iran durch Jahrhunderte lange Beziehungen und gemeinsame Interessen verbunden seien. Rußland unterstütze das iranische Anliegen, Atomkraft für zivile Zwecke zu nutzen. Rußland sei »völlig dagegen, daß der UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen den Iran verhängt«, so Putin. Weiter machte Putin klar, daß »unsere Haltung zu Assad sich niemals ändern wird. Wir glauben, daß das syrische Regime die beste Vertretung des syrischen Volkes ist«. Rußland habe seine Position seit der Genf-I-Konferenz (2012) nicht verändert, das syrische Regime müsse »Teil jeder wie auch immer gearteten Lösung« sein. Man setze weiterhin auf eine politische Lösung.
Prinz Bandar habe sich mit dem Verlauf des Gesprächs unzufrieden gezeigt. Vermutlich würden die Dinge schlimmer werden, besonders was Syrien betreffe, warnte der saudische Geheimdienstchef. Die Unstimmigkeit zu Syrien bedeute, »daß es keine Alternative zu militärischem Handeln« gebe. »Es ist die derzeit einzige zur Verfügung stehende Wahl, da eine politische Vereinbarung in der Sackgasse steckt«. Angesichts »dieser ärgerlichen Situation wird es sehr schwer für die Genf-II-Konferenz werden«.
[englische Übersetzung des Berichts: www.assafir.com]
* Aus: junge welt, Montag, 26. August 2013
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